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Normale Version: Die Domus und das Ladengeschäft des Tuchhändlers Erwan
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Dunduvan hatte dem rechten Seitenflügel drei Ziegel entfernt, bis das Gebälk vor ihm lag und das Seil befestigt. Er hatte schon seinen Grund gehabt, nur Alun mit zunehmen; da oben würden alle sie einen Lärm machen wie eine Herde Wildhirsche. Er gab Alun die ersten Ziegel in die Hand, er sollte sie sorgfältig bewahren und aufpassen, dass sie nicht hinunterfielen. Eventuell konnte man später einfach wieder das Dach damit decken, so würde niemand so schnell herausfinden, wie die Falken überhaupt in das Haus gekommen waren. Dann stellte er fest, dass er selbst keine Säge mitgenommen hatte, was ihn ärgerte.
Dunduvan nahm gleich von Louarns blauer Farbe. Er malte sich selbst einen Streifen mittig über seine Nase, die unter seinem Mund in einen Querstrich überging und wie ein T auf dem Kopf stehend aussah. Das war die Fidrune Uath - Schrecken, Deimos. So angemalt grinste er die Neuankömmlinge Calum und Fintan an. Fintan hatte er erst kürzlich gesehen, dem nickte er zu. Auf Calum ruhte sein Blick länger, und seine schwarzen Augen glänzten:
"Wie geht es dir, Calum?", fragte er leise und reichte ihm von blauen Paste: "Gibst du mir bitte eine deiner Waffen? Ein Messer vielleicht?"
Er wollte gerne etwas haben, was der Bruder geschmiedet hatte. Ein guter Schmied verwob etwas von seinem Wesen in jeder Klinge. Dunduvan würde sie in Ehren halten, da das das Schicksal ihn  seinem Bruder Calum entfremdet hatte. Das Schicksal - und Cathbad.

"Ja, ja Mädchen. Könnt ihr mal an was anderes denken, als welche euch wie zwischen ihre Schenkel nimmt?", fuhr Dunduvan dagegen Ciaran an, dessen letzte Worte er gehört hatte. Die Worte, die Niamh betrafen. Er ertrug es nicht, dass jemand leichtfertig von ihr sprach.

"War nicht so gemeint, Ciaran", nuschelte er. Er wollte nicht weiter an Niamh denken. Schon gar nicht an Niamh UND Louarn. Und er brauchte Ciaran und sein Pyr Automatón noch.

Louarn hatte eine Säge dabei. Bald war auf dem Dach ein Loch entstanden, das gerade so groß war, dass sich die Brüder einer nach dem anderen am Seil herablassen konnten. 
Unter ihnen war niemand zu sehen. Aber Dunduvan rechnete damit, dass selbst heute das Haus nicht völlig unbewacht sein würde. Nicht wenn man eine fettgefüllte Geldtruhe besaß wie der Gallier. Wer immer es auch war, der musste lautlos beseitigt werden.
Calum grüßte die übrigen Jungen nur knapp. Überließ CIaran eine der Waffen und nahm Louarns Ablehnung zur Kenntnis. Sein Blick ruhte kurz auf ihrem größten Bruder. Ob er nervös war? Sie hatten lange nicht gesprochen.
Dann sprach ihn Dunduvan an, der ebenfalls eine der Klingen erbat. Calum gab ihm jene, die seiner Meinung nach am besten auf ihn zugeschnitten war und legte das Bündel auf die Seite, da sich sonst niemand bedienen mochte. Er selbst hatte einen Bogen und ein Messer dabei.
"Es geht schon", antwortete er kurz und knapp. Viel war geschehen. Viel, das er vielleicht hätte sagen müssen. Doch er wollte einen anderen Zeitpunkt wählen und zunächst Louarn über das informieren, was er über sich herausgefunden hatte. Und wenn es irgendeinen Weg gab, ihnen nicht von Phyteas zu erzählen, dann würde er auch diesen nehmen. Die Falken hatten keinen Platz in diesem kleinen geschützten Bereich seines sonst so chaotischen Lebens.
Calum lehnte die blaue Paste ab, die ihm Fintan hin hielt, der ihn ratlos anblickte.
"Was ist los?"
"Glaubst du nicht, es käme merkwürdig rüber, wenn wir flüchten müssen und man mich mit blauer Schmiere im Gesicht davonlaufen sieht?", zischte Calum, der schließlich immer noch ein Spion war. Stattdessen zog er aus dem Bündel weitere Bündel, die er an Fintan ausgab und die sich als eine Art Stoffüberwurf mit Kapuze und Mundschutz entpuppten.
"Kann nicht so gut nähen", erklärte er. "Die von uns, die ihr Gesicht nochmal in der Stadt zeigen müssen, sollten sich verbergen."
Mit diesen Worten zog er sich seine Kreation über den Kopf und hatte kurz Ähnlichkeit mit einem Wüstenbanditen.
"Du wirst noch ne richtige Hausfrau, weißt du das?", stichelte Fintan, der auch aus Calums Sicht ziemlich nervös aussah. Die Tatsache, dass er Ciarans Frage mit einem ausweichenden Blick beantwortete, erweckte Calums Misstrauen. Hatte der wieder was angestellt?
Kaum war ich oben und hatte die Säge erfolgreich weitergegeben, da fing Ciaran an, darüber zu reden, dass man nach dem Kampf am besten Vögeln sollte. Ich bedachte ihn erst mit einem mehr als strafenden Blick, da die Soldaten, die unsere Mütter damals geschändet hatten, vermutlich ähnlich gedacht hatten. Außerdem wollte ich nicht darüber nachdenken, denn Niamh und ich… nein, ich machte es nicht dafür. Ich glaubte nicht, dass sie das jemals wieder mit mir wollen würde, und ich wusste auch, dass sie Suileabhain liebte, auch wenn ich den Kerl nie gesehen hatte. Aber sie hatte mit Dunduvan geschlafen, weil sie ihn für ihren Verlobten hielt. Das sollte doch deutlich genug sein, dass auch so ein dummer Kerl wie ich begriff, dass er nur Ablenkung gewesen war. Gut, um fair zu sein, sie war ja anfangs auch nicht mehr gewesen. Das hieß aber trotzdem nicht, dass diese Erkenntnis nicht schmerzte.
Dann aber meinte Ciaran, Alun sollte Niamh fragen. Ich schnauzte fast gleichzeitig wie Dunduvan: “Halt die Klappe, Ciaran!“ Nur dass ich keine Entschuldigung murmelte. Der Zwilling war gerade etwas krawallig drauf, und ich war angespannt und musste mich konzentrieren. So sehr, dass ich die Information ausgeblendet hatte, dass Alun wohl Sex gehabt hatte. Vielleicht fragte ich ihn später aus.

Erst einmal aber wuchs das Loch, bis es schließlich groß genug war, dass ich hindurch konnte. Ich schaute mich noch einmal um. Calum hatte sich maskiert, weil er meinte, falls wir flüchten müssten, dass er sein Gesicht ja nicht zeigen konnte. Ich brachte es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass ich hier sterben würde, wenn das nicht klappte, und es daher keinen Unterschied machte, wer mein Gesicht sah. Wenn alles funktionierte, würde am Ende niemand mehr leben, der uns verraten könnte. Und wenn jemand überlebte, wäre Niamh nicht sicher und wir tot. Verlieren war schlicht und ergreifend keine Option.
“Ich geh zuerst und gebe Zeichen, wenn ihr folgen könnt. Zählt langsam bis fünfhundert. Wenn ihr bis dahin nichts gehört habt, bin ich tot, und ihr verschwindet.“
Das meinte ich ernst. Ich wollte nicht, dass sie für mich und meine Versprechen starben. Ich rollte ein letztes Mal mit den Schultern, steckte erst noch einmal einen Kopf durch das Loch, um mich umzusehen, ehe ich mich langsam mit den Beinen zuerst hinunterließ. Vielleicht war ich nicht so geschmeidig und leise wie eine Katze, aber für einen Kerl meiner Größe und Ausmaße verdammt leise. Ich kam unten an und ließ mich vom Schwung in die Hocke gleiten, ehe ich meine Äxte zückte. Dunduvan hatte eine gute Ecke ausgesucht, denn hier war niemand, aber ich konnte, wenn ich zur Ecke der Wand glitt, in das Atrium sehen. Ich spähte vorsichtig und sah zwei Personen, Mann und Frau. Sie redeten miteinander, aber ich verstand nicht, worüber. Zwei war schlecht, denn auch, wenn ich schnell war, ein Schrei war wahrscheinlich. Fuck.
Aber die Götter halfen mir, denn sie lachte und ging dann weiter nach hinten weg, wo ich nicht hinsehen konnte, wo ich aber die Küche vermutete, denn von dort drang der Geruch von Essen herüber. Sie lief mit geschicktem Hüftschwung, und er schaute ihr hinterher. Das war meine Chance, und ich nutzte sie.
Ich huschte hinter der Ecke vor, gerade über den Raum hinter den Säulen entlang, kurz nach links und rechts spähend, dass mich niemand sah, und kam hinter dem Kerl hervor. Er drehte sich gerade in meine Richtung, so dass ich den Schreck in seinen Augen sehen konnte, als meine Axt ihn in den Hals traf. Er gab ein gurgelndes Geräusch von sich, dass die junge Frau erschreckt herumfahren ließ. Sie holte gerade Luft, als meine zweite Axt sie mit einem Schmatzen zwischen die Augen traf. Kein schöner Tod, und nichts, was ich mir ausgesucht hatte. Ich überbrückte die drei schritte so schnell, dass ich sie erwischte, ehe sie ganz auf den Boden fiel und sie langsam runterlassen konnte. An den Armen zog ich sie zu der Nische, danach ihn.
Ich schaute hoch zu dem Loch und gab einen leises Pfiff von mir als Zeichen, dass sie kommen konnten. Wie ich aussah, konnte ich mir vorstellen. Man konnte einem Kerl nicht die Axt in den Hals rammen, ohne mit Blut bespritzt zu werden.
“Räumt ihr hier unten auf. Ich suche Niamh. Geht kein Risiko ein, bleibt immer mindestens zu zweit, und seid vorsichtig. Da hinten ist die Küche“, deutete ich zu dem Raum mit dem höchsten Gefahrenpotential: Feuer, Messer und normalerweise mehrere Leute auf einem Haufen.
Dass ich mich auch einem nicht grade kleinem Risiko aussetzte, weil ich allein losgehen wollte, diskutierte ich jetzt besser nicht. Aber ich war Krieger, und ich war auch bereit, zu sterben. Und mir war es lieber, wenn es mich traf, als einen von ihnen.
(07-16-2023, 10:51 PM)Louarn schrieb: [ -> ]Dunduvan kam und umriss noch einmal kurz den Plan. Er und Alun sollten zuerst aufs Dach, und den Göttern sei Dank hatte er auch ein Seil dabei.
Calum und Fintan kamen auch an, und Calum hatte Waffen dabei. Wenigstens einer, der nicht alles vergaß, sondern mitdachte. Bei Fintan war ich mir nicht sicher, ob er überhaupt dachte, Alun war heute etwas abgelenkt und die Zwillinge… da dachte lieber ich nicht drüber nach, was die so dachten.
“Bin versorgt“, schüttelte ich zu Calum den Kopf. Ich rechnete es meinem kleinen Bruder hoch an, dass er hier war, obwohl er wusste, was wir vorhatten, und obwohl er das alles als so sinnlos betrachtete. Vielleicht sah er es ja anders, wenn wir Niamh erst retten würden. Denn ich fand das ganz und gar nicht sinnlos.

“Ich helf euch rauf, und ihr lasst mir dann das Seil runter“, gab nun auch ich Anweisungen, denn wir sollten hier wirklich nicht länger als nötig unten herumstehen. Nicht auszudenken, wenn ausgerechnet jetzt die Römer auf die Idee kämen, hier eine Legionspatrouille durchzuschicken. Ich machte also ebenso wie Ciaran eine Räuberleiter und half einem Bruder nach dem anderen nach oben.
Zum Schluss stieg ich selbst die Wand mit Hilfe des Seils hinauf, bis wir schließlich alle auf dem Dach waren. Ich gab Handzeichen, dass die anderen etwas zurückbleiben sollten und kletterte vorsichtig über das Dach, so dass ich in das Loch in der Mitte spähen konnte. Es schien alles ruhig zu sein, also zog ich mich zurück. “Alles ruhig“ meldete ich und begab mich in die Hocke. Ich nahm die von Alan geborgte Säge und gab sie einem meiner Brüder weiter, während ich mir Mantel und Oberteil schnell auszog und die in Alans Stall hergestellte, blaue Paste hervorzog.
“Wenn schon, dann auch richtig“, meinte ich und tauchte meine Finger in den Beutel, um mir ein altes Zeichen erst auf die Brust, und dann vier Striche wie von einem Klauenhieb einmal schräg über das Gesicht malte und den Beutel meinen Brüdern anbot, damit die sich auch in echte Kelten im Krieg verwandeln konnten.


(07-17-2023, 11:59 AM)Ciaran schrieb: [ -> ]Calum und Fintan kamen auch noch an. Calum hatte Waffen dabei. Ich brauchte zwar keine, ich hatte noch abzüglich des einen Messers für Alun fünf weitere in meinem Gurt an der Brust und zwei an wesentlich intimeren Stellen. Trotzdem nahm ich eine Klinge, die etwa so lang war wie mein Arm, und balancierte eben den Schwerpunkt aus. Nicht ganz perfekt, aber dicht dran. Würde man Calum vernünftige Zeit und Werkzeug geben, er würde wundervolle Waffen schmieden, mit denen man herrlich töten konnte. Ich adoptierte die Klinge kurzerhand.
Fintan wirkte nervös. Er überspielte es mit dieser nervigen Art der Albernheit, die er andauernd an den Tag legte, aber die Art, wie er nicht ruhig stehen konnte, wie er immer wieder konzentriert irgendwohin schaute, mochte den meisten Menschen nicht auffallen, aber mir schon. Sowas machte mich unruhig. Die meisten Menschen versuchten stets, zu verhindern, dass ich unruhig wurde. “Nervös, Fintan?“ fragte ich direkt, nachdem ich Aluns dünnen Arsch nach oben gehievt hatte. Der war meiner Frage nach dem Mädchen auch nur sehr geschickt ausgewichen.
Louarn wollte mir auch nach oben helfen, aber ich grinste ihn nur an, nahm einmal kurz drei schritte Anlauf und nutzte den Schwung, um die Wand weit genug hochzulaufen, um die mir entgegengestreckten Hände zu ergreifen und mich das letzte Stück unterstützend ziehen zu lassen. Ich hätte auch die Dachrinne nehmen können, die wie alles in dieser Stadt ekelhaft neu war, aber so war es komfortabler.
Oben angekommen half ich, das Seil mit unseren Körpern zu sichern, damit der rote Riese hochkommen konnte. Dabei wandte ich mich an Alun. “Du hättest warten sollen bis nach dem Kampf hier. Es gibt nichts besseres als ein williges Mädchen, nachdem man getötet hat. Wenn das Blut noch in den Ohren rauscht und alles in dir nach Gewalt schreit, dann ein süßes, zartes Mädchen, dass seine weichen Schenkel um deine Hüfte schmiegt und bei jedem einzelnen Stoß stöhnt, das ist näher an der Göttlichkeit als alles andere. Dann fühlst du dich lebendig wie nie sonst in deinem Leben. Hab ich nicht recht, Fintan?“ fragte ich denjenigen von uns, der mit seinen wechselnden Sexpartnern anzugeben pflegte. “Aber vielleicht lässt sie dich ja nochmal ran, Alun. Ansonsten kannst du ja auch Niamh fragen.“
Ja, so viel ärgern musste sein. Wie gesagt, Nervosität in meinem Umfeld machte mich unleidlich. Außerdem wollte ich dieses verdammte Haus endlich sprengen.

Louarn war schließlich auch oben und gab dann bescheid, dass wir loslegen konnten. Und zauberte blaue Farbe herbei, mit der er sich auch gleich in einen keltischen Daimon verwandelte. Ich grinste. “Wenn du dich dann besser fühlst“, meinte ich und nahm etwas Farbe. Ich malte mit einen geraden Strich von der Stirn über den Nasenrücken, die Lippe und bis über meinen Kinnbart. Wahrscheinlich sah ich leicht zweigeteilt aus, aber das schien mir auch sehr passend zu sein.
“So, macht euch nützlich, ich will was in die Luft jagen“, trieb ich die anderen zu etwas Eile an.

(07-17-2023, 01:46 PM)Dunduvan Deimos schrieb: [ -> ]Dunduvan hatte dem rechten Seitenflügel drei Ziegel entfernt, bis das Gebälk vor ihm lag und das Seil befestigt. Er hatte schon seinen Grund gehabt, nur Alun mit zunehmen; da oben würden alle sie einen Lärm machen wie eine Herde Wildhirsche. Er gab Alun die ersten Ziegel in die Hand, er sollte sie sorgfältig bewahren und aufpassen, dass sie nicht hinunterfielen. Eventuell konnte man später einfach wieder das Dach damit decken, so würde niemand so schnell herausfinden, wie die Falken überhaupt in das Haus gekommen waren. Dann stellte er fest, dass er selbst keine Säge mitgenommen hatte, was ihn ärgerte.
Dunduvan nahm gleich von Louarns blauer Farbe. Er malte sich selbst einen Streifen mittig über seine Nase, die unter seinem Mund in einen Querstrich überging und wie ein T auf dem Kopf stehend aussah. Das war die Fidrune Uath - Schrecken, Deimos. So angemalt grinste er die Neuankömmlinge Calum und Fintan an. Fintan hatte er erst kürzlich gesehen, dem nickte er zu. Auf Calum ruhte sein Blick länger, und seine schwarzen Augen glänzten:
"Wie geht es dir, Calum?", fragte er leise und reichte ihm von blauen Paste: "Gibst du mir bitte eine deiner Waffen? Ein Messer vielleicht?"
Er wollte gerne etwas haben, was der Bruder geschmiedet hatte. Ein guter Schmied verwob etwas von seinem Wesen in jeder Klinge. Dunduvan würde sie in Ehren halten, da das das Schicksal ihn  seinem Bruder Calum entfremdet hatte. Das Schicksal - und Cathbad.

"Ja, ja Mädchen. Könnt ihr mal an was anderes denken, als welche euch wie zwischen ihre Schenkel nimmt?", fuhr Dunduvan dagegen Ciaran an, dessen letzte Worte er gehört hatte. Die Worte, die Niamh betrafen. Er ertrug es nicht, dass jemand leichtfertig von ihr sprach.

"War nicht so gemeint, Ciaran", nuschelte er. Er wollte nicht weiter an Niamh denken. Schon gar nicht an Niamh UND Louarn. Und er brauchte Ciaran und sein Pyr Automatón noch.

Louarn hatte eine Säge dabei. Bald war auf dem Dach ein Loch entstanden, das gerade so groß war, dass sich die Brüder einer nach dem anderen am Seil herablassen konnten. 
Unter ihnen war niemand zu sehen. Aber Dunduvan rechnete damit, dass selbst heute das Haus nicht völlig unbewacht sein würde. Nicht wenn man eine fettgefüllte Geldtruhe besaß wie der Gallier. Wer immer es auch war, der musste lautlos beseitigt werden.

Fintan und Calum kamen schließlich auch noch. Nun waren wir komplett! Lediglich Cinead fehlte noch, doch der hielt sich noch auf dem Fest auf, um seinem Bruder ein Alibi zu geben. Louarn und Ciaran halfen einem Bruder nach dem anderen, aufs Dach hinauf zu kommen. Dann kletterten die beiden nacheinander schließlich auch noch herauf aufs Dach.

Ciaran hatte sich natürlich mit meiner kurz angebundenen Antwort nicht zufrieden gegeben. Nun meinte er, ich hätte warten sollen, bis nach dem Kampf. Danach sollte ich mir ein williges Mädchen suchen. Man würde sich dann bei jedem Stoß göttlich führen und sich lebendig fühle, "Ich werd´s mir merken!" antwortete ich ihm. Natürlich würde ich nach meiner Rückkehr Prisca nicht noch einmal dazu bringen, mit mir zu schlafen. Auch wenn es vielleicht reizvoll war. Als Ciaran dann meinte. ich könne ja auch Niamh fragen , verzog ich genervt das Geischt.  "Halt die Klappe, Ciaran!", antwotrtete ich ihm fast gleichzeitig mit Louarn. Nicht nur wir beide fanden seinen Spruch ziemlich unter der Gürtellinie. Auch Dunduvan wollte davon nichts hören.

Louarn meinte dann, man solle es richtig machen und holte einen Tigel mit einer Paste aus Färberwaid hervor. Damit malter er eindeutige Symbole auf seinen nackten Oberkörper und sein Gesicht. Auch ich nahm mir ein wenig  und malte auf beide Wangen drei Querstriche, die in der Mitte von einem horizontalen Strich durchquert wurde ///. Das war das Zeichen für Tod. Genau das würden wir über das Haus des Galliers bringen. Ich nahm an, keiner seiner Mitbewohner würde an diesem Abend mit dem Leben davon kommen. Lediglich Calum entschied sich gegen die blaue Bemalung.Er setzte auf ein sselbstgenähtes seltsames Kleidungsstück, das sein Gesicht unkenntlich machte. Na, wenn's schön machte!

Ich war inzwischen bei Dunduvan angelangt, der bereits damit begonnen hatte, an der Stelle, an der wir in das Haus eindringen wollten, die Ziegeln abzudecken. Er reichte sie mir und ich suchte mir einen sicheren Platz, an dem sie nicht so leicht hinunterfallen konnten. Lou hatte an eine Säge gedacht und reichte sie Dundivan, der am Gebälk zu sägen begann. Bald war so ein Loch entstanden. Vorsichtig ließ sich Louarn hinab und hatte wohl bald schon seine erste unangenehme Begegnung, die das aber nicht lange überlebte! 
Nach und nach stiegen wir alle hinunter ins Haus. Ich hatte Ciarans Messer gezückt, als ich mich unten umsah. Ob Erwan überhaupt zu Hause war? Wenn nicht, würden wir auf ihn warten!

Es mussten sich noch mehr Leute im Haus befinden, denn aus der Culina drang ein verlockender Duft nach Essen. Ich half zuerst mit, die beiden Leichen zu beseitigen, dann sah ich mich weiter um, Während Louarn den Raum suchte, in dem sich Niamh aufhielt.
Ich lachte in mich hinein, als quasi unisono mein Schweigen gefordert wurde. Sie waren alle immer so empfindlich. Dabei ging es um die zweitschönste Nebensache der Welt. Manchmal glaubte ich, dass die anderen Falken allesamt frigide und verklemmt waren, außer meinem Bruder natürlich. Was natürlich auch seine Vorteile hatte, denn so konnte man sie leicht ärgern.

Louarn verschwand also als erstes in dem Loch. Ich fand es etwas beleidigend, denn mal ehrlich, man brauchte kaum Muskelkraft oder Geschick, wenn man jemanden töten wollte. Menschliche Körper waren so zerbrechlich. Es gab so verdammt viele Möglichkeiten, ein Leben zu beenden, dass es mir häufig schwer fiel, mich für nur eine einzige davon zu entscheiden, wo andere so viel Spaß machten.
Ich zählte im Geiste gerade meine liebsten Methoden auf, als der Pfiff erfolgte und wir anderen wie brave, kleine Kaninchen auch endlich in den Bau durften.
Unten angekommen sah ich als erstes zwei Leichen. Ein Kerl und ein Mädchen, dem Louarn den Kopf gespalten hatte. Knochen war gesplittert, und ihr einst blondes Haar war nun rot, ihre Kleidung ertrank im Blut. Ich konnte tief in ihren Kopf sehen. Ich war hypnotisiert von dem Anblick. Es war wunderschön. Scheiße, auch wenn ich vorhin erst das Mädchen gehabt hatte, das Cinead uns besorgt hatte, ich merkte, wie sich gerade eindeutig bei mir etwas regte. Nur zog Alun sie aus meinem Blick! Ich musste mich beherrschen, ihn deshalb nicht anzufahren. Aber wir waren wegen etwas anderem hier, und ich durfte andere Falken nicht töten.

Ich riss mich los und streckte mich einmal ausführlich, so dass die Schultern knackten. Dann zog ich leicht ein Messer und ließ es in der Hand tanzen. Louarn wollte los, Niamh suchen, und wir sollten uns um das Erdgeschoss kümmern. Ich grinste. Ich war in der Stimmung
“Na, wer von euch hat Hunger?“, fragte ich die anderen Falken und lief fröhlich los in Richtung Küche. Dort würde ich gleich sehr viel Spaß haben. Und das beste daran war: Meine Messer töteten nicht (zumindest nicht, wenn ich sie nicht in jemanden hineinrammte), sondern das aufgetragene Gift lähmten die getroffenen nur innerhalb von wenigen Herzschlägen, so dass sie weder schreien, noch weglaufen konnten, aber noch alles mitbekamen. Und ich hatte vor, diesen Umstand für ein wenig… Feldforschung auszunutzen.
Es konnte sein, dass sie flüchten mussten, das ja. Nur wenige Straßen weiter wimmelte es von Militär, wenn auch die meisten zum Feiern und nicht zur Überwachung der Festlichkeiten gekommen waren. Dunduvan behielt das mit den Mänteln im Hinterkopf. 
Als auch Alun zu Ciaran sagte, dass er die Klappe halten sollte, zog Dunduvan eine Augenbraue hoch. Was hatte Niamh an sich, dass ihr gegenüber sämtliche Falken Bechützerinstinkte entwickelten? Etwas Besonderes war mit der Irin, und einen Wimpernschlag lang hörte er Cathbads Stimme in seinem Geist: Sie entzweit euch. Sorge du dafür, dass sie nicht lebend davon kommt. Ich will nicht, dachte Dunduvan, ich habe es Louarn versprochen. Du willst nicht? Stellst du dich etwa gegen mich?  Kalter Spott traf ihn, so vernichtend wie der, den er in seiner Kinderzeit erfahren hatte. Dunduvan blieb stehen, schloss die Augen. Er würde sich nie gegen Cathbad stellen, er war der Pfeil, den der Druidenmeister ins Herz seiner Feinde schoss. So hatte ihn Cathbad genannt. Er beschloss, die Entscheidung auf nachher zu vertagen. Er wollte nicht darüber nachdenken, noch nicht.

Der schwarzhaarige Falke bemerkte Ciarans Blick, als der das tote Mädchen betrachtete, und es war genau dieser Blick, der ihm sagte, wie kribbelig und kirre der Bruder durch den Anblick von Blut bereits wurde. Diesmal fielen dessen Neigung und ihre Strategie zusammen: Niemand durfte entkommen, um Erwan zu warnen. Aber er selbst hätte nie etwas angerührt von dem, was ihm Ciaran aus der Küche mitbringen würde, auch wenn er wie jetzt tatsächlich hungrig war, um aller Götter Willen nicht würde er das. 
Er half Alun, die beiden Toten zu verstecken; dann blieb er etwas zurück, während die Brüder weiter gingen. Die Frau und der Mann, das waren nicht alle gewesen, das sagte ihm eine Art Instinkt. Vorsichtshalber nahm er die Schleuder in die Hand.

Es war ein Nubier. Er hätte selbst Louarn oder die Zwillinge um einen Kopf überragt, und er war mindestens doppelt so breit. Seine Muskeln glänzten von Öl, und in den Händen trug er wie ein ebenholzfarbener Hercules eine riesige Keule, die mit Stacheln gespickt war. Er stand am anderen Ende des Impluviums.
Sie sahen sich in die Augen, und über das Gesicht des Sklaven glitt ein breites Grinsen; er öffnete seinen Mund, und Dunduvan konnte erkennen, dass man ihm die Zunge herausgeschnitten hatte. Sie erkannten fast gleichzeitig im anderen den Feind, und der Nubier spannte seine Glieder an, um den Eindringling zu Brei zu zerquetschen. Vermutlich hatte er nicht oft Gelegenheit zu so etwas.
Es war nur ein Schwirren in der Luft. Dunduvan traf den Wächter noch im Lauf direkt zwischen den Augen, und er fiel mit dem Gesicht nach vorne. Es war ein völlig unkriegerisches Töten, als hätte Dunduvan lediglich einen Lebensfaden mit einer Schere abgeschnitten. Der Stein steckte im Fleisch und verschloss die Wunde und verhinderte, dass Blut austrat.

Der Nubier hatte jedoch ein hohes Gewicht, und tot war er noch schwerer, zu bewegen. Dunduvan brauchte eine Weile, bis er ihn in einen der Seitenflügel gezogen hatte, dann schob er ihn in eine Ecke und bedeckte ihn mit einem seidenen großen Überwurf, der über einer Bank lag. Erst nach einer ganzen Weile schloss Dunduvan zu den Brüdern auf: " Wurde sie gefunden?", fragte er. Er meinte Niamh.
Ich kannte den Weg, auch wenn ich nicht wusste, wieso und weshalb. Ich war hier noch nie gewesen, und doch erinnerte ich mich an den Weg. Hinter einer Tür ging eine Treppe nach oben, die ich, drei Stufen auf einmal nehmend, hinauf spurtete. Oben öffnete sich gerade das Gegenstück der Tür, und eine ältere Frau stand da. Sie hatte Teller und Schüsseln in den Händen und erschrak, als sie mich sah. Die Teller fielen, noch ehe meine Axt sie einmal quer über ihre Brust traf. Der Schrei, den sie von sich geben wollte, kam halb erstickt heraus, und ging unter in dem Geräusch der fallenden Teller.
...Wieder öffnete sich irgendwo eine Tür und Licht fiel herein. Diesmal rannte ich wild entschlossen hindurch. Eine ältere Frau ließ erschrocken irgend etwas fallen, es klapperte und schepperte hinter mir auf dem Boden....
Ich folgte dem Weg und sah von oben auf einen Garten herunter. Aber der interessierte mich nicht mehr, als er musste, um mich zu vergewissern, dass dort kein Bogenschütze stand und mich ins Ziel nahm. Ich knurrte, weil ich das Zimmer nicht fand, zu dem mein Gefühl mich trieb und es mir so vorkam, als würden tausend Türen aus dem Nichts erscheinen.
...bis ich endlich den passenden Geruch wahrnahm. Hinter einer verschlossenen Tür konnte ich sie riechen, aber ich kam nicht dorthin.... Keine Ahnung, was mich in diese Richtung führte, aber ich wusste, dass ich richtig war, als ich die Wache vor dem Zimmer stehen sah. Und die sah mich auch, und diesmal rief er als erstes und zog eine Klinge. Egal, von unten drangen jetzt auch vereinzelte Kampfgeräusche und Schreien herauf, darauf kam es nicht mehr an. Und nach Außen schluckten die dicken Mauern und die Bauweise und die feiernde Festtagsgesellschaft ohnehin alles.

Der Typ war gut, verdammt. Ich blockte seinen Angriff mit einer Axt, bekam aber seine freie Faust ins Gesicht und taumelte erstmal rückwärts. Er setzte nach und hatte jetzt den Vorteil des Angreifers, und ich musste mich verteidigen. ...Ein Blick zur Seite zeigte mir ein menschliches Konstrukt, ein Regal oder so etwas, und ich kletterte daran hoch, warf allerlei Krimskrams dabei davon herunter... Ich sah das Regal an der Wand, ein Brett, gehalten von daruntergenagelten Holzscheiten, auf dem jede Menge Töpfe, Schüsseln und Teller standen. Ein Hieb von unten gegen solch eine Strebe mit meiner Axt, und das Ding krachte vor mir ein, auf meinen Angreifer, der sich gerade auf mich stürzen wollte, als er von Tontöpfen angefallen wurde. Instinktiv riss er zum Schutz dagegen einen Arm hoch, während es um ihn schepperte und klirrte, und ich sprang mit den Füßen voraus in das Chaos und traf ihn mit beiden Beinen an der Brust. Er taumelte vom Schwung rückwärts, die Brüstung krachte halb ein und er hielt sich nur eben so gerade an einem Holzpfosten, der ihn daran hinderte, in den Garten zu stürzen.
Ich war schneller wieder auf den Füßen als er und zog ihm eine meiner Äxte quer durch Hals und Gesicht. Er fiel nach hinten durch die Brüstung in den Garten. Fuck, aber ich hoffte, dass meine Brüder unten gut aufgeräumt hatten und es darauf nicht mehr ankam. So reich war Erwan ja auch nicht, dass er eine Hundertschaft an Sklaven hätte.
Ich brauchte einen Moment, um mich loszureißen und kam zu der Tür. “Niamh?“ fragte ich grade so laut, dass es nicht als Brüllen zählte und schaute mir die Tür an. Ein dicker Riegel war mit einem Schloss gesichert. Ich war ganz sicher richtig hier. Das Schloss brach erst beim dritten Schlag ab, so dass ich den Riegel öffnen und die Tür nach innen aufbrechen konnte.
Und da war sie. Nicht schlafend, wie in meinem Traum, aber sie war da, und ich konnte mich einen Moment nicht bewegen. Ich wusste, wie ich aussehen musste. Oberkörper frei, aber dafür blau bemalt und von oben bis unten voller Blut. Von den Scherben draußen hatte ich ein paar Kratzer. ...Fell zerzaust und Schnauze zerkratzt.... Dazu die bluttropfenden Äxte. Wahrscheinlich sah ich aus wie einem Albtraum entsprungen. Aber trotzdem stand ich da und meine Brust hob und senkte sich in schweren Atemzügen, während ich sie aus goldbraunen Augen nur anstarren konnte. Ich glaube, ich hatte noch nie etwas so schönes gesehen wie jetzt gerade.
Es war, als würde Musik spielen, und ich war der Dirigent. Ich betrat die Küche, und erst einmal herrschte erschrockene Stille. Etliche Augen starrten mich fragend und ungläubig an, wie ich da in der Türe stand. Erst dann bemerkten sie das Messer in meiner Hand und die anderen an dem Gurt quer über meine Brust. Und dann ging es los, das Luftholen, dann ein hoher Schrei, erstickt in einem Zischen und das Geräusch eines fallenden Körpers, während die Messer, die ich nachzog, sangen. Ich summte vor mich hin, wich einer Bratpfanne aus, drehte mich leicht und schnitt ein Mädchen, das vor mich fliehen wollte, über den Tisch hinweg, am Arm. Sie rannte noch drei schritt und fiel dann auf eine Treppe, wo sie in einer grotesk anmutenden Form liegen blieb.
Irgendwo im Hintergrund hörte ich ein lautes Scheppern, dann sah ich das Blitzen von einem Messer, als einer der mutigeren Kerle im Raum mich angriff. Männer interessierte mich nicht. Ich wich ihm tanzend aus und rammte ihm noch in der Bewegung mit der anderen Hand meine Klinge tief unterhalb des Ohres in den Hals, was eine riesige Sauerei gab, mir aber egal war. Leider verkeilte sich das Messer mit dem Kiefer, weshalb es schneller ging, ein neues zu zücken.
Ich sah einen rennenden Rock, der durch einen Durchgang flüchten würde und warf das frisch gezogene Messer. Verdammt. Jetzt hatte ich nur noch zwei. Ich seufzte. Wenn das so weiter ging, musste ich Calums Klinge nehmen, und die… naja, tötete nur.

Dass einer der Falken mit mir im Raum war, merkte ich fast gar nicht, während ich lachend eine rothaarige Schönheit um den Tisch jagte, die sehr ernsthafte Versuche unternahm, zu entkommen. Inklusive des Werfens von Thymian und Rosmarin, als wäre ich ein Braten. Ich scheuchte sie dreimal irre lachend um den Tisch, ehe ich sie mit meinem Messer doch erwischte. Es dauerte zwei Schritte, und sie fiel sehr einladend auf den Tisch. Verdammt, bei mir regte sich wirklich so einiges. Aber ich hatte das Gefühl, dass die anderen das verstörend finden könnten. Das hatte ich schon früh gelernt, dass ich diese spezielle Neigung besser mit niemandem teilte, nicht einmal mit Cinead.

Nach einer Weile sah ich mich um. Überall lagen Körper, mache blutgetränkt, andere hatten nur einen kleinen Kratzer. Aber ich hörte kein Schreien, kein Laufen, kein Fluchen mehr. Es war wieder Stille.
Unter denen, die ich mit meinem Gift gelähmt hatte, wählte ich das Mädchen, das auf den Tisch gefallen war. Die anderen beiden nahm ich nur und zog sie wie Puppen an die Wand. Beide weinten lautlos und starrten mich mit riesigen Augen an. Eine davon zog so rapide und schnell die Luft immer wieder ein, dass es faszinierend war. “Sh-sh“, machte ich und küsste ihren Haaransatz, was das Pendant zu einem Wimmern und Schreien hervorrief – nur dass sie das nicht mehr konnte und nur ein sehr leiser Laut ihre Kehle verließ. “Wenn du dich zu sehr aufregst, bleibt dein Herz stehen“, meinte ich zu ihr, was sie aber irgendwie nicht beruhigte, sondern noch mehr aufregte. Ich lehnte sie an die Wand neben die andere und widmete mich der dritten auf dem Tisch. Ich sammelte meine Messer ein und säuberte eines davon sehr ordentlich mit Olivenöl, ehe ich mich ihr zuwandte.
“Dunduvan meinte, dass ich heute die Römer ein wenig erschrecken soll. Und du, meine Göttin, wirst mir dabei helfen“, meinte ich freudig erregt.

Eine ganze Weile später trat ich aus der Küche. Meine Hände waren bis zu den Ellbogen blutgetränkt und ich streckte mich ausgiebig im Atrium. Ich fühlte mich herrlich entspannt und befreit. Das hier war ein wirkliches Geschenk. Ich sollte Niamh dafür danken, dass sie sich hatte entführen lassen. Oder Dunduvan, dass er mich abgeholt hatte. Fast ein Jammer, dass mein Kunstwerk in der Küche der Explosion wohl nicht standhalten würde.
Ich hatte einen Apfel in der blutigen Hand und biss einmal herzhaft hinein. Ich hatte jetzt wirklich Hunger.
Dunduvan war im Atrium und machte… keine Ahnung, was er da machte. Aber er fragte nach Niamh. Ich zuckte die Schultern. “Keine Ahnung. In der Küche war sie nicht. Apfel?“ bot ich ihm von meinem angebissenen Apfel auch etwas an. Vielleicht hatte er ja auch Hunger.
So sehr hatte Niamh diesen fünften Tag herbeigesehnt! Dabei hatte er ganz gewöhnlich begonnen. Seitdem der Medicus bei ihr gewesen war und Erwan eindringlich darauf hingewiesen hatte, dass sie Pflege und Fürsorge bedurfte, wenn er sie verkaufen wollte, hatte ihr an nichts mehr gefehlt. Der Gallier hatte sogar zwei Sklavinnen speziell dafür abgestellt, die sich nur um die Gefangene kümmern sollten. Sie versorgten sie mit Essen und Trinken. sie wuschen sie uns sorgten für frische Kleidung.

Seit dem Morgen hatte Niamh erwartungsvoll in ihrem Bett gesessen und gewartet, dass etwas Außergewöhnliches passieren würde. Der Medicus hatte ihr gesagt, am fünften Tag würde der Römer aus dem Wald kommen. Aber es kam niemand.
Um die Mittagszeit wurde es im Haus noch ruhiger. Die Alte, die ihr immer das Essen brachte und ein wenig die Sprache der Einheimischen verstand, hatte ihr begreiflich gemacht, dass in der Stadt ein großes Fest gefeiert wurde. Der Tuchhändler, sein Freigelassener Modestus und ein paar Sklaven, seien zum Fest aufgebrochen.
Als auch der Nachmittag ereignislos vorüber ging, war Niamh enttäuscht. vielleicht hatte sich der Medicus ja im Tag geirrt. Oder vielleicht war man Alun auf sie Schliche gekommen. Doch das hätte sich bestimmt in Erwans Verhalten widergespiegelt. Nein, der Grund musste ein anderer sein!

Oder vielleicht doch nicht? Inzwischen war es schon Abend geworden. Die Alte hatte ihr, wie jeden Abend noch etwas zu Essen gebracht. Kurz nachdem sie aus ihrem Zimmer hinausgegangen war, glaubte sie, eigenartige Geräusche im Haus gehört zu haben, als ob Geschirr zu Bruch gegangen sei. Wenig später meinte sie, einen Schrei gehört zu haben. Für einen kurzen Moment glaubte sie, die Alte sei gestolpert und die Treppe hinunter gefallen. Dann waren da plötzlich ein paar dumpfe Geräusche, die ihr Angst machten, denn sie kamen von draußen vor ihrer Tür. Erwan hatte einen Wächter vor ihrer Tür postieren lassen, der Tag und Nacht dort stehen musste.
Etwas passierte da draußen gerade! Aber sie konnte nicht nachsehen gehen, denn die Tür war ja von außen verriegelt.  Also verharrte sie ganz still und traute sich kaum zu atmen, um zu hören, was vor der Tür vor sich ging.  Hatte da gerade nicht jemand ihren Namen gerufen? 
"Hier! Ich bin hier!" rief sie, nachdem sie kurz überlegt hatte. Kurze Zeit später wurde die Tür mit Gewalt aufgebrochen und ein blaubemalter Krieger, der förmlich in Blut getränkt war, stand vor ihr. Vor Schreck schrie sie auf.
Der Eindringling stand schnaufend in der Tür und starrte sie an. Das Gesicht und die Gestalt kamen ihr bekannt vor. Aber das war nicht Alun!
"Louarn?" rief sie. "Louarn, du bist es wirklich!" Als sie aufstehen wollte, fühlte sie sich noch wacklig auf den Beinen. Aber sie wollte unbedingt zu ihm!
Sie saß auf dem Bett, und schrie erst einmal erschreckt. Ich hob beschwichtigend die Hände, bis mir einfiel, dass blutgetränkte Äxte vielleicht nicht unbedingt vertrauenerweckend wirkten. Aber weglegen konnte ich sie jetzt nicht, ich wusste nicht, ob ich sie noch brauchen würde. Ich wollte gerade etwas sagen, als sie mich erkannte. Sie stand auf und wackelte wie ein frisch geborenes Fohlen. Ich machte zwei Schritte auf sie zu, bremste mich dann aber. Ich wollte sie so wahnsinnig gerne in die Arme schließen, aber ich war voller Blut, und außerdem stand es mir nicht zu. Sie liebte Suilleabhain, nicht mich. Und egal, wie deutlich mir gerade ausgerechnet jetzt Ciarans Worte in den Sinn kamen und ich mir nichts schöneres vorstellen konnte, als sie auf dieses verdammte Bett zu drücken und mich auf die süßeste Weise zu vergewissern, dass sie und ich am Leben waren, ich durfte das nicht.
Die Kampfgeräusche von unten schienen weniger zu werden. Ich atmete einmal durch und hatte einen Kloß im Hals. “Ja. Ja, ich bin’s. Wir… wir sind gekommen, um dich zu befreien und…“ Irgendwie ging ich doch nochmal zwei weitere schnelle Schritte zu ihr, weil mich alles dazu drängte. Ich wollte sie so verdammt dringend in die Arme nehmen, dass es fast schon ein körperlicher Schmerz war, es nicht zu tun, sondern nur dicht vor ihr stehen zu bleiben. “Es tut mir leid. Wenn ich gewusst hätte, dass er dir nachstellt, ich hätte…  Ich hätte nicht zulassen dürfen, dass er dich entführt und gefangen hält. Verzeih mir.“ Es war mir wichtig, dass sie mir das vergab. Es war eine schwere Schuld, die auf meinem Gewissen lastete, und es war mir wichtig, dass sie wusste, dass es keine Absicht gewesen war, trotz allem, was vorgefallen war.

“Wir sind aber noch nicht fertig. Meine Brüder… sie kümmern sich um unten. Wir wollen warten, bis Erwan zurückkommt, und dann Rache nehmen.“ Ich redete einfach weiter, um mich davon abzuhalten, sehr dumme Dinge zu tun. Wie sie zu küssen, beispielsweise. “Ich schwöre dir, dass ich dir alles erzählen werde. Keine Geheimnisse mehr. Aber erst einmal müssen wir das hier zuende bringen.“ Ich steckte eine Axt in die Schlaufe an meinem Gürtel und machte dafür den Dolch mitsamt der Scheide lose, um ihn ihr zu geben. “Damit du dich verteidigen kannst“ gab ich ihn ihr und versuchte so verdammt noch mal nicht daran zu denken, was die beiden letzten Male geschehen war, als ich ihr einen Dolch zur Verteidigung ihrer Selbst gegeben hatte.
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