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Im Morgengrauen
10-13-2023, 06:49 PM,
Beitrag #21
RE: Im Morgengrauen
Nun, da ich nichts von ihm zu befürchten hatte, konnte ich ihn auch in meine Hütte einladen. Und selbst wenn es anders gewesen wäre, hätte ich eine offene Tür für ihn gehabt. Ich hang nicht wirklich an meinem Leben.  Dafür hatte ich viel zu entsetzliche Dinge erleben müssen. Daher würde ich den Tod wie einen alten Freund begrüßen, wenn wer eines Tages an meine Tür klopfte und mich mitnahm nach Tír na nÓg.

"Es gibt einen Grund, warum die Götter wollten, dass wir uns begegnen! Wenn es nicht mein Tod ist, den sie wollen, was mag es dann sein?" fragte ich ihn. Ich selber wusste auch keine genaue Antwort darauf. Vielleicht sahen die Götter mich als eine Art Bindeglied zwischen den Falken und ihren Müttern. Aber weshalb nur? Die Mütter der sieben Jungen waren alle schon so lange tot. Und ihr Tod war von den Göttern gewollt gewesen, hatten damals die Druiden gesagt. Nein, Cathbad hatte das gesagt! Also musste es etwas anderes sein!

Ciaran hatte die letzten Kletten an seinem Pferd entfernt und nahm es nun bei den Zügeln. Er wollte ein Bad nehmen, Das war gut! Denn er musste unbedingt ein Bad nehmen! Das stand fest. So wie er roch, würde ich ihn nicht in meine Hütte lassen. 
"Unbedingt! Du kannst dich bei mir waschen. Ich habe in meinem Garten ein Regenfass und in meiner Hütte einen Waschzuber. Du kannst also wählen. Allerdings wenn du dich für den Waschzuber entscheidest, solltest du dich sputen, denn auch ich brauche ein Bad!" Genau heute war der große Tag, den ich zwar nicht herbei gesehnt hatte, aber für den ich einige Vorbereitungen getroffen hatte. Die Hochzeit des Tribun Iulius, zu der ich vom Bräutigam höchstpersönlich eingeladen worden war, stand heute an. Ich fragte mich noch immer, wie ich zu dieser Ehre gekommen war. Vielleicht war das ja der Wille der Götter gewesen! Bei diesem Gedanken schielte ich leicht zu meinem Begleiter hinüber. 
"Hör mal Junge, hättest du Lust, dir später am Tag ein paar aufgeblasene Römer aus der Nähe anzuschauen? Du darfst sie natürlich nicht töten! Nur anschauen! Verstehst du?" meinte ich plötzlich grinsend. Mit Ciaran an meiner Seite, konnte der Tag vielleicht doch noch lustig werden.
[Bild: 3_15_08_22_9_39_13.png]
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10-16-2023, 02:08 PM,
Beitrag #22
RE: Im Morgengrauen
Ceridwen gehörte wohl zu den Leuten, die den Sinn hinter dem göttlichen Willen begreifen wollten, denn sie fragte sich laut, was der Grund für unser aufeinandertreffen war. Es war nicht so, als ob ich den Sinn dessen nicht verstehen wollte – denn das wollte ich durchaus – aber ich kannte die Götter doch gut genug, um zu wissen, dass sie selten so einfach ihre Absichten erklärten, weshalb ich die Dinge nahm, wie sie waren. “Wenn die Götter der Meinung sind, dass wir das wissen müssen, werden wir es erfahren“, meinte ich also nur schulterzuckend und behielt meine vorangegangenen Überlegungen zu unserem Aufeinandertreffen für mich. Ich glaubte nicht, dass Ceridwen meine Überlegungen zu Ravens Existenzberechtigung wissen musste. Oder nein, ich war mir ziemlich sicher, dass diese Information für mich war, nicht für sie. Alle Menschen waren Werkzeuge der Götter, aber manche waren eben einfach nur Nägel, und andere ein Hammer.

Aber sie lud mich zu sich nach Hause ein, um mich zu waschen. Entweder in einem Regenfass, oder in ihrem Haus, wobei sie selbst sich dann auch waschen wollte. Ich zuckte einfach nur mit den Schultern. “Wenn dein Zuber groß genug ist, kannst du dich auch mit mir waschen. Mich stört das nicht.“ Was manche Menschen da für einen Aufstand zelebrierten, wenn jemand einen anderen nackt sah. Als würden wir mit Kleidung geboren werden. Ich hatte viele Menschen nackt gesehen, in unterschiedlichen Lebenslagen. Ich fand daran nichts besonderes, und ich fand es noch nicht einmal besonders erregend. Dafür brauchte es schon deutlich mehr als ein paar Titten. Aber manche Männer waren eben recht einfach zu erregen.
Aber vielleicht erwartete sie das? Ich legte noch einmal den Kopf schief und schaute sie an. “Falls du dann aber Sex willst, muss ich dich enttäuschen. Deirdre fordert immer so viel, dass ich danach erst einmal einen Tag Pause brauche.“ Die Mutter meines Drachens wollte zwar unser Techtelmechtel geheim halten oder sah es als erotisches Spiel oder so etwas. Aber so laut, wie sie und auch ich dabei waren, wusste es sowieso das ganze Dorf und ich fand es albern, deshalb irgendwie schamvoll zu tun.

Ich schloss mich ihr also auf dem Weg wieder zurück nach Cheddar an und einen Moment herrschte schweigen. Wegen mir hätte es auch so weitergehen mögen, ich gehörte nicht zu den Menschen, die sich unbedingt unterhalten mussten, obwohl mir manchmal gesagt wurde, ich würde zu viel reden. Noch so eine Sache, die ich bei Menschen nicht verstand. Zu viel reden. Was bedeutete das?
Aber Ceridwen brach die stimme und lud mich ein auf eine römische Hochzeit. Ich sah sie schief an und fragte mich, warum sie mich mitnehmen wollte. Sicher hatte sie dafür einen Grund, den sie mir aber nicht unbedingt mitteilen musste. Ich kannte sie nicht gut genug, um einen Grund zu erahnen.
“Ich habe schon viele von ihnen aus der Nähe gesehen. Manche sogar sehr nahe. Ich verstehe den Nutzen nicht, sie anzusehen, wenn ich sie nicht töten soll.“ Oh, ich verstand den Nutzen, wenn ich sie später töten wollte. Ausspionieren war so etwas wie anpirschen auf der Jagd, und oft erhöhte es den Reiz, wenn es dann irgendwann zur Tat kam. Aber angucken, ganz ohne Absicht, das war wieder so etwas… menschliches. Klang etwas nach Zeitverschwendung. “Aber wenn du mich gerne dabei haben willst, aus deinen eigenen Gründen, dann begleite ich dich.“ Vielleicht gehörte ja auch dieses Fest zu einem göttlichen Plan, der sich mir noch eröffnen würde, wenn ich ihm die Gelegenheit dazu gab.
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Falke
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10-19-2023, 02:04 PM,
Beitrag #23
RE: Im Morgengrauen
Ciaran erwies sich als witziger Zeitgenosse, denn sein Vorschlag, mit ihm gemeinsam in meinem Zuber baden zu wollen, entlockte mir dann doch ein herzhaftes Lachen. Glaubte er denn wirklich, ich wollte mit einem solchen Jungelchen, wie er es war, gemeinsam baden und hinterher mit ihm auch noch intim werden? Ciaran und all die anderen Falken waren so alt wie mein Junge und ja, sie hätten genauso gut meine Kinder sein können! Das fühlte sich ziemlich krank an, wenn man mit dem eigenen Sohn schlafen wollte. Das war schon irgendwie ein schräger Ödipusgedanke!

"So groß ist mein Zuber nicht, dass zwei Leute hineinpassen würden und nein, mein Hunger nach sexueller Betätigung ist gestillt. Außerdem könntest du mein Sohn sein. Nein, nein!" sagte ich entschieden während ich die Richtung zu meiner Hütte einschlug.

Ciaran erzählte mir, er habe schon viele Römer aus der Nähe gesehen. Allerdings verstünde er nicht, warum er sie nicht töten dürfte. Nun, dafür gab es eine ganz einfache Erklärung! "Ach, das ist eine besondere Hochzeit! Braut und Bräutigam sind beides Patrizier und auch unter den Gästen befindet sich kaum gemeines Volk. Zudem ist der Bräutigam auch noch der Oberbefehlshaber der zweiten Legion, die hier vor den Toren Iscalis stationiert ist. Unter den Gästen werden also viele hochrangige Militärs anwesend sein. Aber auch der Leiter der Zivilverwaltung, der auch der Patron von Cheddar ist, wird mit Sicherheit dort sein, weil dessen Frau mit der Braut verwandt ist. Du siehst, lauter hohe Tiere auf einem Haufen. Wenn du einen oder mehrere von ihnen töten würdest, dann beschwörst du einen Krieg herauf. Besser ist es, erst einmal jeden von ihnen zu beobachten. Herauszufinden wo seine Schwächen sind, damit man später, zur rechten Zeit effektiv zuschlagen kann. Verstehst du?“ 
Sollten sich die Römer ruhig in Sicherheit wiegen und uns für schwach und unterwürfig halten. Doch irgendwann würde unsere Zeit kommen! Dann, wenn sie nicht mehr damit rechneten!
Inzwischen waren wir wieder zurück im Dorf und liefen die letzten Schritte zu meiner Hütte.
"So, da wären wir!" verkündete ich, öffnete die Tür und bat ihn, einzutreten.

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