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Vor Brigids Forst
04-20-2023, 10:39 PM,
Beitrag #21
RE: Vor Brigids Forst
Ich konnte Niamh ihre Verwunderung nicht wirklich übel nehmen. Alun sah ja doch sehr römisch aus. Alle meine Brüder taten das. Naja, die Zwillinge je nachdem, wie sehr sie das wollten, aber auch die hatten dunkle Haare und dunkle Augen. Nur ich hatte rotes Haar, warum auch immer. Ich sah zwischen Alun und Niamh hin und her und suchte nach Worten, ohne jetzt mit der ganzen Wahrheit rausrücken zu müssen, aber sie gleichzeitig nicht anzulügen. Ich log die Hälfte der Zeit irgendwelche Leute an, aber bei Niamh wollte ich es wirklich auf das absolut notwendige Minimum beschränken. Sie anzulügen fühlte sich falsch an, und jetzt war es ja sowieso irgendwie zu spät für die üblichen Lügen.
“Wir haben nicht dieselbe Mutter“, meinte ich also ausweichend, und weil ich wusste, dass Alun fast so empfindlich wie Calum darauf reagierte, wenn man ihn Römer nannte – oder es zumindest vor zwei Jahren getan hatte. Vielleicht hatte er sich inzwischen daran gewöhnt. Und er sah ja wirklich wie ein götterverdammter Römer aus – fügte ich noch hinzu: “Und er ist Kelte, vom Scheitel bis zur Sohle, da kannst du sicher sein.“

Niamh schien mächtig stolz darauf zu sein, Alun verletzt zu haben. Ich war mir nicht sicher, ob es so clever war, sie an seine Wunde ranzulassen, wenn sie so streitlustig war. Ja, sie konnte gut nähen, hatte sie bei mir ja auch gekonnt, aber sie klang jetzt nicht so, als hätte sie ernsthaftes Interesse an der Wundversorgung meines Bruders. Und ich war auch nicht sicher, wie erpicht Alun nach dieser Vorstellung war, auch wenn er gerade schon wieder gescherzt hatte. “Das ist nett, aber vielleicht lassen wir da besser Gilda danach sehen“, versuchte ich mich in Diplomatie. “Alun, du fängst dein Pferd, ich sammel mein Zeug, und dann gehen wir, wie klingt das?“ Ich versuchte mein charmantestes Lächeln in der Hoffnung, dass dann nicht alle aufeinander losgehen würden.
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Falke
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04-23-2023, 05:18 PM,
Beitrag #22
RE: Vor Brigids Forst
Da ich nicht genau wusste, in welcher Beziehung Louarn und das Mädchen standen, warf ich ihm einen vielsagenden Blick zu. Ob es wirklich klug war, das sie nun meinen richtigen Namen? Zumal er dann auch noch hinausposaunte, das wir Brüder seien. Louran konnte manchmal recht impulsiv sein und neigte dann eben auch zu unüberlegten Taten. So war er schon immer gewesen und wahrscheinlich hatte sich daran auch nichts viel geändert.
"Niamh?" fragte ich, nachdem er sie mir vorsgestellt hatte. Ein solcher Name war mir noch nie untergekommen. Bestimmt war sie nicht hier aus der Gegend. Ihr Name klang irgendwie nach Hibernia, äh Iwerddon. "Grüß dich, Niamh! Schön, dich kennenzulernen." Ich meinte meine Worte tatsächlich so, wie ich sie gesagt hatte. Auch wenn sie sich mir gegenüber eher kratzbürstig verhielt.
Von Niamh kam erst einmal ein ganz misstrauischer Blick, als sie hörte, dass wir Brüder seine sollten. Louarn stellte dann sofort einmal klar, dass wir unterschiedliche Mütter hatten. Nun fehlte nur noch, dass er ihr noch brühwarm erzählte, dass unsere Mütter auf Mona von römischen Legionären geschwängert worden waren, als sie dort vor  achzehn Jahren die Druiden abschlachteten. Zum Glück tat er das nicht. Aber er versicherte ihr, dass ich Kelte sei, durch und durch! Dennoch schien sie es mir immer noch übel zu nehmen, dass ich über sie gelacht hatte.
Auf meiner Tunika zeichnete sich inzwischen ein kleiner roter Fleck ab. Eigentlich war der Einstich nicht wirklich wild. Wahrscheinlich musste er nicht mal genäht werden. Dennoch bot sich die wütende kleine Irin an, mich zu nähen. Bevor ich ihr versichern konnte, dass das nicht nötig war, kam mir Louarn zuvor und glänzte mit einer diplomatischeren Antwort. "Ja, Gilda kann mal draufschauen! Aber nett von dir, dass du dich angeboten hast!" fügte ich noch hinzu und grinste nur andeutungsweise. Nicht dass sie nochmal auf mich los ging! Louarn meinte dann auch schnell, dass wir uns auf den Weg zur Quelle machen sollten. Da sprach er mir voll aus der Seele! Endlich nach Hause!
"Das hört sich gut an!" antwortete ich ihm und ließ mich nicht nochmal bitten. Mein Pferd hatte sich nur unwesentlich weit fortbewegt und ließ sich dann auch ohne große Schwierigkeiten wieder einfangen. Ich nahm es bei den Zügeln, damit ich mit Louarn und Niamh mitlaufen konnte. Zuvor aber verstaute ich meine Sachen wieder in den der Tasche, die ich dabei hatte.
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Als "Lucius Tarutius Corvus"
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Falke
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04-23-2023, 09:33 PM,
Beitrag #23
RE: Vor Brigids Forst
Niamh verzog ihr Gesicht etwas, als der römisch aussehende Kelte sie dann nett grüßte. Sie konnte ihr Misstrauen ihm gegenüber nicht völlig ablegen. Dafür sah er einfach zu römisch aus. Überhaupt mussten das schon seltsame Familienverhältnisse sein, aus denen Louarn und auch Alun kamen. Sie waren Brüder aber dann doch nur halb und hatte Louarn in Gildas Haus nicht noch einen anderen Bruder erwähnt? "Also ihr habt dann den gleichen Vater, oder wie?" Na ja, wenn sie nicht die gleiche Mutter hatten dann mussten sie zwangsläufig den gleichen Vater haben! Trotzdem seltsam. Niamh hätte nun sicher tausend Fragen an die beiden stellen können. Aber da gerade allgemeine Aufbruchstimmung herrschte, kümmerte sie sich zuerst einmal um ihren Tragekorb, der noch hinter der dicken Eiche lag und umgefallen war. All dass, was herausgefallen war, sammelte sie wieder auf und zog den Korb wieder auf ihre Schultern. Vielleicht fand sich später noch Gelegenheit, Louarn danach zu fragen, ob er noch mehr Brüder hatte und warum Alun als Römer verkleidet hier durch den Wald ritt. Irgendetwas war hier doch gewaltig faul. Niamh witterte etwas, aber sie konnte noch nicht genau sagen, was. Nun machten sie sich zuerst einmal auf den Weg, zurück zur Quelle.
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04-23-2023, 09:53 PM,
Beitrag #24
RE: Vor Brigids Forst
Warum guckte Alan denn jetzt so streng? Er hatte doch damit angefangen, Niamh zu erschrecken und mich Bruder zu nennen. Was konnte ich denn jetzt dafür? Ich wechselte mit ihm einen ziemlich ahnungslosen Blick und schaute dann zu, wie Niamh verdrießlich ihre verstreuten Sachen einsammelte. “Bin gleich zurück“ sagte ich, während Alun sein Pferd einfing und Niamh Pilze oder sowas aufsammelte, um meine zurückgelassene Sichel und die paar Mistelzweige zu holen, die ich von mir geworfen hatte, als ich Niamh hatte schreien hören. Zum Glück war beides schnell gefunden, die Sichel wieder unsichtbar verstaut und die Misteln… naja, ich hatte keinen besseren Platz, also steckte ich sie in mein Hemd und hoffte, dass der Gürtel sie aufhalten würde.
Ich war dann auch schnell zurück und bekam passend auch gleich eine frage von Niamh nach unserem Vater. Alun bekam dafür erstmal einen Hilf mir gefälligst!-Blick ab, denn ich hasste es, zu lügen. Aber ich war wohl zu geübt darin, als ich einfach nur knapp “Ja“ antwortete. Irgendwie stimmte das ja auch. Rom war unser Vater. Hass war unser Vater. Rache war unser Vater. Was spielte es da für eine Rolle, wie der Kerl nun hieß, der für unser Leben verantwortlich war? Also, für mich zumindest keine.
Da ich nicht glaubte, dass Niamh die Antwort gefallen würde, und weil sie außerdem nicht so schwer schleppen sollte, griff ich auch gleich nach dem Korb, um ihn ihr abzunehmen. “Lass mich den tragen, der schaut schwer aus“, meinte ich und nahm ihn ihr ab. Wirklich schwer war er nicht, aber ich fühlte mich trotzdem besser so.

“Im Dorf ist noch eine zweite Priesterin, Dierna, mit ihrem Baby, Úna“, klärte ich Alun auf, während wir gingen. “Und wenn du jetzt bleibst, werd ich deine Hilfe brauchen, Alun. Ich muss jemanden umbringen, und ich glaube nicht, dass die Römer das gerne sehen werden“, erzählte ich ganz beiläufig von Erwan, dessen letzter Atemzug schon gezählt war. “Du bleibst doch, oder?“
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Falke
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04-27-2023, 08:24 PM,
Beitrag #25
RE: Vor Brigids Forst
Niamh schien gar nichts zu wissen, weder wer oder was wir wirklich waren noch unsere Geschichte, die auf uns allen lastete. Kein Wunder dass sie nun nach unseren Vätern fragte. Louarn hatte ihr mit einem knappen Ja geantwortet, doch sein Blick verriet alles. "Ja also  unser Vater ja, er hatte ähm ... zwei Frauen. Ja genau! Zwei Frauen, gleichzeitig! Meine Mutter war ganz schön sauer, als sie das herausgefunden hat! Das kann ich dir sagen!" Manchmal wunderte ich mich ja schon über mich selbst! Eine blühende Fantasie, würde Cathbad sicher sagen. Aber ich nahm an, das lag einfach daran, dass ich die letzten zwei Jahre tagtäglich gelogen hatte. Mein ganze Leben als Lucius Tarutius Corvus war eine einzige Lüge gewesen. 


Louarn hatte den Korb des Mädchens genommen und auch ich führte mein Pferd an den Zügeln. So liefen wir den Weg zur Quelle. Dabei erzählte mir Louarn von einer weiteren Priesterin die nun auch im Dorf bei der Quelle lebte und die ein Neugeborenes hatte. In meinem Inneren fühlte ich Genugtuung, dass es immer wieder neues Leben gab, das unsere Zukunft sein würde. Ich brannte darauf, nun endlich wieder zurückzukehren. "Úna? Ein schöner Name!" entgegnete ich.  
Dann aber überraschte mich Louran dann doch, als er so ganz nebenbei erwähnte, dass er meine Hilfe bräuchte, weil er jemand umbringen müsste und dass das den Römern nicht gefallen würde. "Ach echt? Wen denn?" Offenbar war das kein Geheimnis, dass vor Niamh geheim gehalten werden musste. "Also wenn´s nach mir geht, muss ich nicht mehr zurück, nein," erklärte ich . Aber ich wusste, dass es nicht unbedingt nach mir ging.

Bald schon näherten wir uns dem Dorf und der Quelle. Mein Herz schlug direkt schon etwas schneller, denn ich hoffte, schon bald auch meine anderen Brüder wieder zu sehen.
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Als "Lucius Tarutius Corvus"
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Falke
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