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Das Biclinium - Privater Aufenthaltsraum
02-08-2023, 04:55 PM,
Beitrag #21
RE: Das Biclinium - Privater Aufenthaltsraum
"Du bist ein Witwer, werter Plautius Seneca?", unverheiratete Leute "von Einfluss" regten Saturninus Sinn für Ehestiftungen an. 
Ob er eine Gattin suchte? Das konnte man schlecht noch vor der Vorspeise fragen.  
Vielleicht würde er ja Cousine Stella heiraten wollen. Bildhübsch und gebildet war sie, und von höherem Stand als der Plautius,  nur eben mit einem äußerst sturen Charakter gesegnet. Aber Plautius schien schon durch seine Verblichene durch die entsprechende Schule gegangen sein:
"Dein Verlust tut mir sehr Leid. Unter uns gesprochen  ist eine stoische Geisteshaltung gegenüber dem weiblichen Geschlecht die einzig angebrachte. Sonst würden die Frauen einen mit ihren maßlosen Forderungen nur auf der Nase herumtanzen. -  Unsere geliebten weiblichen Verwandten sind von dieser Bemerkung natürlich ausgenommen. Da ist ein jede ein Ausbund an Tugend.
Nein, es gibt heute keine Muscheln. Nur Käse, Brot, Kuchen und Pasteten. Puls mit Gemüse, wenn du magst"

Die beiden Serviersklaven warteten auf den Wink, was sie vorlegen sollten. Mittlerweile waren die Platten mit Pasteten, Brot und Käse eingetroffen. Scaevus jedoch lächelte Leander, den er wieder erkannte, entzückt über das Wiedersehen an. 

Das Geschenk, welches der Plautiersklave getragen hatte, und welches der Rechtsgelehrte nun überreichte, freute Saturninus außerordentlich:

"Ein aktuelles Werk über die Eroberung von Jerusalem! Frisch kopiert, sozusagen, vielen, vielen  Dank. Du wirst nicht glauben, wie schwierig es hier ist, an neue Lektüre zu gelangen. Jede Schriftrolle muss man sich aus Londinium kommen lassen. Die Kelten lesen ja nichts. Flavius Josephus? Nie gehört, aber dass wird sich dank dir  jetzt ändern.

 Möchtest Du vom Mulsum? Das hilft gegen Gliederreißen durch das hiesige Klima. Ich gestehe, dass ich etwas neugierig bin: Weshalb hast du Iscalis als Wohnsitz gewählt? Nicht dass ich unser Städtchen schlecht reden würde. Doch normalerweise ist es kein Anziehungspunkt für Gelehrte. Das kulturelle Leben ist mau. Kein Theater, keine öffentliche Bibliothek, keine Lesungen" 
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Honoratior von Iscalis
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02-08-2023, 06:19 PM,
Beitrag #22
RE: Das Biclinium - Privater Aufenthaltsraum
Oh, wenn der Furier meine Frau bekannt hätte, würde er mich nicht bemitleiden, sondern mich beglückwünschen. Trotzdem nickte ich pflichtschuldig zu dem gesagten. “Ja, seit kurzem“, beantwortete ich daher nur die Frage nach meinem Stand und nahm die Kondolenz entgegen. Ich wollte nicht über meine Frau allzu viel sprechen, auch wenn ich natürlich mit dem ganzen Elend erst angefangen hatte. Aber meine echte Meinung über den Ehestand war wohl kaum ein geeignetes Tischgespräch.
“Meiner Erfahrung nach haben alle Frauen einen angeborenen Instinkt dafür, ihren Ehemännern auf der Nase herumzutanzen, ganz gleich, welcher Philosophie diese auch folgen mögen“, brummelte ich dann aber doch, was mir einen kurzen, fragenden Blick von Leander einbrachte. Der war wirklich noch schlimmer als mein Eheweib! Aber gut, ich benahm mich ja auch schon wieder. “Verwandte selbstverständlich ausgenommen.“

Ich sollte mich besser dem Essen widmen. “Ich nehme gern etwas Mulsum, wenn er nicht zu schwer und gut gesüßt ist. Die schweren Weine vertrage ich nicht mehr so gut wie früher, auch verdünnt nicht. Das Alter ist ein harter Lehrmeister für Genügsamkeit und Selbstdisziplin.“
Ich nahm mir etwas von dem frischen, duftenden Brot und etwas Käse, der mir etwas gelber schien als der in Rom verbreitete. “Es klingt alles sehr verlockend, werter Furius Saturninus, und ich danke dir sehr für dieses herrliche Mahl. Der Käse hat eine interessante Farbe. Ob das wohl davon kommt, dass es hier nicht so trocken ist wie in Rom?“ philosophierte ich vor mich hin und probierte dann genüsslich. In jedem Fall schmeckte er schön mild und würzig.

Davon, dass der Sklave der Furier Leander anlächelte, bekam ich nichts mit, ebensowenig wie von dessen kurzen, freundlichen Nicken in die Gegenrichtung als Zeichen des Erkennens. Wahrscheinlich hätte ich mich sonst sehr darüber amüsiert, dass mein Leander offenbar eine Anziehungskraft auf junge Burschen ausübte. So aber widmete ich mich nur dem guten Essen und dem Gastgeber, der sich scheinbar sehr über das Geschenk freute.
“...keine Ablenkungen“, komplettierte ich also seine Aufzählung der Dinge, die es hier in Iscalis nicht gab. “Ich wollte immer noch weitere Werke verfassen über das römische Gesetz und die Rechtsprechung, aber in Rom kam ich nie dazu. Entweder gab es eine Einladung, oder einen Klienten mit einem Problem, oder meine Frau wollte mich mit dem neuesten Klatsch beglücken, oder meine Töchter sich über ihre Ehemänner beschweren – zwei fabelhafte Burschen übrigens, über die sie sich nicht beschweren sollten – oder es gab einen Gerichtsfall, den ich vertreten sollte, oder einen, bei dem ich zumindest zuhören sollte, um wieder jemand anderen mit einem ähnlichen Problem zu beraten, oder es gab hier eine Intrige oder dort eine Bedrohung… Ich hatte nie wirklich Zeit dafür, das zu tun, was ich eigentlich tun wollte, nämlich meine Erfahrungen niederschreiben, der Nachwelt etwas von Wert hinterlassen, so dass künftige Generationen an Rechtsgelehrten nicht gar so stümperhaft im Nebel der Jurisprudenz herumstochern. Meine Calpurnia wäre nie damit einverstanden gewesen, Rom zu verlassen, aber nun, da ich frei bin, zu tun und zu lassen, was ich will, und mein Arzt meinte, ein feuchteres Klima wäre gut für meine Lungen, habe ich die Chance ergriffen und all die Ablenkung hinter mir gelassen. Wie du sagtest, keine Theater, keine öffentlichen Lesungen, nur ich, meine Bibliothek und meine Pfeife. Das Elysium könnte nicht schöner sein.“ Vor allen Dingen, da ich hier ganz sicher ohne meine Frau war, während das im Elysium nicht ganz sicher wäre.
“Und du, werter Furius Saturninus, wurdest du hier hin versetzt oder hast du dich auf diese Stelle hier beworben?“, erkundigte ich mich dann auch gleich mal nach seinen Gründen, warum er als Patrizier hier am Rand des Imperiums weilte und nicht in der Ewigen Stadt im Senat.
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Honoratior von Iscalis
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02-09-2023, 07:45 PM,
Beitrag #23
RE: Das Biclinium - Privater Aufenthaltsraum
Wären sie zwei Jungens in einer Rhetorikschule oder auf dem Sportplatz gewesen, hätten sie sich jetzt vermutlich abgeklatscht, so sehr stimmten sie in ihrer Meinung über die Frauen überein. 
"Die Süße kann deinem Geschmack angepasst werden, und ich mag den Wein auch nicht so schwer", sagte Saturninus: "Mundschenk", er machte eine Handbewegung: "Nicht zu süß für den werten Gast und mich selbst" Er selbst hatte keine Ahnung, wie viele Löffel Honig man brauchte, um einen bestimmten Geschmack zu erreichen:
"Den Käse stellen sie auf diese Art im Dorf Cheddar her. Cheddar ist die keltische Siedlung, die schon vor der Gründung von Iscalis bestand. Mittlerweile ist sie beinahe zu einem unserer Stadtviertel geworden. Nun ja, nur fast, noch leben die Kelten lieber in Hütten anstatt sich ein paar ordentliche Insulae hinstellen zu lassen.  
Ich habe einige Landwirtschaftssklaven aus Cheddar erworben. Die Farbe ist wirklich hübsch; und sie kann durchaus an der Feuchtigkeit liegen. 
Feucht... das ist das Klima nämlich wirklich. In manchen Wintern könnte man Pilze auf seinen Kissen züchten, wenn man es darauf anlegt"
auch Saturninus sprach dem Käse gerne zu, der je nach Reifezeit entweder mild oder würzig war. Das und frisches Brot, vielleicht noch ein paar importierte Oliven, genügte ihm, sofern alles von guter Qualität war:
"Nun, wenn es so ist, dass du dich dem kontemplativen Leben verschrieben hast, so ist Iscalis bestimmt ein guter Ort.  Es ist großartig, dass Du planst, hier ein großes juristisches Werk zu schreiben. Hast du schon ein Thema? Es gibt nichts, was man mit größerem Gewinn liest, als Werke der Jurisprudenz. Ich hätte dich natürlich gerne zu Lesungen ermuntert, um das Römertum hier zu stärken, aber ich entnehme deinen Worten, dass du dich auf dein kleines Refugium fernab des Publikums gefreut hast. Daran werde ich mich natürlich halten", er lachte ein wenig und streckte wie bedauernd die Arme aus:

Plautius Seneca lobte indessen seine Pfeife. Saturninus war interessiert: " Kommt der Brauch nicht aus dem Osten ? Wie benutzt man sie und was kommt hinein, wenn ich fragen darf?"

Die nächste Frage des Gastes betraf nicht wirklich ein Geheimnis. Und die Antwort schmerzte auch nicht mehr - nun, vielleicht ein ganz klein wenig in den tiefsten Tiefen der Seele:

"Nun ja. Ich habe mich hier auf Stelle in der Zivilverwaltung beworben, da es doch einige Gründe gab, eine dauerhafte politische Laufbahn außerhalb Roms einzuschlagen.
Nichts in meiner Person Liegendes - Familiengeschichte. Ich kann sie offen ansprechen, denn alle betreffenden Personen sind schon seit Jahren tot. Iscalis war ein Neuanfang für mich und auch für meine Cousine Furia Stella.
 Dennoch vermisse ich wie wohl jeder Römer in der weiten Welt meine Vaterstadt sehr",
er schluckte, und einen Moment lang sah er die Stadt am Tiber, die Herrin der Welt, in all ihrer Pracht und Schönheit vor seinem geistigen Auge:

"Bitte, berichte mir doch, was es Neues von dort gibt? Hat beispielsweise die Veneta wider Erwarten einen überraschenden Sieg eingefahren?", er lächelte wieder, denn er nahm an, dass den Rechtsgelehrten nicht viel an Wagenrennen lag.
Es war auch eher ein Scherz als ernst gemeint.
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Honoratior von Iscalis
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02-09-2023, 08:32 PM,
Beitrag #24
RE: Das Biclinium - Privater Aufenthaltsraum
Ich versuchte, aufmerksam und interessiert zuzuhören, allerdings interessierten mich keltische Siedlungen nicht wirklich. Das war das größte Manko an den Provinzen: Die waren voller Peregrini, die von Recht und Gesetz keine Ordnung hatten. “Stimmt es, dass die Kelten hier kein einziges niedergeschriebenes Gesetz haben, sondern alles diese… wie heißen die doch gleich? Leander, du weißt doch, was ich meine“, brummelte ich. Leander blinzelte kurz und meinte dann eher fragend “Druiden?“ Ich überlegte kurz und nickte dann. “Ja, ich glaube, das waren diese Strolche. Also sie lassen einen Haufen Magier ihre Rechtsgeschäfte erledigen, wenn sie sich nicht einfach gegenseitig erschlagen?“ Mich schauderte es geradezu bei dem Gedanken. Wie konnte irgend ein Land ohne Recht und Gesetz bestehen? Da konnte man ja gleich Schafe und Ziegen regieren lassen! Fürchterlich rückständig, definitiv.
“Nun, ich hoffe mal, dass die Kohlenpfannen die Pilze in Schach halten“, meinte ich dann noch zweifelnd, denn so feucht mochte ich es nun auch wieder nicht haben.

Wir kamen also ins Plaudern, und das Thema Recht und Gesetz lag mir eindeutig mehr. Während ich also vom Käse naschte und am Mulsum nippte, erzählte ich nebenbei immer wieder ein wenig. “Nun, es gibt vieles, worüber ich schreiben möchte. Zu den generellen Strafmaßen, was alles möglich und üblich ist, beispielsweise. Oh, und neulich habe ich mir den guten, alten Cornelius Sulla mal wieder durchgelesen. Die Gesetzeslage zu gerade diesen Magiern, Giftmischern und Mördern, die sollte unbedingt noch einmal erörtert werden, finde ich. Interessant wäre auch ein Ausflug in die augusteische Ehegesetzgebung, und ob sie wirklich zeitgemäß und zielführend ist, wo selbst seine Tochter sich nicht daran gehalten hat und auch heute sehr viele Römer lieber die höheren Steuern und die Nachteile beim Testatrecht in Kauf nehmen, als zu heiraten. Aber ich persönlich finde die großen Straftaten da etwas interessanter als diese Alltagskriminalität, für die ich sogar ein gewisses Maß an Verständnis mitbringe. Wer möchte schon dazu verpflichtet werden, sich an einen anderen Menschen zu binden?“ Meiner Meinung nach war das nur marginal anders als eine Verurteilung zu Sklaverei in den Minen. Dort hatte man wenigstens einen Zeithorizont von zehn Jahren, die es längstens dauern würde, wenn man nicht vorher starb. Calpurnia hatte mich 31 Jahre gekostet!

Als er sich nach meiner Pfeife erkundigte, war ich versucht, Leander anzuweisen, sie mir zu geben, damit ich sie gleich vorführen konnte. Aber beim Essen sah ich selber ein, dass das nicht fein war. Außerdem vermischten sich dann die verschiedenen Geschmäcker, das gefiel mir selber nicht.
“Ja, im Osten wird es mehr genutzt, aber mein Medicus hat sie mir sogar verschrieben, für meine Lungen. Und man kann so ziemlich alles damit rauchen und inhalieren, solange es nur gut getrocknet ist. Ich selber nutze eine Kräutermischung aus makedonischem Kraut, Salbei, Hanfsaat und ein klein wenig Stechapfel, eben für meine Lunge. Aber ich habe auch schon von getrocknetem Obst gehört. Und natürlich gibt es immer diese Vögel, die sich damit berauschen wollen und Opium oder sogar irgendwelche Pilze rauchen, aber das sind Spinner, die diese Erfindung nicht zu würdigen wissen.“ Ja, mit denen wollte ich als ernsthafter Pfeifenraucher nichts zu tun haben! Elende Ägypter, die so etwas verkauften und nutzten.

Was er mit seiner Familiengeschichte meinte, verstand ich gerade nicht so ganz. Aber ich wollte nicht zu neugierig sein. Da konnte ich später Leander darauf ansetzen, herauszufinden, was die Furier für schaurige, kleine Geheimnisse hatten, wenn ich es wirklich wissen wollte. Da ich ja nichts mit der großen Politik zu schaffen haben wollte, konnte auch nichts von diesem Abendessen hier negativ auf mich zurückfallen, und selbst wenn, hieße das nur, dass ich mehr Ruhe vor irgendwelchen Bittgesuchen hätte. “Ach, vermisse diesen Moloch nicht zu sehr. Man verklärt gerne, was Rom wirklich ist, und das ist eine Schlangengrube voller missgünstiger Intriganten, die den lieben, langen Tag nichts anderes tun, als sich gegenseitig mit Gerüchten oder Klagen zu bewerfen.“ Ich machte eine wegwerfende Handbewegung, ganz so, als wollte ich selber jemandem eine Klage an den Kopf werfen.
“Rennsport war nicht mein persönliches Steckenpferd, aber ich meine, beim letzten Octoberpferd musste das Pferd der Albata dran glauben.“ Ich zuckte mit den Schultern. Calpurnia wusste sowas immer viel genauer, als mir lieb gewesen war. “Und ganz Rom ergießt sich eigentlich nur in Gerüchten über Titus Caesar und die jüdische Königin, diese Berenike. Sie ist ganz hübsch, muss ich zugeben. Ich habe sie einmal an seiner Seite gesehen, und auch, wenn sie älter ist als er, ist sie definitiv was fürs Auge. Da er jetzt schon sehr lange unverheiratet ist, kommen natürlich immer wieder Gerüchte auf, er wolle sie heiraten. Aber kannst du dir einen römischen Kaiser mit einer jüdischen Braut vorstellen? Nun, das römische Volk auch nicht. Ich frage mich, warum Vespasianus Augustus das so lange überhaupt zulässt, anstatt den Burschen endlich zu verheiraten. Aber die Gerüchte gehen um, dass auch er in ihren Genuss kommt, und ihm ihre Anwesenheit daher sehr recht ist.“ Ich zuckte mit den Schultern. “Aber da Vespasianus seine Sache insgesamt eigentlich ganz gut macht, schauen da alle noch drüber hinweg. Würde mich aber nicht wundern, wenn es nach seinem Tod dann nochmal rund geht deswegen.“
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Honoratior von Iscalis
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02-11-2023, 07:59 PM,
Beitrag #25
RE: Das Biclinium - Privater Aufenthaltsraum
Da hatte Plautius Seneca ohne es zu ahnen, Saturninus Lieblingsthema angeschnitten: 
"Du hast ganz Recht, werter Plautius. Die Kelten schreiben nichts, ergo auch keine Gesetze. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass sie treuere Untertanen Roms werden könnten als beispielsweise Germanen. Die Festlandskelten in Gallien wurden mittlerweile auch fast schon zivilisiert.
 Diese sogenannten Druiden sind freilich eine Plage. Wenn sie sich nur aufs Streitigkeiten schlichten beschränken würden, würde es noch angehen, aber sie wiegeln die Kelten auf. Reden ihnen ein, dass sie gegen römische Schwerter gefeit sind und solch einen Unsinn. Einer soll sich sogar erdreisten, zu behaupten, dass das Ende unseres Imperiums nahe wäre. Kaiser Claudius hat ihnen die Ausübung ihrer Religion untersagt und recht damit getan. Sie tauchen aber immer wieder auf. Kürzlich wurde sogar hier in der Nähe von Iscalis einer gefangen genommen und getötet - leider ohne Gerichtsprozess", letzeres bedauerte Saturninus sehr.

"Hmm, der göttliche Augustus wollte durch die Ehegesetze bestimmt nur verhindern, dass wir adligen Familien aussterben. Leider kann man niemand wirklich zu Ehe und Nachkommen zwingen.  Seine Tochter, die unglückliche Iulia, hat er freilich von Ehegatten zu Ehegatten gereicht.  Wäre ihr Vater nicht der allmächtige Augustus gewesen, hätte sie sich vermutlich vor Gericht gewehrt. Auch ich bezahle übrigens jährlich zähneknirschend die Strafsteuern für meine Cousine, der einfach kein von mir ausgesuchter Bewerber recht ist"

Wie wäre es mit dir, werter Plautius Seneca, dachte Saturninus, sprach das aber nicht laut aus:

"Bezüglich meiner Verwandten wollte ich dich etwas Rechtliches fragen. Doch nicht heute bei einer ungezwungenen Cena. Eher bei einem Extratermin für eine etwas ....unerfreuliche Angelegenheit, wenn du mir diesen gewährst", Saturninus hatte mitbekommen, dass Seneca eigentlich in Ruhe leben wollen, doch die Gelegenheit, einen profunden Kenner der Gesetzeslage zu konsultieren, war einfach zu verlockend:

"Oh, eine orientalische Königin in Rom.  Seitdem Cleopatra die Fantasie beflügelt hat, stellt sich jeder Römer vor, dass sie die verruchtesten Dinge im Bett anstellen", nickte Saturninus, und dachte kurz daran, sich eine glutäugige und erfahrene Sklavin aus dem Osten anzuschaffen:

"Dem edlen Vespasian sei ein wenig Action gegönnt. Seit dem Tod der werten Caenis ist er ja sowas wie ein Witwer. Natürlich kommt diese Berenike als Augusta nicht in Frage. Das Beste an dieser Angelegenheit ist, dass wenn Titus sie satt hat, er sie einfach fortschicken kann. Das wäre mit einer Römerin schwieriger. Äh... er wird doch nicht wirklich so verrückt sein, sie zu heiraten? 
Falls ja, so gibt es ja noch den Jüngeren, Domitian, den der Kaiser in Reserve hält. Er ist der einzige Augustus, der gleich zwei eigene Söhne hat übrigens; zweifellos gesegnet von den Göttern"

Die Geschichte, dass die Mutter der beiden Prinzen sich ihr Bürgerrecht erst hatte erklagen müssen, erwähnte er nicht, das konnte üble Nachrede sein und außerdem gefährlich:

"Nach seinem Tod nochmals rund gehen? Ich hoffe nicht. Die letzte Runde nach Neros Tod vor acht Jahren hat Hunderte ins Unglück gestürzt. Wie soll man auch wissen, an wen man sich halten soll, wenn der Kampf um die Nachfolge eines Caesar Augustus zu einer Art Gladiatoren - Ausscheidungskampf degradiert wird?"

Saturninus bezog sich auf das Vierkaiserjahr. Sein Vater hatte auf der falschen Seite gestanden, und die Mutter treu zum Vater. Er, Saturninus, lebte noch, weil er noch zu jung gewesen war, und weil Vespasianus nicht zu denen gehörte, die Krieg gegen Kinder führten. 
Das jedoch war der eigentliche Grund, weshalb er in Iscalis und nicht in Rom war. 
Nein, bitte nicht wieder Unruhen. Titus musste der nächste Kaiser werden oder Domitian, wenn ihr Vater, der edle Caesar Augustus Vespasianus zu den Göttern aufstieg:

"Was du vorhast, sind alles sehr interessante Themen. Besonders das Strafmaß. Ja, Kapitalverbrechen sind die interessanteren Verbrechen, auch wenn ich froh darüber bin, dass wir in Iscalis nicht viel damit zu tun haben. 
Unser Strafmaß hier folgt natürlich im höchsten Maße wirtschaftlichen Erwägungen. Viele Verurteilungen zum Minendienst. Das Bergwerk ist die Basis des Aufschwungs dieser Stadt, daher decken wir vermutlich nicht die ganzen Möglichkeiten ab. 
Welche Strafe würde denn beispielsweise auf Entführung einer Bürgerin stehen, die sich jedoch freiwillig hat entführen lassen?"  

Saturninus hatte das nicht fragen wollen, aber seine Gedanken kreisten um das Thema; daher war es ihm herausgerutscht:
"Rein fiktiv natürlich", schob er hinterher und holte sich eine Pastete von der Platte.
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Honoratior von Iscalis
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02-11-2023, 11:01 PM,
Beitrag #26
RE: Das Biclinium - Privater Aufenthaltsraum
“Ach, dass das Imperium irgendwann einmal untergeht, haben auch schon die Etrusker vor dreihundert Jahren vorhergesagt. Und irgendwann wird uns unsere eigene Dekadenz auch auf die Füße fallen, da bin ich mir sicher. Aber ich glaube nicht, dass ich das noch erleben werde. Definitiv nicht unter Vespasian, und auch nicht unter Titus“, sagte ich bestimmt, denn die beiden waren meiner bescheidenen Meinung nach so, wie Kaiser sein sollten: Militärisch geschult und erfolgreich, beliebt beim Volk, geachtet unter den Senatoren, gemäßigt im Auftreten und den Sperenzchen, die sie sich leisteten.
“Und wenn der edle Augustus wirklich gewollt hätte, dass die Patrizier nicht aussterben, hätte er die Gesetze anders formulieren müssen. Unter anderem so, dass Scheidung einfacher ist und, wenn es denn schon sein muss, man die Kinder von Geliebten auch zu Erben ernennen kann. Aber doch nicht so, wie es jetzt geregelt ist, wo es nur als Zwang empfunden wird und man diese Ketten nicht einmal von sich streifen kann, wenn man denn möchte.“ Hach, was hätte ich Calpurnia gerne zur Unterwelt verwünscht mitunter. Aber die Scheidung wäre teuer gewesen, ihre Verwandten hätten gezetert, und ich hätte erst noch einmal heiraten müssen. Wenigstens meine letzten zehn Jahre, bis dieses Joch von mir genommen werden würde, wollte ich das aber aussitzen. Zur Not ließ ich auf dem Sterbebett eben irgendeine Sklavin frei, um sie schnell zu ehelichen, damit meine gierigen Töchter ihr Erbe bekamen, aber mehr musste wirklich nicht sein. Und ja, ich verstand durchaus den Wink mit der halben Säulenhalle, die der Furier da grade anführte wegen seiner Cousine!
“Du solltest sie die Steuern von ihrem Vermögen selbst tragen lassen. Wenn sie nicht verarmen will, wird sie sich dann schon fügen. Mit meinen Töchtern hab ich da gar nicht verhandelt, geb ich zu. Aber als Vater hat man auch mehr Rechte als als Vetter.“ Wenigstens ein Vorteil an der ganzen Sache. Nein, ich hatte meinen Töchtern einen Mann gesucht und ihnen gesagt, dass sie ihn gefälligst zu nehmen hatten, wenn sie weiterhin ein bequemes Leben haben wollten. Wer frei sein wollte, konnte im Wald frei sein, bei den Wilden Tieren, im Regen, ohne essen. Ja, Freiheit war weit überschätzt, und meiner Erfahrung nach wählten die meisten Menschen doch die Sicherheit eines warmen Herdfeuers und eines vollen Bauches, und zwar ohne zu zögern. Egal, wie pathetisch einige Philosophen auch meinten, die Freiheit verklären zu müssen.

“Ach, so etwas wie bei Nero wird unter Vespasian nicht passieren“, winkte ich auch die Sorge vor einem weiteren Bürgerkrieg ab. “Titus ist zu perfekt geeignet, als dass es da Probleme geben würde. Der müsste schon vergiftet werden, damit da noch einmal so ein Chaos geschieht. Neros Fehler war, zu emotional zu sein und zu sehr an Ideen und Gefühlen zu hängen. Hätte er mit Octavia seine Pflicht erfüllt, wäre vieles anders gekommen. Hätte er sich nicht in Poppea Sabina verliebt, ebenso. Wäre er dieser Liebe nicht so nachgegangen, und selbst, als dies geschehen war, hätte er sie nicht vor Wut getreten, so dass sie mitsamt ihrem Kind gestorben ist, hätte er sich halten können. Hätte er danach nicht diesen Sklaven in eine Parodie von Poppaea Sabina verwandelt, sondern legitime Erben gezeugt, hätte er sich gehalten. An sich war er kein schlechter Herrscher, er hat ja lange Jahre den Staat gelenkt und alles zum Fortbestand getan. Aber diese emotionalen Ausbrüche, dieses, dieses Griechische an ihm, das war einfach irgendwann zu viel, so dass die Prätorianer einen Schlussstrich gezogen haben. Er hätte da schon einen zehnjährigen Sohn haben können, wenn er sich nur ein bisschen mehr zusammengerissen hätte.“ Ja, sehr viel Leid wäre ganz Rom erspart worden, wenn der Mann nur Stoiker gewesen wäre und kein flatterhafter Schöngeist!

Als mein Gastgeber nach einem Termin fragte, konnte ich wohl nur sehr schlecht ablehnen. Das wäre wirklich sehr unfreundlich gewesen, und auch, wenn ich wirklich eine Pause von dem ganzen Gezanke Roms haben wollte, war ich ja auch neugierig, was es denn geben konnte, hier in der Provinz. Und eine unverbindliche Beratung war ja nichts schlimmes. “Natürlich empfange ich dich, werter Furius Saturninus. Wenn es dringend ist, muss ich dich nur vorwarnen, dass ich dir dann kein Mahl anbieten können werde, da wir im Moment noch auf der Suche nach einer geeigneten Köchin sind, sofern es hier so etwas gibt. Wenn dich das nicht schreckt, kannst du gerne in den nächsten Tagen vorbeikommen – vorzugsweise vormittags, wenn dies deine Amtsgeschäfte zulassen.“ Nachmittags wollte ich sehen, was die Thermen hier denn konnten. So etwas gehörte schließlich dazu, und er würde sicher keine delikaten Angelegenheiten in der Öffentlichkeit einer Therme klären wollen.

Als er später dann nach einem hypothetischen Fall fragte, hörte ich fast schon die Nachtigallen trapsen. “Natürlich rein fiktiv“, stimmte ich zu und überlegte. “Und in diesem fiktiven Fall würde es einige Einzelheiten zu bedenken geben. Zunächst einmal, für wen argumentiere ich? Ein Verteidiger argumentiert schließlich anders als ein Ankläger. Dann: Wenn sie freiwillig gegangen ist, ist es dann eine Entführung? Was soll mit dieser Entführung bezweckt werden? Wem gereicht es zum Schaden, und worin besteht dieser Schaden? Wer hat die Gewalt über die Bürgerin? Ist sie verheiratet? Verwitwet? Führt sie einen ehrbaren Lebenswandel? Gehört sie zu den Honestiores gar? Und der Entführer, was will er? Verlangt er Lösegeld? Weiß er, dass er sie entführt hat, wenn sie doch freiwillig mit ihm geht? Du siehst, es gibt viele Einzelheiten, die da zu klären sind, ehe man entscheiden könnte, wie die strafe ausfallen würde. Von Freispruch über Verbannung bis hin zum Tod kann da alles dabei sein.“
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Honoratior von Iscalis
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02-15-2023, 04:42 PM,
Beitrag #27
RE: Das Biclinium - Privater Aufenthaltsraum
"Gut, es gab schon in Altväterzeiten solche Voraussagen. Nur haben sich die Etrusker dann nicht am ganzen Leib blau angemalt und mit Gebrüll Römer massakriert wie das die Kelten heutzutage tun", warf Saturninus ein: 
" Aber ja, über die Ehepflichten weißt du mehr als ich", ein versonnenes Lächeln zog über sein Gesicht: "Es ist allerdings keine lästige Pflicht, wenn man die reinste, die tadelloseste, die vornehmste Jungfrau, die man sich verstellen kann, die Türpfosten mit Wolfsfett salben lässt...." Es war ihm anzumerken, dass ihn der Gedanke an Lucretia Serena freute:
"Das meine Cousine die Strafsteuer selbst tragen soll, ist eine hervorragende Idee. Obwohl: Sie hat genug Geld. So schnell wird sie das nicht belasten", sein Gesicht hellte sich auf:
"Du hast nicht zufällig daran gedacht, dir wieder eine Gattin zu nehmen, werter Plautius Seneca?"
Damit wären Saturninus Probleme gelöst. Auch wenn Seneca unter ihrem Stand war, war er immerhin ein bekannter Gelehrter. Mit einem großzügigen Geldgeschenk konnte man ihn auch in den Ritterstand erheben lassen, falls sein eigenes Vermögen nicht reichen sollte. Ein Eques war in diesen modernen Zeiten keine schlechte Partie mehr, wenn er Beziehungen nach ganz oben hatte. Aber das hing natürlich davon ab, ob Plautius Seneca wollen würde wollen. (Vermutlich nicht. Doch ein Versuch war es jedenfalls wert):
"Nero war nicht der Schlechteste. Ich habe Verwandtschaft in Pompeji, dort hat er nach dem Großen Erdbeben sehr viel für die Stadt getan, auch aus seinem eigenen Vermögen. Es ist den meisten Römern übel aufgestoßen, dass er aus lauter Griechenliebhaberei die griechischen Städte aus dem Imperium entlassen wollte.  Nun gut: Friede seiner Asche, Tod seinen Kreaturen. 
Titus ist da ein ganz anderer Kerl. Habe gehört, er hat im Orient richtig durchgegriffen. Ich freue mich schon darauf, die Details in dem neuen Buch nachzulesen, das Du mir freundlicherweise verehrt hast", er aß noch ein Stück goldgelben Käse.
Plautius Seneca verstand ihn sehr gut, schien es ihm. So fuhr er fort:
"Nein, zu Essen würde ich gar nichts erwarten; es wäre doch eher ein dienstliches Gespräch. Wenn du möchtest, sage ich aber meinen Köchinnen Bescheid, ob sie nicht eine brave Frau kennen, die kochen kann.  Ich danke Dir dafür, dass ich dir ..einen rein fiktiven Fall unterbreiten kann und bin sehr auf das Strafmaß gespannt, welches den Täter erwartet"
Tod war zu krass; den wünschte er Gabinius gar nicht, zumal dann Cousine Stella ihn dann nie wieder eines Blickes würdigen würde.  Und die Szenen. Saturninus hasste häusliche Szenen. Und weibliche Tränen. Doch Verbannung klang gut. Vielleicht wie Ovid ans Schwarze Meer? Möglichst weit weg aus Iscalis. Der Gedanke heiterte ihn sichtlich auf.
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Honoratior von Iscalis
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02-16-2023, 04:01 PM,
Beitrag #28
RE: Das Biclinium - Privater Aufenthaltsraum
Oh, als Stoiker versagte ich grade wohl, denn bei der Vorstellung von blau angemalten Etruskern musste ich doch lachen, wenn auch nur einmal kurz. “Oh, entschuldige bitte“, riss ich mich auch gleich wieder zusammen. “Aber die Vorstellung, die zivilisierten und altehrwürdigen Etrusker mit ihrem feinen Getue von Schicksal und Göttern und blauer Farbe im Gesicht war doch etwas unerwartet komödiantisches.“ Nein, dieses Bild würde ich so schnell nicht wieder los, zumal ich einige der feineren Herrschaften da persönlich kannte, die sich immer sehr viel auf ihren alten Familienstammbaum einbildeten.
Die Schwärmereien meines Gastgebers über seine künftige Gemahlin – so zumindest verstand ich seine Schwärmerei – ließ ich wohlweislich unkommentiert. Er würde schon noch selber herausfinden, dass auch die vornehmste Jungfrau zum einen nicht lange in diesem Stadium blieb, wenn man die Ehe ernst nahm, und zum anderen sehr schnell zur Xanthippe werden konnte, wenn man sich ihrer Meinung nach nicht so benahm, wie sie das gerne wollte. Weiber waren ein wankelmütiges Volk voller Launen und Begehren, und so versuchte ich auch, meine Ablehnung seiner Cousine, über die er schon selbst gesagt hatte, dass sie schon jetzt ein eben solch wankelmütiges und zänkisches Weib war, möglichst diplomatisch in Worte zu kleiden. “Bei meinen vielen Eigenheiten und meinem Alter kann ich das keiner jungen Frau antun. Nein, ich habe beschlossen, meinen Lebensabend mit meinen Büchern zu verbringen.“ Das sollte wohl sämtliche Gefühle geschont haben und meinen Stand als Witwer erst einmal gesichert haben.

“Ich hoffe, deiner Verwandtschaft geht es gut?“ erkundigte ich mich natürlich gleich pflichtschuldig.
“Und ja, Titus ist eindeutig ein ganz anderer Kerl. Auch wenn Masada schließlich erst vor drei oder vier Jahren noch erobert wurde, er davor aber schon seinen Sieg gefeiert hat, was nun doch einen seltsamen Geschmack hat, wie man im einfachen Volk sagen würde. Würde mich nicht wundern, wenn hier in der Mine sogar einige Juden von dort arbeiten.“ Immerhin wurden weite Teile dieser aufsässigen Kerle in die Sklaverei verurteilt. “Ich hoffe nur, die sind dort alle gut gesichert. Du wohnst ja schon länger hier, werter Furius Saturninus. Kam es denn da schon einmal zu Problemen mit der Mine?“ fragte ich neugierig. Seit dieser elenden Episode mit Spartacus waren die zwar sehr viel besser gesichert als noch vor Urzeiten, aber Selbstüberschätzung machte bekanntlich nachlässig.

Ein wenig fand ich es schade, dass der Furier nicht weiter in diesen natürlich rein hypothetischen Fall – wer’s glaubt! Ich war schon lang im Geschäft und kannte dieses “Ich frage für einen Freund“ zu gut – erörtern wollte. Die meisten Leute fanden sowas ja als Tischgespräch nicht geeignet. Ich aber fand das sehr viel entspannender als die sich ewig wiederholenden Gespräche über das Wetter, zu denen mich Calpurnia immer gezwungen hatte, um ja nicht negativ aufzufallen. Hachja.
“Nun, das würde meinem Leander die Suche sicher erleichtern, wenn er auf die Expertise deiner Köchinnen bei der Auswahl dann vertrauen kann. Ich danke dir“ nahm ich das Angebot natürlich an, auch wenn ich nach wie vor der Meinung war, dass wir keine Köchin brauchten, weil ich ja keine Gäste empfing.
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Honoratior von Iscalis
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02-18-2023, 01:17 PM,
Beitrag #29
RE: Das Biclinium - Privater Aufenthaltsraum
"Nun ja, warum in den Hafen der Ehe segeln, wenn man ab und zu auch eine kleine Hafenrundfahrt haben kann", pflichtete er bei. Im Alter ließen die natürlichen Triebe ohnehin nach. Und wenn es ihm danach sein sollte, einen warmen tröstlichen Leib zu spüren, hatte Plautius Seneca gewiss das Geld dafür. Oder zuhause einen netten Sklaven. Saturninus nickte verständnisvoll; der ältere Rechtsgelehrte war nach Iscalis gekommen, um seine Ruhe zu haben: 

"Ich nehme an, dass bereits die Bergwerksbesitzer in Kleinasien sich die meisten jüdischen Gefangenen unter den Nagel gerissen haben und kaum einer so weit im Westen zu finden ist. Aber ich weiß nichts Genaues. Das müsstest du den Eques Balventius Varro, das ist der Minenpächter der hiesigen Silberminen, fragen. 
Bisher ist mir nichts von Rebellionen bekannt geworden. Balventius ist jedoch auch der Mann, auch den aufsässigsten Barbaren in Griff zu haben, er hat da so seinen Ruf. Und seine Arbeiter leben vielleicht auch gar nicht mehr lange genug, um einen Aufstand planen zu können, sobald sie mal in den Eingeweiden der Erde verschwunden sind", Saturninus zuckte die Schultern; Mitleid mit verurteilten Straftätern lag ihm fern.

Mittlerweile hatten die keltischen Köchinnen noch zusätzlich kleine Kuchenstücke bringen lassen, die man aus der Hand essen konnte, und er wählte eines mit Honig. Spiros bot auch Seneca die silbene Platte dar. 

Ein andere Frage fiel Saturninus ein, die wesentlich freundlicher zu besprechen war als der Fall "Mit Liebhaber durchgebrannte Cousine", der ihm die Cena nur verdorben hätte. Die andere Geschichte war auch viel schmeichelhafter für seine Virilität:

"Ich hoffe sehr, dass es dir das Speisen nicht verdirbt, wenn ich dich etwas Rechtliches aus dem häuslichen Bereich frage. Nicht dass du dich fühlst wie ein Medicus, der zu einem Mahl geladen, immerzu Fragen zur Gesundheit beantworten soll - natürlich ohne Konsultation und kostenlos. Diesmal ist die Frage nicht fiktiv, sondern höchst real mit Hand und Fuß", scherzte Saturninus und fuhr gleich fort, bevor sich Plautius Seneca noch besinnen konnte:

"Eine meiner Sklavinnen - eine ganz reizende Keltin übrgens - ist jetzt schwanger von mir. Ich plane, sie und das Kind finanziell und auch rechtlich abzusichern, soweit es geht. Und das Kleine soll frei geboren werden. Ich habe ihr auch zugesagt, sie freizulassen und ihr ein kleines Geschäft oder was so ein Mädchen halt haben will, einzurichten.  Wie regle ich alles am besten - ohne es jetzt sehr publik zu machen?
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Honoratior von Iscalis
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02-18-2023, 03:07 PM,
Beitrag #30
RE: Das Biclinium - Privater Aufenthaltsraum
Von Hafenrundfahrten hielt ich auch nicht viel. In meinem Alter sollte man über solchen Dingen stehen, fand ich. Mit allem anderen machte man sich in der Öffentlichkeit doch nur lächerlich. Aber das mussten wir jetzt nicht thematisieren, das war was für die Philosophen, nicht für eine Cena.

“Das ist doch gut zu hören, dass es hier in Iscalis so tüchtige Männer gibt“, pflichtete ich dann bei. Wenn dieser Balventius Varro das alles so gut im Griff hatte, konnte ich beruhigt schlafen und musste keine aufständischen Kelten in der Stadt fürchten. Und zum Glück war die Legion ja auch nicht weit, so dass sie mit diesem Gesindel sicherlich schnell kurzen Prozess machen würden. Ich war zwar ein sehr großer freund von Recht und Ordnung, aber bei marodierenden Wilden hörte das dann doch auf. Am Ende verhinderten die noch, dass ich meine Bücher fertig schreiben konnte! Das allein war ja schon ein verbrechen an der Menschheit!

Die Nachspeise wurde gebracht und sah recht süß aus. Ich suchte mir ein Stückchen aus, das möglichst wenig vor Honig glänzte, sonst taten mir nachher wieder die Zähne weh, und wählte stattdessen eines mit etwas, das ich als Apfel identifizierte. Schön, dass es auch hier so weit im Norden noch Äpfel zu geben schien.
“Nein, nein, frag ruhig. Ich finde Rechtsfragen insgesamt recht anregend“, sagte ich auch gleich, als Furius Saturninus mich nach meiner Expertise in einem konkreten Fall fragen wollte. Ich hoffte ein wenig auf Intrigen, Sachbeschädigung oder einen guten, alten Mord. Aber es war eine frage über das alltägliche Rechtsgeschäft mit den Sklaven. Anscheinend hatte er eine Sklavin geschwängert und wollte für das Kind sorgen.
“Damit das Kind frei geboren wird, muss die Mutter frei sein. Wärst du ein Plebejer, hätte ich vorgeschlagen, den Fall vor das Consilium Libertatis zu bringen, sobald es wieder tagt. Für solche Fälle ist immer der letzte Tag der Provinzialversammlung vorgesehen, wenn alle zwanzig Recupertores noch da sind. Dann hättest du das Mädchen heiraten können, das Kind wäre dein Erbe und damit auch unter deiner Patria Potestas. Und da sowas ein Standardverfahren ist, wäre das nicht weiter problematisch gewesen.
Allerdings bist du Patrizier und darfst keine Freigelassene ehelichen, auch nicht für eine begrenzte Zeit, damit das Kind als dein Erbe geboren wird. Daher ist das alles schwieriger. Ich nehme an, das Mädchen ist auch unter dreißig Jahre alt?“
Der Furier schien selber noch nicht so alt zu sein, daher nahm ich mal an, dass die Sklavin, die ihm den Kopf verdreht hatte, irgend so ein junges, dummes Ding war, das sich so mancher Mann halt ins Bett legte. Etwas, das ich nie so recht verstanden hatte, sowas gab immer nur Ärger und Gekreische, wenn man heiratete. Und dann hatte man zwei zänkische Weiber um sich.
“Dann kannst du sie nicht in den Stand einer Römerin erheben lassen, unmöglich, selbst wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen würde.“ Was ich irgendwie stark bezweifelte, wenn sie Keltin war. Dann war anzunehmen, dass sie zur Sklaverei erst verurteilt worden war, weil sie zu den Aufständischen hier irgendwie gehört hatte. Aber das sagte ich jetzt nicht, meine eigene Meinung hatte für den Fall keine Rechtsrelevanz. Und ich war Anwalt genug, um da trennen zu können.
“Folglich wird sie Latinerin, und das Kind als uneheliches Kind folgt dem Stand der Mutter.“ Soweit erst einmal zum offensichtlichsten, jetzt kamen die Feinheiten.
“Nun ist die Frage, was du damit meinst, es nicht publik machen zu wollen? Wenn du sie freilassen willst, wirst du zur Provinzialversammlung gehen müssen, damit sie ordentlich freigelassen wird, oder, falls der Stadthalter eine Rundreise durch die Provinz macht, ihm dort auflauern, damit er den Rechtsakt vernünftig bekräftigt und du alle zuständigen Papiere erhältst. Außerdem wird dann ihr Wert festgeschrieben, damit du die Steuer ordentlich abführen kannst. Für jede Freilassung verlangt der Staat fünf Teile vom Hundertsten ihres Wertes. Wenn der nicht schon festgestellt wurde, wird er dann geschätzt.
Falls die Schwangerschaft schon zu weit fortgeschritten ist, kannst du ihr natürlich auch erst einmal nur einen Freibrief ausstellen und von ein paar Zeugen unterschreiben lassen, um später die ordentliche Freilassung nachzuholen. Allerdings ist ihr Status dann ein wenig in der Schwebe, was für dich aber auch günstig sein kann, denn bei grobem Undank oder dergleichen kannst du das alles dann schnell und ohne Gerichtsverfahren wieder rückgängig machen und sie wieder als Sklavin belassen und gegebenenfalls nur das Kind später freilassen. Wenn du es so machst, dass du bis nach der Geburt wartest, könnte das Kind auch römischer Bürger werden, wenn du es als das deine vollständig anerkennst. Erbrechtlich ist es dann zwar immer noch raus, aber es bekäme zumindest das Bürgerrecht, wenn auch als Freigelassener.
Da ist jetzt die Frage, was du willst, dass es sich das Bürgerrecht selbst erstreiten muss mit den üblichen Beschränkungen der Lex Aelia Sentia, oder dass es das durch das Consilium Libertatis zugesprochen bekommt als dein natürliches Kind, dem allerdings der Makel einer Geburt als Sklave anhängig ist. Hat alles seine Vor- und Nachteile.“


Ich brauchte etwas zu trinken, ich kam ins Plaudern.

“Wenn du dich für letzteres entscheidest, kannst du dem Kind auch mehr Geld zur Verfügung stellen. Schenkungen an das eigene Kind sind von der Lex Cincia nicht betroffen – auch wenn unwahrscheinlich ist, dass dich auf deren Grundlage jemand anklagen würde. So oder so würde aber jeder Verständnis haben, wenn du dein Kind mit Geschenken bedenkst, während wenn es nur ein – entschuldige die Bildhaftigkeit – dahergelaufener Latiner ohne Verwandtschaft zu dir ist. Es gibt ja nicht wenige Leute, die der Auffassung sind, dass Schenkungen samt und sonders illegitim sind und nur dazu gedacht, die eigene Steuerlast zu senken. Das könnte also deinem Ansehen mehr schaden, wenn du das Kind frei zur Welt kommen lässt und es dann reichhaltig beschenkst, als wenn du es als Sklave zur Welt kommen lässt und unter Anerkennung deiner Vaterschaft freilässt.“
Ja, das römische Recht war manchmal schon herrlich komplex.
[Bild: 3_15_08_22_9_36_30.png]

Honoratior von Iscalis
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