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Ablenkungen
01-27-2023, 09:17 PM,
Beitrag #11
RE: Ablenkungen
Balventius schmunzelte, ohne verlegen dabei zu wirken.
"Exakt. Das erzählt man sich über mich. Berufsrisiko, würde ich meinen. Die Leute vergessen, dass es nicht so einfach ist, in die Minen zu kommen. Du müsstest schon jemanden umbringen oder den Rebellen helfen und selbst dann wird man sich überlegen, ob es für dich nicht geeignetere Strafen gibt. Und wenn ich jemanden verschwinden lassen wollte, müsste ich mir etwas anderes suchen, denn die Wachen gehören zur Castra und der Tribun würde vermutlich Fragen stellen. Ich bin auch nicht gefährlicher als dein typischer Senator - was zugegebenermaßen noch immer recht gefährlich ist."
Abgesehen davon, was war er denn für einer, dass er eine solche Schönheit in die Minen schickte? Dann hätte er ja nichts mehr von ihr. Ihre Nähe störte Balventius nicht, im Gegenteil, war er doch das Gerede gewöhnt.
"Nun, ich hörte, dass der Händler Tiberios angeblich schlechten Fisch verkauft und dass die Jungs am Hafen illegale Spiele veranstalten. Außerdem soll Agamanthes, der Sieger des letzten Rennens, heimlich eine Affäre mit der Tochter von Furius Saturninus haben, der in Wirklichkeit gar keine Tochter hat. Das übliche und nur das wenigste von Interesse."
Aber bitte, wenn sie ihn unbedingt als gefährliche Bestie sehen wollte und darin einen Reiz sah, sollte sie nur. Harmlos war er ja nun auch wirklich nicht.
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01-27-2023, 11:18 PM,
Beitrag #12
RE: Ablenkungen
Nun, nach allem, was ich wusste, was es sehr einfach, in die Minen zu kommen. Lebendig wieder rauszukommen, das war das Problem. Aber grade in Rom wurden Leute niederen Standes gerne zu den Minen verurteilt, wenn sie nicht doch eher in der Arena sterben sollten, weil der Kaiser oder der Praetor oder wer auch immer etwas vorzeigbares für die nächsten Spiele brauchte. Aber ich hatte sowieso nicht vor, sie jemals auf dieser Seite der Geschichte zu besuchen. Nein, höchstens mit diesem Kerl hier an meiner Seite und als Geleitschutz, dann natürlich aufmerksam bewundernd, wie es sich für ein Mädchen wie mich gehörte, wenn sie einen Mann an sich binden wollte. Und bei diesem hier schien ich auf einem guten weg dahin. Bislang hatte er sich noch nicht abgewandt oder mich auf meinen Platz verwiesen, und ich nahm das als äußerst gutes Zeichen.


“Ich habe nicht unbedingt vor, jemanden zu töten, oder irgendwelchen Rebellen zu helfen. Aber jetzt weiß ich zumindest, wie ich dich wiedersehen könnte, falls du gehst“, spielte ich weiter das böse Mädchen und sah noch einmal an ihm auf und ab. Und zwar so, dass er es mitbekam. Ja, er sah wirklich nicht schlecht aus. Ein Wunder eigentlich, dass sich die Frauen hier nicht um ihn rissen. Das mussten wirklich dumme Hühner sein mit noch dümmeren Vätern, wenn sie ihn nicht umgarnten. Einen reichen, nicht zu alten und recht gutaussehenden Mann, was wollten die denn noch? So ein schlimmer Haken war die Mine jetzt ja auch nicht.


Ohne zu fragen hakte ich mich bei ihm ein, so dass wir gehen konnten und nicht länger hier vor dem stand herumstehen mussten. Außerdem konnte ich so mal auf Tuchfühlung gehen und herausfinden, wie er wirklich auf Nähe reagieren würde. Meine Hand lag erst nur beiläufig an seinem Arm, ehe sie sich auf dezentes, leichtes, ja geradezu unterbewusstes Streicheln verlegte. Ich wollte einfach wissen, wie er reagierte, und ein wenig die Grenzen vorsichtig ausloten, natürlich immer bereit, mich zurückzuziehen. Nichts war schädlicher, als zu schnell den Kerl zu bedrängen. Dann sahen die einen gern mal als billig an. Und ich war vieles, aber nicht billig.
“Ach, alles kann interessant sein, wenn man sich auskennt und gelernt hat, die guten von den übertriebenen Gerüchten zu trennen“, widersprach ich, wenn auch nicht so sehr. Aber er mochte es ja frech, da konnte ich ihn nicht einfach nur stumpf anhimmeln. Das wäre ihm wahrscheinlich zu durchschaubar langweilig. “Jetzt weiß ich schon den Namen eines Fischhändlers, eines bekannten Rennfahrers und… was ist dieser Furius, der eine Tochter hat oder auch nicht hat?“ Denn ja, im Moment waren für mich Namen und ihre Verbindungen untereinander genauso wertvoll wie Münzen. Schließlich musste ich noch herausfinden, welche Kunden sich besser nicht über den weg laufen sollten und welche besser doch.
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01-29-2023, 09:34 PM,
Beitrag #13
RE: Ablenkungen
Die Kleine war ja ganz schön vorwitzig. Varro machte sich keine Illusionen. Das Mädchen war schlicht geschäftstüchtig. Aber die Bestimmtheit, mit der sie ihrem Beruf nachging, beeindruckte ihn dann doch. Sie machte den Eindruck einer Person, die genau wusste, wie 'das Spiel' gespielt wurde. Das hieß natürlich, dass er aufpassen musste. Daher lautete seine Antwort auf die Frage nach Furius Saturninus lediglich: "Das findest du noch heraus, tüchtig wie du bist." Dabei lächelte er.
Den Arm ließ er sie halten, während sie über den Marktplatz schlenderten, der sicher nicht so prachtvoll anmutete wie die Hauptstadt, die Varro durchaus vermisste. Die Straßen, das Forum und die Intrigen. Einzig, unter der Fuchtel seines Vaters zu stehen, vermisste er nicht und die Freiheit war die Opfer eindeutig wert.
"Und nun erzähle mir etwas über dich. Ich bin sicher, du verbirgst ganz faszinierende Facetten."
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01-29-2023, 11:20 PM,
Beitrag #14
RE: Ablenkungen
Er wollte es also nicht verraten. Gut, kam der Name eben auf meine persönliche Liste von Personen, die ich noch selbst kennenlernen musste, denn soviel war klar: Wenn der Typ eine Tochter hatte, der man ein Verhältnis mit einem Wagenlenker nachsagte, musste er zumindest so einflussreich sein, dass so ein Gerücht interessant war. Niemand redete über das Verhältnis einer Fleischertochter mit einem Auriga.
Balventius Varro bekam einen kleinen, zärtlichen Knuff als Strafe, während wir über den Markt schlenderten. Statt mich aufzuklären, fragte er nun nach etwas über mich. Was sollte ich erzählen? Was wollte er wohl hören? Oh, das eine Mal war ganz interessant, als sich ein Senator und zwei Ritter stritten, wer zuerst dürfte, und schließlich habe ich als Vorschlag zur Güte alle gleichermaßen verwöhnt? Nein, wohl eher nicht, sowas wollte ein Freier nicht hören. Wobei, manche schon, aber so gut kannten wir uns noch nicht, so dass ich nicht wusste, ob ihn sowas erregte. “Wenn ich jetzt gemein wäre, würde ich sagen, so tüchtig, wie du bist, findest du es heraus“, stichelte ich stattdessen ein wenig und lächelte ihn an. Ich ließ ihm aber nur eine Sekunde Zeit, sich zu ärgern, ehe ich fortfuhr.
“Meine Familie und ich sind erst kürzlich nach Iscalis gekommen. Wir haben ein sehr schönes Haus im Neubaugebiet, das wohl in einer Woche seine Einweihung feiern dürfte – vorausgesetzt, die Aedile hier arbeiten einigermaßen schnell und wollen nicht zu viel Bestechungsgeld, um die Konzession auszustellen. Ich hoffe doch, du besuchst uns dann mal?“ fragte ich sehr direkt mit meinem flirtendsten Augenaufschlag überhaupt. Der Balventier sollte sich geehrt führen, so sehr schmeichelte ich nicht jedem. Nur bei denjenigen mit richtig viel Geld.
“Und über mich selbst? Nun, was interessiert dich? Ich spreche fließend griechisch, bin unschlagbar in duodecima scripta und im Astragalspiel, kann Gedichte rezitieren, schreiben und rechnen, und bin offensichtlich sehr interessiert an dir. Also ist wohl eher die Frage, wofür du dich interessierst und was dein Blut in Wallung versetzt.“ Ich sah zu ihm auf und wartete, was er wohl sagen würde. Viele Männer waren da recht einfach, da reichte es, hübsch zu sein – wofür ich mich durchaus auch hielt. Aber um sie wirklich einzufangen, brauchte es dann doch mehr. Da musste man sie begeistern, ihnen das Gefühl geben, der Beste zu sein, ihre Leidenschaft zu verstehen und zu teilen. Dann verfielen sie einem mit Haut und Haar. Und ich war durchaus fähig, für so ziemlich alles ansprechende Begeisterung vorzutäuschen, von Brettspielen bis zu Wagenrennen.
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02-06-2023, 10:05 PM,
Beitrag #15
RE: Ablenkungen
"Oh, ich bin außerordentlich tüchtig. Und ich würde es sicher herausfinden. Aber zu solchen Methoden müssen wir doch nicht greifen", schnurrte nun auch Varro. Er hörte zu, wie die Schönheit von ihrem "Haus" erzählte. Scheinbar handelte es sich nicht um arme Leute, denn ihrer Wortwahl entnahm er, dass MANN mehr Personen als nur sie besuchen konnte.
"Vielleicht tue ich das, ja", sagte er in Bezug auf die Frage nach seinem Besuch. "Ich bin ein Bewunderer schöner Häuser."
Ihre Gesichter waren einander näher gekommen, während er sprach. Er widerstand dem Drang, sie zu küssen und hörte interessiert ihren Kenntnissen zu, welche sie angeblich besaß. Er glaubte ihr das. Eine richtige Kurtisane schien sie zu sein und diese waren bekanntermaßen Multitalente. Das mussten sie auch sein, um das Interesse ihrer Gönner dauerhaft zu beleben und nicht langweilig zu werden. Varro war sich nicht sicher, ob er bereit war für eine derart langfristige Angelegenheit, doch jetzt war die Sache nicht mehr als ein zwangloser Flirt. Doch eine kleine Spitze musste noch sein:
"Alle rühmen sie sich damit, Gedichte rezitieren zu können, als dächten sie, wir wollen das hören. Glaubst du denn, ich kann nicht lesen?", schmunzelte er. Wobei, nackt und sich auf einem Teppich räkelnd durfte sie ihm rezitieren was sie wollte, er würde sich vermutlich alles anhören.
"Du wirkst wie eine Frau, die schnell herausfindet, was einen Mann wie mich reizt. Du bist eindeutig wunderschön. Und offenbar auch klug, wobei bereits zwei meiner Vorlieben abgedeckt wären. Ich kann Dummheit nicht ausstehen. Sie langweilt mich und macht die Dinge für mich meist schwierig und frustrierend. Und... Frauen, die nicht untätig und unterwürfig sich beackern lassen finde ich weit interessanter." Das Liebesspiel wurde eben interessanter, wenn man wen ebenbürtigen neben sich hatte. Wobei er besagte Unterwürfigkeit bei Männern eher voraussetzte als bei Frauen. Das Sagen hatte er natürlich immer. Bei Frauen musste er es nur nicht so beweisen. "Also... wieso verlassen wir nicht diese mondäne Straße und ich gebe vor dir mit meiner Casa an, wie es sich gehört? Den Wein können wir dort trinken."
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02-06-2023, 10:55 PM,
Beitrag #16
RE: Ablenkungen
Ich war mir doch recht sicher, dass er Interesse hatte. Die Art, wie er mich ansah, war doch recht eindeutig, und auch, dass er zuließ, dass ich ihm so nahe kam und über seinen arm streichelte, was er nicht abwehrte. Und so bärbeißig, wie er sich sonst gab, hätte er mich sicher in meine Schranken verwiesen, wenn ihm das etwas ausgemacht hätte oder es ihm missfallen würde.
So spottete er auch gleich darüber, dass ich eben auch lesen und rezitieren konnte, und wurde herausfordernd. Ja, es war immer eine Gratwanderung, wie weit man einen Mann reizen sollte, um Interessant zu bleiben, und ab wann es zu viel war. Aber ich glaubte, dass er das sagte, um mich weiter zu necken, weil ihm das Spaß machte. “Nun, manche Männer können das nicht mehr, wenn eine sanfte Hand ihr bestes Stück im Griff hat“, zwinkerte ich zurück und ließ einmal ganz beiläufig meine freie Hand über seine Tunika von der Brust bis auf Gürtelhöhe streichen, ohne jedoch seinem besten Stück ernsthaft nahe zu kommen. Nicht auf offener Straße. Es war mehr ein leises Versprechen, dass ich sowas tat, wenn er es denn wollte.

Und dann wurde er konkret. Ziemlich konkret sogar. Normale Prostituierte langweilten ihn, und wahrscheinlich die meisten seiner Sklavinnen ebenso. Viele hatten keinen Spaß am eigentlichen Akt. Gut, manchmal war es auch schwer, wenn der Mann zu rau vorging. Manche Kerle kannten es gar nicht anders, als ihrer Partnerin – oder ihrem Partner – Schmerzen dabei zuzufügen, weil sie nur eben schnell ihre eigene Lust befriedigen wollten und nie gelernt hatten, welches Vergnügen man aus gegenseitiger Lust ziehen konnte. Daher waren neue Kunden immer ein gewissen Risiko, und auch jetzt schätzte ich den Mann vor mir danach ab, ob ich sein Haus ohne gröbere Blessuren wieder verlassen würde.
“Einverstanden. Ich muss nur eben meiner Familie eine Nachricht zukommen lassen, damit sie sich nicht sorgen, wo ich bin“, sagte ich, denn ich war zwar geschäftstüchtig, aber nicht dämlich. Dummheit wurde in meiner Zunft ziemlich grob bestraft, indem man irgendwo auf einem Müllberg mit einem mal eine nackte Leiche fand. Bescheid zu geben, wo man war, schützte einen zwar nicht wirklich davor, aber es machte zumindest darauf aufmerksam, dass es jemanden gab, der einen suchen würde.

Ich hielt kurz ein herumrennendes Kind an und fragte es, ob es sich zwei Asse verdienen wollte. Alle wollten Geld, immer, und zwei Asse hieß eine Mahlzeit für den Tag. Und natürlich wollte das Kind das zu gerne. Ich drückte ihm ein As in die Hand und sagte ihm, es solle zu unserem Haus gehen. So klein, wie die Stadt war, war es nicht schwer zu finden. Und dort ausrichten, dass ich im Haus von Balventius Varro für ein paar Stunden sein würde. Dort bekäme es das zweite As. Auch wenn Großvater und Mutter knausrig waren, sie kannten das Spiel so gut wie ich und würden dem Boten sein As geben.
Danach wandte ich mich Balventius Varro zu. “Nun, Balventius Varro, beeindrucke mich“, forderte ich ihn heraus.
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