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Ablenkungen - Druckversion

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Ablenkungen - Decimus Balventius Varro - 01-18-2023

Es kam selten vor, dass er frei hatte. Dass er diese Freizeit auf dem Marktplatz verbrachte, war noch seltener. Hin und wieder zog es ihn zwar einmal in die belebten Straßen, doch heute lockte ihn ein durchaus praktischer Anlass hierher: Balventius Varro hatte vor, sich einmal um seine guten Beziehungen zu bemühen. Wenn nicht, um seinen eigenen Ruf zu pflegen, dann spätestens seit Ausbruch der Bleikrankheit, sah er den Zeitpunkt gekommen. Er hatte beschlossen, einmal Furius Saturninus einzuladen, um sich mit ihm gutzustellen und womöglich ein paar gute Informationen zu erhalten, wie er vorgehen sollte. Der Furier war nicht auf dem Gipfel der Macht in Iscalis angelangt, aber wohl auf einem guten Weg dahin und zudem gut vernetzt.
Natürlich durfte er ihn nicht gleichzeitig mit Iulius Cato einladen, denn das Spektakel auf dem Rennen war Varro nicht entgangen. Auch dieser war ein guter Kandidat, sich einmal bekannt zu machen, allerdings war er da noch vorsichtig. Er wirkte alles in allem stärker, aber auch weniger gutmütig. Dennoch, da er Wachen aus der Legion angestellt hatte, war es wohl auch hier angebracht, ihn zumindest einmal zum Essen einzuladen.
Nun war Balventius also unterwegs, um ein angemessenes Gastgeschenk aufzufinden, in Begleitung seines wie üblich stummen Leibwächters besah er sich die Stände.


RE: Ablenkungen - Liciniana Aglaia - 01-18-2023

Es war noch so viel zu tun, bis wir wirklich eröffnen konnten. Auch wenn wir viele Möbel mitgebracht hatten, waren es irgendwie viel zu wenige, wie ich persönlich fand. Und außerdem hatten wir viel zu wenig Leute, um das Haus wirklich zu bewirtschaften und ordentlich zu halten. Seien wir mal ehrlich, in meinem Gewerbe waren die Leute vieles: Phantasievoll, spritzig, witzig, nach außen hin lebensfroh und charmant. Aber eines waren wir nicht: Ordentlich. Weshalb ich fand, dass wir einen guten Teil unseren meines Geldes durchaus dafür aufwenden sollten, noch zumindest ein oder zwei Sklavinnen zu kaufen, die putzten. Vielleicht waren die ja auch hübsch und eifrig, so dass sie auch bei anderen Dingen zumindest unterstützen konnten. Aber ich hatte keine Ahnung, ob es in diesem Provinznest sowas überhaupt gab. Oder überhaupt irgend etwas, das sich zu kaufen lohnen würde. Wahrscheinlich hatten die hier auch nur einmal in der Woche Markttag…
Ja, ich hatte die anderen überredet, mit hier her zu kommen, da ich wirklich nicht umgebracht werden wollte. Aber manchmal vermisste ich schon das großstädtische Flair, das in Rom geherrscht hatte. Nicht unbedingt den Gestank oder das Wetter, aber dieses Gefühl, von einer Million Menschen umgeben zu sein, das fehlte mir schon ein wenig.

Aber dafür war es nun zu spät, und es galt, nach vorne zu sehen. Ich hatte mich also aufgehübscht. Da ich ja grade nicht im Dienst war und keine Ahnung hatte, wie hier die Vorschriften waren, musste ich die dämliche Toga nicht tragen, wie bisweilen in Rom, wenn der Aedil grade seine drolligen fünf Minuten hatte. Nein, ich hatte mich in feine, rote Wolle gehüllt, grade so dick, dass ich nicht fror, aber nach der neuesten Mode geschnitten – nur vielleicht etwas aufreizender. Und dazu, weil ich ja grade brav sein wollte, eine Palla aus hauchdünner weißer Seide, die ich mir aber um die Schultern fallen ließ, damit man meine schwarzen Locken bewundern konnte. Die waren von meiner Mutter kunstvoll so frisiert worden, als wären sie gar nicht frisiert, sondern eher beiläufig hochgesteckt worden – etwas, das fast eine Stunde gedauert hatte. So aber fielen mir einzelne Strähnen über die Schultern und rahmten mein Gesicht kunstvoll ein. Dazu noch die schönen Schnürschuhe, leichte Kothurnen mit genagelter Sohle, deren Nagelmuster auf dem Boden ein hübsches Muster ergaben: Auf der einen Sohle stand folge, auf der anderen mir. Immerhin wollte ich ja, dass die Männer, die mir folgten, mich dann auch finden würden. Und die meisten fanden das sehr verführerisch.
So aufgetan schlenderte ich also über das, was sich hier so Markt nannte, und sah mich einmal um, ob hier etwas brauchbares denn unterwegs war. Die meisten Männer waren Arbeiter, einfache Kerle, teils Kelten, die sich sicherlich nicht als neuer Sponsor meines Lebens eignen würden. Nicht, dass das dringend wäre, aber frau hatte ja Stil. Und man konnte nie genug Geld haben. Ich hörte ihre Witze und ihre Versuche, freundlich zu sein, und ging weiter. Ihre Kleidung sprach für sich, auch wenn einige ganz schnuckelig wären.

Ein paar der Stände hatten ganz brauchbare Töpferwaren, und ich entdeckte auch einen Stoffhändler, der zwar leider keine Seide hatte, aber schöne Wolle. Ich schlenderte über den Platz, bis ich hörte, wie eine ältere Frau eine andere anraunzte und in Richtung eines Mannes nicht gerade begeistert schaute. Ich hörte Worte wie “alter Sklavenschinder“ und “Mine“, konnte aber nicht gut genug lauschen, um wirklich mitzukriegen, worüber gesprochen wurde.
Mein Blick wanderte zu dem Mann, der doch von etwas gehobenerem Stand schien. Kein Senator, aber die waren hier auch nicht wirklich anzunehmen, so weit ab von Rom. Städtischer Magistrat vielleicht. Der Tunika nach zu urteilen durchaus wohlhabend. Die Schuhe etwas schmutzig, aber nicht zu sehr, und eindeutig aus gutem Leder, nicht geflickt. Ein möglicher Kandidat also.
Ich schlenderte näher, um herauszufinden, wer er war und ob es sich wirklich lohnte. Ein Mann begleitete ihn, sah grobschlächtig aus und sah sich öfter um. Leibwächter. Noch ein Punkt auf der “Hat Geld und Einfluss“-Skala. Ich setzte ein Lächeln auf und stellte mich in seine Nähe an einen der Stände. Ich wollte erst einmal testen, ob er von sich aus auf mich aufmerksam werden würde, bevor ich die schweren Geschütze auffuhr, um in seine Nähe zu gelangen.


RE: Ablenkungen - Decimus Balventius Varro - 01-18-2023

Stoff? Nein... Wir sprachen immerhin über Männer. Nein, guter Wein, das wäre ein viel besseres Geschenk, dachte sich Varro, als ihm das Geflüster um ihn her auffiel. Nichts, das er nicht bereits gewohnt war, dennoch war es ärgerlich. Er finanzierte schließlich so einiges in der Stadt und ohne ihn und seine Mine wäre das Leben hier wohl kaum so wie jetzt. Sie taten so, als würde er die Sklaven regelmäßig in der Sonne zu Tode peitschen. Es war nun einmal unvermeidbar, dass einige von ihnen starben... undankbares Volk.

Er wandte sich soeben wieder seinem Gang zu, als ihm etwas auffiel. Ein Fleck Rot in seinem Augenwinkel, was ihn dazu veranlasste, den Kopf zu drehen.
Und was er sah, wow, war schon sehenswert.
Er sah sich einem Raubtier gegenüber. Einem Raubtier in dunklem Rot, aufreizend gekleidet und eindeutig nicht das, was seine Mutter eine "respektable Dame" genannt hätte. Andererseits war Varro auch kein respektabler Herr... Er war auch niemand, der verstohlene Blicke zuwarf. Offen musterte er sie, die ihn so offen anlächelte.
"Salve", sagte er und mühte sich, seinen üblichen desinteressierten Ton beizubehalten. "Kann ich helfen?" Sein Leibwächter stand schon bereit. Obwohl der Große sie bestimmt ebenfalls nicht ablehnen würde. Er konnte sich nicht erinnern, dass ihm diese Erscheinung schon aufgefallen wäre.


RE: Ablenkungen - Liciniana Aglaia - 01-18-2023

Er sah mich an, und zwar nicht auf die verstohlene Art. Nein, er schaute ganz offen an mir rauf und runter und bemühte sich noch nicht einmal, es zu verbergen. Trotzdem klang sein Ton jetzt nicht gerade interessiert, als er mich ansprach. Aber gut, sowas kannte ich. Das hieß nicht, dass es nicht dennoch zum Ziel führen konnte. Und da er mich schon direkt angesprochen hatte, nutzte ich die Gelegenheit und schlenderte näher.
“Weiß ich nicht, kannst du?“ fragte ich leicht neckend zurück und besah mir den Stand, an dem er stand.Ein Weinhändler. Hm, nicht unbedingt mein Fachgebiet, aber doch nicht allzu unbekannt. “Gibt es hier denn etwas trinkbares, das du empfehlen könntest? Ich weiß nicht, es wird wohl keinen Falerner geben, oder gar einen Surrentiner. Aber vielleicht einen Sabiner? Oder was trinkt man hier so?“
Ja, damit hatte ich wohl erlesenen Geschmack zumindest mit Worten demonstriert, wobei das ja nichts heißen musste, wie ich selber nur zu gut wusste. Aber zumindest war ich jetzt ein gutes Stück näher an ihm dran, auch wenn sein wandelndes Muskelpaket schon die Schultern straffte, als erwarte er, dass ich ein Messer zückte. Sowas albernes. Ich wollte Geld verdienen. Gut, das taten Mörder auch, aber in diesen Schuhen konnte ich wohl kaum schnell genug wegrennen.


RE: Ablenkungen - Decimus Balventius Varro - 01-18-2023

Varro fand die schamlose Annäherung des Mädchens irgendwie sogar ganz reizvoll. Mit einem Handzeichen gab er dem Großen das Signal, sich zurückzuhalten.
"Deinen Worten entnehme ich, dass du noch nicht lange hier bist. Die guten Weine sind leider fast alle importiert. Ich kann diesen hier empfehlen."
Sie hatte einen teuren Geschmack. Varro glaubte fast sicher zu wissen, welche Art von Frau sich vor ihm befand, beschloss aber, das Spiel ein wenig weiterzutreiben. Es gefiel ihm, dass so offen Interesse an ihm gezeigt wurde - auch wenn sie vermutlich eher auf seinen Geldbeutel abzielte. Mit einem Lächeln nahm er die Flasche mit beiden Händen und hielt sie ihr hin.
"Natürlich sind die Weine hier alle erlesen. Aber das scheinst du ja selbst zu wissen... Wie heißt du gleich? Ich glaube, wir kennen uns nicht."


RE: Ablenkungen - Liciniana Aglaia - 01-18-2023

Der Leibwächter zog sich ein Stück zurück, was ich als Erfolg verbuchte. Der Mann hier gab sich zwar garstig, aber ganz uninteressiert schien er dann doch nicht zu sein. Wahrscheinlich musste man ihn nur eine Weile bearbeiten und umgarnen, bis er auf die Idee kam, doch mehr zu wollen. Vielleicht war er einer von der moralischen Sorte oder so etwas. Stoiker. Oder wie hießen die Typen, die im Fass wohnten? Kyniker! Genau! Vielleicht war er so einer. Auch wenn er dafür zu vornehm wirkte.
Jetzt, wo ich näher war, konnte ich ihn besser in Augenschein nehmen. Er hatte eindeutig Geld, an seiner Kleidung war nichts ausgefranst oder schäbig, noch nicht einmal schmutzig. An seiner Hand war ein Ritterring, also hatte er definitiv Geld und einen wichtigen Namen. Er war älter als ich, aber noch nicht wirklich alt, seine Haut gepflegt, keine sichtbaren Narben oder Schrammen. Und er roch sauber. Es gab schlechtere Kandidaten als ihn als mein neuer Mäzen.

“Du hast recht, ich bin erst seit zwei Tagen hier in der Stadt. Ich komme aus Rom, aber familiäre Verpflichtungen führten meine Verwandtschaft hier her.“ Das war nicht gelogen, sogar ziemlich dicht an der Wahrheit. Aber ich hatte auch keinen Grund, hierbei zu lügen, und so, wie er aussah, konnte ich ihn damit wahrscheinlich eher beeindrucken als mit irgendeiner Geschichte über das arme Provinzmädchen, welches ich sowieso nicht wirklich verkörpern konnte. “Daher wäre ich wirklich dankbar, wenn jemand, der die Besonderheiten der Stadt und ihrer Bewohner kennt, mich aufklärt.“ Ich sah kurz zu ihm auf, überlegte, ob ich mir auf der Lippe herumkauen sollte, entschied mich aber dagegen. Nein, weltmännisch offen, nicht schüchternes Mädchen. Ich glaubte, dass das mehr ziehen würde, also sah ich ihn stattdessen recht offen und abschätzend an und platzierte dann ein wohldosiertes Lächeln. “Ich heiße Aglaia“, stellte ich mich vor. “Liciniana Aglaia.“ womit er wohl wusste, dass meine Ahnenreihe wohl nicht bis nach Troja zurückverfolgt werden konnte, sondern wohl noch recht frisch im römischen Reich war und vermutlich deutlich griechischen Einfluss hatte.
Frech nahm ich die Amphore mit Wein aus seiner Hand und besah sie mir genauer. "Cumaner?" fragte ich mit Blick auf das Etikett. "Du magst es also herb und schwer?" Ich lächelte ihn vielsagend an. "Den Wein, meine ich", fügte ich neckend hinzu.


RE: Ablenkungen - Decimus Balventius Varro - 01-18-2023

Ja, sie war eindeutig das, für das er sie gehalten hatte. Doch statt sich abzuwenden, lächelte Varro mild. Sie war vorwitzig und das machte sie anziehend - neben ihrer außerordentlichen Schönheit natürlich.
"Natürlich meintest du den Wein, was auch sonst?", fragte er und wusste es doch ganz genau. Nun, es konnte nicht schaden, sich vorzustellen. "Ich bin Decimus Balventius Varro. Mir gehören die Silber- und die Bleiminen außerhalb der Stadt." Und er war ein vielbeschäftigter Mann. Dass er sich auf das Spiel überhaupt einließ...
Sie gehörte eindeutig keinem alten Geschlecht an, doch stammte sie aus der Hauptstadt, ebenso wie er. Ja, sie wirkte eindeutig nicht wie ein dummes Landmädchen mit Stroh als Haar. Sie hatte das Flair eines Politikerweibs, der sich mit der Kühnheit eines Gossenmädchens vermischte. Eine normale Lupa schien sie ja nicht zu sein, wenn sie mal eben von Rom aus hierher kam. Nicht billig, dafür sprach auch ihr Kleid. Sie war keine, die am Fenster des Bordells nach Kunden schrie, das konnte man sehen. Nur wieso verließ so eine Rom, wo sie viel mehr verdienen konnte als hier?
"So? Wie stehen denn die Dinge in meiner Heimat? Auch ich komme von dort und war lange nicht daheim. Und ich vermisse die Wärme." Und die frischen Oliven. Das importierte Zeug war einfach nicht so gut.
Er folgte ihren Avancen mit Blicken und schmunzelte - ein seltenes Ereignis.
"Dir die Besonderheiten von Iscalis zeigen. Und was würde mich das kosten, frage ich mich?"


RE: Ablenkungen - Liciniana Aglaia - 01-18-2023

Ja, was wohl sonst könnte ich gemeint haben? Er hatte mich definitiv verstanden, aber es gefiel ihm, geneckt zu werden. Er wollte eine Frau nicht retten, er wollte eine einfangen und zähmen, so schätzte ich ihn ein. Und das Spiel beherrschte ich – neben der allseits beliebten Jungfer in Nöten, dem anhimmelnden Dummchen und natürlich der verruchten Sexsüchtigen. Aber er schien die freche Herausforderung zu mögen, also gab ich ihm die. Vor allen Dingen, da er wohl wirklich viel Geld hatte, wenn er eine Silbermine besaß. Da alles Silber dem Kaiser gehörte, nahm ich an, dass er als Ritter hier also der Vorsteher eben jener Mine war und sie im kaiserlichen Auftrag führte. Aber diese Posten waren mehr als lukrativ, eben damit das Silber auch in den Münzstätten des Imperiums ankam und nicht heimlich verschwand – und dennoch verschwand viel nebenher. Schätzungsweise war das hier also einer der reichsten Männer der Provinz. Da spielte ich gerne jedes Spielchen, auf das er sich einlassen wollte.
“Nun, was möchtest du wissen? Seit wann bist du nicht mehr dort gewesen?“ So lange konnte er noch nicht in Britannia sein, immerhin gab es die Provinz noch nicht so lange. Also sollte ich besser nicht damit anfangen, wie schlimm das Vierkaiserjahr gewesen war. Damit würde ich ihn langweilen.
“Es gibt Intrigen und Skandale, wie es sie immer gibt. Die Senatoren lieben ihre Intrigen und Skandale. Aber am meisten reden die Leute über Titus Caesar und Berenike. Er hat sie aus Jerusalem mitgebracht, die jüdische Königin, und ganz Rom ist sich wohl einig, dass sie die schönste Frau der Welt ist, auch wenn sie so viel älter ist als er. Aber sie ist Jüdin, was wohl der einzige Grund sein dürfte, warum Titus sie nicht schon längst geheiratet hat. Denn ansonsten ist er im Volk ja durchaus sehr beliebt.
Sein Bruder Domitian hingegen… Nun… Sagen wir es so, die Leute sind froh, dass Titus der Caesar ist und Domitian nur der zweite in der Nachfolge.“

Ich hoffte, damit seine Neugier zum einen gestillt, andererseits auch angefacht zu haben, denn es war jetzt nicht unbedingt üblich, dass Frauen mit Männern über Politik diskutierten. Die meisten Frauen waren entweder zu dumm dafür, oder sie stellten sich absichtlich dumm. Es gehörte sich für eine ehrbare Frau schließlich nicht, so etwas zu wissen. Gut, dass ich nicht ehrbar war.

Und dass er verstanden hatte, was sie war, machte er deutlich, indem er ziemlich deutlich nach ihrem Preis fragte. Aber so schnell wollte ich mich da nicht geschlagen geben. Immerhin wollte er ja spielen. “Was es dich kostet, mich in der Stadt herumzuführen? Nun, etwas Zeit, ich würde vorschlagen, diesen Wein und den Tratsch dieser Stadt.“ Solange er mit mir nur rumlief und ich sonst nichts lukrativeres zu tun hatte, war in dem Falle meine reine Anwesenheit umsonst. Kundenbindung war wichtig. Sie mussten mit mir zusammen sein wollen. Sie mussten mir Geschenke machen wollen.
“Oder möchtest du mir etwas zeigen, das nicht für die Öffentlichkeit taugt?“ fragte ich und lächelte noch einmal, kam noch ein winziges bisschen näher. Nur vorsichtig vorfühlen, was er denn jetzt gerade wollte. Denn wenn er keinen Spaziergang wollte, sondern etwas handfesteres, nun, dann sollten wir über Preise reden.


RE: Ablenkungen - Decimus Balventius Varro - 01-20-2023

Balventius schenkte ihr einen langen und abschätzigen Blick. Nicht, dass er die schnelle Nummer nicht zu schätzen wusste - und er konnte ziemlich fordernd werden, was das Thema anging. Aber... warum nicht? Jetzt waren sie schon einmal da und konnten zumindest den Anschein erwecken, als ob sie hier ein gehobenes Gespräch führten.
"Diesen Wein dort", bestellte er von dem Händler und ließ sich die Amphore aushändigen. "Was jedoch den Tratsch angeht, so bin ich nicht wirklich informiert. Die meisten Gerüchte, die mir zu Ohren kommen, handeln von mir und es sind immer dieselben. Politik und Kultur kommen hier langsam in Fahrt, doch noch scheint es außer ein paar Rivalitäten nicht viel Außergewöhnliches zu geben."


RE: Ablenkungen - Liciniana Aglaia - 01-20-2023

Die Art, wie er mich ansah, verursachte mir doch ein wenig Gänsehaut. Aber ich war zu professionell, um mir das anmerken zu lassen. Offenbar war er wohl nicht der netteste der Stadtbewohner, aber solange er der einflussreichste und wohlhabendste war, bestand ich nicht auf süß gesäuselte Liebesschwüre. Da war ich dann doch durch meinen Beruf eher pragmatisch und hatte schon zu viel gesehen und zu viel erlebt, auch wenn mir selbst zum Glück noch nie etwas passiert war. Aber es gab schon einen Grund, warum wir zuhause einen ziemlich großen und robusten Türsteher bezahlten. Manchen Männern machte es Spaß, Frauen wehzutun. Und bei einer Ehefrau gab es da Scherereien mit Verwandten. Bei unsereins gehörte das zum Berufsrisiko dazu.
Ich lächelte aber weiter und gab mich unbeeindruckt, während er Wein kaufte und mich sagte, dass er keinen Tratsch kannte. Das glaubte ich so nicht, aber das musste ich ihm so ja nicht sagen. Stattdessen trat ich noch einen kleinen Schritt näher, um zu sehen, wie er darauf reagierte. Eine römische Dame würde sich niemals einem Mann so nähern, oder ihn gar anfassen. Aber ich stand jetzt nah genug, dass er wohl die Blüten in der Seife riechen konnte, mit der ich mich heute Morgen gewaschen hatte.“Und was erzählt man sich so über dich?“ fragte ich nach und schaute offen gespielt naiv, auf die Art, dass er es als Spiel durchschauen musste. “Lass mich raten. Da dir die Mine gehört, sollte ich mich wohl besser von dir fernhalten, damit ich nicht selbst dort lande. Weil du jemand bist, mit dem sich ein Mädchen nie anlegen sollte. Und auch kein Mann. Richtig?“ Ja, zum Teil war es geraten aus der Art, wie die Leute auf ihn reagierten, zum Teil aber auch Schmeichelei, denn sicherlich sagten die Leute eher so etwas, wie dass er ein gemeiner Sklavenschinder sei, der Spaß daran hatte, oder so etwas. Aber das war weniger flirttauglich.