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Auf verschlungenen Pfaden durch Britannien
09-02-2025, 06:40 PM,
Beitrag #11
RE: Auf verschlungenen Pfaden durch Britannien
Es war Tag geworden. Wir marschierten auf der Römerstraße Richtung Calleva. Wir waren nicht die einzigen, die unterwegs waren. Keiner beachtete zwei Kinder, die im Gänsemarsch am Rande der gepflasterten Straße liefen. Ab und an drehte ich mich um zu Cassi und grinste ihr zu.

[Bild: Bran-und-Cassia-unterwegs.jpg]

"Da ein Feld zum Rasten!", sagte ich. Wir ließen uns in den Stoppeln nieder, die von der Ernte übrig geblieben waren. Wir teilten geschwisterlich die kalten Reste vom puls.
"Es schmeckt echt wie Kleister!", entfuhr es mir, dann wurde ich rot: "Damit will ich nicht sagen, dass du eine schlechte Köchin wärst", beeilte ich mich hinzuzufügen.
Der Weizenbrei machte aber gut satt. Ich beugte mich vor zu Cassi: "Bitte zeig mir deine Füße", bat ich sie. Ich wusste schon, warum ich das fragte. Cassia war das stramme Marschieren nämlich nicht gewohnt. Wenn sie sich aber Blasen holen oder gar wundlaufen würde, so kämen mir nicht so schnell nach Londinium. 

Sim off: Bild erstellt mit KI
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09-03-2025, 10:08 PM,
Beitrag #12
RE: Auf verschlungenen Pfaden durch Britannien
Die Sonne brannte von einem beinahe wolkenlosen Himmel. Ein deutliches Indiz dafür, dass es bereits der nächste Tag angebrochen war und sich die beiden Sklaven auf den Weg machen mussten. Wenn sie nicht doch noch geschnappt werden wollten. Denn es war so klar wie Kloßbrühe, dass der Furier seinen Leibwächter auf die Suche nach Cassia geschickt hatte. Somit war es nicht verwunderlich, dass Cassia so viele Schritte wie nur irgend möglich zwischen sich und der fursichen Villa bringen wollte. Auch wenn sie sich dadurch mit jedem Schritt weiter von Furia Saturnina entfernte.  Rasch rief sich Cassia dann jedoch ins Gedächtnis, dass sie für Furia Saturnina ohnehin nicht mehr wichtig sein würde, wenn diese zu einer jungen römischen Dame erzogen werden sollte. Dann interessierte sich Furia Saturnina ohnehin nicht mehr für ihre Cassia, die Gauklersklavin. Und diese Tatsache machte den leisen Abschied von der Furier Tochter etwas erträglicher.

Im Gänsemarsch lief Cassia hinter Bran am Rande der gepflasterten Straße und entließ i h r e n Bran keine Sekunde aus ihrem Blick. Dann und wann musste sie tatsächlich aufholen. Denn Bran hatte doch größere Schritte als Cassia. Jedoch musste Cassia zum Glück niemals rennen. Als die Strahlen der Sonne allmählich unerträglich wurden, beschloss Bran Rast zu machen. Und deutete auf ein Stoppelfeld. Begeistert konnte man Cassia nicken sehen, als sie sich neben Bran in das Stoppelfeld setzte und eifrig die Schale mit Puls hervor kramte. Geschwisterlich wurde der Rest des Puls zwischen den beiden Sklaven aufgeteilt. Niemand kam dabei auf den Gedanken, dass es sich bei den beiden jungen Leuten um Sklaven und was noch viel schlimmer war, um entlaufene Sklaven handelte.

Als Bran meinte, dass der Puls tatsächlich wie Kleister schmeckte, weiteten sich Cassias Augen und ihre Hand, die die Schale fest umklammert hielt, verkrampfte sich und begann zu zittern. “Das war gemein Bran.“ Mehr sagte Cassia nicht dazu. Auch wenn sie ihren Blick nicht anhob und Brans Blick nicht suchte. Stattdessen begann sie den wie Kleister schmeckenden Brei mit ihren flinken Fingern aus der Schale zu kratzen. Pha! Sie hatte Hunger und wenn Bran keinen Hunger hatte, dann war es ihr egal. Offenbar wollte Bran seine zuvor harsch gesprochenen Worte vergessen machen, denn er beugte sich in ihre Richtung und deutete auf ihre Füße. Ihre Füße, die rot waren und an einigen Stellen konnte man tatsächlich Schwellungen erkennen. Druckstellen die vom strammen marschieren herrührten. Denn so etwas war Cassia eindeutig nicht gewohnt. Zwar musste sie, als sie mit Nicander von Ort zu Ort gezogen war und ihre Feuerkünste gezeigt hatte, ebenfalls ohne viele Pausen an einem Stück gehen. Aber hier war es doch noch einmal etwas vollkommen anderes.

Schwäche zeigen oder gar weinen würde Cassia jedoch nicht. Oh nein. Sie war doch kein Kleinkind.
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09-05-2025, 04:47 PM,
Beitrag #13
RE: Auf verschlungenen Pfaden durch Britannien
Meine Bemerkung über den Kleisterbrei hatte meine Liebste gekränkt. Sie sagte zwar wenig dazu, aber sie schaute mich nicht mehr an und hielt den Blick gesenkt. Ich würgte am Puls, schluckte und strahlte:
"Oh nein, Cassi, es ist köstlich. Ich wollte mein Leben lang nix anderes mehr essen", beteuerte ich. Es war gelogen, doch ich wollte nicht, dass mein Schatz mir gram wäre.
Cassias Füßen waren in der Tat die Strapazen anzusehen. Sie hatten sich gerötet, und an einigen Stellen wollte sich eine Blase formen.
"Schweineschmalz wäre nun das Beste, um deine Füße gut einzucremen", sagte ich. Aber so etwas hatten wir nicht, nur einen kleinen Ölvorrat. Olivenöl war dünnflüssiger als Schmalz, aber vielleicht funktionierte es auch damit. Ich nahm etwas davon in beide Hände und massierte es kräftig in Cassias Füße ein:
"Wie klein deine Füsschen sind, wie von einer Puppe", sagte ich dabei bewundernd, und es tat mir so leid, dass Cassia wegen mir so viel laufen musste:
"Weißt du was, du wiegst doch nicht viel. Wenn du nicht mehr kannst, so nehme ich dich Huckepack. Das macht mir nix, ich bin stark" Ich zeigte Cassia meine Armmuskeln. 
Wir gingen weiter. Ich versuchte nicht daran zu denken, dass man Cassia gewiss schon bei den Furiern vermisste. Ihre kleine Domina, an der sie so hing, nun, das war ein verwöhntes Römerbalg. Das sagte ich natürlich nicht laut. Cassia ließ nichts auf ihre Miniherrin kommen. Doch ich stellte mir vor, wie Saturnina schon ihren Vater belatscherte, weil ihr Lieblingsspielzeug nicht im Haus war. Sie würden sie suchen! Sie würden sie bestimmt suchen! 
Wir mussten die Römerstraße so bald wie möglich verlassen. Das tat ich ungerne. Die Römerstraße war ein sicherer Reiseweg, zumindest am Tag. Aber hier würden sie zuerst nachsehen, nicht wahr?
Ein kleiner Trupp Rekruten, begleitet von zwei Legionären, marschierte in der Gegenrichtung an uns vorüber. Die Jungen trugen noch keine Uniform. Bestimmt meldeten sie sich gerade zum Dienst. Sie waren etwa in meinem Alter. Sie sahen stolz und erwartungsvoll aus. Ich schlich an ihnen vorbei, den Blick gesenkt. Denn ich, ich war ja ein Dieb, obwohl ich in meinem ganzen Leben nie etwas einem anderen geklaut hatte.
Cassia und ich waren Sklaven. Wir gehörten nicht uns, sondern unseren Herren. Wir hatten uns selber geklaut. 
 Wir waren Diebe.
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09-05-2025, 07:05 PM,
Beitrag #14
RE: Auf verschlungenen Pfaden durch Britannien
Emsig kratzte Cassia in der Schüssel, um auch den letzten Rest des wie Kleister schmeckenden Breis zu erhaschen. Denn selbst wenn dieser Puls wie Kleister schmeckte, so füllte er doch ihre Bäuche und somit würden sie in den nächsten Stunden keinen Hunger haben. Und daran klammerte sich die gelockte Sklavin. Für die nächsten Stunden müsste sie nicht mit knurrendem Bauch neben Bran gehen. “Du brauchst nicht zu schwindeln Bran. Ich weiß, dass dieser Puls nicht so schmeckt wie du es kennst.“ Antwortete Cassia mit ruhiger Stimme und warf dem keltischen Sklaven einen vorsichtigen Blick zu. Dann ging es auch schon weiter. Doch nur wenige Schritte, als Bran abermals inne hielt und sich nun direkt zu Cassia herum drehte. Dabei spürte Cassia den Blick des Kupferhaarigen auf ihren Füßen ruhen und biss sich leicht auf ihre Unterlippe. Ja, ihre Füße waren dreckig und vom Staub verschmiert. Doch auch Brans Füße sahen nicht besser aus. Da konnte er ihr schon einmal keinen Vorwurf machen. Dass dem Älteren jedoch in diesem Moment einzig und alleine ihre Gesundheit wichtig war, bemerkte Cassia erst, als er sie nötigte sich auf den Boden zu setzen und er ihre Füße in seinen Schoß bettete. “Das geht schon Bran. Meine Füße schmerzen nur ein ganz kleines bisschen.“ Versuchte Cassia ihre Füße zurück zu ziehen und Bran gleichzeitig ein Zeichen zu geben, dass er wieder aufstehen sollte. Doch der Kelte hatte dahingehend seinen eigenen Kopf und so zauberte er ein kleines Ölfläschchen aus deinem Beutel, träufelte sich davon etwas in die Hände und begann das Öl im nächsten Moment in Cassias Füße zu massieren. Bei der ersten Berührung zuckte der Lockenkopf tatsächlich zusammen und wollte Bran ihre Füße am liebsten wieder entziehen.

Als Bran meinte, dass Cassias Füße Ähnlichkeiten mit denen einer Puppe hatten, wäre sie am liebsten aufgesprungen. Doch blieb sie auf dem Boden sitzen. Auch wenn ihr Körper kurzzeitig vor Wut erstarrte. “Ich bin keine Puppe Bran.“ Murrte es dann doch über ihre Lippen, wobei es gefährlich in ihren Augen glitzerte. Ganz dünnes Eis, auf dem sich Bran gerade fortbewegte. Und der Kelte machte es noch schlimmer, als er meinte, dass er Cassia huckepack nehmen würde, wenn sie nicht mehr laufen konnte. Dabei präsentierte Bran ganz stolz seine Armmuskeln. “Und was ist mit dir Bran? Nein, das möchte ich nicht. Du sollst dich wegen mir nicht verausgaben müssen. Auch du musst deine Kräfte sparen.“ Konterte die furische Sklavin und blickte mit ernster Miene zu dem etwas Älteren empor. Pha! Bran sollte bloß nicht denken, dass Cassia ein Püppchen aus Zucker wäre. Das war sie nämlich gar nicht. Überhaupt nicht und niemals nie.

Weitere Worte wurden nicht gewechselt. Denn da ging die Reise, oder besser gesagt die Flucht der beiden Sklaven weiter. Ungeachtet der Tatsache, dass in der Villa Furia bereits nach Cassia gesucht wurde und Tiberius Furius Saturninus seinen Cubicularius Nefertem ausgeschickt hatte, um nach der verschwundenen Sklavin zu suchen. Bei den Soldaten, die in die Gegenrichtung marschierten, zuckte Cassia unwillkürlich zusammen und griff unbewusst nach Brans Hand, zu dem sie mittlerweile aufgeschlossen hatte. So dass beide Sklaven nun nebeneinander gingen. Und Cassia nicht mehr hinter Bran gehen musste. “Ich mag keine Soldaten!“ Fauchte die furische Sklavin und man konnte es für einen kurzen Augenblick in ihren Augen aufblitzen sehen.
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09-07-2025, 06:34 PM,
Beitrag #15
RE: Auf verschlungenen Pfaden durch Britannien
Oh, oh, Cassia Komplimente zu machen war nicht einfach. Sie bekam alles in den falschen Hals. Dabei sah sie so süß aus, wenn sie sich ärgerte. Doch wenn ich das sagte, war es bestimmt nicht richtig. Meine Cassi war so anders als andere Mädchen. Doch eine Zimperliese war sie wahrhaftig nicht.
Ich kratzte mich verlegen hinter dem Ohr. Doch zum puls sagte ich etwas: "Es schmeckt mir gut, weil du bei mir bist, Cassi. In deiner Gesellschaft schmeckt es mir gut. Ich hätte gerne so eine einfache Hütte, auch wenn sie aussieht wie ein bloßer Grashügel, wenn du nur bei mir bist!"
Bestimmt fand sie mich nun schrecklich primitiv. Cassia hatte bei den Furiern gelebt, in einer römischen Stadtvilla mit allen Schikanen. Aber es war wahr: Ich würde auch ein primitives Leben mögen, wenn sie nur bei mir wäre!
Ich zog den Kopf ein, als Cassia fauchte, dass sie keine Soldaten mochte. Ich mochte sie nämlich eigentlich, sie waren schon ein stattlicher Anblick mit Helm und gladius. Wäre ich ein römischer Junge gewesen, hätte ich mich auch zu den Legionen gemeldet.
"Leiser!", bat ich Cassia, die meine Hand nahm: "Sie sollen uns nicht hören. Aber es wird dich freuen, dass ich nie und nimmer zu einem Legionär werden kann"
Sklaven konnten keine Soldaten sein. Nicht einmal wenn sie freigelassen worden waren. Man nahm sie auch nicht bei den Hilfstruppen. Wir waren unwürdig, Waffen zu tragen. Eigentlich hatte mich das geärgert, doch wenn es Cassi gefiel, so war ich damit einverstanden.
Cassia war zusammengezuckt und griff nach meiner Hand. Ihre Augen dunkelten groß und dunkel. Sie sah regelrecht erschrocken aus. Ich wartete, bis der Trupp außer Hörweite war.
"Wieso magst du denn keine Soldaten?", fragte ich sie leise: "Hier führen sie ja keinen Krieg, und dann tun sie eigentlich keinem was"
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09-12-2025, 05:10 PM,
Beitrag #16
RE: Auf verschlungenen Pfaden durch Britannien
Tatsächlich konnte Cassia mit Komplimenten oder gar lieben Worten einfach nicht umgehen. Denn bisher hatte sie lediglich von der kleinen Furia Saturnina oder von Nicander liebe Worte zu hören bekommen. Und wusste mit eben solchen Worten nichts anzufangen. Wie sollte sie auf solche Worte reagieren? Was sollte sie darauf antworten? Alles Fragen auf die Cassia partout keine Antwort wusste. Und so war es für Bran wohl eine große Überraschung, dass Cassia derart kratzbürstig, beinahe zickig reagierte. Denn sonst würde ich der junge Kelte nicht am Ohr kratzen und mit dieser Geste seine Unbeholfenheit kund tun. Zumindest interpretierte Cassia diesen Gedanken in Brans Handlung hinein.

Wieso Bran dann auf einmal derart überschwänglich von dem Puls schwärmte und auch die einfache Hütte als regelrechten Palast beschrieb, war Cassia nicht so ganz klar. Und dies zeichnete sie sich deutlich auf ihrem Gesicht ab. Ihr Näschen kräuselte sich fragend und zwischen ihren Augenbrauen entstand eine steile Falte. Schweigend musterte Cassia den gleichaltrigen Bran. Ohne Worte über ihre Lippen dringen zu lassen, stapfte sie einfach hinter dem Kupferhaarigen einher. Nur um im nächsten Moment ihren Kopf zwischen die Schultern zu ziehen. Während ein erbostes zittern ihren Körper befiel, als die Soldaten an den beiden entflohenen Sklaven vorüber marschierten. Den Göttern sei gedankt wurden sie beide nicht länger beachtet.

Nachdem die Soldaten vorbei marschierten, atmete Cassia tief durch und entließ die zuvor angehaltene Luft zwischen ihren Lippen. Puuuuuh. Noch einmal gut gegangen. Und dennoch konnte Bran spüren, wie sich Cassias Finger eine Spur zu fest in seine Hand gekrallt hatten. Entschuldigend Cassias Gesichtsausdruck, als sie Brans Finger aus ihrem umklammernden Griff entließ. “N..Nein. Es geht nicht darum, dass es hier keinen Krieg gibt. Von mir aus können sich die Soldaten in jede Schlacht werfen, die ihnen vor die Nase kommt.“ Zischte die furische Sklavin mit gesenkter Stimme, wobei ihre Brust sich unter ihren heftigen Atemzügen rasch hob und senkte. Bran dürfte wohl bemerken, wie aufgeregt Cassia in diesem Moment war.

“Ich mag einfach keine Soldaten.“ Murrte die furische Sklavin und warf Bran einen sichtlich gereizten Blick aus dem Augenwinkel entgegen. Konnte sie ihm die Wahrheit sagen, dass sie Schuld daran trug, dass Nicander und sie Syria verlassen mussten? Nein, damit wollte sie Bran nicht belasten. Vielleicht später. Und so schwieg die gelockte Sklavin und stapfte wieder einmal schweigend hinter Bran her.
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