RE: Zweisamkeit am Fluss
Der Schwarzhaarige war stehen geblieben und sah über den Iscafluss. Zwischendurch schlug er eine Stechfliege tot, die sich an seinem Blut laben wollte. Der Mann trug eine einfache Tunika und einen blauen kurzen Umhang, als sei er ein Mann aus dem Volk, aber die dunklen, herrischen Augen, das verwöhnte Kinn passten nicht zu einem gewöhnlichen Bürger. Saturninus jedoch dachte, dass seine Verkleidung perfekt wäre.
Die Abenddämmerung roch nach Sommer, und die blausamtene Dunkelheit, die von den Bergen fiel, verschluckte das nahe Städtchen. Saturninus fand das rote Band an einem Baum, zog es ab und wickelte es um seinen Arm wie einen Zauber. Er war also richtig gegangen. Ein schmaler Pfad führte zwischen Büschen auf eine winzige Lichtung gleich am Fluss, der hier sehr niedrig war.
Und dort war er, Nymphus, wie ein junger Flussgott, halbnackt, dessen helle Haut glänzte, das Haar bekränzt mit Beeren und Laub.
Saturninus verharrte, und dann dachte er, dass dieses schöne Bild allein für ihn bestimmt war, ihm gehörte. Er schritt auf Narcissus zu, verlangend hob er seine Hand und strich ihm zärtlich über die Wange, als berühre er etwas unendlich Kostbares:
"Narcissus!", stieß er hervor: "Du verstehst es, mich immer wieder aufs Angenehmste zu überraschen!", und dann lachte er: "Ich könnte aber auch ein Schäfer oder Fischer sein, der zufällig hier vorbei kommt und einem jungen Gott begegnet. Er weiß gar nicht, was er machen soll. Nur sehnsüchtig ist er, den schönen Jüngling in seine Arme zu schließen. Und gleichzeitig scheu und schüchtern, denn er weiß ja nicht, ob der Flussgott ihn nicht bestraft, wenn er zu frech ist.
Er würde sagen:
Sei gegrüßt o Goldgelockter,
verrate mir doch: Bist du ein Mensch oder einer der Unsterblichen?"
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