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Irrungen, Wirrungen - Verloren in Londinium
03-31-2025, 11:14 PM,
Beitrag #11
RE: Irrungen, Wirrungen - Verloren in Londinium
Ich spürte, wie sich meine Schultern unbewusst anspannten, als Saturninus von seiner Begegnung mit Aglaia sprach. Einen Moment lang ließ ich seine Worte auf mich wirken, bevor ich schließlich langsam nickte.
"Ich habe sie gefunden", sagte ich leise. "Zusammen mit irgendeinem römischen Schnösel, den sie heiraten will."
Es sollte eigentlich nicht mehr wehtun, diese Worte auszusprechen. Aber es war nicht nur die Tatsache ihrer Verlobung. Es war alles andere, was Aglaia mir an den Kopf geworfen hatte. Ich ließ mir nichts anmerken, doch in mir brodelte es.

Ich riss mich aus meinen Gedanken und musterte Furius Saturninus. Er ließ Tegwen gehen, doch die Art, wie er über sie sprach, missfiel mir. Für ihn war sie nicht mehr als ein streunender Hund – ein "Geschöpf". Doch ich wusste es besser.
Als sein Sklave widerwillig die Hände von ihr nahm, blieb Tegwen stehen. Einen Moment lang wirkte sie, als könnte sie jederzeit fliehen – oder zuschlagen. Doch dann willigte sie ein, mich später zu treffen. Erleichterung mischte sich mit einer seltsamen Unruhe. Ich hätte nie gedacht, sie jemals wiederzusehen – und schon gar nicht so. Voller Wut und voller Schmerz.
Ich wusste nicht, was mich erwartete, wenn wir uns später trafen. Aber eines war sicher: Ich konnte sie nicht einfach wieder gehen lassen, als wäre nichts gewesen. Nicht, nachdem ich gesehen hatte, was aus ihr geworden war. Nicht, nachdem ich wusste, dass sie noch am Leben war.
Doch dann drehte sie sich um und verschwand.

Der Furius überlegte kurz, dann lud er mich ein, ihn zu einer Mahlzeit in einer Garküche zu begleiten. Natürlich wollte er Neuigkeiten erfahren. Ich war mir nicht sicher, ob ich darauf Lust hatte – aber ich wusste auch, dass ich mich sammeln musste. Und dass es nicht schaden konnte, seine Gastfreundschaft anzunehmen.
"Na gut", sagte ich schließlich und zwang mich zu einem kleinen Lächeln. "Eine Mahlzeit klingt gut."
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04-03-2025, 02:02 PM,
Beitrag #12
RE: Irrungen, Wirrungen - Verloren in Londinium
Umweit der Gasse lag ein Thermopolium, das nicht so aussah, als würde man sich sofort in Krämpfen winden, wenn man dort etwas aß. Der Wirt trug einen gallischen Namen.
Saturninus nahm den Inhalt seiner Geldbörse, drückte dem Gallier alles in die Hand und befahl ihm, das Thermopolium zu räumen. Die wenigen Gäste verzogen sich widerwillig. Die vier Sklaven von Saturninus blieben stehen und achteten darauf, dass niemand mehr eintrat.
Nun hatten Saturninus und Owain freie Wahl der Tische.
Zwei Schankmädchen, eine Keltin, eine aus einem östlichen Land, brachten  Wein, Käse, Brot, einen Bohneneintopf und gekochte Eier, und setzten sich gleich dazu, falls die Herren nicht nur essen und trinken, sondern auch  an Ort und Stelle andere Gelüste stillen wollten.
Saturninus trank einen Schluck vom Wein und verzog das Gesicht: "Essig!", bemerkte er und deutete dann auf die Frauen:
"Willst du eine von ihnen?", fragte er, denn er bemerkte, dass Owain bedrückt war, und vielleicht würde es ihm gut tun, überschüssige Frustration abzuarbeiten:
"Du hast freie Wahl, ich will gerade nicht"  Nach einem Blick auf die Frauen wartete der Furius lieber, bis er zu seiner Gastfreundin Fabia Tertia heim kehrte...nein, nicht mit ihr; ihre Sittenstrenge war nicht gespielt, aber sie hatte annehmbare und vor allen Dingen pieksaubere Dienerinnen im Haus.
"Aglaia kann den Habitus einer braven Matrona sehr gut fingieren", stimmte Saturninus zu und griff damit den Faden des Gespräches von vorhin wieder auf:
"Sogar einen Römer hat sie getäuscht ?! Bedauernswerter Kerl! Ich nehme an, dass er deine Tochter unter seinem Dach akzeptiert? Wie geht es der Kleinen?" Letzteres war Höflichkeit; Furius interessierte es wenig, wie es dem Balg eines Libertus und einer Hetäre ging, aber die Erwähnung des Kindes würde Licinianus Owain gewiss zum Reden bringen. Er hatte sich damals sehr gefreut, Vater zu werden.
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Honoratior von Iscalis
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04-12-2025, 11:15 PM,
Beitrag #13
RE: Irrungen, Wirrungen - Verloren in Londinium
Ich warf den beiden Frauen nur einen flüchtigen Blick zu. Wahrscheinlich hätten andere Männer sich gefreut, in so einer Situation wählen zu dürfen. Doch mir war der Appetit vergangen. Auf alles.
"Nein", sagte ich knapp. "Ich bin nicht in der Stimmung."
Ich starrte auf den dampfenden Eintopf, doch ich rührte das Essen nicht an, auch wenn es noch warm war und gut duftete.  Auch ein Tonbecher mit diesem dünnen, sauren Wein stand vor mir. Ich verzog das Gesicht, ohne ihn überhaupt zu probieren.

"Essig", hatte der Furius die Qualität des Weines kommentiert– da hatte er recht. Ich hatte Wein noch nie gemocht. Zu süß,zu faul, zu römisch. 
"Wenn’s nach mir ginge, würde ich ein ordentliches Bier nehmen", murmelte ich leise. War der Wirt nicht Gallier? Ganz sicher hatte er auch Bier im Ausschank. Aber ich wollte den furius nicht vor den Kopf stoßen. Schließlich hatte er mich eingeladen. Also rührte ich auch den Becher nicht an, obwohl der Alkohol ganz sicher meinen Schmerz hätte betäuben können.

Furius Saturninus holte das Thema wieder hervor – Aglaia und das Kind. Ich wusste, dass er es nicht aus Mitgefühl tat. Vielleicht war es nur bloße Neugier.
"Ich weiß nicht, wie es ihr geht", antwortete ich ruhig.
Das ihr ließ ich bewusst in der Luft stehen. Ich kannte nicht einmal ihren Namen. Und das tat mehr weh, als ich zugeben wollte.
"Ich habe sie nicht gesehen", sagte ich.
Die Worte kamen schwer, wie Steine, die ich mit mir herumtrug.
"Aglaia behauptet, ich sei nicht ihr Vater. Sie hat mir gedroht, meine Freilassung rückgängig zu machen, sollte ich mich ihr oder dem Kind noch einmal nähern."
Ich lachte trocken. Kein fröhliches Lachen, sondern eins, das in der Kehle hängen blieb.
"Sie weiß genau, wo sie mir wehtun kann. Und sie hat getroffen."
Ich lehnte mich zurück, atmete langsam aus.
"Ich wollte Vater sein. Ich hab mich gefreut, als sie mir damals sagte, dass sie schwanger ist. Wir beide hatten Pläne gemacht. Wir wollten zusammen nach Londinium gehen, ein neues Leben aufbauen. Eines, in dem sie sich nicht mehr verkaufen müsste..."
Meine Stimme wurde leiser.
"Aber für sie war ich nur Mittel zum Zweck. Sie wollte nie wirklich mit mir eine Familie gründen."
Ich schwieg kurz, schluckte.
"Ich weiß nicht, was sie diesem Kerl alles erzählt hat, über sich und über ihre Tochter. Ganz sicher nicht die Wahrheit. Wahrscheinlich ist sie nur hinter seinem Geld her."
Ich blickte den Römer direkt an.
"Vielleicht hab ich ja wirklich keine Tochter. Vielleicht ist das der Preis für meine Freiheit."
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04-22-2025, 05:14 PM,
Beitrag #14
RE: Irrungen, Wirrungen - Verloren in Londinium
"Verzieht euch!", herrschte Saturninus die Schankmädchen an, und er hatte Owen doch gehört:
"Aber zuvor bringt meinem Freund hier einen Becher Cervisia. Das werdet ihr doch haben"
Die zwei Schankdirnen taten, was ihnen geheißen wurde, obgleich mit einem kleinen Bedauern, denn beide Gäste sahen wohlhabend und auch ansprechend aus. Außerdem konnten sie sonst nichts verdienen, weil der Römer mit seinen Sklaven diesen Teil der Taberna abgesperrt hatte:

"Es gäbe Mittel und Wege, deinen Anspruch durchzusetzen. Doch deinem Kind würdest du schaden",erwiderte Saturninus.
In der zivilisierten Welt gehörten Kinder ihrem Vater. Aber die Mittel und Wege, die ihm einfielen, würden nicht nur der Mutter, sondern auch dem Kind ein schweres Los bescheren. Saturninus war sich einigermaßen sicher, dass der Schmied weder seiner Exgefährtin noch der Frucht seiner Lenden schaden wollte. Was man Owen auch immer vorwerfen konnte, der Furius hielt ihn für einen Mann, der ohne Vorbehalte geliebt hatte und nicht rachsüchtig war. Der Charitenbrunnen in Iscalis war Beweis genug.

Saturninus hob den Becher und prostete Owen zu:

"Auf deine Freiheit und die Freiheit deiner Tochter", sprach er und sprengte drei Tropfen für den höchsten Iuppiter auf den Boden. Man musste vorwärts sehen, nicht zurück. Mit Furiana Deirdre hatte Licinianus Owen eine tüchtige Ehefrau gewonnen, seine volle Zustimmung hatten sie, und der junge Kelte würde weitere Kinder haben können, da Deirdre fruchtbar war:

"Doch nun zu der Geschichte über die kleine Diebin von vorhin, die dann doch keine war, sondern deinen Geldbeutel nur... gefunden hatte" Saturninus glaubte das nicht wirklich, aber Owen konnte sein Geld verschenken an wen er wollte, da mischte er sich nicht ein. Das Mädchen hatte er offensichtlich beschützen wollen:

"Sie ist jemand, den du von früher kennst?"
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Honoratior von Iscalis
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04-27-2025, 11:34 AM,
Beitrag #15
RE: Irrungen, Wirrungen - Verloren in Londinium
Ich sah zu, wie die Schankmädchen mit einem letzten, abschätzenden Blick davontraten. Es tat mir fast leid um sie. Die eine war etwas jünger als ich, die andere kaum älter als ein Mädchen. Kurz darauf stellte die Keltin einen Becher vor mir ab. Ich nickte ihr knapp zu. Der Geruch des Bieres stieg mir in die Nase – und ja, das war besser. Viel besser. Endlich ein Bier! Kein edler Trunk, aber ehrlich. Als Saturninus mir zuprostete, hob ich ebenfalls den Becher.

"Auf die Freiheit", murmelte ich. Freiheit ... Ein schönes Wort. Aber auch ein schweres. Was er dann sagte, grämte mich. Aber ich wusste auch, dass er Recht hatte. Sicher gäbe Wege… Die Römer fanden immer Wege, um ihre Ansprüche durchzusetzen. Aber auf wessen Kosten? Auf Kosten eines kleinen Mädchens, das nichts dafür konnte, wessen Blut in ihren Adern floss? Nein. Was auch immer Aglaia mir genommen hatte, ich würde dem Kind nicht noch mehr nehmen. Nein, das war mir alles zuwieder.

Nachdem ich fast den halben Becher geleert hatte, stellte ich ihn ab. Der Furius hatte schnell das Thema gewechselt und kam schließlich auf die kleine Diebin.
Ich lehnte mich zurück, ließ das Bier ein wenig auf der Zunge wirken und sah ihn an.
"Ja, ich kenne sie", sagte ich schließlich. Meine Stimme war ruhig, aber ein bisschen rau. "Sie heißt Tegwen und sie kommt aus meinem Dorf." Ich zögerte, spürte, wie sich eine alte Erinnerung in meinem Innern regte, warm und schmerzhaft zugleich.
"Sie ist die kleine Schwester meiner Frau…. meiner ersten Frau," fügte ich leiser hinzu. "Ich habe sie praktisch aufwachsen sehen. Und jetzt läuft sie mir hier über den Weg. Dabei hätte ich geschworen, dass sie längst tot ist oder…" Für einen Moment hatte ich einfach weiter gesprochen und ließ die Worte ganz unbedacht kommen, weil sie schwer auf meiner Brust lagen. Doch dann, mitten im Satz, zuckte ich innerlich zusammen. Was, wenn ich ihr schadete, indem ich hier vor einem Römer zu viel von ihr preisgab? "Ich habe sie aus den Augen verloren, als die Römer ... eure Soldaten kamen." Ich presste die Lippen zusammen und hob den Blick zu Saturninus, der mich mit kühler Aufmerksamkeit musterte. Wer wusste schon, was Tegwen in all den Jahren hatte erleiden müssen? Vielleicht war sie inzwischen eine entflohene Sklavin. Vielleicht hatte sie Dinge tun müssen, die sie besser hinter sich lassen wollte.
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04-29-2025, 03:18 PM,
Beitrag #16
RE: Irrungen, Wirrungen - Verloren in Londinium
Saturninus sah Owen sehr nachdenklich an. Wenn der Furius auch manchmal wankelmütig war; sein Bemühen um ein gedeihliches Zusammenleben von Römern und Kelten war aufrichtig. Er hatte Jahre daran gearbeitet und auch große Teile seines eigenen Vermögens in diese Herzensangelegenheit gesteckt; und wenn die Kelten nur endlich einsehen würden, dass Rom das Beste war, was ihnen geschehen konnte, dann wäre er aufrichtig froh gewesen. Die vielen Toten mussten nicht sein:
"Was deiner Familie zugestoßen ist, bedaure ich sehr. Nichts davon wäre notwendig gewesen, wenn man nicht gegen unsere Herrschaft rebelliert hätte. Ich weiß jedoch nur zu gut, dass man auch im falschen Moment am falschen Ort sein kann. Diese Tegwen ist bestimmt kein Krieger, höchstens ist sie ein kleiner Galgenstrick", er nickte beinahe freundlich:
"Wenn sie klug ist, sieht sie ein, was Rom dir gegeben hat. Du bist ein wohlhabender Mann, Licinianus. Wenn sie sich aber als stur erweisen sollte...", Saturninus machte eine kleine Pause....
Diese Tegwen kam schließlich aus einem Rebellendorf. Vielleicht glaubte sie auch immer noch, dass Rebellion zu etwas führte, wo es doch klar war, dass es das nicht tat, schon gar nicht für eine junge Frau:
"Sorge besser dafür, dass sie an Klugheit gewinnt." Saturninus lächelte nun:
"Du hast ein gutes Herz, das weiß ich. Bestimmt willst du ihr helfen?"
[Bild: 3_18_08_22_2_20_05.png]
[Bild: 3_15_08_22_9_31_55.png]

Honoratior von Iscalis
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