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Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum
02-19-2025, 11:50 AM,
Beitrag #41
RE: Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum
Ich hörte, wie Saturnus tief ein- und ausatmete. Er erklärte seinem Sklaven, dass er nur einen Albtraum gehabt habe. Einen, in dem sein heiliges Rom gefallen und vom Barbaren aus Hibernia besiegt worden war. Dabei sprach er auch von einer Hibernerkönigin, die ihn als Sklaven gehalten hatte. Er nannte nicht den Namen der Königin. Aber das musste er auch nicht, denn ich ahnte bereits, dass sie meinen Name getragen hatte und mir in allem zum Verwechseln ähnlich gewesen  war. Mich durchfuhr in diesem Moment ein beklemmendes Gefühl: Er hatte wirklich denselben Albtraum geträumt wie ich. Mein Herz schlug schneller, und ich spürte, wie die düsteren Bilder, die mich in meiner eigenen Nacht verfolgt hatten, wieder in mir emporstiegen. Ich stand wie erstarrt da, innerlich zerrissen zwischen dem Drang, ihm zu sagen, dass ich ihn verstand, und der Angst, dass unsere geteilte Dunkelheit uns endgültig verschlingen könnte. Meine Gedanken wirbelten umher und immer noch brannte die Frage, wie das möglich sein konnte, in mir. War dies eine makabre Fügung des Schicksals? Oder lag es an Ciarans irren Zauberkünsten? Langsam erinnerte ich mich wieder an jede Einzelheit, die kurz bevor wir eingeschlafen waren, geschehen war. Ciaran hatte dreimal in die Hände geklatscht und von einem Geschenk gesprochen. Dann hatte er uns etwas entgegengeblasen. Es musste irgendeines seiner Zauberpulver gewesen sein.

Während Saturnus mit fester Stimme versuchte, seinen- nein unseren Albtraum als bloßes Hirngespinst abzutun spürte ich, wie mich die Last dieser gemeinsamen Vision fast erdrücken wollte. Ich blieb stumm, unfähig, auch nur ein Wort dazu zu wagen. Ich blieb gefangen in der Erkenntnis, dass unsere Träume uns untrennbar verbunden hatten, und in der Angst vor dem unausweichlichen Schicksal, das hinter diesen Schatten lauerte.

Als Saturnus mir die Frage stellte, ob auch ich einen schlechten Traum gehabt hätte, zuckte ich zusammen, als ob er mich gerade bei einer schändlichen Handlung erwischt hätte. In diesem Moment fühlte ich mich, als stünde ich auf sehr dünnem Eis, das beim nächsten Atemzug einzubrechen drohte.

"Ich träumte von Éire… meiner Heimat," begann ich zögernd und mit zitternder Stimme. " u… und von dem, was geschehen wäre, wenn ich nicht von dort geflohen wäre." Diese Worte waren nur ein schwacher Abglanz meines Traumes. Doch in mir tobte die Angst, dass Saturnus herausfand, dass auch ich seinen düsteren Albtraum erlebt hatte. Dass ich es war, die ihn unterjocht hatte und dass er wegen mir in meinem Traum den Tod gefunden hatte. Aber noch mehr fürchtete ich mich vor dem erschütternden Urteil meiner Ahnen. Der Gedanke, dass mir Tír nanÓg verschlossen bleiben würde, schmerzte mich sehr. Andererseits wollte ich ihn auch nicht verlieren, denn noch immer empfand ich nur Liebe für ihn.
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02-23-2025, 04:29 PM,
Beitrag #42
RE: Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum
"Ich werfe ihn aus seiner schäbigen Hütte und aus Cheddar gleichermaßen hinaus! Ich will ihn nicht als Klienten haben! Komm, Nivis, überraschen wir ihn!", wiederholte Saturninus.
Er nahm Nivis Hand, jedoch diesmal mehr aus Gewohnheit als aus Zuneigung.  Es war für ihn bis dato selbstverständlich gewesen, dass sein wächsernes Abbild einst bei den Bildern der Ahnen aufbewahrt und von den Furiernachkommen an den entsprechenden Fesstagen und bei Trauerumzügen geehrt werden würde. Endgültig aus den Familienannalen gelöscht zu werden, jagte ihm mehr Furcht ein als aller übernatürlicher Zauber es konnte. Wenn es für ihn eine Art Weiterleben nach dem Tode gab, so nur in der Ehre, die ihm die Angehörigen der Gens Furia erwiesen. Geschah das nicht, so wäre er für immer und ewig vergessen und verloren. 

Nivis selbst schien nach dem Tode auf ein Dasein in einem keltischen Elysium zu hoffen, aber selbst wenn sie dorthin gehen konnte, wusste Saturninus nun, dass er sie nicht begleiten können würde. Er war Römer, und nie zuvor hatte er sich in Nivis Gegenwart römischer gefühlt. 
  
Die kleine Gruppe kam nach einer Weile Fußweg  wieder in Cheddar an. Das Dorf schlief bereits tief und fest, nur einige Hunde bellten, und von Osten her dämmerte bereits kalt und grau der Morgen.

Seasnán und Saturninus bewaffneten sich mit Ästen, die sie auf dem Weg fanden, und von denen sie die Zweige und das Laub abbrachen. Sie würden ihnen als Knüppel dienen, um diesen Ciaran so zu bestrafen, dass er dieses Samhain niemals vergessen sollte.

Nocheinmal wandte sich der Furius an seine Liberta:
"Wohin jetzt?", fragte er.
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Honoratior von Iscalis
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02-26-2025, 10:51 PM,
Beitrag #43
RE: Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum
Als Saturnus mich aufforderte, mit ihm nach Cheddar zu gehen, um Ciaran zu überraschen, durchfuhr mich ein stechender Schreck. Verzweifelt wollte ich protestieren: "Nein, mo rúnsearc, das dürfen wir nicht…" Doch meine Worte erstickten in der kalten Morgenluft, während sein entschlossener Blick jede Erwiderung unterdrückte.
 
Je weiter wir den Fußweg entlanggingen, desto mehr legte sich der kühle, graue Morgen über das Umland von Cheddar. Ich musste mitansehen, wie sich Saturninus und Seasnán sich mit Ästen bewaffneten, um bereit zu sein, Ciaran damit zu bestrafen.  Dieses Samhainfest sollte er nicht mehr vergessen. Mir jedoch lief ein eisiger Schauer über den Rücken, als ich an Ciarans drohenden Zorn dachte.
 
Als wir endlich Cheddar erreicht hatten, wandte sich schließlich Saturnus zu mir wandte undfragte: Wohin jetzt?, packte mich eine tiefe Angst. Ich wollte ihn immer noch zurückhalten, ihn und mich vor dem Abgrund bewahren. Aber es war zwecklos! Ich würde ihn nicht zur Umkehr bewegen können.
Ich hatte gehört, dass Ciaran  jetzt in meiner alten Hütte lebte, jenem Ort, der einst mein Zuhause war. Jenes Zuhause, das Louarn für mich erbaut hatte und nun nur noch in meinen Erinnerungen herumgeisterte.

"Wir müssen dort lang. Er wohnt in meiner alten Hütte, so viel ich weiß," antwortete ich schließlich bedrückt
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03-02-2025, 02:45 PM,
Beitrag #44
RE: Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum
"Das werden wir sehen!", sprach Saturninus und eilte mit so schnellen Schritten, dass sich jeder seiner Gefährten bemühen musste, mit ihm Schritt zu halten, Cheddar zu. Er war entschlossen. Aber das Seltsame war, je länger er durch den Morgen eilte, desto mehr verblasste die Erinnerung und als Auroras rosa Finger über den Horizont strichen, da hatten sich die Erlebnisse von Samhain eher in eine Erinnerung an einen wüsten Traum verwandelt. 
War es Trug? War es Traum? War es eines Römers würdig, sich von Hirngespinsten narren zu lassen? Der Kelte hatte ihn vielleicht vergiftet, doch einen Schaden hatte er ihm nicht zugefügt; alle seine Glieder funktionierten, sein Geist war klar.
Da lag vor ihm das Haus Ciarans, welches Nivis ihm bezeichnet hatte. Die Sonne ging darüber auf, vergoldete das Strohdach, tauchte auch das Holz in einen warmen Schimmer. Die Hütte erschien wie ein wirkliches Heim....
Seasnán schaute seinen Herren an, waetete auf seinen Einsatzbefehl.
Aber Saturninus lächelte und wandte sich an Nivis: "Hat dieser heimtückische Ciaran dir die Hütte abgekauft oder warum ist sie sein, Nivis? ", fragte er schon wieder halb versöhnt: "Wenn er sie nämlich nur besetzt hat, gebe ich sie dir zurück und lasse sie auf meine Kosten renovieren. Ich bin mir sicher, dass ein römisches Bad und ein paar Erweiterungen daraus einen sehr angenehmen Ort machen würden"
Saturninus dachte tatsächlich daran, Niamhs Hütte zu einem Art Feriendomizil auszubauen. Da Nivis ihr Geschäft in Iscalis hatte, würde sie nicht oft hier sein können, doch vielleicht war das auch etwas für Serena und die Kinder. In Saturninus Kopf spukte die altrömische Wertschätzung des Landlebens herum, obwohl er eher so tat als ob und zu harter Arbeit weder Lust hatte, noch sie angemessen gefunden hätte.
Der Furius ließ den Knüppel sinken. Dann warf er ihn ins Gebüsch. Seasnán tat es ihm nach.
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Honoratior von Iscalis
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03-08-2025, 11:17 PM,
Beitrag #45
RE: Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum
Mit jedem Schritt, den wir dem Dorf entgegenstapften, wuchs in mir die Furcht, dass Saturnus die Kontrolle über sich verlieren könnte, wenn er Ciaran begegnete. Sein unbändiger Zorn ließ mich hilflos fühlen, denn ich wusste, wer und was Ciaran war. Doch ich hütete mich davor, ihm auch nur ein Sterbenswort über ihn zu verraten.

Als wir schließlich Cheddar erreichten und zur Hütte gingen, die einst Louarn für mich erbaut hatte, wurde alles noch bizarrer. Plötzlich fragte er mich, ob Ciaran die Hütte von mir gekauft hätte. Ich verstand nicht, was das nun zur Sache tat. Doch Saturnus erklärte mir, er wolle mir die Hütte wieder zurückgeben und sie renovieren lassen. Ich aber schüttelte nur verneinend den Kopf. "Ich will die Hütte nicht zurück", sagte ich mit bebender Stimme. "Dort wohnen nur die Schatten meiner Vergangenheit. Unschöne Erinnerungen."  Was ich jedoch nicht erwähnte, war, dass ich dort auch die schönsten Stunden mit Louarn erlebt hatte. Bis zu jenem Tag, an dem ich die Gwrach aufsuchte und Saturnus dabei kennenlernte.

Ich rechnete wirklich mit dem Schlimmsten. Dass Saturnus sein Schicksal herausfordern und an der Tür anklopfen würde, um sich dann mit Ciaran anzulegen. Stattdessen ließen er und sein Sklave ihre Knüppel plötzlich sinken und warfen sie weg, als wären sie nur nutzloser Ballast. Erleichtert atmete ich auf, auch wenn ich seinen Sinneswandel nicht nachvollziehen konnte. Nun wollte ich nur noch von hier weg!
 "Lass uns endlich nach Hause gehen, mo rúnsearc!" sagte ich schließlich, während mich die Kälte umfing und Müdigkeit mich fast überwältigte.
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03-12-2025, 03:34 PM,
Beitrag #46
RE: Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum
Saturninus nickte. Schon war die Erinnerung mehr als vage geworden. Er nahm also, wie er es immer getan hatte, Nivis Hand. Seasnán schickte er zum Landgut, den Wagen holen; plötzlich war er müde und wollte nur noch schlafen.
"Ruhen wir uns aus von dieser langen Nacht, Carissima. Ich komme gerne mit dir nach Hause wenn ich darf", sagte er und gab ihr noch einen flüchtigen Kuss auf ihr Haar, als nach einiger Zeit der Gallier mit Gadrianus und dem Wagen zurückkehrte, um sie nach Iscalis zu kutschieren. 
Saturninus wusste es selbst nicht, aber ein Stachel vom Zauber Ciarans war in ihm geblieben; unsichtbar doch deutlich spürbar, ein Unbehagen, wie er es gefühlt hatte, wenn er an den Lemuria als frischgebackener Pater Familias barfuß durchs Haus gegangen war, um die schwarzen Bohnen hinter sich zu werfen; eine Ahnung, dass ihm, dem ungeratenen Spross eines großen Hauses, der den hübschen, weißhäutigen Keltinnen zu sehr zugetan war, die Ahnen zürnten.
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Honoratior von Iscalis
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03-21-2025, 12:11 AM,
Beitrag #47
RE: Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum
Ich drückte seine Hand fester und lehnte mich ein wenig gegen ihn. "Ja, lass uns nach Hause gehen, mo rúnsearc", sagte ich sanft. "In Iscalis wartet ein warmes Feuer auf uns. Und es gibt da noch etwas, was ich dir sagen möchte." In meiner Stimme lag etwas geheimnisvolles.
 
Seine Miene glättete sich für einen Moment, doch ich spürte, dass noch immer ein Schatten an ihm haftete. Ein dunkler Gedanke, den er nicht loslassen wollte. Das durfte nicht sein. Ich schmiegte mich noch etwas enger an ihn und ließ meine Finger über seinen Handrücken streichen. "Du weißt doch, ich freue mich immer, wenn du bei mir bist," sagte ich leise und hauchte ihm einen Kuss auf seine Lippen, während sich ein warmes Kribbeln in mir ausbreitete. Ich stellte mir vor, wie er bei mir blieb, wie wir uns endlich wieder ganz nahe sein konnten, ohne die Gespenster aus einer anderen Zeit, ohne Zweifel, die zwischen uns standen. Mein Herz schlug schneller, und für einen Moment vergaß ich die Müdigkeit, die meine Glieder schwer machte.

"Wir können noch ein wenig schlafen und uns ausruhen", flüsterte ich und sah ihn kurz an. "Und danach werde ich dir ein Bad bereiten, heiß und duftend…" Ich ließ die Worte offen, gab ihm Raum, sich selbst auszumalen, was ihn erwarten würde.
Meine Hand hielt seine fest, meine Stimme war weich, meine Nähe warm. Ich wollte, dass er mich spürte und dass er den dunklen Gedanken losließ und sich in meiner Gegenwart verlor.

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