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[Cinead]

Ich hatte gemütlich wie ein Stein geschlafen, als mich das Klopfen und Rufen einer Frau aus dem Schlummer riss. Die Götter ließen einen auch nie in Ruhe, sobald man auch nur einen Fuß in eine Siedlung wagte. Im Wald ging einem niemand auf die Nerven und platzte einfach so in die Hütte. Ich seufzte ein wenig und drehte mich auf dem Lager herum um in Richtung Tür zu schauen, ehe ich "Herein!" mehr grunzte als rief. Ich wusste nicht wer oder was Pally war, aber wahrscheinlich hatte Ciaran das als Name hier benutzt. Catia? Was er wohl mit der wollte? Wahrscheinlich hatte sie ihm das Essen gebracht? Viele Fragen gingen mir durch den Kopf.

[Catia]

"Ach, du bist ja zuhause. Guten Morgen, Pally", sagte Catia, als sie eintrat. Sie schaute sich um. Pally war zwar da, aber die Hütte schien ihr noch trostloser als am Vortag. Louarns Bruder lag auf seinem Bett. Aufgeräumt hatte er jedoch nichts.
"Haben dir mein Eintopf und das frische Brot geschmeckt? Ich möchte nur bitte die Tonschüssel wieder. Sie gehört mir nämlich nicht, sondern Boduognatus hat sie mir nur geliehen", plauderte sie:
"Leider konnte ich Louarn nicht erzählen, dass ich dich getroffen habe. Er war nämlich schon weg", sie biss sich kurz auf die Lippen. Sie war immer noch ein wenig  enttäuscht darüber, dass sie sich von Louarn hatte nicht richtig verabschieden konnte. Da tat dieser Mann mit ihr alles, was man mit einer Frau machen konnte, und dann sagte er nicht einmal Lebewohl. Immerhin wusste sie, wo er zu finden war: Im Mietstall bei einem gewissen Alan in der Stadt Iscalis. Und gerade jetzt hatte sie bei Pally die Gelegenheit, seinen, Louarns, Namen zu erwähnen. Sie bemerkte selbst, dass sie das viel zu gerne tat, und ein leichter Anflug von Rot stahl sich auf ihre Wangen:
"Äh...ja. Ich arbeite und wohne jetzt bei Furiana Deirdre. Doch einmal die Woche könnte ich schon herkommen und bei dir sauber machen"

[Cinead]

Sie plapperte so munter drauf los, dass sie ihn wahrscheinlich für Ciaran hielt. Den meisten fielen die subtilen Unterschiede zwischen uns beiden nicht auf und es schien ihr auch entgangen zu sein, dass ich bestimmt andere Kleidung als mein Bruder trug. Der Reihe nach ratschte sie einen bekannten Namen nach dem anderen herunter und gewisse Fäden begannen ein ganzes Bild zu ergeben. Unser Fuchs schien das Mädel angeschleppt zu haben und irgendwie war sie bei meinem Zwilling gelandet und wohnte nun bei der Mutter seiner Söhne. Ich musste mich schon zusammenreißen um mir ein Lachen zu verkneifen. 

Während sie so weiterlaberte, starrte Cinead allerdings nur auf das Band in ihren Haaren. Was das wohl war? Es fühlte sich kribbelig an und es fiel ihm schwer das Band nicht anzustarren. Während sie also von ihrem neuen Zuhause erzählte, überbrückte Cinead die Distanz zwischen ihnen mit zwei schnellen Schritten um dann einmal kräftig an dem Band zu schnuppern. Es roch ein wenig nach Ciaran - aber auch nicht. Jemand anderes musste das Band gemacht haben. Ciaran stand so nah bei Catia, dass sich ihre Körper schon leicht berührten, ehe er sich vom Studium des Bands losriss. 

"Jaja, nimm die Schüssel ruhig mit zu dem Alten" sagte Cinead wieder entspannt nach diesem kurzen Moment. Das Band schien seine Anspannung einfach von ihm abfallen zu lassen, ehe etwas geschah. Sehr interessant. Zu ihrem Angebot wieder herzukommen sagte er allerdings nichts und zuckte nur mit den Schultern. Er brauchte keine Putzfrau oder Köchin oder sonstwas. Ungeniert begann er daher seine Morgentoilette durchzuführen und sich zu waschen und im Nachttopf zu erleichtern. Das Mädel würde schon abschwirren, wenn sie genug hatte. So wie Cinead seinen Bruder kannte würde er auch nur wenig Interesse an einer Putzfrau haben, die ständig vorbeikommt.

[Catia]

Der Mann, den sie für Pally hielt, trat zu Catia hin und schnupperte an ihr herum wie ein Hund an einer Wegecke.
"Ich habe gestern gebadet", sagte Catia etwas empört. Als sie unterwegs gewesen war, da hätte er schnuppern können, denn bei den langen Wanderungen über Land konnte sie nicht ständig nach Veilchen duften. Aber jetzt war sie sauber. Louarn hat nicht so affig an mir herumgeschnüffelt, dachte sie, obgleich er gewiss mehr Grund dazu gehabt hätte. 

Sie klemmte die Tonschüssel, in der sie Eintopf und Brot transportiert hatte, unter den Arm. 
"Der Eintopf war lecker und das Brot schön fluffig, danke, Catia", flüsterte sie für sich.
Von Pally kam jedoch kein Dankeschön für das Essen, auch kein Lob für das Brot. Über eine Stellung verlor er auch keine Silbe. 

Stattdessen pinkelte er äußerst geräuschvoll in seinen Nachttopf. 

"Gut, ich gehe dann Mal", sagte Catia etwas ratlos: "Gehab dich wohl, Pally, bis die Tage!"

Jedes Wort musste man diesem Pally aus der Nase ziehen. Dennoch glaubte Catia daran, dass er vielleicht im Grunde seines Herzens ein netter Mann war. Er hatte ihr das bunte Band geschenkt, und das war mittlerweile ihr liebster Haarschmuck. Und auch Kräuter und Getreide hatte er ihr abgegeben. Sie war nicht ärgerlich, sie wollte auch nicht urteilen, bevor sie Näheres über sein Schicksal wusste.

[Ciaran]

Fast einen Mond war ich weg. Ich brauchte die Zeit, um wieder zu meinem ruhigen Selbst zurückzufinden und mich zu entspannen. Als ich also das Pferd unter mir nach Cheddar lenkte, ging es mir wesentlich besser. Ich stieg von dem Gaul und ließ ihn sich selber einen Unterstand suchen. Keine Ahnung, ob es das Pferd war, das ich mir hier genommen hatte oder ein anderes. In jedem Fall brauchte ich es jetzt gerade nicht mehr.
Ich ging wieder zurück zu der Hütte, in der ich so lange gewohnt hatte und merkte, dass da etwas anders war. Zum einen war da ein Pferd an meiner Hütte, das nicht einfach herumlief, sondern da festgemacht war. Das war ein sehr sicheres Indiz für eine Veränderung. Zum anderen war es so ein Gefühl tief in der Magengegend. Sicherheitshalber zückte ich eines meiner Messer und behielt es verdeckt in der Hand, als ich die Tür öffnete.

Auch hier war es weit… ordentlicher. Ich konnte mir aber nicht vorstellen, dass Louarns Vögelchen hier aufgeräumt hatte. Eher ein Hausbesetzer, dem ich meinen Besitz wieder zurück entreißen musste. Ich trat lautlos einen Schritt ein, ehe ich denjenigen erkannte, der hier eingefallen war und meinen Platz eingenommen hatte.
Die Gefühle, die in mir hochkamen, kannten kein Wort. Ich würde Cinead noch in völliger Dunkelheit erkennen, wenn er stumm wäre und ich taub. Ich würde ihn in einem anderen Leben vollständig wiedererkennen, in anderen Körpern und zu anderen Zeiten, bis der allerletzte Stern am Himmel in Vergessenheit geraten war. Ich ließ die Klinge in die Vorrichtung an meinem Unterarm gleiten und machte auf mich aufmerksam. “Cinead, du hast hergefunden“, sagte ich mit einem breiten Grinsen. “Wie war es im Norden?“

[Louarn]

Ich hatte tatsächlich ein Bärenfell gekauft. Das Ding war furchtbar überteuert, fand ich, und ich hatte meine ganzen übrigen sesterzen dafür zusammenkratzen müssen, und vielleicht war es eine blöde Idee, es zu kaufen, bevor ich mit Ciaran geredet hatte. Aber ehrlicherweise hätte ich es sogar einfacher gefunden, selber einen Bären zu suchen und ihn zu erschlagen und zu häuten, als mit Ciaran zu reden.

Mit einem eher mulmigen Gefühl ritt ich also nach Cheddar und mied das Dorfzentrum, sondern blieb am Rand. Ich wollte Catia nicht über den Weg laufen, weil ich sonst... ähm… abgelenkt wäre und für Ciaran sollte ich besser konzentriert sein. Schlimm genug, dass ich daran denken musste, warum ich die Hütte wollte, weil das auch schon ablenkend war. Aber mit Catia direkt vor mir und diesem verruchten, roten Mund? Nope, keine Chance, dass mein Blut dann im Kopf blieb.

Ich ritt bis vor die so vertraute Hütte und stieg ab. Kurz hatte ich den vertrauten stich in meiner Brust, als ich zu der Hütte sah und mich erinnerte, was ich darin alles erlebt hatte. Wie ich mich damals gefühlt hatte. Ich war so ein verliebter Idiot gewesen. Ich hatte tatsächlich geglaubt, das könnte für immer so sein wie in den Momenten, in denen ich mit Niamh im Arm einfach eingeschlafen war und mich friedlich an sie gekuschelt hatte. Aber sie hatte mich nach nur ein paar Monaten verraten, um sich einem Römer an den Hals zu werfen, und als sie das in Schwierigkeiten gebracht hatte wegen dieser üblen Hexe Ceridwen, war sie gegangen. Von jetzt auf gleich, und wütend, weil ich ihr diesmal nicht hinterhergelaufen war. Weil sie mir diesmal eine Wunde geschlagen hatte, die nicht so schnell heilte.

Die immer noch weh tat.

Ich atmete tief durch und vertrieb die Gedanken, und auch sämtliche Gedanken darüber, ob es Unglück brächte, mit Catia ausgerechnet hier schlafen zu wollen. Ich hatte schlicht keinen anderen Platz und konnte ja schlecht noch eine Hütte bauen. Jetzt, im Winter. Allein. Und ich konnte auch nicht warten, bis die fertig wäre. Wo Catia ihren Vater irgendwann doch aufsuchen würde und dann ebenso weg wäre. Und ich wieder allein. Mit einer zweiten Hütte.
Nein, da war die Lösung so schon einfacher für alle. Wenn Ciaran ja sagte.

Ich band also mein Pferd fest und ging zur Hüttentür. War irgendwie seltsam, nicht einfach reinzugehen, aber ich klopfte an. “Cia… Pally? Bist du da? Ich muss mit dir reden“ sagte ich durch die geschlossene Tür und erinnerte mich gerade noch rechtzeitig an den Namen, den er sich hier gegeben hatte. Neugierige Nachbarn mit riesigen Ohren gab es überall. (Und die würden sich sicher freuen, wenn ich mit Catia hier die Nacht verbrachte.)

Als sich die Tür öffnete und Ciaran dastand, vergaß ich kurz einen Augenblick, was ich sagen wollte. “Äh, kann ich reinkommen?“ sagte ich also, weil ich das wirklich nicht hier auf der Straße diskutieren wollte und hoffte einfach auf das beste.

[Ciaran]

Ich öffnete dem roten Idioten die Tür und legte den Kopf leicht schief. Ich hatte wirklich nicht die geringste Ahnung, was er wollte, denn es gab keinen Ruf von den Druiden. Das hätte ich gespürt. Und auch sonst war es gerade im Winter geradezu totlangweilig.
Er fragte, ob er reinkommen konnte, und ich trat wortlos beiseite und ließ ihn herein. Im Vorbeigehen streifte mich sein Körpergeruch, diese Mischung aus Moschusochse und Biber, die er mit sich herumtrug, wo immer er ging, insbesondere, wenn er gerade geil war. Und gerade war der Geruch gut wahrnehmbar. Da Louarn Männern überhaupt nichts abgewinnen konnte und das alles von einer feinen Schicht Angstschweiß begleitet wurde, galt es nicht mir. Und selbst wenn, auch ich hatte meine Grenzen und meinen Stolz.

Ich schaute ihn also abwartend an, wie er sich im Raum umsah, und wartete, ob er von selbst anfangen würde. Als er das nach einer angemessenen Zeitspanne nicht tat und mir das Spiel langweilig wurde, fragte ich ihn. “Was willst du?“

[Louarn]

Ich trat ein und sah mich um. Die Hütte war mir einmal so vertraut gewesen, dass ich sie fast – aber nur fast – als zuhause bezeichnet hätte. Jeder Balken, jeder Zweig Reisig, jedes Möbelstück, einfach alles.
Aber jetzt fühlte es sich fremd an. Die Möbel waren noch da, der Kessel in der Mitte über der Feuerstelle auch. Aber alles war vollgestellt mit irgendwelchen Körben und Zeug. Der Tisch war überladen mit zerschnittenem Irgendwas und Phiolen, in denen ölige Flüssigkeiten glitzerten. Es roch sogar ganz anders als damals, als Niamh hier gewohnt hatte.
Ich war mir mit einem Mal nicht mehr so sicher, ob meine Idee wirklich so gut war und ob all das hier Catia nicht eher Angst machen würde. Mit machte es ein wenig Angst, wenn ich ehrlich bin. Ich wollte gar nicht wissen, was Ciaran hier alles zusammenbraute. War wahrscheinlich sicherer für uns beide, achwas, für die ganze Welt.

Ciaran riss mich aber aus meiner Schockstarre mit seiner Frage, was ich hier wolle. Ich riss mich also zusammen und räusperte mich kurz. “Äh, ich… ich brauch die Hütte“, platzte es aus mir heraus, und als ich Ciarans Blick auffing, fügte ich schnell hinzu: “Nicht für immer. Nur ab und zu. So alle vier Tage oder so für eine Nacht. Mehr nicht. Du könntest sicher bei Boduognatus in der Zeit unterkommen, und ich fass auch nichts von deinen Zaubern an.“ Letzteres würde ich sowieso nur, wenn mein Leben davon abhinge. Und wahrscheinlich wär ich auch dann tot. Ciarans Zauber hatten die Angewohnheit, ziemlich tödlich zu sein für alle, die sie berührten. Außer ihm selbst.

[Ciaran]

Er wollte die Hütte wieder? Ich war nicht geneigt, sie einfach so wieder herzugeben. Ich hatte sie rechtmäßig in Besitz genommen und mein ganzes Zeug war hier. Und es war bequemer, als in einer Höhle. Auch wenn ich auf dem Boden schlief, weil mir das Bett viel zu weich war und ich mich fragte, wie man so verweichlicht sein konnte, eines benutzen zu wollen. Da wurde man nur fett und faul.

Ich taxierte Louarn also, als der auch gleich meinte, er wolle sie nur für einige Nächte haben. “Warum schläfst du nicht bei Boduognatus?“ fragte ich unschuldig zurück und legte den Kopf schief. “Du willst ficken, ja? Wen? Ein neues Vögelchen, das du aufgelesen hast, oder wieder dein altes?“ Wusste er, dass Niamh noch immer hier ist und die Beine für einen Römer spreizte? Ich war mir recht sicher, dass Louarn dumm genug wäre, sich ihre Lügen und Beschwichtigungen anzuhören und sie wieder in seine Arme zu schließen, wenn sie ihn nur eifrig genug anblinzelte. Aber er hatte auch einen neuen, kleinen Vogel gefunden, die vor einigen Wochen hier angeklopft hatte und genauso verliebt in ihn war, wie es die meisten dummen, kleinen Vögelchen waren. Aber immerhin hatte dieser dumme, kleine Vogel mich von dem Zauber befreit, von dem ich noch immer nicht wusste, wie Louarn ihn zustande gebracht hatte. Das Problem war aber, dass ich ihn nicht fragen konnte, da hinter dieser Stirn leider keinerlei Verstand lauerte, mit dem man in Kontakt hätte treten können.

[Louarn]

“Was?“ fragte ich verwirrt auf seine Fragen hin. “Nein! Also…. Ja, ich… Kannst du aufhören, jedes Mädchen in meiner Gesellschaft als Vögelchen zu bezeichnen?“, fragte ich und erkannte schon an seinem Blick, dass das wohl niemals passieren würde. Aber gut, ich wollte was von ihm und nicht er von mir, also  versuchte ich, das Chaos in meinem Kopf zu ordnen und möglichst nett zu sein.
“Sie heißt Catia, du kennst sie, sie war bei dir vor einiger Zeit. Und sie it kein verletztes Vögelchen. Das ist nur… Sex. In ein paar Wochen wird sie ihren Vater aufsuchen und dann hat sich das sowieso erledigt. Und ich will einfach einen schönen, bequemen Ort, wo ich mit ihr in Ruhe eine Nacht verbringen kann, oder halt ein paar Nächte, solange es dauert. Zufrieden?“
Was er mit dem alten Vögelchen meinte, kapierte ich nicht, denn außer Catia hatte ich im letzten halben Jahr niemanden gehabt. Aber vielleicht meinte Ciaran damit auch nur, ob er das Mädchen schon kannte oder es jemand ganz neues war, den er noch nicht kannte.
“Komm schon, Ciaran, lass mich nicht betteln. Ich hab die Hütte hier schließlich gebaut und du bist doch sowieso ganz oft unterwegs und machst… keine Ahnung was. Ich räum auch hier beim Bett auf und bring dir Fleisch mit… wenn du welches brauchst.“ Beim Blick auf die Körbe war ich mir nicht sicher, da darin ziemlich viel Käse, Trockenobst, Trockenfleisch und sonstiges Zeug zum Essen war.