10-12-2024, 10:12 PM,
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Anwen
Priesterin der Andraste

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Im Moor - Das Tor zur Anderswelt und zu den Göttern
Das Moor nordösttlich von Isurium breitet sich über eine weite, sumpfige Ebene aus, die sich von den sanften Hügeln in der Nähe der Stadt bis hin zur rauen Küste erstreckt. Zwischen diesen Erhebungen und dem Meer zieht sich das Land träge und flach, durchsetzt von feuchten, trüben Tümpeln, niedrigen Sträuchern und moosbewachsenen Felsen. Überall ist das Land von Nebeln verhangen, die besonders in den frühen Morgenstunden und am späten Abend das Moor in einen geheimnisvollen Dunst hüllen.
Schon seit vielen Generationen erzählen sich die Menschen, dass das Moor eine Schwelle sei, die die sterbliche Welt mit der der Götter und Geister verbindet. Die dichten Nebel und die mystischen, flirrenden Lichter, die manchmal über den sumpfigen Tümpeln tanzen, werden als Zeichen der Anwesenheit übernatürlicher Wesen gedeutet.
Nicht jeder, der das Moor betritt, kehrt zurück. Es heißt, dass die Götter jene, die ihnen zu nahe kommen, entweder als Opfer nehmen oder in die Anderswelt entführen, wo die Zeit anders verläuft und die Rückkehr ungewiss ist.
Für die Druiden ist das Moor ein heiliger Ort, an dem die Grenzen zwischen der irdischen und der spirituellen Welt durchlässig sind. Sie glauben, dass die Seelen der Verstorbenen hier verweilen, und es wird gesagt, dass man, wenn man tief genug ins Moor vordringt, in die Anderswelt selbst eintreten kann – das Reich der Götter, Geister und Ahnen. Opfergaben, oft in Form von Tieren oder kostbaren Gegenständen, werden manchmal in die trüben Gewässer des Moors gegeben, um die Götter zu besänftigen oder um Botschaften in die andere Welt zu senden. In schlechten und ungewissen Zeiten jedoch ist ein anderes Opfer von Nöten – das eines Menschen!
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10-16-2024, 11:31 AM,
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Cathbad
- verstorben -

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RE: Im Moor - Das Tor zur Anderswelt und zu den Göttern
Selbst ein Cathbad geriet in ehrfurchtsvolle Stimmung, wenn solch ein Opfer der höchsten Not, ein Menschenopfer, stattfinden sollte. Obwohl er sich als Politiker verstand, waren das die wenigen Momente, in denen er die Präsenz der alten Götter deutlich spürte. Dann schauderte es ihn. Wie oft hatte er doch heimlich seinen Willen über ihren gestellt! Doch diesmal hatte Anwen laut und deutlich verkündet, dass die Kriegsgöttin Andraste diesen Königssohn für sich wünschte, um den Briganten den Sieg gegen die Römer zu schenken.
Ein solches Opfer war natürlich kein Delinquent oder Kriegsgefangener, sondern ein Götterbote, heilig wie die Unsterblichen selbst. Mit höchsten Ehren würde er empfangen werden. Nicht einmal der Druide wusste jedoch, welchen seiner beiden Beltanesöhne König Cahir in die Anderswelt senden würde....
Da im Moor, nebeldurchwirkt,
feucht wie ein Leichentuch,
dort in der Mitte lag der Stein,
der einen Altar formte.
Axt blinkte,
Schnur schimmerte
Messer glänzte,
Trank im Becher funkelte....
... Cathbad steckte den nemeton ab mit einem roten Seil, und während er durch das Moor stapfte, bemerkte er selbst, wie hinfällig er wurde. Sein ganzes Leben hatte er dem Hass gegen Rom geweiht. Er hatte sich bemüht, diesen Hass in den Jungen zu züchten, die er großgezogen hatte. Doch seine Söhne... waren sie nicht eine Enttäuschung?
Wenn die Schlacht gegen Rom geschlagen war, würde er sich darum kümmern müssen. Er, Cathbad, hatte den Falken ihr Leben geliehen und es war an der Zeit, dass sie es zurückgaben.
Der Opferplatz war hergerichtet....
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10-22-2024, 01:18 PM,
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Cahir
König der Brigantes
  
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RE: Im Moor - Das Tor zur Anderswelt und zu den Göttern
Es war noch früh an jenem neunten Tag, den die Priesterin und der Druide als Tag für das Opfer genannt hatten. Langsam trottete sein Wallach mit sicherem Schritt durch das Moor, das Cahir schon seit vielen Jahren kannte. Vor ihm im Sattel saß sein jüngerer Sohn Declan, der von seinem Vater mit einem Arm festgehalten wurde. Als das Gelände aber zunehmend wässriger wurde, stieg der König ab und führte sein Pferd langsam am Zügel, da man schnell versinken und ertrinken konnte in dieser Gegend, wenn man unachtsam war. Auch war es wichtig, dass Declan nicht aus Versehen aus dem Sattel fiel, da er sich nicht bewegen konnte.
Zur selben Zeit wie der Verkündung des Opfers und der Forderung der Götter, war Declan vom Pferd gefallen und seitdem ein Krüppel. Wie ein Lauffeuer sprach sich dies in Isurium herum und dass die Götter bereits ihr Zeichen gesandt hatten und ihr Opfer ausgewählt hatten. Trotzdem war es wie Asche auf meiner Zunge und wie bittere Galle in meinem Mund, auch wenn ich die Notwendigkeit des Opfers verstand. Mit stetem Schritt führte ich mein Pferd zum Ritualplatz, wo schon die Priesterin und der alte Druide warteten und hinter mir war nicht nur meine Familie sondern auch gefühlt all meine Untertanen. Selbst aus den umliegenden Dörfern Isuriums waren die Leute herbeigeströmt und die Schlange an Menschen, die zu Fuß oder zu Pferd vorsichtig meinem Pfad folgten, reichte bis zum Horizont.
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10-27-2024, 09:54 AM,
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Anwen
Priesterin der Andraste

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RE: Im Moor - Das Tor zur Anderswelt und zu den Göttern
Das Moor lag still und schwer unter einer grauen Decke aus Nebel, der alles verhüllte, wie ein altes, schweigendes Geheimnis. Anwen stand am Rand des heiligen Kreises, wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt. Ihr rotes Haar, das sie gewöhnlich in einem langen Zopf gebunden trug, hing nun wild und ungebändigt über ihre Schultern und wirkte wie lodernde Flammen, die sich mit den feuchten Schwaden um sie herum mischten. Das Haar war zerzaust und strahlte in der Morgendämmerung eine ungezähmte Energie aus, die selbst die mutigsten Männer verunsicherte.
Ihr Gesicht war von grauer Asche bedeckt, eine schützende und ehrerbietige Schicht, die sie vor Beginn des Rituals sorgfältig aufgetragen hatte. Die Asche verlieh ihrer Haut eine blasse, fast geisterhafte Anmutung, als wäre sie selbst eine Botin der Anderswelt. Inmitten dieses grauen Schleiers war das Zeichen der Göttin auf ihre Stirn gemalt – ein kunstvoller Wirbel, der an die alten Symbole der Macht und des Krieges erinnerte, die Andraste innewohnten.
Ihre blauen Augen leuchteten kühl und durchdringend unter dem grauen Schleier der Asche. Der Kontrast zwischen ihrem wilden, flammend roten Haar und diesen klaren, unendlich tiefen Augen verstärkte die geheimnisvolle Aura, die sie umgab.
Sie beobachtete den Zug, der sich langsam näherte – König Cahir, der seinen Sohn fest umklammerte, die Schatten der Götter und der Menschen im Rücken. Dies war der neunte Tag, der von Cathbad und ihr als jener bestimmt worden war, an dem Andraste ihr Opfer erhalten sollte.
Anwens Hände ruhten ruhig in den Falten ihres Gewands, doch ihr Inneres schien zu flüstern, zu warnen, und sie spürte das Brennen von etwas Unausweichlichem. Declan. Cahirs Sohn. Selbst sie war zerrissen. Als ihr zu Ohren gekommen war, welchen seiner Söhne der König für das Opfer erwählt hatte, hatte sie zunächst gezögert und wollte schon Widerspruch einlegen. Für gewöhnlich war ein Opfer an die Göttin jung, kräftig und gesund, ein vollwertiges Zeichen der Ehrerbietung. Doch sie spürte auch die Wahl der Götter in diesem schwachen Körper – schwach seit jenem Sturz, seit die Anderswelt ihre Hand auf ihn gelegt hatte. Ein solches Zeichen der Götter konnte sie nicht ignorieren, und dennoch lastete es auf ihr, wie die Schwere des Moors auf diesem Ort.
"Götterbote", flüsterte ich in Gedanken. Ein Götterbote, heilig wie die Unsterblichen. Ein Ehrenplatz erwartete ihn im Reich der Ahnen und Geister. Und doch… es schmeckte nach Asche. Die Nebel legten sich kühl um ihre Arme, als sie ihm entgegen trat, das Horn mit dem vorbereiteten Trank in den Händen, der eine Kraft entfaltet, die den Geist des Jungen weit öffnen würde und ihn ruhig und empfänglich für die Zeichen und Visionen der Götter machen sollte. Declan, blass und stumm, mit nur einem flackernden Blick voller Unschuld in ihren Augen. Vorsichtig reichte sie ihm das Horn.
"Trink, mein Kind," sagte sie sanft. "Die Göttin Andraste wird dich bald empfangen. Trinke, damit dein inneres Auge die Götter sehen kann, bevor du zu ihnen trittst."
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11-05-2024, 03:55 PM,
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Cathbad
- verstorben -

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RE: Im Moor - Das Tor zur Anderswelt und zu den Göttern
Anwen schien eine Botin der Unterwelt zu sein. Fast lautlos hatte sie sich genähert, als hätte das Moor sie ausgespuckt. Ihre blauen Augen leuchteten beunruhigend in einem geisterhaft gräulichen Gesicht.
Und dann kam die Prozession des Königs. Er selbst brachte das Opfer, seinen Beltanesohn, den verkrüppelten Declan.
Cathbad, immer schon mehr Politiker als Druide, hätte beinahe aufgelacht. Er glaubte, Cahirs Entscheidung nachvollziehen zu können. In dem der Druide ihn zu dieser Tat getrieben hatte, hatte er damit gerechnet, Macht über den Geist des Brigantenkönigs zu bekommen. Natürlich hatte Cahir sich zunächst gefügt. Doch nun brachte er den versehrten Bruder dar. Ein Zeichen dafür, dass der junge Herrscher glaubte, sich seine Unabhängigkeit bewahren zu können?
Der alte Druide schielte zu der Priesterin. Würde sie den gelähmten Jungen ablehnen oder akzeptieren? Anwen und damit Andraste begrüßte den Cahirsohn aber als Götterboten und reichte ihm das berauschende Getränk, welches seinen Geist öffnen sollte. Wenn sie einverstanden war, so war es die Anderswelt auch. Vielleicht war es wirklich so, dass die Göttin ihren kleinen Boten bereits gezeichnet hatte.
Cathbad nickte also Zustimmung. und während Declan trank, strich er ihm mit einer Hand leicht über Stirn und Augen:
"Willkommen, Sohn", sprach er: " Gehe nun, die Botschaft an die Götter zu überbringen und Andraste um den Sieg zu bitten"
Der Junge flüsterte treuherzig wie ein Kind, das er auch war: "Ich kann doch nicht gehen"
"Du wirst gehen können. Und wieder reiten. Du wirst fliegen. In der Anderswelt ist dir doch nichts unmöglich", erwiderte Cathbad, und da zuckte es wie ein feines Lächeln um Declans Lippen. Er ging lächelnd, das war ein gutes Zeichen.
Da im Moor, nebeldurchwirkt,
feucht wie ein Leichentuch,
dort in der Mitte lag der Stein,
der einen Altar formte.
Trank im Becher funkelte
Schnur schimmerte
Axt blinkte
Messer glänzte....
Cathbad fühlte sich zu hinfällig, um mit gezieltem Hieb oder Stich den Götterboten tödlich zu verwunden. Selbst wenn dessen Körper schwach war. Dieses Werk musste die Andrastepriesterin tun.
Aber die schimmernde Schnur wusste der alte Druide geschickt zu gebrauchen. Heimtückisch, lautlos und mit erstaunlicher Kraft brachte sie den Tod, auch diesmal.
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11-24-2024, 09:55 AM,
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Anwen
Priesterin der Andraste

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RE: Im Moor - Das Tor zur Anderswelt und zu den Göttern
Declans Finger umschlossen vorsichtig den Becher, den Anwen ihm reichte. Der Junge blickte erst zögerlich, dann mit einer kindlichen Neugier zu ihr auf. Seine blauen Augen wirkten glasig und von einer unschuldigen Zerbrechlichkeit, die der Priesterin einen flüchtigen Stich durchs Herz jagte. Doch ihre Stimme blieb sanft, fast mütterlich, als sie ihn noch einmal ermutigte.
"Trink, Declan. Dies wird dir helfen, die Götter zu sehen."
Als Declan vorsichtig trank, traten zwei Helfer aus dem Hintergrund heran. Gekleidet in schlichte, weiße Gewänder, näherten sie sich mit leisen Schritten. Sie stützten den Jungen, einer auf jeder Seite und hielten ihn aufrecht, während er den berauschenden Trank zu sich nahm. Die Helfer waren notwendig, da Declan ohne ihre Hilfe in sich zusammengesunken wäre, unfähig, seinen Oberkörper selbst zu halten.
Die Wirkung des Tranks war beinahe augenblicklich. Declans Körper entspannte sich, und seine zuvor steifen, unbeholfenen Bewegungen wirkten plötzlich fließender. Sein Blick verlor die Schwere der Realität und wurde weit, staunend, als sähe er etwas, was den anderen verborgen blieb.
Anwen beobachtete ihn mit unbewegter Miene, doch in ihrem Inneren spürte sie eine Mischung aus Stolz und Unbehagen. Der Trank tat seine Wirkung. Er löste die Ketten, die den Jungen an die sterbliche Welt banden, und öffnete seinen Geist für die Visionen, die ihn auf seine Reise vorbereiteten. Declan lächelte nun. Sein verkrüppelter Körper schien vergessen zu sein und seine Augen strahlten mit einer reinen Freude, die ihn beinahe überirdisch wirken ließ.
"Ich glaube, sie rufen mich," murmelte er schließlich und sah zu Cathbad und Anwen auf. Seine Worte klangen undeutlich, da der Trank bereits begann, seine Zunge schwerfällig zu machen. "Ich werde fliegen können, nicht wahr?" Anwen legte ihm sanft eine Hand auf die Schulter und nickte. "Ja, du wirst fliegen. Die Götter erwarten dich mit offenen Armen."
Die Helfer hielten Declan weiterhin, sanft, aber bestimmt, während der Junge sich zunehmend in seine Visionen verlor. Sein Atem wurde gleichmäßiger, sein Blick wanderte ins Leere, als ob er bereits auf der Schwelle stand. Als er schließlich die Augen schloss und ein träumerisches Lächeln auf seinen Lippen lag, war der Moment gekommen. Der Trank hatte ihn ruhig und bereit gemacht. Sein Geist war bereits in den Händen der Göttin.
Auf ein leises Zeichen von Anwen hin, begannen die beiden Opferhelfer, den Jungen mit geübten, respektvollen Bewegungen zu entkleiden. Zuerst lösten sie die schlichte Tunika, die seinen zarten, kindlichen Körper umhüllte. Der Stoff, schwer vom Nebel und feucht von der feuchten Luft des Moors, glitt beinahe lautlos zu Boden. Declan spürte die Berührungen kaum. Seine Gedanken waren weit weg, getragen von den Halluzinationen des Tranks. Sie nahmen auch die letzten Kleidungsstücke ab, bis Declans blasser, verletzlicher Körper nackt vor ihnen lag.
Anwen trat näher. Sie hielt ihre Handflächen offen gen Himmel und begann, leise Worte an die Göttin Andraste zu murmeln. Die Bedeutung dieser Geste war klar: Der Junge, so entblößt und verletzlich, wurde nicht nur physisch, sondern auch spirituell der Göttin übergeben. Seine Nacktheit war ein Zeichen der völligen Hingabe und Reinheit, frei von den Lasten und Bindungen der sterblichen Welt.
Die Helfer richteten Declan erneut vorsichtig auf, damit nun das Opfer vollzogen werden konnte. Seine schmale Brust hob und senkte sich gleichmäßig, und sein Gesicht war von einem friedlichen Ausdruck erfüllt. Der Junge schien vollständig in die Anderswelt eingetreten zu sein, während sein Körper noch in dieser Welt verweilte.
Cathbad trat mit der feierlichen Ruhe eines Mannes vor, der wusste, dass er die Schwelle zwischen Sterblichen und Göttern bewachte. In seiner Hand hielt er eine Schnur, die bereits in vielen Opfern das Werkzeug der Trennung von Leben und Anderswelt gewesen war. Mit einem schnellen, präzisen Griff schlang er sie um den Hals des Jungen, zog sie fest, aber nicht mit unbedachter Gewalt. Declans Körper zuckte leicht, und ein leiser Seufzer entwich seinen Lippen, bevor er in eine erschreckende Stille verfiel.
Anwen trat unmittelbar danach vor. Ihre Augen waren kalt und entschlossen, das Symbol der Göttin leuchtete wie ein Mahnmal auf ihrem grauen Gesicht. Sie hielt eine kleine Axt, die für rituelle Zwecke bestimmt war, in ihrer rechten Hand. Ihre Bewegungen waren geschmeidig und geübt. Mit einem präzisen Schlag ließ sie das Opferwerkzeug auf den Hinterkopf des Jungen niedersausen. Der dumpfe Klang hallte durch die nebelverhangene Stille des Moors, und Declans Körper sank schwerer in die Arme der Helfer.
Nun griff sie nach ihrem Opfermesser, einer scharfen, schlicht gearbeiteten Klinge, die sie schnell an Declans Kehle ansetzte. Mit einem einzigen, sicheren Schnitt durchtrennte sie die weiche Haut und öffnete die Arterie. Ein dunkler Strom von Blut floss hervor, warm und lebendig, und ergoss sichin eine Schale, die auf der feuchten Erde stand. Das Herz des Jungen schlug noch einige letzte Male, pumpte das Blut aus seinem Körper, bevor es schließlich stillstand.
Anwen hielt inne, ihr Atem ging schwer. Die Reste von Declans Leben sickerten langsam in die Opferschale, und mit jedem Tropfen schien die Luft schwerer zu werden, fast erdrückend vor Präsenz. "Andraste," rief sie, ihre Stimme durchdrang die Stille, "wir senden dir Declan, König Cahirs Sohn! Nimm sein Opfer und schenke ihm deinen Sieg!"
Der Nebel um sie herum verdichtete sich, als hätte das Moor selbst geantwortet. Ein unheimlicher Wind fuhr durch die Szenerie, ließ die Flamme der Opferfackel flackern, und die Menschen, die um den Ritualplatz versammelt waren, sanken ehrfürchtig auf die Knie, als die beiden Opferhelfer den leblosen Körper, der einmal Declan, Cahirs Sohn gewesen war, in das Wasser des kalten dunklen Moors sinken ließen. Mit der Opferschale in der Hand, trat sie nun zum König hin, tauchte zwei Finger in das naoch warme Blut und bestrich damit Cahirs Stirn und Wangen.
Das Ritual war vollzogen. Das Moor war still, doch es schien, als hielte die Anderswelt den Atem an, als würde sie auf die kommenden Tage des Krieges und des Sieges warten.
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01-08-2025, 10:51 AM,
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Cahir
König der Brigantes
  
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RE: Im Moor - Das Tor zur Anderswelt und zu den Göttern
Cormac an meiner Seite war wahrscheinlich ein Spiegelbild meines Gesichtsausdrucks - verkniffen, ernst und darauf bedacht nicht zu emotional zu wirken, auch wenn es einem den Magen umdrehte. Declan war so jung und unsicher und hatte in den letzten Tagen oft geweint. Auch die Frage "Warum ich, Vater?" hatte mich tief ins Herz getroffen, denn es war keine wirkliche Wahl für mich gewesen und wer wusste schon, warum die Götter dieses oder jenes taten oder wollten. Die Götter hatten ihre Hand auf Declan gelegt und forderten ihn ein - ob ich das nun wollte oder nicht. Immerhin waren Anwen und Cathbad nicht grausam zu dem Jungen und wiegten ihn in Sicherheit, ehe sie ihm den berauschenden Trank gaben, der das Opfer zumindest ein wenig humaner für meinen Sohn machen würde.
Ich hörte, wie Cormac scharf die Luft einsog, als sie seinen Bruder erdrosselten und ich legte automatisch meine Hand auf seine Schulter um ihn an seinem Platz zu halten. Aus dem Augenwinkel nur nahm ich wahr, wie meine Knöchel weiß hervortraten. Hielt ich wirklich meinen älteren Sohn an seinem Platz oder mich an ihm fest? Schwer zu sagen, aber Cormac wehrte sich nur einige Sekunden gegen meinen Griff, ehe er nachgab und an seinem Fleck stehenblieb. Als nächstes trat die Priesterin vor und schlug Declan auf den Kopf. Das Geräusch erschien mir ohrenbetäubend in der Stille. Es war nicht meine erste Erfahrung mit dem Tod und auch nicht das erste Kind, das ich sterben sah. Ich hatte gegen andere Stämme gekämpft und das Grauen auf dem Schlachtfeld und vor allem das Nachspiel eines Überfalls hautnah miterlebt. Aber nur danebenzustehen in der Stille und dies mitanzusehen fühlte sich irgendwie falsch an.
Auch die Menge an Zuschauern, die als Zeugen mitgekommen waren, standen teils mit versteinerten Mienen da, teils schluchzten einige Weiber oder wandten sich ganz ab. Ein Luxus, den ich mir nicht gönnen konnte. Der dritte Tod wurde vollzogen und das Blut quoll hervor und der kupferne Geruch erfüllte die modrige Moorluft und drang mir in die Nase und legte sich wie ein metallener Geschmack auf meine Zunge. Ich atmete flach, damit mir nicht übel wurde, aber Cormac hielt sich den Mund zu. Er kannte den Geruch solcher Mengen an Blut noch nicht, da er für die letzten Scharmützel vor zwei Jahren noch zu jung gewesen war. Starr blickte ich auf die Szenerie, als mit einem letzten Griff mein Sohn ins Wasser gestoßen wurde und im Moor versank. "Reiß dich zusammen" zischte ich meinem Älteren leise zu, der zu weinen angefangen hatte. Dies war nicht der Ort und Zeitpunkt Declan zu beweinen, der auf dem Weg zu den Göttern war.
Ein angsterfülltes Raunen und ein Aufschrecken vor allem von den Frauen ging durch die Menge, als sich Nebel und ein kalter Wind breit machte und die Fackeln zum Flackern brachte. Die Götter schauten auf uns herab in diesem Moment. Als letzter kniete auch ich vor der Göttin, die mir wie ein blutroter Schemen erschien und mich mit dem Blut meines Sohnes zeichnete. "Dein Wille soll geschehen, Andraste. Was immer du von mir verlangst, will ich für mein Volk und mein Land geben" sprach ich laut und resolut. Aus starrem und performativem Verhalten war Ergriffenheit in diesem heiligen Moment und aus Anwen war die Personifikation Andrastes geworden, deren rotes Kleid im Wind wallte und überirrdisch und bedrohlich aussah.
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01-31-2025, 07:35 PM,
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Anwen
Priesterin der Andraste

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RE: Im Moor - Das Tor zur Anderswelt und zu den Göttern
Die Luft war schwer vom Geruch des des vergossenen Blutes. Anwen spürte die Kälte, die sich mit dem Nebel über die Versammelten legte, doch in ihr brannte das Feuer der Gewissheit. Dies war nicht nur ein Opfer, es war eine Handlung, die das Gleichgewicht zwischen den Welten bewahrte. Declans Leben wurde Andraste übergeben, und Andraste hatte es angenommen.
König Cahir sprach seine Worte mit fester Stimme, doch Anwen sah die Anspannung in seinen Zügen. Dies war kein Moment des Triumphes, sondern einer des Glaubens, der Hingabe und des unaufhaltsamen Schicksals. Als er niederkniete, trat sie vor. Ihr rotes Gewand, getränkt im rituellen Blut, klebte an ihrer Haut. Sie war nicht länger nur Anwen, nicht länger nur eine Dienerin der Göttin – in diesem Augenblick war sie die Stimme Andrastes selbst.
Die Menge verharrte, eingeschüchtert von der plötzlichen Wucht der Elemente. Der Wind fuhr durch das Gehölz, ein Flüstern der Göttin, ein Zeichen ihrer präsenten Macht. Anwen hob die Arme, die Hände vom Blut noch feucht, und richtete den Blick in Cahirs Augen. Sie suchte nach Zweifel, nach Widerstand, doch sie fand nur Entschlossenheit. Er hatte sein Kind verloren, doch nicht seinen Glauben.
"Andraste hat dein Opfer empfangen, König Cahir", verkündete sie, ihre Stimme hallte über die Stille hinweg. "Doch wisse, dies ist nur der Anfang. Du hast deinen Sohn gegeben, nun gib dein Herz, dein Schwert, dein Leben. Der Wille der Götter führt dich, Cahir. Weiche nicht zurück, denn du bist erwählt.“
Ein Zittern lief durch die Menge. Die Worte waren nicht nur an Cahir gerichtet. Sie waren eine Verkündung an alle, die hier standen, an alle, die sich fragten, ob der Preis, den sie zahlten, gerecht war. Die Göttin hatte geantwortet. Es gab keinen Weg zurück.
Der Nebel schloss sich wieder über das Moor, nahm das Blut mit sich. Die Zeremonie war vollzogen. Anwen senkte die Arme, trat einen Schritt zurück. Ihre Aufgabe war erfüllt, doch in ihrem Inneren wusste sie, dass dies nicht das letzte Opfer gewesen war. Andraster hatte ihr Opfer angenommen, doch sie würde bald schon mehr fordern.
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03-07-2025, 11:01 PM,
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Anwen
Priesterin der Andraste

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RE: Im Moor - Das Tor zur Anderswelt und zu den Göttern
Römisches Blut für Andraste
Die Sonne stand hoch am Himmel, doch ihr Licht vermochte nicht, den Nebel zu vertreiben, der über dem Moor lag. Anwen schritt voran, das feuchte Erdreich gab unter ihren Füßen nach, doch sie kannte den Weg. Ihr blaues Gewand schmiegte sich an ihren Körper, der Umhang bewegte sich sacht im Wind. Asche bedeckte ihr Gesicht – ein Zeichen für die Göttin, für das, was kommen musste.
Vor Monaten hatte sie hier bereits ein Leben dargebracht. Declan, der Sohn des Königs. Ein Götterbote war er gewesen. Sein Blut hatte eine Botschaft getragen, sein Tod war ein Ruf gewesen, ein Zeichen an Andraste, dass ihr Volk bereit war für den Kampf. Doch dieser Römer war nichts als ein Geschenk. Kein Bote, kein Zeichen, nur eine Gabe, um die Göttin bei Laune zu halten.
Sie hielt inne und wandte sich um. Der Gefangene, seiner Kleidung beraubt, wirkte wie ein gebrochener Schatten seiner selbst. Mit auf den Rücken gefesselten Händen stolperte er vorwärts, angetrieben von Madocs Schwertspitze. Doch Angst allein machte ein Opfer nicht würdig. Ihr kühler, abschätzender Blick blieb regungslos und ohne Mitleid auf ihm haften.
"Sieh dich um, Römer," sprach sie in seiner Sprache. "Hier endet dein Weg. Dein Fleisch wird in den Nebel sinken, dein Blut Andraste dargebracht."
Langsam trat sie an den Rand des Wassers. Sie spürte, wie die Feuchtigkeit den Saum ihres Gewandes erreichte. Ihre Hand legte sich auf den Griff des Opfermessers. Es war Zeit.
Der Tribun hatte keinen Trank erhalten. Keine Kräuter, die seinen Geist betäubten, kein Trunk, der ihn sanft in den Tod gleiten ließ. Feinde verdienten kein Erbarmen. Sie sollten es fühlen, den Übergang, den langen Weg in die andere Welt.
Anwen zog das Messer, ließ es in der Sonne aufblitzen, sodass der Römer es sehen konnte. Ihre Finger schlossen sich in sein Haar, rissen seinen Kopf nach hinten. Doch sie schnitt ihm nicht die Kehle durch. Nicht so schnell.
Stattdessen setzte sie die Klinge an seine Haut, ließ sie über sein Schlüsselbein gleiten, leicht, kaum mehr als eine Berührung – bis sie drückte. Die erste Wunde öffnete sich, ein schmaler Streifen Blut quoll hervor. Ein Anfang.
"Dein Leben gehört nicht mehr dir", flüsterte sie ihm zu. "Es gehört ihr."
Ihre Klinge glitt weiter über seine Haut, zerriss sie an den empfindlichsten Stellen, so dass das Blut in feinen Strömen auf die Erde tropfte. Doch sie war geduldig. Ihre Augen blickten in den geisterhaften Nebel, als sie die Worte der Beschwörung murmelte.
"Andraste, Herrin des Krieges, Mutter des Feuers und der Erde, nimm dieses Opfer an. Nimm das Leben dieses Mannes, damit du unsere Sache weiterführst. Der Römer wird nicht ruhen, bis er seine Schuld an dir bezahlt hat. Möge sein Schmerz deinen Zorn entfachen, und möge sein Tod ein Fanal sein für das, was noch kommen muss."
Die Worte hallten über das Moor, der Nebel schien dichter zu werden, als ob er die Opferung selbst verlangte. Anwen stieß das Messer ein weiteres Mal in die Haut des Gefangenen, tiefer, so das das Blut in dunklen Strömen über seinen Körper lief. Doch es war nicht genug. Der Schmerz allein würde ihn nicht zur Göttin führen. Er sollte wissen, was es bedeutete, in die andere Welt überzutreten.
"Du wirst fühlen, was der Tod wirklich bedeutet!", flüsterte Anwen, während sie die Klinge nun quer über seinen Brustkorb zog. Die Wunde öffnete sich weit, und der Römer stöhnte, sein Körper verkrampfte sich vor Schmerzen. Aber Anwen wartete. Sie betrachtete ihn ruhig, als er versuchte, sich gegen die Qual zu wehren, als seine Zähne aufeinanderklemmt waren, und sein Blick verzweifelt zu ihr emporstieg.
"Sieh in das Gesicht deines Schicksals, Römer", sagte sie, und ihre Stimme war nun scharf und feierlich. "Niemand kann der Göttin entkommen, auch nicht du."
Mit dieser letzten, klaren Ansage, als ob sie das Ende seines Leidens vorwegnahm, setzte Anwen den finalen Schnitt an. Sie schnitt ihm tief in die Kehle, und der Römer stieß einen letzten, keuchenden Laut aus, bevor seine Augen sich weiteten und dann starr wurden. Das Blut spritzte in einem einzigen, wilden Strahl hervor, doch die Opferung war noch nicht vollendet.
Anwen schloss ihre Augen und ließ noch einmal ihre Stimme erklingen. "Andraste, mächtige Herrin, erfreue dich an seinem Leib. Koste sein Blut. Schenke uns die Kraft, den Sieg zu erringen."
Der Körper des Gefangenen sackte leblos zu Boden. Der Tod war nun in ihm, doch er wurde nicht gleich zu den Göttern gesandt. Sie brauchte den letzten Schritt. Sie nahm den blutüberströmten Körper des Mannes und wandte ihn dem Moor zu. Langsam, fast mit Bedacht, ließ sie ihn in den sumpfigen Boden sinken, wo der Nebel den Rest des Leichnams verschluckte, wo die Erde sich über ihn schloss.
Als der Körper völlig im Moor verschwand, atmete Anwen tief ein, die kühle Feuchtigkeit der Luft fühlte sich wie ein Geschenk an. Sie wusste, dass Andraste nun zufrieden war. Der Ruf war gehört, und das Zeichen gesetzt. Der Weg des Krieges würde weitergehen und nicht enden, bis das römische Geschwür aus Albions Leib herausgeschnitten war u. In dieser Stille, im Nebel, fühlte sie sich ein Stück näher an ihrer Göttin.
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03-08-2025, 05:10 PM,
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RE: Im Moor - Das Tor zur Anderswelt und zu den Göttern
Ich durfte nicht wie ein Soldat sterben. Diese Gnade wurde mir nicht erwiesen. Wie ein Opferstier führte mich der Silurer ins Moor. Und ich musste gestehen, dass mir das Blut in den Adern gerann, als auch die Andrastepriesterin Latein mit mir sprach. Die Milde des Nichtverstehens blieb mir verwehrt.
Die Priesterin war eine Dienerin der fürchterlichsten Kriegsgöttin der Kelten. Unaussprechliche Opfer wurden Andraste dargebracht, und die Rituale selbst waren von solcher Bestialität, dass selbst hartgesottene Legionäre erbleichten, wenn sie von ihnen vernahmen. Konnte man, was selten genug vorkam, den Andrastepriesterinnen ein Opfer noch lebendig entreißen, musste man ihm den Gnadentod geben, so grausam war es zugerichtet.
Ich sah mich um, und ich nahm mir vor, wie ein Römer zu sterben und nicht zu winseln wie ein Weib. Schmerz war mir nicht fremd; oft hatte ich ihn anderen zugefügt. Ich hatte die Feinde des Reiches verfolgt. Wenn sie in meiner Gewalt waren, hatte ich nur Spott für sie. Und ich hatte Frauen, weil ich sie nicht männlich besitzen konnte, gequält. Und ich hatte Sklaven meinem Pferd vorgeworfen, damit es sie mit seinen Hufen zertrample.
Aber nun ermordete mich die Priesterin, in dem sie mir die Kehle langsam durchtrennte und dann ihr Opfermesser über meinen Brustkorb zog, damit ich die Tortur auch gründlich auskosten sollte. Einen Betäubungstrank wie man ihnen Opfertieren gab, hatte man mir nicht gereicht. Aus den Tiefen meiner Eingeweiden quoll das Stöhnen einer geschundenen Kreatur, so sehr ich es verhindern wollte. Und die ganze Zeit über, während sie mich zerstückelte, erzählte mir die Rothaarige, dass ich, dass mein Fleisch, mein Blut und auch mein Geist Andraste schon gehörten. Sie bat um einen Sieg für ihr Volk.
Ihr werdet nicht siegen, dachte ich, aber da begann mein Verstand auch schon meinen Körper zu fliehen.
Geboren zu Rom, gestorben zu Isurium. Es wurde also wahr. Hier im düsteren Moor endete das Leben des Tribun Ovidius, der doch das Leben bis zur bitteren Neige ausgekostet hätte, durch die Hand einer Barbarin. Hätte man mir meine Vexillation gelassen, so hätte ich doch noch meine Vision erfüllen können. Das Imperium war morsch. Ich hatte es retten wollen. Ich schwöre bei den Manen, es war mir nie um mich gegangen, sondern immer nur um die Patria. Rom. Unsterbliches Rom.
Ich war tot. Einen Moment lang schloss sich über mir das Moor, und das Jenseits war grau und gesichtslos. Der Tod war nichts. Und die Zeit zwischen zwei Mal Nichts, die nannten wir Leben. Es war eigentlich zum Totlachen.
Siehst du, Priesterin, es gab gar keine Götter, wollte ich triumphieren. Es hat sie nie gegeben, und deine Andraste...
Da rührte sich etwas in der Dunkelheit. Etwas kam aus dem Abgrund. In aller Ewigkeit.
Nein.
Nein.
O bitte, bitte nicht, nein.
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![[Bild: 3_24_08_22_4_37_11.png]](https://adlerchronik.de/gallery/3_24_08_22_4_37_11.png)
versetzt zur Legio IX Hispania
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