Willkommen im Forum, Bitte Anmelden oder Registrieren

Unverhofft kommt oft!
10-06-2024, 09:18 PM,
Beitrag #1
Unverhofft kommt oft!
<---

Ich ließ die beiden Männer in meine Hütte eintreten. Wie immer brannte in der Mitte des Rundhauses ein behagliches Feuer. Um die Feuerstelle herum standen mehrere hölzerne Bänke, die mit Schaffellen bedeckt waren. Hier saß ich oft mit meinen Kunden, um ihre Aufträge zu besprechen.

"Bitte, setzt euch!" bot ich ihnen an. "Kann ich euch etwas zu trinken anbieten? Wein, Cervisia, Wasser oder Apfelmost?" Ich war für (fast) jeden Geschmack gut vorbereitet.
Zitieren
 
10-06-2024, 09:34 PM,
Beitrag #2
RE: Unverhofft kommt oft!
Fin fühlte sich etwas steif. War er je zuvor so nervös gewesen? Götter, was hatte Calum nur geritten, ihn dazu zu überreden? Als sich der junge Mann setzte, schlug ihm das Herz bis zum Hals. Am liebsten hätte er hier gleich abgebrochen. Warum nur war es ihm überhaupt so wichtig?
"Hach, es tut mir leid", sagte Narcissus. Die Theatralik, die der Hetär anwandte, war wohl einstudiert und Fintan nicht gänzlich unbekannt, bemächtigte er sich doch nicht selten ähnlicher Mittel. "Das wollte ich schon vor Ewigkeiten machen, wie du weißt. Es hat etwas gedauert, seiner habhaft zu werden. Wenn du wirklich Cervisia hast, dann würde ich mich darüber freuen. Was ist mit dir?"
"Hm?" Fintan schreckte aus seinen Überlegungen auf. "Wasser bitte."
Er hatte wirklich nichts gegen Wein, doch ihm war schon schummrig genug, da musste er jetzt nicht noch Öl ins Feuer gießen.
Narcissus machte es sich neben ihm bequem und stellte sein rätselhaftes Lächeln zur Schau.
"Um's kurz zu machen, hatte ich hier ohnehin zu tun. Furius Saturninus hat doch eine Statue von mir hier gelassen. Ich wollte dich fragen, ob ich sie kaufen kann. Ich überlege, sie in der Casa aufzustellen. Aber das hat Zeit. Um es kurz zu machen, hat sich der Bursche, den ich dir eigentlich vorschlagen wollte, entschuldigen lassen. Hat sich rausgestellt, dass er glatt mit den Plautiern verwandt ist, da packt der kein Schmiedewerkzeug mehr an - obwohl es ihn wirklich gejuckt hat, denke ich. Aber er empfahl mir meinen jungen Freund hier und versprach, dass er ein wirklich talentierter Bursche ist."
Er nickte Fintan zu, der nervös nickte.
"Ich, äh... Ja, das... Das hat er gesagt. Ich hoffe, ich kann dem auch Taten folgen lassen, ähehe..."
Ihm war klar, dass Narcissus neben ihm amüsiert den Kopf schüttelte. Das ärgerte ihn ein wenig. Er war es nicht gewöhnt, dass sich Leute über ihn lustig machten - dafür sorgte eigentlich er!
"Mein Name ist Fintan", stellte er sich vor und räusperte sich nervös. Hoffentlich war dieser Mann keiner, den Stammbäume interessierten. Einen bedeutenden Vater besaß er nämlich nicht.
[Bild: 1_22_10_22_8_56_52.png]
Falke
[Bild: 3_15_08_22_9_38_19.png]
Zitieren
 
10-07-2024, 09:48 PM,
Beitrag #3
RE: Unverhofft kommt oft!
Als Narcissus mit dem Jungen in meine Schmiede kam, musterte ich die beiden. Narcissus, immer mit einem schelmischen Lächeln auf den Lippen, redete unaufhörlich, wie es eben seine Art war. Für einen Moment war ich versucht, ihn nach Aglaia zu fragen, ließ es dann aber sein. Stattdessen erinnerte ich mich daran, dass er gerne Cervisia trank, und das sollte er auch bekommen.
Der Junge hingegen… der wirkte, als würde er sich gleich in Luft auflösen. Nervös bis zum Anschlag. Ich fand sogar, er zitterte leicht, als er sich setzte, und seine Augen huschten rastlos durch die Schmiede, als würde er nach einem Fluchtweg suchen. Kein Wein für ihn – er entschied sich für Wasser, was vermutlich auch besser war.

Narcissus erwähnte dann die Statue, die ich vor  vielen Monaten von ihm gemacht hatte. Furius Saturninus hatte sie mir zurückgebracht, kurz nachdem Aglaia unsere Ehe für null und nichtig erklärt hatte und gegangen war. Die Statue stand seitdem in einer Ecke und staubte vor sich hin. "Oh, die Statue, ja! Die kannst du gerne haben," warf ich ein, während der Hetär schon weiterredete. Ich hörte ihm nur mit halbem Ohr zu, als er schließlich den Jungen erwähnte, den er mir als Lehrling vorschlagen wollte, aber der nicht mehr zur Verfügung stand. Ich verstand nicht viel von dem, was er über die Plautier sagte – irgendeine vornehme Römerfamilie in Iscalis. Aber ein Schmied aus solch einem Haus? Das wäre wirklich ungewöhnlich. 

Endlich kam der Junge zu Wort. Wobei zunächst nur Gestotter aus ihm heraus kam. Doch sobald er seinen Namen ausgesprochen hatte, wirkte ich wesentlich entspannter. Fintan war kein römischer Name! Das fand ich an sich schon sehr beruhigend. Schließlich war er es, der an meiner Seite arbeiten wollte – oder sollte.

"Fintan, hm?" Ich lehnte mich zurück, verschränkte die Arme und musterte ihn genauer. "Ein schöner Name! Aber du wirkst nicht, als kämst du aus einem Haus, in dem das Schmiedefeuer brennt. Warum also willst du diesen Weg einschlagen?" fragte ich ihn freundlich.
Zitieren
 
10-08-2024, 01:54 PM,
Beitrag #4
RE: Unverhofft kommt oft!
Ein schöner Name. Nun, das stimmte. Er mochte ihn auch. Er blickte auf und versuchte, den Augenkontakt seines Gegenübers zu halten. Das war vermutlich höflich, obwohl er von Höflichkeiten natürlich keinen Schimmer hatte.
Fintan holte Luft. Eine gute Frage. Immerhin war er nur wegen Calum auf die Idee gekommen. Diese wirklich dumme Idee. Er hatte doch keine Ahnung von sowas.
"N-Nun, ich... Ich habe gute Augen. Und ein Auge für Feinheiten", sagte er leise. "U-Und gute Finger. Und ich glaube, dass ich das wirklich gut kann, wenn ich die Chance bekomme."
Oh, das klang furchtbar.
[Bild: 1_22_10_22_8_56_52.png]
Falke
[Bild: 3_15_08_22_9_38_19.png]
Zitieren
 
10-14-2024, 09:04 PM,
Beitrag #5
RE: Unverhofft kommt oft!
Als Fintan endlich den Mut fand, mir zu antworten, konnte ich die Nervosität in seiner Stimme hören. Seine Augen suchten meinen Blick, vielleicht aus Höflichkeit, vielleicht, um sich selbst Mut zu machen. Er schien zu kämpfen. Nicht nur mit den Worten, sondern auch mit sich selbst. Er holte tief Luft, als wollte er sich vergewissern, dass er überhaupt in der Lage war, eine Antwort zu geben. Aber es klang nicht gerade überzeugend, was er sagte. Die Unsicherheit lag in jeder Silbe, und ich konnte sehen, wie er sich innerlich selbst geißelte. Ja, seine Worte waren holprig, seine Stimme unsicher, aber da war etwas, das mich stutzig machte. Trotz seines Gestotters und der Nervosität war da ein Funke, etwas Echtes. Ich hatte viele Leute gesehen, die groß taten und sich mit Worten über Wasser hielten, doch selten hatte ich jemanden erlebt, der so ungeschliffen und ehrlich wirkte.
Ich strich mir mit einer Hand über das Kinn, ließ meine Augen für einen Moment auf seinen zittrigen Fingern ruhen, dann sah ich ihm wieder ins Gesicht. "Gute Finger, ja?" fragte ich ruhig, aber mit einer Spur von Herausforderung in der Stimme. "Nun, wir werden sehen, ob sie wirklich so gut sind. Das Handwerk erfordert Geduld, Geschick und vor allem – Vertrauen in deine Hände."

Ich stand auf und nahm ein einfaches Stück Eisen. "Komm mit!" sagte ich und ging nach draußen zu meinem Schmiedeofen. "Hier," sagte ich und hielt es ihm das Eisenstück hin. "Zeig mir, was du kannst. Alles was du dazu brauchst, findest du hier!" Ich deutete auf mein Werkzeug, verschiedene Zangen, um das heiße Eisen zu halten und verschiedene Hammer, mit denen man das glühende Eisen bearbeiten konnte. "Es ist egal, ob du jetzt nervös bist. Wenn du glaubst, dass deine Augen und Finger dir helfen, dann lass deine Hände sprechen." sagte ich Fintan.  Mir ging es in diesem Moment nicht darum, wie gut er tatsächlich war, sondern darum, ob er den Mut hatte, es zu versuchen. Jeder Lehrling kamt mit Unsicherheiten, aber die, die blieben und wuchsen, waren jene, die trotz dieser Unsicherheiten weitermachten. Ich war gespannt, wie Fintan sich schlagen würde.
Zitieren
 
10-15-2024, 07:54 PM,
Beitrag #6
RE: Unverhofft kommt oft!
Fintan glaubte schon, es jetzt verkackt zu haben. Er hatte sich aber auch doof angestellt. Seit er es versaut hatte, mit Louarn zu sprechen, fühlte er sich überhaupt nicht mehr sicher in dem, was er sagte. Die Wahrheit, dachte er, war ziemlich simpel: Er hatte nur Übung darin, zu lügen. Sein zweites Gesicht, die Fassade, konnte Worte spinnen wie ein Nähweib den Faden. Es war die Ehrlichkeit, mit welcher er keine Erfahrung hatte. Die Wahrheit konnte grausam sein. Vor allem, wenn sie einem die eigenen Fehler vorhielt. Ihm zeigte, was er war und was er nie würde sein können...

Zu seiner großen Überraschung schien der Schmied ihn nicht sofort hinauswerfen zu wollen. Vielleicht, weil Narcissus dabei war, vielleicht wollte er ihn auch testen. Owain erklärte ihm die Anlagen, die man als Schmied mitbringen musste - und schien ihn fast herauszufordern, ihm diese unter Beweis zu stellen. Es war genau derselbe Ton, den er bei seinen Brüdern anschlug, wenn er ihnen eine Wette vorstellte - wenngleich mit weit fieseren Beweggründen, als dies Owain jetzt tat.
Als ihn dieser aufforderte, erhob sich Fintan und tapste ihm nervös hinterher.
"Ich nehm dann die Statue!", rief Narcissus und Fintan beobachtete, wie dieser eine ansehnliche Menge Sesterzen auf den Tisch legte. "Viel Erfolg euch beiden!"

Sie erreichten den Ofen, an dem Owain wohl arbeiten würde. All diese Werkzeuge kannte Fintan in der einen oder anderen Weise. Genutzt, um zu schmieden, hatte er sie noch nie. Ebensowenig wie solch einen Ofen. Mit einem dicken Kloß im Hals nahm er eine der Zangen und wog sie in der Hand. Fasste damit das Eisenstück, das laut Owain seine Prüfung darstellen sollte. Er besah es sich genau, als würde er einen Schatz begutachten. Einfaches Eisen. Damit sollte er nun also arbeiten.
"Was... soll ich damit schmieden?", fragte er, zweifelnd, ob es ihm auch gelingen würde. Langsam ließ er das Stück in die Glut gleiten, hielt es dort fest und wartete ab, ob er ein verräterisches Glühen auf der Oberfläche erkennen konnte.
Die Hitze des Ofens war noch jetzt erstaunlich, obwohl Owain gar nicht daran gearbeitet hatte. Doch das störte ihn nicht. Nicht das bisschen Hitze.
[Bild: 1_22_10_22_8_56_52.png]
Falke
[Bild: 3_15_08_22_9_38_19.png]
Zitieren
 


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 2 Gast/Gäste