Unverhofft kommt oft! - Druckversion +- Forum (https://adlerchronik.de) +-- Forum: Die Chroniken (https://adlerchronik.de/forumdisplay.php?fid=1) +--- Forum: Provinz Britannia (https://adlerchronik.de/forumdisplay.php?fid=8) +---- Forum: Cheddar (https://adlerchronik.de/forumdisplay.php?fid=55) +----- Forum: Owains Schmiede (https://adlerchronik.de/forumdisplay.php?fid=89) +----- Thema: Unverhofft kommt oft! (/showthread.php?tid=799) Seiten:
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Unverhofft kommt oft! - Licinianus Owain - 10-06-2024 <--- Ich ließ die beiden Männer in meine Hütte eintreten. Wie immer brannte in der Mitte des Rundhauses ein behagliches Feuer. Um die Feuerstelle herum standen mehrere hölzerne Bänke, die mit Schaffellen bedeckt waren. Hier saß ich oft mit meinen Kunden, um ihre Aufträge zu besprechen. "Bitte, setzt euch!" bot ich ihnen an. "Kann ich euch etwas zu trinken anbieten? Wein, Cervisia, Wasser oder Apfelmost?" Ich war für (fast) jeden Geschmack gut vorbereitet. RE: Unverhofft kommt oft! - Fintan - 10-06-2024 Fin fühlte sich etwas steif. War er je zuvor so nervös gewesen? Götter, was hatte Calum nur geritten, ihn dazu zu überreden? Als sich der junge Mann setzte, schlug ihm das Herz bis zum Hals. Am liebsten hätte er hier gleich abgebrochen. Warum nur war es ihm überhaupt so wichtig? "Hach, es tut mir leid", sagte Narcissus. Die Theatralik, die der Hetär anwandte, war wohl einstudiert und Fintan nicht gänzlich unbekannt, bemächtigte er sich doch nicht selten ähnlicher Mittel. "Das wollte ich schon vor Ewigkeiten machen, wie du weißt. Es hat etwas gedauert, seiner habhaft zu werden. Wenn du wirklich Cervisia hast, dann würde ich mich darüber freuen. Was ist mit dir?" "Hm?" Fintan schreckte aus seinen Überlegungen auf. "Wasser bitte." Er hatte wirklich nichts gegen Wein, doch ihm war schon schummrig genug, da musste er jetzt nicht noch Öl ins Feuer gießen. Narcissus machte es sich neben ihm bequem und stellte sein rätselhaftes Lächeln zur Schau. "Um's kurz zu machen, hatte ich hier ohnehin zu tun. Furius Saturninus hat doch eine Statue von mir hier gelassen. Ich wollte dich fragen, ob ich sie kaufen kann. Ich überlege, sie in der Casa aufzustellen. Aber das hat Zeit. Um es kurz zu machen, hat sich der Bursche, den ich dir eigentlich vorschlagen wollte, entschuldigen lassen. Hat sich rausgestellt, dass er glatt mit den Plautiern verwandt ist, da packt der kein Schmiedewerkzeug mehr an - obwohl es ihn wirklich gejuckt hat, denke ich. Aber er empfahl mir meinen jungen Freund hier und versprach, dass er ein wirklich talentierter Bursche ist." Er nickte Fintan zu, der nervös nickte. "Ich, äh... Ja, das... Das hat er gesagt. Ich hoffe, ich kann dem auch Taten folgen lassen, ähehe..." Ihm war klar, dass Narcissus neben ihm amüsiert den Kopf schüttelte. Das ärgerte ihn ein wenig. Er war es nicht gewöhnt, dass sich Leute über ihn lustig machten - dafür sorgte eigentlich er! "Mein Name ist Fintan", stellte er sich vor und räusperte sich nervös. Hoffentlich war dieser Mann keiner, den Stammbäume interessierten. Einen bedeutenden Vater besaß er nämlich nicht. RE: Unverhofft kommt oft! - Licinianus Owain - 10-07-2024 Als Narcissus mit dem Jungen in meine Schmiede kam, musterte ich die beiden. Narcissus, immer mit einem schelmischen Lächeln auf den Lippen, redete unaufhörlich, wie es eben seine Art war. Für einen Moment war ich versucht, ihn nach Aglaia zu fragen, ließ es dann aber sein. Stattdessen erinnerte ich mich daran, dass er gerne Cervisia trank, und das sollte er auch bekommen. Der Junge hingegen… der wirkte, als würde er sich gleich in Luft auflösen. Nervös bis zum Anschlag. Ich fand sogar, er zitterte leicht, als er sich setzte, und seine Augen huschten rastlos durch die Schmiede, als würde er nach einem Fluchtweg suchen. Kein Wein für ihn – er entschied sich für Wasser, was vermutlich auch besser war. Narcissus erwähnte dann die Statue, die ich vor vielen Monaten von ihm gemacht hatte. Furius Saturninus hatte sie mir zurückgebracht, kurz nachdem Aglaia unsere Ehe für null und nichtig erklärt hatte und gegangen war. Die Statue stand seitdem in einer Ecke und staubte vor sich hin. "Oh, die Statue, ja! Die kannst du gerne haben," warf ich ein, während der Hetär schon weiterredete. Ich hörte ihm nur mit halbem Ohr zu, als er schließlich den Jungen erwähnte, den er mir als Lehrling vorschlagen wollte, aber der nicht mehr zur Verfügung stand. Ich verstand nicht viel von dem, was er über die Plautier sagte – irgendeine vornehme Römerfamilie in Iscalis. Aber ein Schmied aus solch einem Haus? Das wäre wirklich ungewöhnlich. Endlich kam der Junge zu Wort. Wobei zunächst nur Gestotter aus ihm heraus kam. Doch sobald er seinen Namen ausgesprochen hatte, wirkte ich wesentlich entspannter. Fintan war kein römischer Name! Das fand ich an sich schon sehr beruhigend. Schließlich war er es, der an meiner Seite arbeiten wollte – oder sollte. "Fintan, hm?" Ich lehnte mich zurück, verschränkte die Arme und musterte ihn genauer. "Ein schöner Name! Aber du wirkst nicht, als kämst du aus einem Haus, in dem das Schmiedefeuer brennt. Warum also willst du diesen Weg einschlagen?" fragte ich ihn freundlich. RE: Unverhofft kommt oft! - Fintan - 10-08-2024 Ein schöner Name. Nun, das stimmte. Er mochte ihn auch. Er blickte auf und versuchte, den Augenkontakt seines Gegenübers zu halten. Das war vermutlich höflich, obwohl er von Höflichkeiten natürlich keinen Schimmer hatte. Fintan holte Luft. Eine gute Frage. Immerhin war er nur wegen Calum auf die Idee gekommen. Diese wirklich dumme Idee. Er hatte doch keine Ahnung von sowas. "N-Nun, ich... Ich habe gute Augen. Und ein Auge für Feinheiten", sagte er leise. "U-Und gute Finger. Und ich glaube, dass ich das wirklich gut kann, wenn ich die Chance bekomme." Oh, das klang furchtbar. RE: Unverhofft kommt oft! - Licinianus Owain - 10-14-2024 Als Fintan endlich den Mut fand, mir zu antworten, konnte ich die Nervosität in seiner Stimme hören. Seine Augen suchten meinen Blick, vielleicht aus Höflichkeit, vielleicht, um sich selbst Mut zu machen. Er schien zu kämpfen. Nicht nur mit den Worten, sondern auch mit sich selbst. Er holte tief Luft, als wollte er sich vergewissern, dass er überhaupt in der Lage war, eine Antwort zu geben. Aber es klang nicht gerade überzeugend, was er sagte. Die Unsicherheit lag in jeder Silbe, und ich konnte sehen, wie er sich innerlich selbst geißelte. Ja, seine Worte waren holprig, seine Stimme unsicher, aber da war etwas, das mich stutzig machte. Trotz seines Gestotters und der Nervosität war da ein Funke, etwas Echtes. Ich hatte viele Leute gesehen, die groß taten und sich mit Worten über Wasser hielten, doch selten hatte ich jemanden erlebt, der so ungeschliffen und ehrlich wirkte. Ich strich mir mit einer Hand über das Kinn, ließ meine Augen für einen Moment auf seinen zittrigen Fingern ruhen, dann sah ich ihm wieder ins Gesicht. "Gute Finger, ja?" fragte ich ruhig, aber mit einer Spur von Herausforderung in der Stimme. "Nun, wir werden sehen, ob sie wirklich so gut sind. Das Handwerk erfordert Geduld, Geschick und vor allem – Vertrauen in deine Hände." Ich stand auf und nahm ein einfaches Stück Eisen. "Komm mit!" sagte ich und ging nach draußen zu meinem Schmiedeofen. "Hier," sagte ich und hielt es ihm das Eisenstück hin. "Zeig mir, was du kannst. Alles was du dazu brauchst, findest du hier!" Ich deutete auf mein Werkzeug, verschiedene Zangen, um das heiße Eisen zu halten und verschiedene Hammer, mit denen man das glühende Eisen bearbeiten konnte. "Es ist egal, ob du jetzt nervös bist. Wenn du glaubst, dass deine Augen und Finger dir helfen, dann lass deine Hände sprechen." sagte ich Fintan. Mir ging es in diesem Moment nicht darum, wie gut er tatsächlich war, sondern darum, ob er den Mut hatte, es zu versuchen. Jeder Lehrling kamt mit Unsicherheiten, aber die, die blieben und wuchsen, waren jene, die trotz dieser Unsicherheiten weitermachten. Ich war gespannt, wie Fintan sich schlagen würde. RE: Unverhofft kommt oft! - Fintan - 10-15-2024 Fintan glaubte schon, es jetzt verkackt zu haben. Er hatte sich aber auch doof angestellt. Seit er es versaut hatte, mit Louarn zu sprechen, fühlte er sich überhaupt nicht mehr sicher in dem, was er sagte. Die Wahrheit, dachte er, war ziemlich simpel: Er hatte nur Übung darin, zu lügen. Sein zweites Gesicht, die Fassade, konnte Worte spinnen wie ein Nähweib den Faden. Es war die Ehrlichkeit, mit welcher er keine Erfahrung hatte. Die Wahrheit konnte grausam sein. Vor allem, wenn sie einem die eigenen Fehler vorhielt. Ihm zeigte, was er war und was er nie würde sein können... Zu seiner großen Überraschung schien der Schmied ihn nicht sofort hinauswerfen zu wollen. Vielleicht, weil Narcissus dabei war, vielleicht wollte er ihn auch testen. Owain erklärte ihm die Anlagen, die man als Schmied mitbringen musste - und schien ihn fast herauszufordern, ihm diese unter Beweis zu stellen. Es war genau derselbe Ton, den er bei seinen Brüdern anschlug, wenn er ihnen eine Wette vorstellte - wenngleich mit weit fieseren Beweggründen, als dies Owain jetzt tat. Als ihn dieser aufforderte, erhob sich Fintan und tapste ihm nervös hinterher. "Ich nehm dann die Statue!", rief Narcissus und Fintan beobachtete, wie dieser eine ansehnliche Menge Sesterzen auf den Tisch legte. "Viel Erfolg euch beiden!" Sie erreichten den Ofen, an dem Owain wohl arbeiten würde. All diese Werkzeuge kannte Fintan in der einen oder anderen Weise. Genutzt, um zu schmieden, hatte er sie noch nie. Ebensowenig wie solch einen Ofen. Mit einem dicken Kloß im Hals nahm er eine der Zangen und wog sie in der Hand. Fasste damit das Eisenstück, das laut Owain seine Prüfung darstellen sollte. Er besah es sich genau, als würde er einen Schatz begutachten. Einfaches Eisen. Damit sollte er nun also arbeiten. "Was... soll ich damit schmieden?", fragte er, zweifelnd, ob es ihm auch gelingen würde. Langsam ließ er das Stück in die Glut gleiten, hielt es dort fest und wartete ab, ob er ein verräterisches Glühen auf der Oberfläche erkennen konnte. Die Hitze des Ofens war noch jetzt erstaunlich, obwohl Owain gar nicht daran gearbeitet hatte. Doch das störte ihn nicht. Nicht das bisschen Hitze. RE: Unverhofft kommt oft! - Licinianus Owain - 10-23-2024 Narcissus rief noch etwas über die Statue, legte Sesterzen auf den Tisch, und verschwand mit seinem üblichen Lächeln, doch ich hatte nur Augen für den Jungen. Als ich Fintan so ansah, wie er nervös die Zange in die Hand nahm, konnte ich seine Unsicherheit fast greifen. Der Junge hatte Zweifel. Große Zweifel! Nicht nur an seinen Fähigkeiten, sondern auch an sich selbst. Irgendetwas nagte an ihm, aber das war hier unwichtig. In der Schmiede zählten keine alten Fehler oder verpatzten Gelegenheiten. Hier zählte nur das, was er im Moment tat. Fintan fasste das Eisenstück mit der Zange. Sein Blick zeigte Konzentration, aber auch einen Hauch von Panik, als er fragte was er denn schmieden solle. Ich trat näher an ihn heran, den Blick auf das Eisen gerichtet. "Ein einfacher Nagel wird reichen," sagte ich ruhig. "Nichts Großes, nichts Kompliziertes. Schmiede einen Nagel, und lass deine Hände arbeiten. Die Hitze wird dir zeigen, was du tun musst." Endlich ließ Fintan das Eisen in die Glut gleiten und hielt es dort eine Weile, bis es auch zu glühen begann. Die Hitze des Ofens war noch immer intensiv, obwohl ich schon eine Zeit lang meine Arbeit daran beendet hatte. Der Junge schien nicht von der Hitze abgeschreckt zu sein – das war gut. Doch was er wirklich tun musste, war, die Kontrolle über seine Angst zu gewinnen. Ich erinnerte mich daran, wie ich als Junge selbst in der Schmiede meines Vaters gestanden hatte, voller Zweifel, ob ich jemals das Handwerk erlernen würde. Jeder Schmied beginnt so. Jeder hat diese Momente, in denen die Glut vor einem nicht nur das Eisen erwärmt, sondern auch die eigenen Unsicherheiten. "Mach dir keine Sorgen um Perfektion," sagte ich. "Es geht nur darum, dass du es versuchst. Jeder Nagel, jedes Stück Metall, das du formst, ist eine Erfahrung mehr. Und keine Erfahrung ist vergeblich." Ich wartete ab, ob Fintan den Mut aufbringen würde, den ersten Schlag auf das Eisen zu setzen. Ob er es vermasseln würde oder nicht, war nicht wichtig. Wichtig war, dass er es überhaupt versuchte. RE: Unverhofft kommt oft! - Fintan - 10-27-2024 Nichts Großes. Nichts Kompliziertes. Ein einfacher Nagel sollte es sein. Fintan betrachtete das Metallstück voller Konzentration und Zweifel. Was machte er hier? Calums Idee war blöd gewesen. Er war doch gar nicht für sowas gemacht. Er hatte andere Pflichten. Er musste auf seine Brüder aufpassen. Und sich entschuldigen, sich Louarn erklären. Sie mussten noch ganz Großbritannien vor den Römern retten. Dazu musste er spionieren. Unsichtbar sein. Stehlen. Im Dreck schlafen und verachtet werden. Aber vielleicht... wenn er sich einen anderen - nein, aber vielleicht einen weiteren Zweck wünschen durfte... Vielleicht war es ja gar nicht so schlecht, ein Handwerk zu lernen, mit dem man Dinge schuf? Schöne Dinge, für die man bewundert wurde... Ein Nagel. Das war nicht kompliziert. Er wusste, wie ein Nagel aussah. Eine dünne Metallspitze mit einem flachen runden Hütchen, damit er hielt und man auf ihn draufhauen konnte. Dafür würde er nicht den ganzen Block brauchen. Nun, Nägel waren lang. Der Block musste also länger und dünner werden. Mehr eine Stange. Fin ergriff das weiß glühende Metall mit einer Zange und schlug zu. Er war erstaunt, wie viel Kraft er aufbringen musste, denn das weiche Metall war immer noch widerstandsfähig. Ein- zweimal stöhnte er vor Anstrengung. Damit es nicht zu flach wurde, bewegte er den Block mit der Zange im Kreis. So bildete sich langsam eine runde lange Form heraus, an deren Ende Fintan stärker und öfter zuschlug, immer noch drehend, wodurch sich dieses schließlich zu einer Spitze verdünnte. Als er sich die Frage stellte, wie er den überschüssigen Ballast loswurde, erblickte er ein nach oben stehendes Axtblatt auf dem Tisch neben sich. Sicher für diesen Zweck, dachte er sich und schwitzte, als er das Metall über das Axtblatt hielt und mit dem Hammer darauf schlug. Langsam wurden die zwei Teile abgetrennt. Das übrige Metall legte Fintan zur späteren Verwendung ab. Das Nagelteil klemmte er in einen Schraubstock, mit der Spitze nach unten. Er wusste nicht, ob er es richtig machte, hieb mit dem Hammer auf das vorstehende obere Ende und erschuf so die Verflachung am Ende. Der Vorgang dauerte nicht so lang wie er geglaubt hatte. Doch der Nagel war grob und für Fintans Geschmack zu groß. Unglücklich musterte er die krude Form, die sicher eleganter hätte sein können. War es so anstrengend, selbst einen einfachen Nagel zu schaffen? Sicher hatte er vollkommenen Unsinn angestellt. "Ich... bitte entschuldige, ich... Ich kann da sicher besser", bat er nervös. RE: Unverhofft kommt oft! - Licinianus Owain - 10-29-2024 Ich sah, wie Fintan mit angespannter Konzentration und einem Hauch Verzweiflung an dem glühenden Eisenstück arbeitete, den er letztendlich in Form eines Nagels bringen wollte. Seine Schritte wirkten holprig, aber dafür überlegte er sich jeden einzelnen. Zuerst hatte er das Eisen ins Feuer gelegt, bis das Metall in einem leichten Glühen aufschimmerte. Dann griff er zu einer der Zangen, stemmte das glühende Metall mit festen Fingern fest und begann zu hämmern. Seine Schläge waren ungeübt, ungenau und dennoch von einem bemerkenswerten Willen getragen. Mit jedem seiner Hammerschläge kämpfte er gegen die Widerstandskraft des Metalls an, das, obwohl weich und glühend, dennoch Kraft erforderte. Langsam nahm das Eisen die lange, spitze Form an, die er sich vorgestellt hatte. Er drehte das Stück mit jedem Schlag weiter, versuchte damit, eine gleichmäßige Form zu erreichen. Am Ende des Eisens begann er, eine schmale Spitze herauszuarbeiten, wobei er immer wieder kurze Pausen machte, um zu prüfen, was unter seinen Händen entstand. Doch dann, als er merkte, dass ein Teil zu dick und klobig blieb, entschied er sich rasch, es mit einem Axtblatt zu kürzen. Es war eine schlaue Entscheidung, die ich bei einem Anfänger so nicht erwartet hätte. Als er schließlich die Spitze nach unten in den Spannbock klemmte und das obere Ende hämmerte, um einen breiten Kopf zu formen, konnte ich mir ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen. Diese letzten Handgriffe zeigten, dass er begriff, worum es bei einem einfachen Nagel ging. Als er schließlich fertig war, musterte er sein Werk, und in seinem Blick lag ein Funkeln. Vielleicht das Glimmen eines Wunsches und sogar ein kleines bisschen Stolz, wenn auch gemischt mit Unsicherheit. Doch in seinem Gesicht spiegelte sich dann die Enttäuschung, als hätte er versagt, das Werkstück nicht schön genug hinzubekommen. Er stotterte eine Entschuldigung, als ob der ungeschliffene Nagel eine Schande wäre. "Fintan, du hast das wirklich gut gemacht." lobte ich ihn. "Du hast überlegt und gearbeitet, hast auf das Metall und seine Reaktionen geachtet. Weißt du, wie wichtig das ist? Das Metall gibt dir keinen Raum für Eile oder falsche Schritte. Es zeigt dir, wie viel Kraft, Geduld und Feingefühl es braucht. Genau das hast du versucht." Ich legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Mit jedem Schlag wirst du besser werden. Heute ist der Nagel grob, aber beim nächsten wirst du schon wissen, wo du genauer arbeiten musst. Du hast das Herz und die Hände für die Arbeit, Fintan. Das Handwerk ist ein langer Weg, aber der erste Schritt ist immer der schwerste." Nun lag es an Fintan, ob er seinen Weg weitergehen wollte. RE: Unverhofft kommt oft! - Fintan - 11-06-2024 Fintan, der ein Auge für schöne Dinge hatte, fand den kruden Nagel nicht gelungen. Er war grob und sicher zu groß, die Rundung am oberen Ende war nicht ganz gleichmäßig. Fintan mochte Schmuck und Edelsteine sehr, alles was eben hübsch anzuschauen war. Nur hatte er diese Dinge immer gestohlen. Nie hätte er geglaubt, sie einmal selbst herzustellen. Denn, auch wenn es noch ein langer Weg war, näher war er nie dran am Schaffen gewesen. Fast schon erstaunte ihn der Anblick des kleinen Dings, das er selbst gemacht hatte. Er hörte die Stimmen seiner Brüder, die ihm sagten, dass er nie etwas anderes tun konnte, als Unruhe zu stiften. Das Herz wollte ihm schon sinken, als der Schmiedemeister ihm seine Hand auf die Schulter legte und sprach. Fintan hielt den Atem an. Mit Ausnahme von Alun mussten dies die schönsten Worte sein, die er seit Jahren gehört hatte. Täuschte er sich oder fand der Meister seine Arbeit wirklich... gut? Er... lobte ihn? Fintan war noch nie gelobt worden, überhaupt noch nie. "Heißt das... Heißt das, Ihr nehmt mich in die Lehre?", fragte der junge Bewerber mit einem bisher fast unbekannten Gefühl der Erleichterung. |