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[Fenia]

Ein Kind erblickt das Licht der Welt...

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Im Cubiculum angekommen, wusch Fenia sich die Hände im Nebenraum und nahm dann die Decke vom Bett weg und legte ein frisches Tuch darauf, das Kira ihr gegeben hatte. "Wir werden noch mehr Tücher brauchen, Kira, und reichlich heißes Wasser, aber Durs wird sich darum kümmert ".  Die Piktin sah die junge Frau an, die zwischen der Kommode und der Bank neben Bett hin und her lief und bat sie ihre kleine Truhe mit den Kräutern, Tinkturen und Essenzen aus Fenias Kammer hierher zu bringen.

Die alte Keltin schaffte inzwischen noch die Zinkwanne aus dem Nebenraum in das Zimmer zu befördern. Jeden Moment sollte Durs heißes Wasser aus dem Balneum holen.

"Gleich kommt Herr Gabinius mit Stella, das Bett ist vorbereitet und ich werde sie dann vorsichtig untersuchen...".

[Publius Gabinius Secundus]

Ich hätte mir gewünscht, dass Menschenfrauen Kinder so leicht gebärten wie Kühe kalbten. Aber sie waren ja zarter und feiner, und Stella war besonders zart und fein. Ich trug sie auf den Armen und legte sie auf das Lager, das Fenia vorbereitete.

"Hast du gehört, meine Fridila? Bald werden wir unser Kind in unseren Armen halten", sagte ich zärtlich. Meine Frau war bleich wie Marmor, doch sie musste bei Bewusstsein bleiben. Die schwere Arbeit lag noch vor ihr, hätte ich ihr etwas davon abnehmen können, hätte ich es getan. 

Während Fenia und die Dienerinnen werkelten, und Durs mit vor Eifer ganz rotem Gesicht mit der mit heißem Wasser gefüllten Zinkwanne zurückkehrte, kniete ich mich an Stellas Kopfende. Ich löste ihr Gewand und ihren Schmuck, denn bei der Geburt durfte nichts gebunden oder verschlossen sein.  Mit einem in kühles Wasser getränktes Seidentüchlein tupfte ich ihre Stirn ab, und dann raunte ich für Stella halblaut einen Skaldenzauber nahe an ihrem Ohr. Wenn ich am Ende angekommen war, wiederholte ich ihn. Die Worte waren einfach, denn das ungeborene Kind sollte sie verstehen können:

"Neun Monde warteten wir,
mit offenen Armen auf dich,
jetzt bist du hier.
Deine Mutter wird dich nähren,
Deine Mutter wird dir singen,
dein Vater wird dich lehren,
und dir ein Fohlen bringen,
dein Bruder wird dich ehren,
mit dir im Garten springen,
die Welt ist groß,
der Himmel weit,
und schön die Sonne.
Du hast dein Los
und deine Zeit,
Lausche und komme
und sei beseelt.
Die Mütter und Freya
lösten die Bande,
du wurdest gewählt..."

Und während ich das Kind beschwor und unter den Schutz der gütigen Göttinnen stellte, nahm ich nun Stellas Hand, die war wie ein zartrosa Rosenblatt, fest in die meine....

[Furia Stella]

Ich erinnerte mich nur vage, was im Garten passiert war. Auf einmal verbreiteten sich die starken Schmerzen in meinem Unterleib und dann ergoss sich etwas Warmes aus mir und ich nass wurde. Aus Erfahrung wusste ich schon, dass es Fruchtwasser war. Mir wurde schwindelig und ich rief nach meinen Friudel, der auch sehr schnell kam, mich auf seine Arme nahm und ins Cubiculum brachte. Er legte mich auf das Bett und die Wehen ließen nach, so dass ich nun meine Umgebung wahrnahm, wenn auch nur für einen kurzen Moment, Fenia und Kira waren schon da und auch Durs. Und dann hörte ich Friudels zärtliche Stimme:  

"Hast du gehört, meine Fridila? Bald werden wir unser Kind in unseren Armen halten"... Jetzt erinnerte ich mich, was Fenia im Garten, als sie mich ganz nass erblickte, sagte, ich sollte keine Angst haben, es wird bald los gehen. "Ja, mein Liebster, ich hoffte es sehr", sagte ich leise. Inzwischen hat Sonnwin mich ausgezogen und ich hatte nur meine Untertunika behalten. Er kniete sich neben meinen Kopf und hat mein Gesicht mit einem kühlen Tuch abgewischt. Und dann, zwischen Wehen, die nun unregelmäßig kamen, hörte ich, wie mein Friudel, ein Gedicht für unser Kind aufsagte, ganz nah an meinem Ohr und wiederholte es noch mal.

"Mein geliebter Skalde, deine schönen und beschwörenden Worte hört unser Kind bestimmt auch..." flüsterte ich und dann kamen wieder bohrende Schmerzen in meinem Unterleib, die in den Rücken ausstrahlten, ich stöhnte leise und drückte mit aller Kraft, die ich noch hatte, Friudels Hand.

[Fenia]

Fenia beugte sich über Stellas Gesicht und merkte, dass sie vor Schmerzen nicht richtig atmen konnte. Ihr Atem war zu flach. Sie schaute Sonnwin an, "Herr Gabinius, setzt dich hinter Stella, so wie damals in der Hütte, dann kann sie ihren Rücken an deine Brust lehnen und wird dann auch mehr Luft bekommen".

Die Keltin hob dann Stellas Tunika hoch und hat sie behutsam untersucht, sie nickte zufrieden und legte dann ihre Hand auf Stellas Bauch, machte die Augen zu und flüsterte etwas, kaum hörbar für die Anwesenden, blickte dann voller Zuversicht die werdende Mutter an: "Stella, es wird bald soweit sein, du bist sehr tapfer, kleine Elfe, trink einen Schluck, es wird die Schmerzen lindern", und Fenia gab ihr eine Tinktur, die sie aus ihrer kleinen Truhe, die Kira noch rechtszeitig mitgebracht hat, rausholte. Durs stand neben der Wanne mit heißem Wasser und wartete auf Fenias Befehle, er hat das auch schon damals in der Hütte erlebt und war bereit zu helfen.

[Publius Gabinius Secundus]

Ich tat, was Fenia mir riet, setzte mich so hinter Stella, dass sie ihren Kopf an meine Brust lehnen konnte und ihre Hände auf meinen Oberschenkeln abstützen. Dabei hörte ich nicht auf, zu singen und unser Kind ins Leben und die gütige Freja und die Mütter, die disir, um Beistand zu bitten:

Du hast dein Los
und deine Zeit,
Lausche und komme
und sei beseelt.
Die Mütter und Freya
lösten die Bande...

Ich hoffte so sehr, dass dieses Kind geboren werden würde. Und ich hoffte so sehr, dass Stella leben würde. Wie sehr haben wir uns ein Brüderchen oder ein Schwesterchen für Quiwon gewünscht und ein Haus voller Kinderlachen. Wie sehr liebten wir das kleine Ding jetzt schon. 
Wieder tupfte ich Stellas Stirn ab: "Meine Fridila, mein Herz, Geliebte, Albenmädchen, Frau Abendstern", sagte ich die vielen Kosenamen, die ich meiner Frau schon gegeben hatte  und spürte, wie sie sich aufbäumte vor Schmerz. Fenia wusste, was zu tun war. Diesmal hatten wir alles: Heißes Wasser, ein sauberes Zimmer, ein sicheres Dach über dem Kopf und dennoch.... diese Stunden vergingen nur quälend....
Fenia gab  Stella etwas zu trinken. Ich wandte den Kopf: "Was ist es, Fenia?", fragte ich leise.

[Furia Stella]

Fenia gab mir eine Flüssigkeit zu trinken, die ich mit viel Mühe runtergeschluckt hatte und dann saß ich auf einmal zwischen Friudels Schenkel und konnte meinen Rücken an seine Brust lehnen und seine Wärme durchströmte meinen Körper. Anscheinend hat die Tinktur geholfen, die Schmerzen ließen nach und ich atmete tief durch. Mein Skalde sang weiterhin seine zauberhaften Weisen und zwischen Wehen vernahm ich die liebevollen Kosenamen, die mein Friudel mir gegeben hatte. Ich versuchte mich umzudrehen, um ihn zu sehen und da kamen wieder starke, bohrende Schmerzen und ich keuchte und stöhnte und verkrallte mich mit meinen Händen in seine Knie: "Halt mich fest, mein Liebster... halt mich fest..., wir schaffen das gemeinsam", konnte ich nur flüstern.
 
Währenddessen hat Fenia mich untersucht, was auch sehr schmerzhaft war, legte dann ihre Hand auf meinen Bauch und sagte, es wird bald soweit sein. Inzwischen ließ die Medizin nach und die Wehen wurde immer schlimmer; ein sengender Schmerz ging durch meinen Unterleib, ich zitterte am ganzen Körper und als ich gerade dachte, ich könnte es nicht mehr ertragen, presste ich instinktiv das kleine Ding aus mir raus....

[Publius Gabinius Secundus]

Ich hielt Stella ganz fest. ihr Leid war mein Leid, doch als sie sich ein letztes Mal aufbäumte und dann entspannte, wusste ich, dass unser kleines Kind ins Leben gekommen war.
"Danke dir huldreiche Freya!", stieß ich hervor und küsste die Schläfen meiner Frau. Ermattet war sie in meine Arme gesunken. Fenia kümmerte sich um das kleine Wesen, und mein Herz schlug so, und ich konnte es kaum erwarten: Atmete es? Würde es leben? 
"Fenia, bitte, was ist?!" , stieß ich ungeduldig hervor und schaute zu unserer alten Freundin.

[Fenia]

Der herbeigesehnte Moment ist gekommen. Kaum hatte Fenia ihre keltischen Zauberformeln gemurmelt, als Stella sich aufbäumte und presste das Wesen aus sich raus. Es kam wie ein Geschoß aus ihrem Leib heraus und landete sanft auf Fenias Händen. Fenia gab dem winzigen Neugeborenen einen leichten Klaps auf den Po und sein Schrei erfüllte das Cubiculum. Dann holte das Kind tief Luft und schrie nicht mehr ... Fenia nickte zufrieden und sah die Eltern an:

"Das ist ein Mädchen! Ihr habt eine Tochter!" ... Und da kam der Knecht Durs zu Hilfe. Fenia hat die Nabelschnur an beiden Enden mit den Faden abgeklemmt und dazwischen mit einem scharfen Messer, den Durs ihr gab, durchtrennt. Danach reinigte die Keltin das Kind und sein geklebtes dunkles Haar mit einem nassen Schwamm, wickelte es in ein Leinentuch ein, das Kira bereithielt und legte es Stella auf die Brust....

[Publius Gabinius Secundus]

Mir stiegen die Tränen in die Augen, als ich den leisen Laut meiner Tochter vernahm, als Stella sie an ihre Brust legte. Sie war so klein, sie war so winzig wie ein Stern, den man hoch oben über uns am Firmament funkeln sah. Nur sachte konnte ich mit einem Finger ihr Köpfchen streicheln. Sie lächelte. Ich war erstaunt darüber, dass jemand, der erst eine Minute auf der Welt war, schon lächeln konnte.
"Ich danke dir, meine Fridila, für diese wunderbare kleine Tochter", sagte ich: "Sie kann gar nicht anders heißen als Sternchen - Stern , so wie Du, meine liebste Frau. Gabinia Stella. Gefällt dir der Name? Und dürfen Qwiwon und bitte auch Clara herein kommen, um die neue Schwester und die Nichte kennen zu lernen? "
Ich wollte so gerne mein Glück mit meiner Schwester teilen. Das letzte Mal hatten wir leider keine Gelegenheit dazu gehabt.
Und Quiwon? Ja, ich hörte Rascheln vor der Tür und ungeduldige Stimmchen. Dort wartete er mit Spiros, und zur Unterhaltung während des Wartens hatten sich beide Knaben Kater Primus mitgebracht. Nun hatte eine Katze in der Wochenstube nichts verloren, glaubte ich, und ich verließ mich auf Fenia, die den beiden schon Bescheid geben würde, was gut für Stella und Stella war und was nicht.

[Furia Stella]

Ich konnte es kaum glauben, dass alles nun vorbei war und ich keine Schmerzen mehr hatte. Die waren von einem Augenblick zum anderen einfach verschwunden. Völlig erschöpft hörte ich wie Friudel der Freya dankte und küsste mich sanft. Ich hörte auch, wie das Kind kurz geschrien hat und wollte fragen, ob es ein Junge oder ein Mädchen war, da verkündete die alte Keltin, dass wir eine Tochter bekommen haben. Ein Glücksgefühl durchströmte mich, ich zog Sonnwins Kopf zu mir herunter und küsste ihn zärtlich. "Wir haben eine Tochter, mein Liebster!"

Dann gab Fenia mir das winzige Kind, nachdem sie es gesäubert hatte, und als Sonnwin sein Köpfchen leicht streichelte, lächelte seine Tochter ihn an und suchte dann nach meiner Brust, die ich bereits frei gab und trank nun begierig ihre Milch.

"Ich danke dir auch, mein geliebter Mann, ich danke dir, dass es dich gibt...", flüsterte ich zärtlich und betrachtete dann eine Weile dieses Wunder in meinen Armen. Nun fragte Friudel, ob wir unsere Tochter auch "Stella" nennen, denn er meinte, sie konnte gar nicht anders heißen als Sternchen, wie ihre Mama ... Ich lächelte etwas verlegen in mich hinein und sagte, "Wie du möchtest, mein Liebster, so soll unsere Tochter heißen: Gabinia Stella und natürlich dürfen Clara und Quiwon reinkommen, ich wundere mich schon, wo sie geblieben sind!"