RE: Cubiculum | Aglaias Privatzimmer
Ich hatte angenommen, dass Owain es ernst gemeint hatte, dass er für das Kind und mich da sein wollte. Ich hatte angenommen, dass er klug genug war, zu sehen, dass es gut für das Kind sein würde, Römerin zu sein. Ich hatte angenommen, dass er, nachdem er dieses Leben hier kennen gelernt hatte, dieses Haus hier, MICH, dass er verstanden hätte, dass nicht alle Römer so waren wie der Tribun, der ja auch mich angegriffen hatte. Und dass er an einer friedlichen Lösung interessiert war. An einem echten Zusammenleben, in Frieden.
Götter, war ich naiv gewesen! Mutter hatte recht gehabt, und ich war einfach verblendet von Liebe gewesen, dass ich nicht sehen wollte, dass er niemals aufhören würde, Rom und alles römische zu hassen, und schlimmer noch, dass er sein Kind da mit hineinziehen wollte. Ich lachte einmal erstickt auf, aber es blieb mir sofort im Hals stecken. “Ich bin so dumm“, murmelte ich nur zu mir selber und schüttelte über mein eigenes Fehlurteil den Kopf.
Eigentlich sollte es mich nicht überraschen, dass Owain wieder abhauen wollte. Das hatte er oft getan, hatte sich verkrochen und in Selbstmitleid gesuhlt. Zuletzt bei der Geburt. Ich erlitt Schmerzen, Verletzungen, blutete für ihn, mehrfach, und er sah einzig und allein sich selber, seine Ehre, seinen Stolz, und gab mir die Schuld. Und ich war dämlich genug, immer wieder zu glauben, dass er sich ändern könnte.
Etwas in mir, dieser kleine, naive Teil, den ich dank ihm hatte aufatmen lassen, den ich sonst aber immer gut versteckt gehalten hatte, zerbrach ein weiteres Mal, und ich begrub ihn tief in mir. Nein, ich würde ihm nicht nachlaufen, nicht nachweinen und mich erniedrigen.
“Die Pacht ist bis Mai bezahlt, danach musst du sie selbst aufbringen. Der Verpächter heißt Gaius Pomponius Lucro“, gab ich ihm mit, was er damit anstellte, war seine Sache. Ich würde mich nicht mehr für ihn einsetzen und dafür, dass er ein angenehmes und schönes Leben hatte. Es dauerte zwar lange, bis mein Herz verstand, wann es sich verrannt hatte, aber jetzt hatte es dies begriffen.
“Und wenn du dort bist, denk daran, dass ich dich nie aufgefordert habe, deinem keltischen Erbe, oder deinen Traditionen oder deinen Göttern abzuschwören. Dass ich jedes Mal an deiner Seite war, wenn du einen eurer Bräuche begehen wolltest, und sogar, als du dich in Gefahr gebracht hast. Als du mich in Gefahr gebracht hast. Und dass du gegangen bist, als ich dich ein einziges Mal gebeten habe, dich dafür zu entscheiden, was das beste für dein Kind und nicht für dich ist. Leb wohl, Owain.“
Ich wandte den Blick ab, da ich nicht sehen wollte, wie er ging, und zu stolz war, ihm zu zeigen, dass er mich verletzt hatte.
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