Lucius Petilius Rufus arbeitete.
Nach einigen Tagen, in denen sich der Statthalter von den Strapazen der Reise erholt hatte und sich ausgiebig von seiner Frau und den Sklavinnen und Sklaven des Hauses nach allen regeln der Kunst hatte verwöhnen lassen, war es wieder an der Zeit, etwas produktives zu tun, solange die Eindrücke seiner reise noch einigermaßen frisch waren.
Und so hatte er sich am heutigen Morgen mit seinem Lederball bewaffnet und lief nun zwischen einem Heer von Schreibern umher, denen er verschiedene Briefe zu schreiben aufgab. So eine Provinz verwaltete sich schließlich nicht von allein.
“Ich brauche einen detaillierteren Bericht über die Bewegungen im Norden. Schreib Legat Caius Caristanius Fronto von der IX Hispania, dass ich ihm in den nächsten zwei Monaten noch Männer zuzuteilen gedenke und ich erwarte, dass er sie auch rege einsetzt. Der Kaiser wünscht, sein Reich nach Norden auszuweiten, und ich wünsche, seinem Willen zu entsprechen. Die bereits besprochenen Vorbereitungen mögen weiter vorangetrieben werden. Die Valeria Victrix ist momentan noch im Westen gebunden, wird sich aber je nach Entwicklung anschließen. Ich halte ihn darüber auf dem Laufenden.
Dann schreib Fabius Priscus von der XX Valeria Victrix, dass ich von ihm erwarte, die Lage im Osten zu klären. Wenn er die Lage in den nächsten vier Monaten nicht beruhigen und die Ordovicer zur Ruhe bewegen kann, soll er diese verdammte Insel einnehmen, von der er so besessen war. Ich würde eine möglichst verlustarme Vorgehensweise bevorzugen. Wenn die Lage soweit stabil ist, soll er mir der Hälfte seiner Truppen nach Westen marschieren und sich mit Caristanius Fronto zusammenschließen. Vorheriger Bericht erwünscht.“
Das war der einfache Teil, jetzt kam der schwierigere.
“Dann Brief an den Kaiser. Die übliche Lobhudelei vorneweg, Übersicht Steuereinnahmen, Übersendung Geschenke, et cetera perge perge.
Ein Kurzüberblick über meine Reise, nicht zu ausschweifend. Vespasian mag es kurz.
Und dann schließlich“ Rufus erhob seine stimme ein wenig, um anzuzeigen, dass er das folgende diktierte:
“Zum Zustand unserer Legionen ist zu sagen, dass die XX und die IX hervorragende Arbeit für das Imperium leisten. Für den Winter waren beide Legionen in ihrem Lager, um Ausrüstung zu pflegen und Kräfte aufzustocken, aber im Frühjahr soll gemäß deinem Wunsch, mein Kaiser, die Erweiterung deines Reiches nach Norden und die Sicherung der nördlichen Gebiete weiter vorangetrieben werden. Entsprechende Maßnahmen wurden vorbereitend getroffen.
Zum Zustand der Legio II aber muss ich berichten, dass die Legion in einem desaströsen Zustand ist. Ich benötige dringend einen erfahrenen Legaten, der die Kontrolle dort übernimmt. Ich selbst habe erste Ordnungsmaßnahmen bereits durchgesetzt und für Beschäftigung der Legionäre gesorgt, aber bislang begegneten sie mir als disziplinlos, an der Grenze zur Desertion und absolut ungeeignet. Anstatt den Frieden zu sichern, tyrannisieren sie bereits befriedete Gemeinden. Es bildeten sich von der Kommandostruktur abweichende Parallelstrukturen, die ich unterbunden habe, und rechtsfreie Räume bis hin zum Personenkult einzelner Mitglieder. Die Schande, die der Legio seit dem Aufstand der Iscener anhaftet, scheint noch immer in der Legion verhaftet zu sein.
Ich bitte daher um dein Einverständnis einiger Veränderungen. Vor allen Dingen erachte ich es als absolut obligatorisch, den Tribun Ovidius Decula zu versetzen. Ich möchte ihn zur IX Hispania unter Caristianus Fronto verlegen, wo er im kommenden Feldzug entweder seine eigene Disziplin finden möge, oder eben sterben wird. Der Ehrgeiz des Mannes ist gefährlich und ich rate dir, ihn im Auge zu behalten und gegebenenfalls eigene Maßnahmen zu ergreifen und bei weiteren Posten für diesen Mann mit besonderer Sorgfalt vorzugehen.“
Rufus warf einmal seinen Ball und fing ihn wieder auf, jetzt etwas entspannter.
“Achja, und fügt noch an, dass auch die Stadt Iscalis ziemlich disziplinlos erschien und ich darüber nachdenke, ihr die gewährten Marktrechte zu entziehen.“