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Arbeitszimmer des LAPP - Lucius Petilius Rufus - 08-09-2023
RE: Arbeitszimmer des LAPP - Lucius Petilius Rufus - 08-12-2023 Lucius Petilius Rufus lief in seinem Arbeitszimmer auf und ab. In der Hand hatte er einen kleinen Ball aus Leder, den er immer wieder mal mit der Hand drückte oder hochwarf und einhändig wieder fing. Er hatte schon früher festgestellt, dass dieses doch sehr einfache Hilfsmittel sehr beruhigend wirkte und die Gedanken fokussierte. Deshalb hatte er immer einen Lederball dabei und nutzte ihn im privaten Rahmen, wenn er nachdachte. Um ihn herum waren ein halbes dutzend Schreiber, die sich durch die vielen Schreiben für ihn wühlten und diese für ihn ordneten. “Die Reiseplanung steht?“ fragte er einmal erneut, da er nicht mehr Zeit als nötig zu verschwenden gedachte. Vor Wochen hatte er schon befohlen, alles für seine Rundreise zu organisieren, aber wie immer verwandelte die Bürokratie eine einfache Aufgabe in einen unbezwingbaren Koloss. “Ja, Statthalter. In einer Woche können wir aufbrechen, wir müssen nur noch ein paar kleinere Details zur Unterbringung klären.“ Rufus seufzte. Es gab immer noch ein paar Details, die die Beamten erst klären wollten. In einer Woche würde er abreisen, ob die Beamten wollten oder nicht. “Und die Route?“ fragte er und warf einmal erneut seinen Ball. “Nun, du wolltest ja gerne erst den Westen besichtigen. Also haben wir die Route erst südlich nach Noviomagus geplant, dann westwärts nach Clausetum, dann nach Cavella, dann die Straße entlang bis Dunovaria und Isca Dumnoniorum. Dann die Weststraße hinauf durch Lindninis und Corinium nach Glevum und schließlich Venonis. Da kreuzt sich die Straße nach Letocetum und Viroconium. Dann weiter nördlich nach Mamucium, wo die XX Valeria Victrix ihr Hauptlager momentan hat. Dann weiter nach Eboracum, wo auch die IX Hispania gerade sein sollte. Und von da dann wieder südlich nach Lindum, Durobrivae und einen kurzen Abstecher nach Camulodunum. In vier Monaten sollten wir wieder hier sein.“ Vier Monate durchs regnerische Britannia. Rufus war froh, dass seine Frau hier bleiben würde in der Behaglichkeit des Statthalterpalastes. Bequem wäre anders. “Du erwähntest die neunte und die zwanzigste. Was ist mit der zweiten?“ fragte Rufus, da er gerne alle Legionen unter seinem Kommando einmal besichtigen und inspizieren wollte. “Oh, die ist grade bei einer winzigen Stadt in der Nähe von Lindinis. Wir haben da nur einen ganz kurzen Stopp eingeplant. Aber da fällt mir ein….“ Der Schreiber tauschte sich kurz mit seinen Kollegen aus und kam schließlich mit einem Schreiben herbei. “… ein Tribunus angusticlavus namens Titus Ovidius Decula bittet dich um die Unterzeichnung zweier Todesurteile.“ Er hielt dem Stadthalter das Schreiben entgegen, falls er selbst lesen wollte, und Rufus nahm sie auch und las selbst. Dabei runzelte er vermehrt die Stirn. “Und warum schreibt mir deshalb ein mickriger, ritterlicher Tribun und nicht der Legat?“ “Die zweite hat keinen Legaten im Moment, Statthalter. Nur einen Tribunus laticlavus. Iulius… irgendwas.“ Hach, Iulius. Rufus’ Cousin hielt große Stücke auf einen gewissen Iulius Agricola. Aber wenn in der Legio II der Dienstweg so missachtet wurde, musste er diesem Iulius wohl auch einmal ins Gewissen reden bezüglich Führung. Auch wenn es natürlich viel verlangt war von einem jungen senatorischen Tribun, die Ordnung aufrecht zu erhalten. Aber wenigstens die Ritter sollte man unter Kontrolle halten! “Den Deserteur sollen sie hinrichten mittels fustuarium. Bezüglich des Wachvergehens möchte ich bitte einen ausführlichen Bericht, was passiert ist. Mehr, als nur drei dahingekritzelte Zeilen. Dann entscheide ich. Und plant zwei Tage bei der Legio II ein. Ein wenig anschauliche Disziplin kann dort scheinbar gerade nicht schaden.“ Damit übergab er das Schreiben wieder dem Schreiber und setzte seine Wanderung durch das Zimmer fort, um sich die weiteren Reisepläne anzuhören und abzunicken. RE: Arbeitszimmer des LAPP - Lucius Petilius Rufus - 02-24-2024 Lucius Petilius Rufus arbeitete. Nach einigen Tagen, in denen sich der Statthalter von den Strapazen der Reise erholt hatte und sich ausgiebig von seiner Frau und den Sklavinnen und Sklaven des Hauses nach allen regeln der Kunst hatte verwöhnen lassen, war es wieder an der Zeit, etwas produktives zu tun, solange die Eindrücke seiner reise noch einigermaßen frisch waren. Und so hatte er sich am heutigen Morgen mit seinem Lederball bewaffnet und lief nun zwischen einem Heer von Schreibern umher, denen er verschiedene Briefe zu schreiben aufgab. So eine Provinz verwaltete sich schließlich nicht von allein. “Ich brauche einen detaillierteren Bericht über die Bewegungen im Norden. Schreib Legat Caius Caristanius Fronto von der IX Hispania, dass ich ihm in den nächsten zwei Monaten noch Männer zuzuteilen gedenke und ich erwarte, dass er sie auch rege einsetzt. Der Kaiser wünscht, sein Reich nach Norden auszuweiten, und ich wünsche, seinem Willen zu entsprechen. Die bereits besprochenen Vorbereitungen mögen weiter vorangetrieben werden. Die Valeria Victrix ist momentan noch im Westen gebunden, wird sich aber je nach Entwicklung anschließen. Ich halte ihn darüber auf dem Laufenden. Dann schreib Fabius Priscus von der XX Valeria Victrix, dass ich von ihm erwarte, die Lage im Osten zu klären. Wenn er die Lage in den nächsten vier Monaten nicht beruhigen und die Ordovicer zur Ruhe bewegen kann, soll er diese verdammte Insel einnehmen, von der er so besessen war. Ich würde eine möglichst verlustarme Vorgehensweise bevorzugen. Wenn die Lage soweit stabil ist, soll er mir der Hälfte seiner Truppen nach Westen marschieren und sich mit Caristanius Fronto zusammenschließen. Vorheriger Bericht erwünscht.“ Das war der einfache Teil, jetzt kam der schwierigere. “Dann Brief an den Kaiser. Die übliche Lobhudelei vorneweg, Übersicht Steuereinnahmen, Übersendung Geschenke, et cetera perge perge. Ein Kurzüberblick über meine Reise, nicht zu ausschweifend. Vespasian mag es kurz. Und dann schließlich“ Rufus erhob seine stimme ein wenig, um anzuzeigen, dass er das folgende diktierte: “Zum Zustand unserer Legionen ist zu sagen, dass die XX und die IX hervorragende Arbeit für das Imperium leisten. Für den Winter waren beide Legionen in ihrem Lager, um Ausrüstung zu pflegen und Kräfte aufzustocken, aber im Frühjahr soll gemäß deinem Wunsch, mein Kaiser, die Erweiterung deines Reiches nach Norden und die Sicherung der nördlichen Gebiete weiter vorangetrieben werden. Entsprechende Maßnahmen wurden vorbereitend getroffen. Zum Zustand der Legio II aber muss ich berichten, dass die Legion in einem desaströsen Zustand ist. Ich benötige dringend einen erfahrenen Legaten, der die Kontrolle dort übernimmt. Ich selbst habe erste Ordnungsmaßnahmen bereits durchgesetzt und für Beschäftigung der Legionäre gesorgt, aber bislang begegneten sie mir als disziplinlos, an der Grenze zur Desertion und absolut ungeeignet. Anstatt den Frieden zu sichern, tyrannisieren sie bereits befriedete Gemeinden. Es bildeten sich von der Kommandostruktur abweichende Parallelstrukturen, die ich unterbunden habe, und rechtsfreie Räume bis hin zum Personenkult einzelner Mitglieder. Die Schande, die der Legio seit dem Aufstand der Iscener anhaftet, scheint noch immer in der Legion verhaftet zu sein. Ich bitte daher um dein Einverständnis einiger Veränderungen. Vor allen Dingen erachte ich es als absolut obligatorisch, den Tribun Ovidius Decula zu versetzen. Ich möchte ihn zur IX Hispania unter Caristianus Fronto verlegen, wo er im kommenden Feldzug entweder seine eigene Disziplin finden möge, oder eben sterben wird. Der Ehrgeiz des Mannes ist gefährlich und ich rate dir, ihn im Auge zu behalten und gegebenenfalls eigene Maßnahmen zu ergreifen und bei weiteren Posten für diesen Mann mit besonderer Sorgfalt vorzugehen.“ Rufus warf einmal seinen Ball und fing ihn wieder auf, jetzt etwas entspannter. “Achja, und fügt noch an, dass auch die Stadt Iscalis ziemlich disziplinlos erschien und ich darüber nachdenke, ihr die gewährten Marktrechte zu entziehen.“ RE: Arbeitszimmer des LAPP - Lucius Petilius Rufus - 03-22-2024 Lucius Petilius Rufus arbeitete. Das tat er die meisten Tage, seit er im Amt war, und selbst wenn er nicht arbeitete, arbeitete er dennoch. Der Posten eines Statthalters hatte eigentlich keine wirklich ruhigen Momente. Selbst auf der Latrine kamen noch Leute, um Gefallen zu erbitten oder die Freilassung ihres Sklaven zu Bestätigen oder all sowas. Aber heute arbeitete Rufus wieder in seinen Arbeitsräumen, umgeben von diversen Schreibern, die seine Anweisungen weitergaben oder ihm vom großen Stapel noch offener Anliegen die wichtigsten vorlegten. Manchmal fragte sich Rufus hierbei durchaus, wer wessen Chef war, aber gut. “Es kam gerade eine Antwort vom Kaiser“ kam ein aufgeregter Schreiber herein, weshalb alle anderen Anliegen natürlich sofort hinten angestellt wurden. Die Städte konnten warten, der Imperator Caesar Augustus nicht. Rufus nahm den Brief höchstselbst in die Hand und überflog die Zeilen. An seiner Miene ließ sich nicht ablesen, was er über das, was der Kaiser ihm schrieb, dachte. Nur einmal hoben sich ganz kurz kaum sichtbar seine Mundwinkel an, ansonsten blieb seine Mimik ausdruckslos. “Unser geliebter Kaiser befürwortet den Vorstoß im Norden. Schreibt Fabius Priscus von der XX Valeria Victrix, dass er diese Druideninsel einnehmen kann, wenn er es für nötig erachtet, und dann zu Caristanius Fronto schnellsmöglich aufschließen soll. Dann informiert Caristanius Fronto von der IX Hispania über die Verstärkung und dass er Vorkehrungen für seinen Feldzug gegen die Briganten treffen soll. Und informiert ihn über den Zuwachs eines Tribunus angusticlavus, mit dem eindringlichen Wunsch, diesen möglichst häufig und möglichst herausfordernd an der Front einzusetzen. Er wird schon verstehen, was ich meine.“ Und jetzt lächelte Rufus einmal doch ein wenig. “Und dann leitet den Befehl des Kaisers an die Legio II weiter, dass Tribun Ovidius Decula mit sofortiger Wirkung nach Norden versetzt wird. Er soll noch eine gemischte Centurie samt Centurio mit nach norden nehmen zur Unterstützung, der Rest der Befehle für die Zweite bleiben in Kraft.“ Rufus warf einmal seinen Lederball und fing ihn fröhlich wieder auf, gerade sichtlich gut gelaunt. Naja, ungefähr fünf Minuten, bis der Schreiberling eine weitere Nachricht brachte. “Wo wir gerade bei Iscalis sind. Die Provinzialverwaltung schreibt von einem Erdrutsch bei der Mine und bittet um Entsendung einiger kundiger Experten, um die Stelle zu untersuchen. Außerdem haben sie jetzt Probleme mit den entlaufenen Sklaven. Auch mögliche Hexerei wird erwähnt.“ Da war sie hin, die gute Laune. “Kann man diese Idioten nicht einmal fünf Monate lang allein lassen?“ schimpfte er und nahm sich den Bericht kurz vom Schreiber, um selber zu lesen, wie schlimm es war. Mehrfach atmete er dabei tief durch. “Schickt der Legio II den Befehl, dass sie drei Centurien und die Reiterei abstellen soll, das Gebiet von entlaufenen Sklaven und Räubern zu säubern. Aber die Zivilbevölkerung soll nicht wieder drangsaliert werden! Wenn ich wieder Klageschriften keltischer Dörfer kriege, die nichts mit den Räubern zu tun haben, rollen Köpfe. Macht ihnen das eindrücklich klar! Und dann… wen haben wir hier? Lucius Volumnius! Schickt ihn zusammen mit einer entsprechenden Eskorte nach Iscalis. Als Haruspex sollte er der Aufgabe gewachsen sein. Und schickt noch zwei Contubernien der hiesigen Vigilen mit, nach Wahl des Praefectus hier. Und wenn das das Problem nicht regelt, schwöre ich bei unserer rachsüchtigen Proserpina, die Stadt einebnen zu lassen. Nein, das letzte schreibt ihr ihm nicht!“ Bevor die übereifrigen Schreiber hier zu schnell kritzelten, erwähnte Rufus es lieber. RE: Arbeitszimmer des LAPP - Lucius Petilius Rufus - 04-17-2024 Lucius Petilius Rufus hatte einen neuen Lederball. Der letzte war wahrscheinlich dem kleinen Hund seiner Ehefrau zum Opfer gefallen, was Rufus hinreichend bedauerte. Der Ball hatte sich so schön in seine Hand eingepasst. Den neuen musste er erst noch formen. Allerdings gab es hierfür mannigfaltige Gelegenheit. Heute wurde ihm ein wenig der Post, die alt Privatpost abgelegt worden war, vorgelegt, da es ein ansonsten eher ruhiger Tag war. Als LAPP erreichten ihn ständig irgendwelche Bittschriften privater Natur, und all jene gelangten erst einmal auf einen großen Stapel, aus dem bei Zeiten immer wieder einzelne Briefe herausgezogen wurden. Der überwiegende Großteil aber landete ungelesen in der Wiederverarbeitung. Aber heute gab es wieder fünf glückliche Gewinner dieser Lotterie, deren Briefe ihm angetragen wurden. Darunter auch das Schreiben aus Iscalis, war vor etwas mehr als einer Woche angekommen war. “Ein Furius Saturninus aus Iscalis schreibt dir… oh. Ähm, er hat wohl eine neue Sklavin, die du kennst, weil sie wohl unhöflich zu dir war.“ “Ich erinnere mich nicht an irgendwelche unhöflichen Sklaven. Er soll mit ihr verfahren, wie er es für angemessen hält, ich bestehe nicht auf einer Kreuzigung“, tat Rufus die Sache schnell ab. Wenn jetzt schon Leute ihn wegen ihrer Sklaven fragten, dann war diese Provinz wirklich verloren. “Oh, nein, er will wissen, ob er sie dir schenken soll, oder ob Rom sie haben will. Sie ist wohl aus Hibernia und er meint, man könnte mit ihr eine politische Ehe vielleicht arrangieren oder sowas.“ Rufus schnaubte und schüttelte den Kopf. “Ist sie eine Königin ihres Volkes?“ Der Sekretär las noch einmal genauer und schüttelte den Kopf. “Nein, die Tochter irgendeines Vasallen.“ Rufus knetete leicht seinen neuen Ball. “Schreib ihm, dass weder Rom noch ich Interesse an schlecht ausgebildeten Sklavinnen haben. Nächster Brief.“ Und so ging es weiter. Am Ende gab es, wie schon fast zu erwarten war, fünf Absagen an die persönlichen Bitten, denn Rufus mischte sich nur äußerst selten in die Dinge ein, die seiner Meinung nach die Leute gefälligst alleine regeln sollten und war auch Bestechungen gegenüber reichlich unempfänglich. Abgesehen davon hatte er von seiner Rundreise genug davon erhalten. RE: Arbeitszimmer des LAPP - Lucius Petilius Rufus - 05-28-2024 Lucius Petilius Rufus arbeitete. Der aufkommende Sommer in Britannia hob seine Laune ungemein, denn dieser erwies sich als geradezu überraschend angenehm, wenn man nicht herumreiste oder sich mit den Problemen der kleinstädtischen Magistrate zu beschäftigen hatte. Wobei eben besagte kleinstädtische Magistrate das natürlich anders sahen und ihn nach wie vor mit Zuschriften bombardierten. Inzwischen lief aber sein Beamtenapparat derartig eingespielt, dass seine Untergebenen in den Schreibstuben wussten, mit was sie ihn behelligen mussten und wo sie gleich selbständig eine möglichst nichtssagende Antwort verfassen konnten – oder die Sache einfach ignorierten. Ein paar Dinge allerdings bedurften dann doch seiner persönlichen Anordnung, so unter anderem ein Hilferuf über marodierende Horden im Süden, wieder bei einem Bergwerk. “Entsendet die Hälfte der Truppen der Legio II in das Gebiet, um alle Aufständischen niederzuschlagen. Ich verfüge das Urteil der Kreuzigung für jeden Sklaven, der sich dem Aufstand angeschlossen hat. Alle anderen sollen erst einmal in Ketten gelegt und nach Londinium verbracht werden, zur Verurteilung in die Arena. Sofern es vernünftig vertretbar ist, versteht sich.“ Das betraf nur diejenigen teile, die sich ergeben wollten, der Rest würde wohl im Gefecht niedergemäht werden. Während der Schlacht war so etwas schließlich kein Mord. “Und schreibt dem derzeitigen Pächter, dass seine Pacht hiermit gekündigt wird. Ich kann nichts mit Männern anfangen, die eine Mine nicht anständig absichern können. Unser geliebter Kaiser will einen reibungslosen Strom an Erzen und sich genauso wenig wie ich mit diesem Blödsinn befassen. Haben wir jemanden, der die nötige Härte zur Führung einer Mine aufweist und übernehmen könnte?“ Petilinius Pertax überlegte. “Ich geh die Liste möglicher Nachfolger durch. Ein oder zwei kämen mir da schon in den Sinn“, meinte der Freigelassene und Vorsteher der ganzen Provinzverwaltung nach dem LAPP. Rufus vertraute dem Mann uneingeschränkt, sie hatten sehr viele Jahre gemeinsam in der Politik hinter sich und Pertax war ihm immer eine Stütze gewesen, ohne einen einzigen Fehltritt oder Anlass, das in ihn gesetzte Vertrauen in Zweifel zu ziehen. “Wo wir gerade dabei sind, dieser Medicus aus Iscalis hat mich gebeten, einen Brief an den Kaiser weiterzuleiten. Er bittet um Vergebung, kein Heilmittel für die Bleikrankheit gefunden zu haben und möchte sich vor Vespasian selbst verantworten.“ Rufus lächelte ein wenig amüsiert. “Ich glaube nicht, dass der Kaiser es lesen wird, aber ja, sende es ruhig mit den anderen Berichten mit. Und natürlich die Geschenke, die wir ausgesucht hatten. Das Schiff hat ja noch nicht abgelegt.“ Jetzt im aufkommenden Sommer war wieder Schifffahrt möglich, und auch wenn die Säulen des Atlas eine ekelhafte Meerenge waren und die Reise ohne Landüberquerung in Gallia ewig dauerte. Allerdings waren Ochsenkarren, um schwere Statuen zu transportieren, auch nicht schneller. RE: Arbeitszimmer des LAPP - Lucius Petilius Rufus - 08-04-2024 <<< Lucius Petilius Rufus arbeitete. Wie jeden Tag waren einige Stunden dafür reserviert, sich um die Belange der Provinz zu kümmern. Er hatte nicht unbedingt die Sorge, dass er abgesetzt werden könnte, denn die Lage war stabil, die Einnahmen aus den Silberminen flossen pünktlich nach Rom und er hatte selbst nur wenig, worum er den Kaiser bat. Und Vespasianus war ein Kaufmann. Sein Großvater war noch Maultierzüchter gewesen – eine Tatsache, an die einige Senatoren ihn gerne erinnerten – und von diesem hatte er gelernt, wie wichtig ein ausgeglichener Haushalt war. Rufus gab ihm keinen Grund, zu denken, dass er als Statthalter eine schlechte Investition wäre. Im Gegenteil, alles lief gut. Die XX Valeria Victrix unter Fabius Priscus stand vor der Insel Mona und er hatte zuletzt gemeldet, dass er die Insel endgültig einnehmen und dann zur IX Hispania im Norden aufschließen wollte. Wenn alles gut lief, war die Sache schon durch, während Rufus diese Nachricht gerade las. Das würde auch die neuerdings aufkommenden Störaktionen vereinzelter Keltengruppen demotivieren und hoffentlich beenden. Diese Insel voller Steine war ihnen heilig, eine erneute Einnahme durch Rom wäre sicher ein Zeichen, das weithin verstanden wurde. Ein Meldereiter wurde zu ihm eskortiert und Rufus blickte von seiner Lektüre auf. Er wartete den militärischen Gruß ab und nahm die ihm entgegengestreckte Schriftrolle entgegen, die offenbar für ihn direkt bestimmt war. Was im Grunde nur heißen konnte, dass sie vom Kaiser persönlich oder mindestens dem römischen Senat kam. Da es aber ein militärischer Reiter war und der Senat keine Befehlsgewalt über die Armee hatte, vom Kaiser. Ein kurzer Blick streifte noch einmal den Boten, der schmutzig vom Ritt war und nach Schweiß und Pferd stank. Der Mann schwitzte, und dabei war es eigentlich nicht so heiß hier in Britannia. Er musste lang geritten sein, obwohl das eigentlich für den Cursus Publicus vollkommen unüblich war. Eigentlich machte jeder Bote nur eine überschaubare Strecke, ehe er seine Nachricht übergab. Gute Boten waren schwer zu finden, man verschwendete sie nicht, indem man sie sich zu Tode hetzen ließ. Rufus brach also das Siegel mit einer gewissen Grundanspannung im Körper und entrollte das Schriftstück. Sein Blick glitt über die sorgfältig geschriebenen Zeichen einer nicht allzu langen, aber sehr eindeutigen Nachricht. Titus war schon immer recht effizient gewesen, mehr noch als sein Vater sogar. Rufus brauchte einen Moment, um sich zu sammeln und zu überlegen, was die Neuigkeiten bedeuteten. Es würde viel zu tun geben. Er räusperte sich, woraufhin sämtliche Tätigkeit im Raum erstarb. Alle blickten auf und warteten, ob dies ein zufälliges geräusch oder der Beginn einer Ankündigung war. Es war letzteres. “Imperator Caesar Vespasianus Augustus ist verstorben. Er erlag einer Krankheit. Ihm zu Ehren wird morgen in der Stadt ein dies nefastus abgehalten. Alle öffentlichen Termine sind zu verschieben. Informiert die Magistrate, die Anführer der verschiedenen Comitia und die Ausrufer, sie sollen es verkünden. Ihm folgt nach sein ältester Sohn Titus Flavius Vespasianus, dem bereits die Titel des Augustus und pontifex maximus verliehen wurden. Daher sei er von nun an Imperator Titus Caesar Vespasianus Augustus, dem ich hiermit vor euch als Zeugen meine Treue und Verbundenheit schwöre. Ihm zu Ehren ist ein öffentliches Festmahl in Londinium abzuhalten, so bald dies in Absprache mit den Magistraten und Comitia möglich ist. Die Büste mit seinem Abbild wird mit dem nächsten Frachtschiff hier eintreffen. Bis dahin sollen die Steinmetze geeigneten Stein auswählen. Wir benötigen drei Kopien für unsere Legionen so schnell wie möglich, damit die Legionen auf ihn neu vereidigt werden können. Die Legaten der Legionen sind unverzüglich zu informieren, damit sie Vorbereitungen hierfür treffen können. Dies beeinflusst aber nicht laufende Operationen, weder hinsichtlich der zwanzigsten, noch hinsichtlich der neunten Legion. Alle vorangegangenen Befehle bleiben in Kraft.“ Rufus atmete einmal tief durch. Er hatte gehofft, dass Vespasian noch etwas länger Kaiser wäre, denn Rufus mochte den pragmatischen Mann, sofern man in der Politik jemanden mögen konnte. Titus könnte schwieriger werden, wenn er seinen bisherigen Weg fortsetzte. Rufus bezweifelte zwar, dass er abgesetzt würde – Titus Interesse galt schon immer mehr dem Osten – aber jede Veränderung barg gewisse Risiken. |