"Ich weiß es nicht. Ich könnte Tarutius danach fragen, das ist unser neuer Dolmetscher. Er hat eine Mutter keltischer Abstammung und ist mit ihren Bräuchen gut vertraut", erwiderte Saturninus auf Kikis Frage mit den Birkenruten. Er selbst würde es nicht wünschen geschlagen zu werden; schon wenn sein Friseur Safar ihm nach dem Bade die Körperhaare auszupfte, war das Tapferkeitsprobe genug, fand er. Aber als Kiki sich vertrauensvoll an ihn schmiegte, vergaß er den Gedanken an Tapferkeit. Hier in der Zweisamkeit des Hauses des Roten Mondes (Scaevus, der gleich das Essen mitbringen würde, zählte er nicht) herrschte das Sanfte und Spielerische ja vor:
"Sich zu verlieben ist schön, Kiki. Aber doch angemessen sollte es sein. Eine amour fou macht nur unglücklich. Oder einer von beiden muss völlig vergessen, wer oder was er ist, und in neunundneunzig Prozent aller Fälle ist das dann die Frau", Saturninus seufzte:
"Sich jedoch ein wenig verlieben sollte doch nicht nur eine Hetäre, sondern auch ihr Gefährte, meinst du nicht? Ich könnte es. Du hast viel Liebenswertes an dir"
Er benutzte das griechische Wort -
hetaira- was Gefährtin bedeutete und wandelte es in einem Wortspiel ab, dann lachte er sie an:
" Dies hier ist ein sehr schönes Haus. Und es ehrt dich, dass du Aglaias Hilfe mit Loyalität vergiltst. Ich dachte auch nicht an eine kleine Mietwohnung, sondern an eine der besseren mit fließendem Wasser und Balkon. Es ist ein Angebot, Kiki. Du wärst dort meine feste Geliebte, denn wir würden den jetzigen Vertrag verlängern. Ich würde für dich immer sorgen. Auch wenn du eines Tages zu alt für mich bist"
Saturninus sagte völlig aufrichtig, was er dachte. Seine und Kikis Beziehung war nicht sentimental:
" Du wirst vielleicht denken, dass ich doch eigentlich Aglaia begehre. Und du hast Recht, dass sie mir lieb ist. Sie ist etwas Besonderes und nie und nimmer werde ich meinen Wind aus Arkadien vergessen. Ich bin ihr ein Freund. Und ich freue mich schon darauf, ihr Gesicht zu sehen, wenn sie erfährt, dass Tribun Ovidius völlig entmachtet worden ist. Dem Statthalter sind seine Umtriebe nicht entgangen"
Er, Saturninus, hatte, um Aglaia Genugtuung widerfahren zu lassen, einiges unternommen, um Petilius Rufus negativ auf den Tribun hinzuweisen, ohne diesen direkt anzuklagen:
"Aber eine Hetäre mit einem höchst eifersüchtigen Ehemann, ich bitte dich! Das geht nicht zusammen. Und ich dachte anfangs, er wüsste natürlich und wäre völlig einverstanden mit dem, was seine Frau betreibt, und ihre Ehe wäre rein formal. Aber nein! Der Bursche meint es ernst! Um Aglaias Gefühle zu schonen, werde ich ihr jedoch nicht verraten, wie er sich verhalten hat"
Saturninus schüttelte den Kopf. Licinianus Owain hatte nämlich
vor ihm gekniet wie ein Sklave und ihn angefleht, nicht mehr mit Aglaia zu schlafen. Für den Patrizier war dieses Verhalten so unerträglich unwürdig gewesen, dass er mit grausamen Hohn darauf reagiert hatte:
"Wenn ich etwas nicht mag, so sind es Konflikte im privaten Bereich",da wollte Saturninus seine Ruhe und sich erholen.
Es klopfte, und beladen wie ein Maulesel kam Scaevus herein. Er hatte anscheinend nicht genau gewusst, was er besorgen sollte, und daher aus der Taberna von allem eine Kostprobe besorgt: Dinkelfladen, gekochte Eier, Käse, einen Topf Honig, Moretum, Oliven, Nüsse, eingelegte Pilze, einen Linseneintopf, gekochten Fisch und dazu noch allerhand Küchlein. Nachdem der Sklave alles auf dem Tisch angerichtet hatte, blieb er mit hochrotem Kopf stehen.
Saturninus grinste vor Vergnügen:
"Scaevus hat wohl gedacht, dass du die gesamte II Legio Augusta hier zum Flötespielen hast", machte er einen etwas derben Witz:
"Was möchtest du denn gerne, meine liebe Kiki?"