Ich hatte mir wirklich viel Zeit gelassen, aus welchem Grund auch immer. Ich wollte nicht zu genau darüber nachdenken, was mein Bruder mit Nysa alles tun würde. Es war nicht so, dass ich eifersüchtig auf ihn war. Die dunkelhäutige Sklavin bedeutete mir nicht viel. Hätte sie nicht Prisca gehört, hätte ich sie längst freigelassen. Aber ich wollte es gerne Prisca überlassen, zu entscheiden, was sie mit ihr machen wollte.
Draußen war es unangenehm kalt. Kaum hatte ich ein paar Schritte gemacht, fing es auch schon an zu regnen. Ich lief zur nächsten Taberna und trat ein. Anstatt sofort ein Fässchen Bier zu kaufen, setzte ich mich erst einmal hin und bestellte einen warmen Met. Der Wirt schaute mich überrascht an, als er mir das dampfende Getränk brachte. Offenbar tranken seine römischen Gäste keinen Met. Ich hingegen nahm sofort einen großen Schluck. Ah, es war so gut, als der warme Met allmählich begann, mich von innen zu wärmen.
Nun saß ich da, ganz allein mit meinem Met. Meine Gedanken kreisten um das, was mir Louarn berichtet hatte. Der Tod Dunduvans hatte mich tiefer getroffen, als ich es Louarn hatte wissen lassen. Er war so verzweifelt gewesen und machte sich nun für alles verantwortlich. Dabei war er völlig unschuldig. So wie wir alle. Selbst Ciaran und Cinead! Wir waren alle das Produkt von Cathbads Machenschaften. Wenn jemand schuldig war, dann er!
Da ich die letzten Jahre fast ausschließlich unter Römern verbracht hatte, war meine Verbindung zu Dunduvan nicht so eng gewesen wie die zwischen Louarn und ihm. Dennoch erinnerte ich mich an unsere Kindheit und je länger ich darüber nachdachte, desto bedrückter wurde ich. Schließlich trank ich meinen Met aus, kaufte das Bierfässchen und ging wieder hinaus, um im Regen herumzulaufen. Als ich klatschnass und durchgefroren war, kehrte ich endlich zu meiner Wohnung zurück. Ich versuchte, ganz leise zu sein, als ich durch die Tür kam. Aus dem Nebenzimmer drangen eindeutige Geräusche. Natürlich hatte Louarn auch Nysa für sich gewonnen. Sie war eben auch nur eine Frau.
Ich schlich in den größeren Raum, zog meine nassen Klamotten aus und nahm mir eine Schale mit dem Eintopf, den Nysa gekocht hatte. Ich setzte mich neben die Feuerstelle und begann, meinen Eintopf missmutig zu löffeln. Trotz der Leere in meinem Magen hatte ich keinen rechten Appetit.