RE: Weniger romantisch als gedacht - der Nachwuchs kommt
Da standen wir wieder, genau dort, wo wir vor einigen Wochen schon einmal standen, nach dem Empfang für den Statthalter in Furius' Haus. An einem Tag wie diesem! Meine Absichten waren doch gut gewesen, ich wollte nicht über sie bestimmen. Konnte sie nicht sehen, wie alles miteinander zusammenhing? Sie hatte Angst, dass unsere Tochter das gleiche Schicksal erleiden könnte wie sie durch ihre Mutter. Aber wollte sie wirklich so weiterleben? Sie war jetzt auch eine Mutter! Hatte sie nicht den Wunsch, eines Tages aufzuhören und ein ehrbares Leben zu führen? Zumindest hatte sie einmal davon gesprochen. Welches Vorbild würde sie für unsere Tochter sein?
Sie war entsetzt über meine Worte. Ich hatte offen ausgesprochen, was ich dachte und mir wünschte. Vielleicht war der Zeitpunkt ungünstig gewählt, aber nachdem sie mir von den Absichten ihrer Mutter erzählt hatte, konnte ich nicht mehr anders. Ich sah es als meine Aufgabe an, sie und unser Kind zu schützen.
Als sie sich aufgerappelt hatte und gegen das Kopfteil ihres Bettes lehnte, schrie sie mich an. Das hatte sie noch nie getan. Ich war überrascht, ja geschockt. Unser Kind schrie weiterhin. Ich wiegte es zunächst noch in meinen Armen, um es zu beruhigen, aber es half nichts. Ich stand auf und gab das Kind einer der Hebammen.
Sie hatte nicht verstanden, was ich sagen wollte. Sie glaubte, ich wollte über sie bestimmen, als wäre ich ein Römer, der seine Frau wie ein unmündiges Kind behandelte. Aber das war nicht meine Absicht! Sie sollte erkennen, dass es besser für sie wäre, nicht mehr als Hetäre zu arbeiten. Ich sah, wie schlecht es ihr ging und wollte nicht, dass die Situation eskalierte. Daher schluckte ich meinen Ärger hinunter, wie ich es schon oft getan hatte, wenn es um dieses Thema gegangen war. "Nein, das bist du nicht", antwortete ich verhalten und setzte mich wieder auf die Bettkante. "Du bist meine Frau, ich bin dein Mann und das ist unser Kind. Ich will dir keine Befehle erteilen. Ich will nur, dass du keine Angst mehr haben musst und dass es unserem Kind gut geht. Das ist mein größter Wunsch. Ich habe dir versprochen, dich immer zu beschützen, egal gegen wen. Das habe ich nicht vergessen." Ich fühlte mich müde und belastet. Ich fragte mich, was ich wirklich für sie war. Ihr Freigelassener? Ihr Ehemann oder nur eine Marionette, die nach außen hin den schönen Schein wahren sollte? Dabei liebte ich sie doch so sehr und gerade jetzt wäre ich ihr gerne nahe gewesen. Damit ich ihr meine Dankbarkeit zeigen konnte, für das Geschenk, dass sie mir gemacht hatte. Ich streckte schließlich meine Hand nach ihr aus.
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