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Zu Ehren des Statthalters - Tod am Nachmittag
12-20-2023, 02:17 PM,
Beitrag #18
RE: Zu Ehren des Statthalters - Tod am Nachmittag
Nun galt es, dachte sich Philus nervös. Natürlich hatten sie sämtliche Kämpfer über die Regeln beim Kampf aufgeklärt. Er hatte sich sogar die Mühe gemacht, einen Übersetzer kommen zu lassen, damit auch wirklich jeder verstand.
Sorgen machte er sich trotzdem. Alle wussten, die Kelten waren ein kampflustiges Volk und einige von ihnen hatten scheinbar immer noch Vorbehalte (wenn auch nicht groß genug, um nicht das römische Preisgeld zu akzeptieren). Besonders bei dem Berserker mussten sie aufpassen. Er hatte ein paar tüchtige Legionäre aufgetan, die bei diesem Kampf dafür sorgen würden, dass der Verrückte sich an die Regeln hielt, aber man wusste ja nie. Und die Reaktionen des Legaten stimmten ihn nun nicht eben zuversichtlich. Der Mann war anspruchsvoll und offenbar kein Freund von abweichender Etikette.
"Saturninus, über einen der Kämpfe müssen wir sprechen", sagte er vorsichtig und leise, um niemand anderen einzuweihen. Kurz und knapp schilderte er die Teilnahme des Bärenmannes und seine Überlegungen dahinter, denn er wollte wissen, ob sie es nicht lieber sicher fahren wollten.

In der Arena unterdessen traten die ersten Kämpfer auf. Bowen, der sich mit leichter Bewaffnung völlig römisch gab und Ferghus, der das genaue Gegenteil darstellte. Die Spannung war jetzt schon greifbar, denn die wütenden Blicke, die Ferghus dem anderen Kelten zuwarf, waren nicht zu übersehen. Ob er ihn als Verräter an ihrem Volk ansah?
Bowen hingegen tat, was abgemacht war, als Saturninus ihn ankündigte: Er hob seine Waffen und wandte sich an die Zuschauer, ehe er laut skandierte:
"Für Iscalis! Und für Rom!"
Götter, dachte sich Philus mit einem Grinsen, war das käsig. Aber für die Narrative durchaus hilfreich. Das Volk liebte das Dramatische.

Ferghus hingegen brüllte laut, als sein Name ausgerufen wurde. Wie... eloquent.

Als die Kampfrichter den Beginn des Kampfes verkündeten, umkreisten sich die Kontrahenten wie lauernde Tiere. Philus, der durch sein Training mit Astérios nun ein wenig Kampfbildung besaß, erkannte, dass keiner der beiden der erste sein wollte. Man lief vielleicht in eine gut vorbereitete Finte des anderen. Bowen hatte jedoch, sagte er sich, einen Vorteil gegenüber seinem Volksbruder. Denn beide kannten den keltischen Kampfstil, während Bowen eine für Ferghus ungewohnte Bewaffnung besaß und auch einen neuen Stil verfolgte. Sicher war das Absicht gewesen. Bowen wollte gewinnen für das Geld und seinen Ruf in Iscalis. Stammesstolz hatte er hierfür abgelegt.
Schließlich war es Ferghus, der als erster losging. Er nutzte seine Lanze, die er mit beiden Händen führte, und machte einen weiten Ausfallschritt nach vorn. Selbst Bowen schien überrascht zu sein, wie weit nach vorn er die Spitze recken konnte und machte einen eiligen Schritt seitwärts. Ferghus holte die Lanze sofort ein, um sie fester halten zu können und fegte damit nun in Bowens Richtung, der rückwärts auswich und wieder und wieder den Fegebwegungen entging. Philus fand die Nutzung der Lanze auf diese Weise ungewöhnlich, musste aber anerkennen, dass die Waffe derart wuchtig anmutete, dass man damit den Leib eines Mannes vermutlich umhauen konnte. Welch Kraft musste ein Mann besitzen, um so ein Ding führen zu können?
Auch der Grund für diesen Kampfstil wurde ihm bewusst. Ferghus musste klargeworden sein, dass ihm der Todesstoß drohte, wenn Bowen die Distanz überwinden konnte.
Auf einmal machte sich Philus noch größere Sorgen. War es möglich, dass Bowen, der das harte Stammesleben für römischen Luxus aufgegeben hatte, seinem Volksbruder nicht gewachsen war? Welch Blamage war es, wenn der, der eben noch den Ruhm des römischen Reichs skandiert hatte, sich nun verprügeln ließ wie ein kleiner Junge? Er dachte nervös an die Wagenrennen zurück, die von der Keltin Bonni gewonnen worden waren, sehr zum Verdruss aller anwesenden römischen Edelmänner.
Bowen musste sich abrupt ducken, als der mächtige Ferghus die Lanze über seinen Kopf und dann über ihn hinwegschwang. Ein wuchtiger Hieb, der ihn vermutlich ohnmächtig geschlagen hätte. Als nächstes gewann der integrierte Kelte wieder an Distanz. Für Philus sah es aus, als würde er fliehen, musste aber die flinke Beinarbeit bewundern, die er an den Tag legte. Philus war auf einmal sehr glücklich über Astérios' Unterweisungen, denn zuvor wären ihm all diese kleinen Details gar nicht aufgefallen.
"Er will ihn müde machen", sagte er neben Saturninus, als er die Absicht Bowens erkannt hatte. Es beruhigte ihn, denn offenbar wusste der Mann, was er tat und war kein unfähiger Emporkömmling, wie befürchtet. Die Ausfälle und Schwünge von Ferghus schien auch tatsächlich schwerfälliger zu werden, sodass sich der Stammeskelte gezwungen zu sehen schien, die Distanz zwischen ihnen abzubauen. Er ging aggressiver nach vorn und das machte sich bezahlt. Als der Lanzenschaft auf Bowens Schild traf, glaubte er fast, dem Mann sei der Arm gebrochen worden, so schallte es. Als nächstes stieß Ferghus die Lanzenspitze vorwärts, ein, zwei, dreimal. Als Bowen auch dem entging, reagierte Ferghus, indem er den Schwung ausnutzte und mit einer Drehung seines Körpers den Lanzenschuh von hinten nach vorn schießen ließ. Er traf Bowen unter dessen ausgestrecktem Arm voll in die Seite.

Philus krallte seine Finger in seine Sitzfläche und saß angespannt. Das war ja kaum zum Aushalten. Ein Stöhnen ging durch die Menge. Das sah wirklich schmerzhaft aus und Bowen ließ einen Schrei los, der ihn schon glauben ließ, der Kampf sei vorbei.
Bowen ließ den ausgestreckten Arm nach unten schnellen und hielt den Speerschaft eisern fest. Nun konnte Ferghus ihn nicht mehr ausholen oder zurückziehen, ohne auch den bewaffneten Bowen zu sich einzuladen. Dieser nutzte die Unfähigkeit seines Gegners, um sich mit einem Ruck den Schaft entlang zu ziehen und holte zum Schlag aus.
Das erste Blut des Kampfes!
Er hatte lediglich Ferghus' Oberarm geschnitten, doch das lag daran, dass er die Regeln des Kampfes verinnerlicht zu haben schien. Ein Hieb durch den Hals wäre nämlich durchaus drin gewesen, dachte Philus mit einem Anflug von Zufriedenheit. Ferghus schien jedoch nicht bereit, aufzugeben. Er sah ein, dass der Kampf in eine neue Phase gegangen und sein Speer nun nutzlos war und - Philus bewunderte im Stillen Bowen dafür, dass er es zuließ - zog sein Schwert, nachdem er die Lanze fallengelassen hatte. Bowen nahm einen Schritt zurück. Und wieder umkreisten sie einander.
Abermals war es Ferghus, der als erster angriff. Die Schläge mit seinem Schwert wirkten noch immer mächtig, immer noch wuchtig, doch gelang es Ferghus, den ersten Hieb mit seinem Schild aufzuhalten und über den Kopf abzulenken. Er stach mit seinem eigenen Schwert zu, dem Ferghus nun allerdings entgehen konnte. Bowen zog nach und holte nach Ferghus' Bein aus, der den Hieb mühelos mit seiner Waffe parierte, mit dem anderen Fuß aufholte und auf die Stelle trat, die er eben schon mit dem Speer getroffen hatte. Bowen wankte, was angesichts der Verletzung nicht verwunderlich war. Er stolperte zur Seite, hielt sich jedoch aufrecht genug, um den herannahenden Ferghus abwehren zu können. Nicht zum ersten Mal bemerkte Philus, dass beide Kelten mit vollem Körpereinsatz kämpften. Sie nutzten nicht nur ihre Waffen, sondern ihre Körper als Ganzes, um dem Gegner zu schaden. Dennoch lag eine gewisse Anmut in ihren Bewegungen.
Immer wieder prallten die Schwerter aufeinander, denn sie beide schienen mehr als fähig, die Angriffe des jeweils anderen zu parieren. Auch Bowens Schild fand seine Anwendung, auch wenn Philus auffiel, dass er seine Schildseite weniger zu belasten schien, wohl wegen der schmerzenden Seite.
Auf einmal machte Ferghus eine ruckartige Bewegung, bei der er seinen Oberkörper nach hinten bog. Bowens Klinge flog sirrend an ihm vorbei, mit einem solchen Schwung, dass der Iscaler Kelte dem Wilden nun den Rücken zuwandte. Damit war es vorbei, dachte Philus, doch nein! Den Schwung einfach weiter ausnutzend, hob Bowen seinen Schild und ließ diesen mit einem Kampfschrei in Ferghus' Wange krachen. Durch die Menge ging ein verblüfftes Seufzen, dann jubelten einige vereinzelt. Andere klatschten. Natürlich feuerten sie Bowen an.
Ferghus war das Schwer aus der Hand gefallen. Er blutete aus dem Mund und selbst von hier konnte Philus den Bluterguss auf seiner Wange sehen. Das hatte wehgetan.
Bowen sagte etwas und nickte in Richtung des Schwerts. Scheinbar gab er Ferghus noch eine Chance. Wollte er die Sache ehrenhaft beenden, war es Stammesstolz oder wollte er dem Volk möglichst viel Gelegenheit geben, einen guten Kampf zu sehen? Was auch immer der Grund, Bowen wartete, bis Ferghus die Waffe aufgehoben hatte und aufstand.
Nun wurde offensichtlich, dass der Keltenkrieger wenn überhaupt noch wütender kämpfte, doch wirkte er nicht ansatzweise so flink wie Bowen. Beide waren angeschlagen, doch es war nun offensichtlich, wer den Kampf gewinnen würde. Noch ein paar Mal prallten die Klingen aufeinander und Ferghus gelangen noch ein paar überraschende Ausfälle. Doch Bowen besaß schlicht noch mehr Energie und traktierte Ferghus langsam aber sicher in die Defensive. Aus dem unaufhaltsamen Angreifer war jemand geworden, der verzweifelt die zahlreichen Stiche eines Bienenschwarms aufzuhalten versuchte. Immer wieder gelang es Boden, Ferghus Deckung zu durchbrechen, bis dieser schließlich erneut am Boden lag.
Diesmal gestattete Bowen keinen weiteren Versuch, sondern trat auf die am Boden liegende Waffe des Kontrahenten und hielt ihm die eigene Klingenspitze an die Kehle. Schwer keuchend sah er sich um, blickte hinauf in die Ehrenloge und wartete auf das Urteil der Menge.
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RE: Zu Ehren des Statthalters - Tod am Nachmittag - von Marcus Nautius Philus - 12-20-2023, 02:17 PM

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