RE: Wagenrennen und Circusspiele - zu Ehren des Statthalters
Aufgrund der Feierlichkeiten zu Ehren des Statthalters blieb heute die Curia geschlossen und alle Mitarbeiter hatten frei. So auch Leander, der die Chance nutzte, an eben jenen Festakten auch teilzunehmen. Natürlich hatte er auch Seneca zu überreden versucht, aber der war nicht wirklich angetan von Menschenmassen zu, wie er es nannte, profaner Zerstreuung und barbarischer Zurschaustellung von Körperlichkeit umgeben zu sein. Also war Leander dann schließlich ohne ihn aufgebrochen, in der Toga eines Bürgers natürlich, und das nicht nur wegen besagter Zurschaustellung und Zerstreuung. Nein, Leander hatte da sehr viel einfachere Gründe.
Er war jetzt Bürger, und er war schon über dreißig, und er war, soweit er wusste, als Erbe eingesetzt. Und das alles lief auf einen Umstand hinaus: Er musste heiraten, und zwar bald. Die frage des Kindes konnte notfalls mit einer Adoption geregelt werden, aber die Ehefrau war nicht ganz so einfach zu beschaffen. Notfalls stand natürlich noch die Option im Raum, eine Sklavin zu kaufen und zum Zwecke der Eheschließung freizulassen, das war Plan B. Aber zunächst einmal wollte Leander sich auf dem herkömmlichen Weg umsehen. Und dafür waren solche Veranstaltungen gut geeignet.
Natürlich war er nicht so vermessen, auf eine patrizische Jungfrau zu hoffen. Auch wenn Plautius Montanus, der Großcousin von Seneca, unverschämt reich war und Leander definitiv sehr viel besser aussah als dieser Plautier, so war wohl nicht angedacht, ihn auch zum Erben dieses Vermögens zu machen. Dazu war er natürlich auch Freigelassener und nicht Freigeborener, was ein gewisses Manko darstellte, was die Bekleidung öffentlicher, höherer Ämter anging. Daher wäre wohl außer mit einer sehr verzweifelten, verarmten Familie alten Adels, die es in Iscalis wohl nicht gab, nicht mit einer Dame aus diesem Bereich zu rechnen.
Nein, eher eine Witwe, die einen zweiten Mann suchte, oder etwas gut Bürgerliches. Das war eher der Bereich, der für Leander realistisch war. Aber um so jemanden kennenzulernen, musste er sich erst einmal umsehen.
Und so also ging er zu den Spielen, auch wenn Wagenrennen nicht unbedingt sein Steckenpferd waren, und setzte sich in die Ränge des gewöhnlichen Volkes. Vielleicht konnte er sich ja mit jemandem geeigneten schon einmal unterhalten und feststellen, ob das für eine Ehe nötige Maß an Sympathie vorhanden war. Die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt.
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