Das Ende des "Weißen Pferdes"
Es hatte fast wochenlang am Stück geregnet und die Taberna war so klamm, dass wir schon wegen der Kinder rund um die Uhr heizen mussten, damit sie nicht krank wurden. Commodus oder ich würden mehrfach in der Nacht Holzscheite in der Küche unten sowie unserem privaten Herd im Wohnzimmer nachlegen, damit alles warm blieb und die Wärme von unten nach oben in die Schlaf- und Wohnräume zog. Diese Nacht war Commodus an der Reihe gewesen, da er mal zur Abwechslung nicht schon vor Sonnenaufgang zur Jagd aufbrach und ich konnte durchschlafen, so lange mich die Zwillinge oder Flora nicht weckten.
Statt Kindergeschrei weckten mich allerdings Atemprobleme und massive Kopfschmerzen und erst nach einer gefühlten Ewigkeit begriff ich, was ich da roch. Rauch! Das Adrenalin schoss durch meine Adern und als erstes versuchte ich meinen Mann zu wecken, der neben mir lag, während bereits fast der ganze Boden des Zimmers voller Rauch war. Ich schüttelte ihn mit aller Kraft, aber nichts half. Sein glasiger Blick richtete sich bereits zur Decke und mir würde es genauso gehen, wenn ich mich jetzt nicht in Bewegung setzte. Die Kinder! Ich musste zu den Kindern...
Ich kämpfte mich aus dem Bett und taumelte durch die verrauchte Dunkelheit und musste bei der Tür erst einmal qualvoll nach Luft schnappen. Ich konnte kaum atmen. Ich sammelte alles was ich noch an Kraft und Puste hatte und rief nach Helena, Samira, Hassani und die Namen der Kinder. Alles was mir in meinem Zustand einfiel und immer wieder Feuer. Samira und Helena sah ich bereits mit den zwei älteren Mädchen und ich taumelte ins Zimmer der Zwillinge und der kleinen Flora.
Ich nahm die Zwillinge aus ihrem gemeinsamen Bettchen und klemmte mir jeweils ein Kind unter den Arm und machte mich auf zur Treppe, die ich so schnell es ging nach unten stieg. Am Fuße der Treppe kam mir Helena entgegen, die mir die beiden aus den Armen nahm und nach draußen brachte und ich drehte wieder um und kämpfte mich gegen den Rauch und die Flammen unter Hustenkrämpfen wieder nach oben durch. Vom Wohnzimmer her züngelten riesige Flammen in den Flur und die Hitze versengte mir die Haut und die Haare.
Ich riss die wie von Sinnen kreischende Flora aus ihrer Krippe und machte mich abermals auf den Weg zur Treppe. Das Untergeschoss des Hauses war aus Stein im Gegensatz zum Obergeschoss, das aus Holz war und nun lichterloh brannte. Von überall her hörte man nun Geschrei, aber zu mir drang nur wenig durch. Ich taumelte die Treppe hinab und drückte Samira das Baby in die Hand, die schnell damit nach draußen lief. Ein Hustenanfall schüttelte mich und ich brach mitten im Schankraum am Fuß der Treppe zusammen.
Das letzte, das ich sah, waren Samira und Helena, die versuchten sich zu mir durchzuschlagen, ehe ein Teil der Zwischendecke herabfiel und ein brennender Dachbalken auf mich herab stürzte, der meinem Leben ein Ende bereitete.
|