RE: Cubiculum | LTC
Er wollte nicht mit ihr weglaufen, zumindest nicht gleich und nicht unüberlegt. Prisca verstand das, auch wenn sie sich nach etwas anderem sehnte und einwenden wollte, dass ihr Mann sie nicht suchen würde, wenn sie ihn verließ, da sie ja dann auch nicht länger verheiratet wären. Ab dem Zeitpunkt, ab dem sie weglief, wäre sie nicht länger seine Ehefrau. Aber sie verstand natürlich Corvus’ Sorge und er hatte recht, sie sollten das planen. Sie hatte auch schon eine Idee, musste dafür aber noch ein wenig mehr darüber nachdenken, ob das wirklich eine gute Idee wäre.
Carisia Prima, die Witwe ihres Vaters, war ihr immer in Freundschaft verbunden gewesen. Ihr Vater Aulus Carisius Primus hatte schon einmal angeboten,s ie aufzunehmen. Gut, damals war sie unverheiratet gewesen und das war etwas anderes als eine flüchtige Ehefrau. Aber wenn sie ihm erklärte, wie schrecklich ihr Bruder sie behandelt hatte und wie ihr Ehemann war, dann würde er ihr bestimmt helfen, vom Legatus Augusti die Erlaubnis zu erhalten, stattdessen Tarutius Corvus zu heiraten. Und Carisius Primus könnte dann Verwalter ihres Vermögens werden, auch wenn es nicht so viel war. Ja, für Prisca klang das sehr gut.
Sie kam aber nicht dazu, es vorzuschlagen, denn auf einmal entzog sich Corvus ihr und fing an zu reden. Er sei kein Römer, sondern ein Kelte. BÄMM! Prisca glaubte, sich verhört zu haben, aber er redete weiter und erzählte, dass seine Mutter von einem Römer vergewaltigt worden wäre und Selbstmord begangen hätte, als er noch ein Kind war.
Prisca saß da im Dunkeln und hörte das Blut in ihren Ohren rauschen. Wenn Corvus kein Römer war, dann konnte sie ihn nicht heiraten. Niemals. Eine Römerin konnte einen Peregrinus nicht heiraten. Und er war ein Peregrinus. Einer, der sich als Römer ausgab. Was sehr gefährlich war, denn wer bei dieser Lüge erwischt wurde, der wurde öffentlich geköpft! Und die Gefahr, erwischt zu werden, bestand bei jedem Census erneut. Und jetzt verstand Prisca auch Corvus’ – nein, Alun! Er hieß Alun – Zurückhaltung und Angst vor ihrem Ehemann. Ja, Merula würde ihn köpfen lassen, wenn er ihn erwischte. Prisca holte zitternd Luft und schluchzte leicht dabei, weil alle ihre Träume und Hoffnungen gerade gewaltvoll zerbarsten und sich als unmöglich herausstellten. Niemals konnte sie mit ihm eine richtige Familie haben, niemals ihm einen Sohn in die Arme legen und ihm sagen, wie sehr sie ihn liebte, niemals an seiner Seite stehen, während die ganze Welt wusste, dass sie beide eine Seele in zwei Körpern waren. Und Prisca konnte nicht anders, als deshalb leise zu weinen. Das war so ungerecht! Warum nur zeigten die Götter ihr, was wahre Liebe war, wenn sie sie dann nicht leben konnte?
Dann aber redete Alun weiter, davon, wie verloren er sich fühlte, und dass sie ja nicht wisse, wie das wäre, wegen des eigenen Aussehens ausgestoßen zu sein. Prisca rutschte auf ihre Knie und an seinen Rücken, um ihn von hinten fest zu umarmen und ihre nasse Wange an seine Schulter zu schmiegen. “Ich weiß ganz genau, wie das ist, wegen des eigenen Aussehens geschmäht und gehänselt zu werden“, sagte sie und klammerte sich richtig fest an ihn. Auch wenn sie noch weinen musste, spendete seine Nähe Trost, und sie wollte ihn nicht wieder aufgeben. Sie konnte nicht. Sie liebte ihn. “Was machen wir denn jetzt?“ fragte sie traurig. “Ich liebe dich, Co… Alun. Ich liebe dich. Ich will nicht ohne dich sein. Auch wenn ich dich nicht heiraten kann. Aber ich kann nicht… ich kann nicht ohne dich sein. Ich will nur dich so fühlen, jede Nacht am liebsten. Bitte sag mir, dass es einen Weg für uns gibt und ich dich nicht verliere.“ Denn davor hatte Prisca wirklich Angst. Die Vorstellung allein war so schrecklich, dass sie sich sicher war, ohne seine Liebe nicht leben zu wollen.
Vormund (Tutor): Aulus Carisius Primus (NSC)
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