RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas
“Flavianus Pü, wenn du in einigen Tagen schon wieder praktizieren und mit kranken Menschen hantieren willst, binde ich dich höchstpersönlich in deinem Bett fest“, sagte ich streng, als er das so lapidar in den Raum stellte. Ganz sicher würden die Verletzungen mehr als nur ein paar Tage brauchen, um gut zu verheilten, und er sollte sich nicht selbst umbringen, nachdem ich so mühevoll verhindert hatte, dass ein anderer das tat. Ich würde auch Calum sagen, dass er da aufpassen sollte, damit der kleine Medicus nicht gleich wieder alle Bemühungen zunichte machte, nur weil er es nicht schaffte, in einem Bett zu liegen und zu heilen.
Dazu, dass er meinte, dass nicht alle Römer wie der Tribun waren, schenkte ich ihm nur einen Blick mit hochgezogenen Brauen und ein kleines Schnaufen. Vielleicht waren nicht alle gleich gewalttätig, aber ich hatte noch keinen ehrenwerten und erst recht keinen vernünftigen Römer getroffen. Alle waren sie mindestens arrogant und selbstverliebt, furchtsam und misstrauisch, der Wahrheit nur selten verpflichtet und gierig. Und wäre der römische Kaiser nicht genau so, würde er die Britannier in Frieden lassen und nicht seine Legionen ausschicken, um Dörfer niederzubrennen, zu versklaven und zu vergewaltigen. Und das sagte ich, der sie nicht einmal hasste, wie Dunduvan das beispielsweise tat.
Er erzählte weiter. Als er meinte, Calum hätte ihm erzählt, er sei ein halber Kelte, blieb ich kurz überrascht stehen. “Ach, das hat er erzählt….?“ meinte ich nachdenklich. Ja, Calum war verliebt in Flavianus Pü, das wusste ich seit unserem Gespräch in der schmiede. Aber dass er ihm das anvertraut hatte… Anscheinend waren die Gefühle doch tiefer, als ich erst gedacht hatte. Ich hoffte dennoch, dass Calum clever genug war, Flavianus Pü nicht alles zu erzählen. Der Mann war immer noch mit dem römischen Kaiser verbunden, und ich war mir nicht sicher, ob er sich in dem Fall wirklich dazu entscheiden würde, zu schweigen. Und Dunduvan würde ganz sicher auf seinen Tod bestehen, wenn er es herausfände. Wäre Flavianus Pü Kelte, wäre das eine Sache. Aber er war kein Kelte. Damit war das ganze doch ziemlich gefährlich für ihn. Noch gefährlicher als das hier.
Er stand auf und hantierte mit seiner schmutzigen Tunika herum. Ich wollte ihn schon aufhalten, als er es selbst einsah und sie beiseite legte. So einen Moment ganz nackt sah er schon erbärmlich aus mit den fielen Verbänden, die Ciaran ihm angelegt hatte. Ich fragte mich, ob Calum den Anblick wirklich packte. Aber ich wüsste nicht, wie ich ihm das abnehmen hätte sollen.
Ich ging zu Flavianus Pü, als er sich den Mantel umlegte, und bot ihm meinen Arm als Stütze an. Ihn irgendwie von selbst zu umarmen und zu stützen traute ich mich nicht, da ich garantiert auf eine der Nähte gedrückt hätte. Ging gar nicht anders. Da sollte er lieber selber entscheiden, wie viel Stütze er wollte und brauchte.
“Hat… äh… Pally dir nicht irgendwas reingemischt, dass betäubt? Vielleicht ist er noch da, wir könnten ihn nach etwas fragen? Und ich geh langsam und so vorsichtig, wie möglich“, meinte ich, während ich ihn langsam nach draußen führte. Sollte Calum ihn mit Tee abfüllen, wenn wir bei ihm zuhause und er in einem sauberen Bett war, und nicht hier zwischen Chaos, Tod und Zerstörung.
Falke
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