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[Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Druckversion

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[Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Flavianus Pytheas - 03-09-2023

[Bild: Medicus-Praxis-1.png]

Praxis (Iatreion) des Medicus Flavianus Pytheas

Sprechstunde:  Dienstag Donnerstag
von Sonnenaufgang bis Mittag
Erstberatung gratis

Die Taberna - A - II liegt im Erdgeschoss und besitzt einen Zugang von der Straße.  Seitlich fällt über den Innenhof Tageslicht hinein, was der ärztlichen Arbeit nur zuträglich ist. Die Einrichtung besteht aus einer Kline, zwei Stühlen und einem Regal, in dem Schriften aber auch Instrumente und einige fertige Tinkturen lagern.  
Ein Wartezimmer gibt es nicht, doch eine bescheidene Statue der Göttin der Gesundheit Hygeia und ein Opfertisch empfangen die Wartenden von der Straße und erlauben, der göttlichen Tochter des Äskulap ein kleines Weihopfer darzubringen.

Die Praxis im Neubaugebiet ist eine Zweigpraxis der noch großzügigeren Räumlichkeiten der Casa Octavia, in denen auch chirurgische Eingiffe durchgeführt und verschiedenartige Medikamente hergestellt werden.
Dort praktiziert Pytheas Montag, Mittwoch und Freitag. Der Samstag und Sonntag aber gehört ganz seinem Kampf gegen die Bleikrankheit im Bergwerk von Iscalis


Abbildung: Cleanpng, gemeinfrei 




Das Experiment - Flavianus Pytheas - 03-19-2023

Es gab die von mancher Ärzteschule vertretene Theorie, dass das Heilmittel oft ganz in der Nähe der Krankheit zu finden war. Also hatte Flavianus Pytheas angefangen, zu suchen, was in der Nähe der Minen wuchs oder entstand oder mit abgebaut wurde.
Der Gelehrte Strabon schrieb von Pseudoargyros , falschem Silber, welches bei der Verhüttung von Blei von den Ofenwänden tropfte. Die Arbeiter, die mit dem falschen Silber in Kontakt kamen, litten angeblich weniger unter der Bleikrankheit. Also hatte sich Pytheas von dem silbrig glitzernden Metall welches kommen lassen.
Je mehr Zeit verstrich, desto dringlicher wurde es, Resultate zu liefern. Sein Patron war kein besonders geduldiger Mann.
Pytheas hatte über den Einsatz von Pseudosilber nichts gefunden. Mittlerweile verließ er das Gebiet der bekannten Heilmittel und war ganz und gar ins Experimentelle übergegangen. Und während er die Heilpflanzen, deren Wirkung er gut abschätzen konnte, an den Minensklaven austestete, hatte er beschlossen, die Nebenwirkungen des unbekannten Stoffes an sich selbst auszuprobieren. Erst wenn die sekundären Effekte beherrschbar waren, würde er weiter forschen, ob die von Strabon beschriebene Hauptwirkung existierte.

Der letzte Patient war gegangen. Pytheas sperrte die Tür hinter ihm zu, dann las er noch einmal die Strabon- Stelle und legte die Schriftrolle auf den Tisch. Er war hier geblieben, damit sich Wicho keine Sorgen machte. Sein Gehilfe würde vielleicht versuchen, ihn von seinem Experiment abzubringen.

Der Medicus zermörserte sorgfältig das Pseudoargyros zu feinem Pulver, dann streute er sich etwas davon auf den Arm und rieb es ein. Danach zog er sich ein Tuch über den Kopf und zwang sich, das feine Pulver tief zu inhalieren. Nichts geschah. Er zog das Tuch ab und legte sich auf die Behandlungsliege, die Arme verschränkt hinter dem Kopf. Sein Blick fiel auf eine kleine Spinne, die unermüdlich an ihrem Netz wob. Er schlief einen Moment ein.

Pytheas erwachte. Es war später; das Fenster zeichnete sich wie ein blaues Viereck ab; der Mond war noch nicht aufgegangen. Der Freigelassene fühlte sich, als wäre er verprügelt worden, jedes einzelne Körperglied tat ihm weh. Seine Zähne klapperten aufeinander, das typische Anzeichen, dass das Fieber noch im Steigen war. Sein Kopf schien zu platzen.

In den Falten des Vorhangs, der das Behandlungszimmer und den Vorraum unterteilte, sprangen kleine Köpfe auf und nieder ; von Menschen, die er gekannt hatte und die nun alle fast tot waren.
Fieberwahn, notierte Pytheas, bevor er in den Wirbel der Halluzinationen mitgerissen wurde:
 Sein alter Lehrer Andromachus blickte ihn ernst und streng an. Sein erster Herr, der Caesar Augustus Nero, richtete einen völlig leeren Blick auf ihn und schleuderte ihn mit einem irren Lachen zurück in seine eigene Kindheit im Palast, als er einer der vielen Jungen gewesen war, die bei Banketts bedienten. Nach einem solchen Gelage dämmerte oft schon der Morgen herauf, und er spürte die Kälte des Marmorbodens, als er sich zwischen zwei Statuen verkroch, damit ihn niemand finden konnte. Wie oft war er frierend in einem Versteck eingeschlafen. Jetzt fror er auch... aber das war nicht der Marmorboden. Eine Frau tauchte auf, die ihn traurig anblickte, und Pytheas dachte, sie zu kennen, aber ihm fiel ein, dass er sich an seine Mutter nicht erinnerte. Gewiss hatte er eine gehabt, jeder Mensch hatte eine Mutter.
Dann ein Kopf mit goldenen Locken, tote Augen im marmorblassen Gesicht, das war sein Freund 
Sporus. Nero hatte ihn kastrieren lassen und geheiratet. Sein Spitzname unter den anderen Sklaven war "Persephone" gewesen. Der Gott Hades hatte sich in Persephone verliebt und sie in die Unterwelt entführt. Der Kaiser hatte Sporus geraubt und in seine ganz eigene Unterwelt verschleppt.... Den stillen Pytheas mit seinem seltsam forschenden Blick hatte er nicht gerne um sich gehabt, was für ihn letztendlich ein Glück war, denn sonst wäre er auch tot wie der andere Junge.....und neue Bilder überstürzten sich, diesmal von Patienten, viele noch am Leben, einige geheilt, einige verstorben. Pytheas erinnerte sich an all seine Patienten.
Als Lehrling des Hofarztes Andromachus hatte für den jungen Sklaven ein neues Leben angefangen. Das war der Moment in seinem Leben, als er endlich ein Schlafzimmer und eine dazugehörige Tür hatte, die er zusperren konnte.Erst hatte er dem Meister assistiert, dann eigene Fälle behandelt. Die Medizin machte Pytheas glücklich. Sie wurde die Basis und der Halt seines Lebens....
Pytheas glühte im Fieber. Aber die Kälte wich Hitze, was ihm anzeigte, dass es nun den Höhepunkt erreicht hatte. Er begann zu schwitzen, und der Fieberwahn ließ nach. Der Vorhang war einfach nur ein Vorhang. Fieberkrise, notierte er, während ihm der Schweiß in Bächen hinunterlief, und seine Tunika so nass wurde, als hätte er damit einen Fluss durchschwommen. 

Pytheas fühlte sich schwach wie ein Lämmchen. Er streifte die durchnässte Tunika ab und wickelte sich in seine Decke. Er schlief ein.
Schon mitten in der Nacht erwachte er. Das Fieber durch das Pseudosilber war verschwunden, als hätte es nie stattgefunden. Er fühlte sich gesund und munter und trank drei Becher Wasser. Das also waren die Nebenwirkungen*


* Sim off: Das Falsche Silber verursacht Gießerfieber  




RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Flavianus Pytheas - 03-28-2023

Pytheas ärgerte sich über sich selbst. Die Wirkung des Pseudosilbers hatte ihn umgehauen, und das lag daran, dass er es zu großzügig dosiert hatte. Die nächsten Tage machte er es besser. Bald hatte er eine Dosis, die führte nur noch zu einer abendlichen Grippe mit Gliederschmerzen und Fieber, knockte  ihn aber nicht mehr aus. Er konnte sogar währenddessen, in eine Decke gehüllt und vom Fieber geschüttelt, beim Schein seiner Öllampe Patientenakten durchlesen. Um jeden einzelnen Patienten machte sich der Medicus Gedanken. Jede Tabula bedeutete doch im Grunde ein Menschenleben. Aber am meisten Gedanken machte er sich gerade um Excenturio Sabinius Merula; was ihm bevorstand, war nicht nur für den Patienten risikoreich, sondern auch für den behandelnden Medicus eine schwierige Operation.


RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Accia Prisca - 04-17-2023

Es war nur mehr etwas über eine Woche bis zur geplanten Hochzeit, und auch ihr Bruder hatte sich dazu herabgelassen, Prisca zumindest den Termin zu bestätigen. Und so kam auf sie und Miriam nun noch eine ganze Menge Arbeit hinzu, denn natürlich sah sich Marcus Accius Florus nicht bemüßigt, etwas für die Hochzeit seiner Schwester zu arrangieren oder Geld dafür bereitzustellen. Und so planten Prisca und Miriam mit ihren bescheidenen Mitteln in den Momenten, wenn Prisca nicht webte, bis ihre Finger von den Fäden und der Arbeit völlig zerkratzt waren. Aber immerhin war ihr Kleid fast fertig, so dass Prisca nun noch andere Aufgaben übernehmen musste.

Unter anderem eben, die Nachbarn alle über die Hochzeit aufzuklären und einzuladen. Miriam bestand darauf, dass sie das am besten persönlich machte, im Sinne guter Nachbarschaft. Und so hatte Prisca schon die meisten anderen eingeladen und darauf vorbereitet, dass hier eine Feier stattfinden würde. Nur bei dem Medicus hatte sie es noch nicht geschafft, da dieser nur zu bestimmten Zeiten da war. Prisca war sich auch gar nicht sicher, ob er überhaupt zur Hochzeit anwesend sein würde, da diese weder an einem dies Martis, noch an einem dies Iovis war. Aber dennoch wäre es wohl unhöflich gewesen, ihn deshalb gar nicht erst einzuladen.

Also war Prisca noch vor Sonnenaufgang an der Praxis und unterdrückte ein Gähnen, während sie wartete, dass geöffnet würde. Sie wollte ja auch gar nicht lange Zeit beanspruchen und danach noch wieder zur Villa Claudia gehen, um noch die letzten Stücke ihrer tunica recta fertig zu weben, auch wenn ihre Finger es ihr wohl kaum dankten. Sie schaute einmal hinunter auf die Fingerspitzen, die allesamt noch immer gerötet waren. Einige hatten ein paar leichte Kratzer und Schnitte im Laufe der letzten Wochen erhalten. Sie seufzte. Eine noble Braut sah wohl anders aus.


RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Flavianus Pytheas - 04-18-2023

Wie nach jeder Nacht war das Fieber wieder verflogen. Pytheas wusch sich mit kaltem Wasser, wechselte seine durchgeschwitzte Tunika und wollte aus der Tür hinaus, um vor Hygeia ein paar Mastixbröckchen zu opfern. Er mochte den adstringierenden Geruch des Harzbalsams, den er sich von der Insel Chios importiert hatte. Er öffnete die Tür, und er erkannte eine Besucherin - da allerdings die Sonne noch nicht aufgegangen war, nur als dunklen Schemen in Frauengewändern, der sich gegen das etwas hellere Dämmerlicht abhob. Pytheas hielt sie für eine Patientin.
"Salve Herrin", sagte er und hob seine Öllampe, um etwas erkennen zu können: "Du möchtest zu mir? Komm doch herein in die Praxis" 


RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Accia Prisca - 04-18-2023

Als die Tür plötzlich geöffnet wurde, erschrak Prisca sich und versteckte schnell ihre Hände hinter dem Rücken. Vor ihr stand ein junger Mann, der sie freundlich ansah und sogar in die Praxis bat. Kurz schaute sie die Straße in Richtung Osten hinunter, wo zwar schon helles Grau über den Himmel zog, aber die Sonne noch nicht wirklich aufgegangen war. Bis Prima Lux war es noch ein klein wenig hin.
“Oh, Salve“, sagte sie und war etwas verwirrt, als Herrin angesprochen zu werden. In ihrer Welt hatten Ärzte einen angeseheneren Stand als sie, insbesondere im Moment, und noch war sie auch nicht verheiratet und eine ehrbare Matrone. Kurzum, die Anrede überforderte sie ein wenig.
“Ja, möchte ich, aber ich möchte dich nicht vom Frühstück abhalten, ich bin ja noch zu früh. Ich wollte nur zeitig da sein, damit ich nicht warten muss. Also, später, wenn du gefrühstückt hast.“ Prisca wollte sich wirklich nicht aufdrängen und den Tagesablauf des Medicus durcheinander bringen.
“Es ist nichts dringendes. Ich wollte dich nur zu meiner Hochzeit nächste Woche einladen.“ Ja, gut, jetzt war es irgendwie schon raus, was sie wollte, aber trotzdem konnte sie auch warten, bis der Medicus etwas gegessen hatte und wirklich öffnete.


RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Flavianus Pytheas - 04-18-2023

Pytheas war die Bewegung der jungen Frau, die ihre Hände hinter ihrem Rücken versteckte, nicht entgangen, und sein Blick folgte dieser Bewegung:
"Etwas Wasser und Puls, das hat sich nachher schnell", sagte er: "Äh, du wolltest mich zu deiner Hochzeit nächster Woche einladen? Das ehrt mich, und ich danke Dir sehr. Bitte nimm doch einen Moment Platz", er stellte einen Stuhl für sie hin und setzte sich ihr gegenüber:
"Aber wie komme ich zu dieser Ehre? Und wie ist dein Name, Herrin?", fragte er. 
Pytheas erhielt so gut wie nie private Einladungen. In Rom hatte er manchmal welche bekommen, um über ihn vielleicht an den Kaiser heranzukommen. Aber das taten nur Männer, die nicht wussten, dass der Caesar Augustus über ein ganzes Heer von Sklaven- und Freigelassenen - Ärzten gebot, und er, Pytheas, keinesfalls wichtig war.
Die Besucherin wirkte indes nicht so, als würde sie einen Zweck verfolgen. Sie schien eine freundliche, junge Frau zu sein - vielleicht mit einer etwas schlechten Körperhaltung, was daran lag, dass sie versuchte, möglichst wenig Raum einzunehmen, dachte Pytheas.
Er stellte die Öllampe auf den Sims und streckte seine beiden Hände aus: "Und bitte lass mich deine Hände ansehen", bat er.


RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Accia Prisca - 04-18-2023

Sein Frühstück war nicht wirklich spektakulärer als das von Prisca. Sie hatte angenommen, dass ein Medicus mehr Geld hatte. Andererseits aßen die meisten Menschen morgens eher spärlich, mittags die Reste des vorigen Abends und Abends dann warm und ausgiebig. Sie ließ sich also trotz ihres schlechten Gewissens einladen und betrat die noch dunkle Stube, die vom Schein der Öllampe ein wenig erhellt wurde. In nicht einmal einer halben Stunde, wenn die Sonne richtig aufgegangen wäre, wäre es hier sicher schön hell, aber grade noch nicht. Prisca nahm Platz, schon allein, weil sie es nicht gewohnt war, sich gegen Männer – auch freundliche – durchzusetzen und sah dem Arzt hinterher, wie der die Lampe abstellte und sich dann ihr gegenüber setzte und ihr die Hände auffordernd entgegenstreckte.
"Ich bin Accia Prisca, Tochter von Marcus Accius Priscus“, sagte sie gewohnheitsmäßig, ehe der Schmerz sie wieder traf und sie kurz einmal luftholte, um sich wieder ganz zu fassen. “Tochter des verstorbenen Marcus Accius Florus“, verbesserte sie sich und holte ihre Hände hinter dem Rücken vor. Sie besah sie sich noch einmal und faltete sie dann vor ihrer Brust, als würde sie das verstecken. “Ich hab gar kein Geld, um dich zu bezahlen. Und es ist auch wirklich nicht schlimm“, sagte sie ehrlich und legte die Hände zögerlich zwischen seinen auf dem Tisch ab, so dass er jetzt nicht unbedingt gezwungen war, danach zu sehen, wo sie ihn ohnehin nicht würde bezahlen können, sie ihm aber nun auch nicht wirklich widersprochen hatte.

“Und du bist mein Nachbar. Ich wohne schräg über dir, ganz hinten in der Wohnung neun“, fing sie also an, zu erzählen, warum sie ihn einlud. “Die Hochzeit soll am sechsten Tag vor den Iden des Mai stattfinden, hier auf dem Hof. Wenn es nicht regnet, heißt das. Ansonsten… weiß ich nicht“, sagte sie ehrlich und seufzte einmal leise. Es durfte einfach nicht regnen. Zwar hatte Naevia Calida dann ein Zelt angeboten, aber das war ja auch nicht so wirklich eine Lösung.
“Miriam und ich werden dann morgens den Hof ein wenig dekorieren mit Blumen. Und Pomponia Agrippina meinte, sie leiht uns ein paar bunte Laternen, und Marianus Acturius kocht dann schon etwas früher für alle umsonst.“ Naja, für die Gäste war es umsonst, und er hatte Miriam einen guten Preis gemacht und Ratenzahlung dafür gestattet. “ Die Feier beginnt dann am Nachmittag, bis die Venus aufgeht.“ Das war der traditionelle Zeitpunkt für den Brautzug. Prisca hoffte nur, dass man die dann überhaupt sah. Das britische Wetter war sehr wechselhaft. Und im allgemeinen recht wolkig.
“Es ist an einem dies Mercurii, also weiß ich nicht, ob du dann auch da bist. Aber ich wollte dich sehr gerne dazu einladen. Also, wenn du kommen möchtest.“


RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Flavianus Pytheas - 04-18-2023

Als Accia Prisca ihren Namen nannte, wusste Pytheas wer sie war. Er hatte ihren Namen zuvor schon gehört: Von Sabinius Merula auf seinem Krankenlager. Sie war die Verlobte, die Merula so schnell wie möglich heiraten wollte, damit sie versorgt war.
Wann der Excenturio ihn zu sich rief, würde der Medicus den chirurgischen Eingriff wagen, der seinem Patienten die Fähigkeit zu gehen wiedergeben sollte. Es war schon entschieden, nur der Zeitpunkt war noch offen. Er, Pytheas, war somit derjenige, der Accia Prisca womöglich mit eigenen Händen ihr bescheidenes Glück wieder wegnehmen würde. Sein Lächeln erstarb.
Seine Besucherin schien indessen ahnungslos zu sein. Und er brachte es nicht fertig, ihr zu sagen, wer er war.
Es war Pytheas, als würde Accia Priscas flächiges Gesicht vor Glück von innen heraus zu leuchten beginnen, als sie von den Vorbereitungen zu ihrer Hochzeitsfeier sprach. Der Medicus fand sie schön.

„Dein Bräutigam ist ein beneidenswerter Mann“, sagte er schließlich:
„Du brauchst mir nichts zu bezahlen, werte Accia Prisca, ich bin finanziell gut ausgestattet“, er kramte in seiner Theca und stellte ein Fläschchen mit Rizinusöl auf den Tisch:
„Das hier riecht nicht nach Rosen, doch es regeneriert die Haut. Reibe deine Fingerkuppen nachts damit ein und umwickle sie über Nacht mit Leintüchern, und auch tagsüber, so oft es geht, trage davon auf. Deine Hände werden zart werden wie Lilienblätter. Du bist noch nicht schwanger, nicht wahr?"
er schaute Accia Prisca ernst an, wandte den Blick aber gleich ab: „ Ich muss das fragen. Denn dann würde ich dir lieber etwas anderes geben. Rizinusöl fördert Wehen“

Pytheas zog seine Hände zurück:
„Ich danke Dir und deinem zukünftigen Mann sehr für deine Einladung. Ich werde versuchen, zu kommen. Ich wünsche Euch den Segen aller gutgesinnten Götter“  Er glaubte nicht an die Güte der Götter, doch vielleicht tat es die junge Frau.

Während  der Grieche noch sprach, wusste er schon, dass er bei der Feier nicht anwesend sein würde. Er wollte nichts erleben, was ihm zu Herzen gehen konnte. Er konnte kein Herz brauchen, das in der Brust scheuerte und ihn erzittern ließ. Er brauchte nur eine sichere Hand und einen kühlen Verstand.
Pytheas fühlte sich wie ein Ker, ein unheilverheißender Todesdämon, als er zu ihr sagte:
„So oder so werden wir uns vermutlich bald wiedersehen, Accia Prisca. Ich wünsche einen guten Tag“


RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Accia Prisca - 04-18-2023

Der Medicus besah sich ihre Hände, obwohl sie kein Geld hatte, und stellte ihr ein Fläschchen mit Öl hin, mit dem sie ihre Finger einreiben sollte. Als er meinte, ihr Mann sei beneidenswert, schaute sie verwirrt auf und wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie war es nicht gewohnt, Komplimente zu bekommen, und konnte sich nicht vorstellen, worauf der Medicus sich bezog. Sie war offensichtlich Arm, nicht hübsch und hatte obendrein noch kaputte Finger vom vielen Weben. Dazu ein toter Vater und ein Bruder, der weder Einfluss noch auch nur Charme besaß. Sie wusste wirklich gar nichts, auf das irgendwer bei ihr neidisch sein könnte.
“Danke“, sagte sie also irgendwie peinlich berührt. Mit Komplimenten konnte sie nicht umgehen, sie bekam ja nie welche, und sie fürchtete, dass sie rot wurde. Und ganz sicher war sie es, als Flavianus Pytheas nachfragte, ob sie schwanger sein könnte.
Prisca riss erschrocken die Augen auf und schüttelte heftig den Kopf, vor Schreck unfähig, zu sprechen. Nein, sie war nicht schwanger, und nach Miriams Ausführungen, wie man das wurde, war sie sich ziemlich sicher, dass sie auch nicht scharf darauf war, es zu werden, auch wenn das die Pflicht einer guten Ehefrau war. “Nein, nein, ich.. ich hab nie… ich bin nicht schwanger“, brachte sie schließlich doch verschüchtert heraus und war sich nicht sicher, ob sie das Fläschchen nun nehmen durfte oder nicht. Aber anscheinend war es in Ordnung, zumindest stand es noch dort, als der Medicus seine Hände zurückgezogen hatte und ihr die besten Wünsche für ihre Ehe mitgab.
Vorsichtig nahm Prisca also das Öl in die Hand und überlegte, wie und wann sie es auftragen konnte. Wenn sie sich beeilte, würde das Kleid zwei oder drei Tage vor der Hochzeit sogar fertig sein. Oder naja, so gut fertig, wie es eben ging. Ob das reichte, ihre Finger wieder ansehnlich zu machen? Sie würde versuchen, Abends auch daran zu denken, vielleicht wäre es dann zumindest nicht ganz so schlimm.

Aber der Medicus wollte dann wohl auch sein Frühstück, und sie hatte ihn wohl viel zu lange aufgehalten. “Oh“ machte sie und stand auf, rückte den Stuhl wieder ordentlich hin und schaute noch einmal auf das Fläschchen. “Wenn es etwas gibt, was ich zum Dank für dich tun kann, dann frag mich, ja?“ bot sie ihm als Ausgleich wenigstens einen Gefallen an. Wenn sie schon sonst nichts anzubieten hatte für seine Freundlichkeit und die Komplimente, die sie nicht verstand, dann wenigstens das. “Ich wünsche dir auch einen wunderschönen Tag und freue mich schon auf unser Wiedersehen“, verabschiedete sie sich also und verließ die Praxis, um das Fläschchen noch in ihre Wohnung zu bringen und dann gleich weiter zur Villa Claudia mit Miriam zu laufen, um weiter zu weben, solange das Tageslicht es wieder zulassen würde.