RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas
Ich hatte nicht vor, auf Calum zu warten, bis der mit was auch immer fertig war. Ich war doch kein Hund, den man draußen vor der Tür anband und der dann friedlich und hoffnungsvoll darauf wartete, Aufmerksamkeit zu bekommen. Höchstens die Neugierde, was Calum mir sagen wollte, ließ mich nach dem Hinausgehen aus diesem steinernen Ungetüm von einem Haus kurz warten und an die Wand neben dem Eingang lehnen. Das, und die vielen Menschen, die hier herumschlichen und mir den Blick auf mein Pferd verwehrten. Wenn das jetzt weg wäre, konnte sich Louarn auf etwas gefasst machen.
Ich schlug trotz der sommerlichen Temperaturen die Kapuze meines Umhangs hoch und zog sie mir etwas tiefer ins gesicht. Ich wollte nicht so den neugierigen Blicken ausgesetzt sein. Zum Glück war hier Schatten, so dass ich mit eben jenem zu verschmelzen begann.
Ich erspähte gerade mein Pferd und wollte losgehen, als Calum nach draußen kam und mich ansprach. Ich schaute ihn einen langen Moment mit schräggelegtem Kopf an, als er mich ohne weiteres Geplänkel nach meiner Paralyse-Mischung fragte. Wofür er die wohl haben wollte, konnte ich mir denken. Aber mir gefiel sein Ton gerade reichlich wenig.
“Oh, hallo Ciaran. Wie geht es dir? Welch ein Glück, dass du hier bist, und welch ein Glück, dass du auch sofort gekommen bist, als Louarn dich aus dem Schlaf gerissen und aufs Pferd verfrachtet hat, ohne lang zu fragen. Ich bin dir so dankbar, dass du den Mann, den ich liebe, gerettet hast. Vielleicht habe ich dir Unrecht getan und die Dinge, die du tust, haben doch einen Sinn. Und sei es nur, ihn jetzt gerettet zu haben. Aber bitte, sag keinem, dass ich das gesagt habe. Und vor allen Dingen erzähle nicht das hier weiter. Fintan würde mich damit aufziehen und Dunduvan würde es mir ausreden wollen.“ Ich sprach mit freundlich verstellter Stimme, ganz fröhlich, so dass Calum eindeutig den ironischen Unterton dabei heraushören würde, und löste mich nach Abschluss dann von der Wand, um ihn eindringlicher und eindeutig weniger amüsiert anzusehen. “Für jemanden, der sich nicht ordentlich bedanken kann, stellst du interessante Forderungen. Warum willst du diesen Trank? Oh, ich weiß, gegen wen du ihn einsetzen willst. Du hast denselben Blick wie Louarn, wenn er ein verletztes Vögelchen gefunden und in sein Herz geschlossen hat und dann feststellt, dass verletzte Vögelchen in dieser Welt von anderen Tieren gefressen werden. Ich frage mich eher, was du damit vorhast? Und wann? Der Trank ist etwas instabil, vor allen Dingen, wenn man ihn nicht richtig benutzt.“ Das stimmte zwar, und wenn der Trank – wobei es eher ein Kontaktgift war. Lustigerweise machte es fast nichts außer Übelkeit, wenn man ihn tatsächlich trinken würde – zu lange lagerte, wurde er giftiger und führte beim Opfer zu spastischen Anfällen mit wilden Zuckungen vor einem ziemlich unschönen Erstickungstod. Aber eigentlich fragte ich hauptsächlich, weil ich einfach neugierig war, was Calum vorhatte. Vielleicht war es ja spaßig genug, mitzumachen.
Falke
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