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[Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas
08-17-2023, 09:20 PM,
Beitrag #48
RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas
“Spitzwegerich, Schafgarbe, Frauenminze und Kamille. Denke ich“, meinte ich, als er mich fragte, was ich ihm dalassen würde, und legte den Kopf schief. Ich wusste nicht, was davon er kannte und wo das alles wuchs. Ich war nie südlicher als Nordgallien gewesen, auch wenn ich das für eine Verschwendung hielt. Wenn Cathbad wirklich die Römer vom Kopf abschneiden wollte, hätte er mich und Cinead nach Rom schicken sollen. Ich hätte schon einen Weg in den Palast gefunden, und von da an wäre es ein leichtes, alle umzubringen. Die Schwierigkeit wäre höchstens, dass ich mich nicht selbst mit vergiftete, aber das war höchstens eine kleine Unannehmlichkeit. Es wäre höchstens nervig, erst einmal ein paar Leben als Tier wiedergeboren zu werden, ehe ich mein Wissen vertiefen konnte.

Aber er verstand genausowenig wie die meisten, warum sein Peiniger sich an ihm ausgetobt hatte und eben nicht an einem Sklaven. “Es ist genauso wenig dasselbe, einen Sklaven oder einen anderen zu quälen, wie es dasselbe ist, ein Stallkaninchen zu schlachten oder einen Feldhasen zu jagen. Oder besser, einen Hirsch.“ Ich machte mir nicht die Mühe, den genauen Unterschied erklären zu wollen. Wer selbst nicht so empfand, wer selbst nicht so fühlte, konnte es nicht nachvollziehen. Für die sogenannten normalen Menschen war es unbegreiflich, dass es tatsächlich einen Unterschied machte, wen man tötete, und dass die Auswahl des Opfers nichts mit Zufall oder überwältigender Lust oder Zorn, Eifersucht oder niederen Instinkten zu tun hatte, sondern sorgfältig vorgenommen wurde und vor allen Dingen extrem schwierig war und Genauigkeit erforderte.
Und wahrscheinlich war meine Antwort auf die nächste Frage auch nicht das, was er erwartete. “Ich verlasse mich nicht auf Freiwillige, und erst recht nicht auf das, was sie sagen“, meinte ich mit schiefem Grinsen. Aber ja, es würde sich wohl kaum jemand freiwillig dafür melden, lebendig aufgeschnitten zu werden oder die Haut abgezogen zu bekommen. “Und diese Autoren, die meinen, dass man Dinge mit den Mitteln heilen kann, die die Krankheit auslösen, oder ähnlich sind, sind Idioten. Du würdest Fieber doch auch nicht damit heilen, den Fiebernden in einen heißen Raum zu stecken, oder jemandem, der sich den Magen mit schlechtem Essen verdorben hat, dafür nun schimmliges Brot geben. Wenn die Lösung so einfach wäre und direkt beim Problem zu finden wäre, bräuchte es keine Heiler, weil jeder Idiot früher oder später auf die Lösung käme.“
Ich war überzeugt davon, dass diese Bleikrankheit nicht mit einem anderen Metall einfach zu behandeln wäre, wobei ich dieses Scheinsilber noch nie so genau untersucht hatte. “Hast du denn die Personen, die an dieser Krankheit gestorben sind, untersucht? Ihre Organe?“ Die Römer hatten da aus irgendeinem Grund manchmal angst davor, Leichen aufzuschneiden und auseinander zu nehmen. Bei jedem Opfer betrachteten sie die Leber des Opfertieres sehr genau, um Krankheitsanzeichen zu finden, aber bei einem Menschen weigerten sie sich aus irgendwelchen Gründen. Wahrscheinlich, weil sie sie auch nicht opferten. Und ja: Uns nannten sie Barbaren!

Pytheas fragte auch, ob er es erlernen könnte, seinen Geist so zu gestalten. Ich zuckte als Antwort die Schultern. “Das wirst du wohl nur herausfinden, wenn du es versuchst“, meinte ich, denn in den Geist eines anderen zu schauen, vermochte ich trotz mannigfaltiger Bemühungen nicht.
Dann erzählte er doch noch etwas interessantes. Er war Sklave gewesen und hatte deshalb gelernt, sich bei Gefahr tot zu stellen. Ich kannte das von einigen Tieren, wenn die Situation ausweglos war, dass sie einfach so taten, als wären sie schon tot. Mäuse, Vögel… Aber Menschen schrien nach meiner Erfahrung nach eher, riefen um Hilfe, weinten, kratzten, jammerten, versuchten zu verhandeln, wo es nichts zu verhandeln gab. Ich legte wieder den Kopf schief und betrachtete Pytheas genau. “Ich experimentiere an mir selbst, wenn ich sicher bin, anders eine Antwort nicht zu erfahren. Aber nicht alles, was man anderen tut, kann man sich selbst tun. Oder könntest du dir mit deinem Bohrer selbst in den Kopf bohren?“ kam ich auf das Ding zurück, nach dem ich mich anfangs erkundigt hatte.
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Falke
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Nachrichten in diesem Thema
Das Experiment - von Flavianus Pytheas - 03-19-2023, 12:12 AM
RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - von Ciaran - 08-17-2023, 09:20 PM

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