RE: Cubiculum | LTC
Vier Tage.
So lange hielt Prisca es aus, nichts zu tun und weiterzuleben, als wäre nichts geschehen, auch wenn ihr Herz und ihr Körper sich nach Lucius Tarutius Corvus verzehrten. Jeden Tag versuchte sie, ihre Pflichten zu erfüllen, sie ging zu Claudia Sabina und half ihr mit ihrer Tunica recta, sie kümmerte sich um die kleinen Dinge des Haushaltes, da Merulas Mutter noch immer krank war und besuchte für ein oder zwei Stunden ihren Ehemann, um ihm vorzulesen oder mit ihm ein Brettspiel zu spielen. Und jeden einzelnen Augenblick davon dachte sie an Corvus, an seine Berührungen und seine in ihr Ohr gehauchten Worte, an seine Küsse und Liebkosungen und sehnte sich nach ihm.
Tagsüber hatte sie das Gefühl, dass er ihr aus dem Weg ging, denn sie sah ihn kaum, oder wenn, immer umringt von Sklaven, so dass sie nicht mit ihm reden konnte. Und nachts lag sie dann in ihrem Bett und starrte an die Decke und fand keinen Schlaf, weil sie ihn so sehr vermisste, bis sie sich schließlich leise in den Schlaf weinte.
Auch heute hatte sie in ihrem Bett gelegen und die Sehnsucht war immer größer geworden. Sie konnte so nicht weitermachen. Sie hatte das Gefühl, zu sterben. Jeden Tag ein klein bisschen mehr. Und das sollte ihr Leben sein? Das sollte alles sein, was sie von der Liebe je kennenlernen würde? Das war nicht gerecht. Sie hatte nichts getan, um dieses Schicksal zu verdienen. Dann wäre es ihr noch lieber gewesen, Tarutius Corvus hätte sie nie bemerkt oder ihre Avancen abgelehnt, als zu wissen, wie schön es mit ihm war, und es nie mehr erleben zu dürfen.
Die ganze Domus lag still da, es war schon nach Mitternacht und alle schliefen. Aber Prisca war wach und konnte nicht schlafen. Und sie wollte lieber wirklich sterben als das hier noch einen Moment länger auszuhalten.
In ihrer dünnen Untertunika und die Haare für die Nacht nur in einem einfachen Zopf stand sie auf und schlich aus ihrem Zimmer hinaus. Das Atrium lag still und verlassen und nur der Mond spendete etwas Licht. Sie schaute noch einmal, ob wirklich alle schliefen, aber ja. Sie hörte nur ein Schnarchen, welches sie ihrem Mann zurechnete, aber sonst nichts.
Ihr Herz klopfte bis zum Hals, als sie die Treppe nach oben stieg. Ungefähr eine Million Mal sah sie sich um, bis sie schließlich vor der Tür stand, hinter der Tarutius Corvus seine Schlafstatt hatte. Oh, das hier war verrückt. Es war falsch. Wenn sie erwischt würde, dann… nun, dann wäre das auch nicht schlimmer als das jetzt. Trotzdem hatte Prisca Angst, als sie leise an seine Tür klopfte.
Sie erschreckte sich von dem Geräusch, das in der Stille unter dem Mondschein für sie wie ein Hammerschlag klang, und sie sog erschrocken die Luft ein und schaute sich noch einmal um. So, wie sie es empfunden hatte, musste das halbe Haus von diesem Lärm doch alarmiert sein! Aber nein, alles war weiterhin still, und jetzt war Prisca sich nicht einmal sicher, ob das Klopfen auch nur laut genug gewesen war, um von Tarutius Corvus selbst bemerkt zu werden. Eigentlich war es kaum mehr als ein leises Pochen gewesen.
Sie atmete noch einmal durch und klopfte erneut leise an, sich dabei immer wieder umsehend, ob auch wirklich niemand wach war, der sie sehen würde. Hoffentlich war Tarutius Corvus wach. Und ließ sie ein. Sie wusste nicht, was sie tun sollte, wenn er sie jetzt abwies.
Vormund (Tutor): Aulus Carisius Primus (NSC)
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