RE: Arbeitszimmer des LAPP
Lucius Petilius Rufus lief in seinem Arbeitszimmer auf und ab.
In der Hand hatte er einen kleinen Ball aus Leder, den er immer wieder mal mit der Hand drückte oder hochwarf und einhändig wieder fing. Er hatte schon früher festgestellt, dass dieses doch sehr einfache Hilfsmittel sehr beruhigend wirkte und die Gedanken fokussierte. Deshalb hatte er immer einen Lederball dabei und nutzte ihn im privaten Rahmen, wenn er nachdachte.
Um ihn herum waren ein halbes dutzend Schreiber, die sich durch die vielen Schreiben für ihn wühlten und diese für ihn ordneten. “Die Reiseplanung steht?“ fragte er einmal erneut, da er nicht mehr Zeit als nötig zu verschwenden gedachte. Vor Wochen hatte er schon befohlen, alles für seine Rundreise zu organisieren, aber wie immer verwandelte die Bürokratie eine einfache Aufgabe in einen unbezwingbaren Koloss.
“Ja, Statthalter. In einer Woche können wir aufbrechen, wir müssen nur noch ein paar kleinere Details zur Unterbringung klären.“
Rufus seufzte. Es gab immer noch ein paar Details, die die Beamten erst klären wollten. In einer Woche würde er abreisen, ob die Beamten wollten oder nicht. “Und die Route?“ fragte er und warf einmal erneut seinen Ball.
“Nun, du wolltest ja gerne erst den Westen besichtigen. Also haben wir die Route erst südlich nach Noviomagus geplant, dann westwärts nach Clausetum, dann nach Cavella, dann die Straße entlang bis Dunovaria und Isca Dumnoniorum. Dann die Weststraße hinauf durch Lindninis und Corinium nach Glevum und schließlich Venonis. Da kreuzt sich die Straße nach Letocetum und Viroconium. Dann weiter nördlich nach Mamucium, wo die XX Valeria Victrix ihr Hauptlager momentan hat. Dann weiter nach Eboracum, wo auch die IX Hispania gerade sein sollte. Und von da dann wieder südlich nach Lindum, Durobrivae und einen kurzen Abstecher nach Camulodunum. In vier Monaten sollten wir wieder hier sein.“
Vier Monate durchs regnerische Britannia. Rufus war froh, dass seine Frau hier bleiben würde in der Behaglichkeit des Statthalterpalastes. Bequem wäre anders.
“Du erwähntest die neunte und die zwanzigste. Was ist mit der zweiten?“ fragte Rufus, da er gerne alle Legionen unter seinem Kommando einmal besichtigen und inspizieren wollte.
“Oh, die ist grade bei einer winzigen Stadt in der Nähe von Lindinis. Wir haben da nur einen ganz kurzen Stopp eingeplant. Aber da fällt mir ein….“ Der Schreiber tauschte sich kurz mit seinen Kollegen aus und kam schließlich mit einem Schreiben herbei. “… ein Tribunus angusticlavus namens Titus Ovidius Decula bittet dich um die Unterzeichnung zweier Todesurteile.“
Er hielt dem Stadthalter das Schreiben entgegen, falls er selbst lesen wollte, und Rufus nahm sie auch und las selbst. Dabei runzelte er vermehrt die Stirn. “Und warum schreibt mir deshalb ein mickriger, ritterlicher Tribun und nicht der Legat?“ “Die zweite hat keinen Legaten im Moment, Statthalter. Nur einen Tribunus laticlavus. Iulius… irgendwas.“
Hach, Iulius. Rufus’ Cousin hielt große Stücke auf einen gewissen Iulius Agricola. Aber wenn in der Legio II der Dienstweg so missachtet wurde, musste er diesem Iulius wohl auch einmal ins Gewissen reden bezüglich Führung. Auch wenn es natürlich viel verlangt war von einem jungen senatorischen Tribun, die Ordnung aufrecht zu erhalten. Aber wenigstens die Ritter sollte man unter Kontrolle halten! “Den Deserteur sollen sie hinrichten mittels fustuarium. Bezüglich des Wachvergehens möchte ich bitte einen ausführlichen Bericht, was passiert ist. Mehr, als nur drei dahingekritzelte Zeilen. Dann entscheide ich. Und plant zwei Tage bei der Legio II ein. Ein wenig anschauliche Disziplin kann dort scheinbar gerade nicht schaden.“ Damit übergab er das Schreiben wieder dem Schreiber und setzte seine Wanderung durch das Zimmer fort, um sich die weiteren Reisepläne anzuhören und abzunicken.
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