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[Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas
08-07-2023, 01:10 PM,
Beitrag #34
RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas
Louarn war aufgeregt wie ein Fuchs bei einer Hetzjagd vor der Falkenhöhle aufgetaucht und hatte mich mit sich befohlen. Anders konnte man es nicht nennen, denn meine Frage, warum ich irgendeinen Römer zusammenflicken sollte, war von ihm beinahe mit Prügeln beantwortet worden. Aber gut, kam ich eben mit und spornte mein Pferd zu geradezu lächerlicher Eile an, wenn es denn sein musste.
Vor meinem Zielort war für meinen Geschmack viel zu viel los. Ich mochte es nicht, von derart vielen Menschen bemerkt zu werden. Oh, ich hatte kein Problem damit, dass an sich viele Menschen an einem Ort waren, das war meistens sogar eine verdammt gute Tarnung. Aber gerade hatte ich viel zu viel ihrer Aufmerksamkeit, und das verhinderte ein einfaches Untertauchen. Und DAS gefiel mir ganz und gar nicht. Ich schulterte meine Satteltasche, zog meine Kapuze tief übers Gesicht und folgte Louarn durch diese ganze Horde ins Innere dieses toten Steinbaus.
Draußen stanken die Leute, aber hier drinnen war es nicht viel besser. Es roch nach Stein, Tod, Urin, Glas und vielen Dingen, die ich noch zuordnen musste. Auf dem Boden war eine klebrige Melange hoher Viskosität, eine Mischung aus Blut und irgendwelchen Dingen, die vom Regal gefallen waren. Ich roch Kamille, Minze und ein paar scharfe Dinge, die ich noch nicht kannte. Ich sollte mich hier besser umsehen. Vielleicht fand ich was neues?

Ich folgte dem roten Idioten also in den hinteren Bereich, wo jemand halbnackt auf einem Bett vor sich hinblutete. Mein Blick fixierte sich auf den Wunden. Kleine Schnitte, nicht sehr tief. Dafür aber große Blutergüsse, vor allen Dingen am Kopf. Ein eklig dunkler Fleck an der linken Schläfe. Der, der das getan hatte, war Rechtshänder. Und noch neu darin. Oder nein, nicht ganz neu. Das war nicht das erste Mal, dass sowas passierte. Aber er war ungeübt, unbeherrscht. Jemand, der seine eigene Handschrift noch suchte und noch nicht wusste, wie er diese Kraft kanalisierte. Ein Welpe. Oder ein Idiot. Es gab immer Idioten, die einfach nur kaputt machen wollten und nicht wirklich wussten, was sie taten.
Louarn fragte, ob der Kerl noch lebte. Ich ging näher, beugte mich über ihn, schnüffelte leicht. Der Mann roch seltsam. Nach Dingen, die ich nicht wirklich kannte. Nach Metall. Nach Blei! Aber noch etwas anderes. Zinn? Es war stechend und unangenehm. Könnte Zinn sein. Warum roch der Typ nach Zinn? Es war an seinen Händen. Was trieb der Kerl hier in dieser Wohnung? Und da waren andere Gerüche. Süßlich. Opium. Das hatte ich bei meinem Studien kennengelernt. Styrax. Was noch? So viel… was war das alles?
Ich hatte Louarn schon fast vergessen, als sein Schatten auf mich fiel, weil er wie ein eingesperrter Fuchs im Käfig herumlief. “Ja, er lebt noch.“
Ich sah zu ihm und bemerkte wieder die Wunde an seinem Arm.
“Aber erst nähe ich das, bevor ich mich um ihn kümmere.“ Louarn schien kurz davor, auszuticken, aber meine Kräuter, meine regeln. Also ließ er sich mit drei Stichen den Arm nähen und meine Medizin darauf schmieren. Verbinden konnte der Kerl sich selber, ich war nicht seine Mutti.
“So, und jetzt verschwinde. Ich muss arbeiten“, scheuchte ich ihn auch raus, weil ich mir das hier genau ansehen wollte.

Ein Blick in die Augen verriet mir, dass der Kerl Druck im Kopf hatte, was zum Problem werden könnte. Ich hatte gehört, die Römer bohrten Löcher in den Schädel, und eigentlich würde ich das gerne auch mal probieren, aber wenn ich ihn damit umbrächte, würde Louarn wohl mir auch Löcher in den Schädel bohren wollen. Und ich brauchte ihn ganz.

Da das das dringendste Problem war, machte ich also etwas anderes. Ich nahm eine Öllampe, die noch brannte, und entzündete ein paar Kräuter. Ich atmete ihren Duft tief ein, so dass sich mein Blick weitete und ich wacher wurde. Mein Blick wurde klarer und die Zeit wurde langsamer, und ich sah die feinen Fäden, an denen der Mann hier vor mir hing. Normalerweise hätte ich die Chance genutzt, nun nach und nach die verbleibenden Fäden fein säuberlich durch gezielte Schnitte abzutrennen – naja, wenn er ein hübsches Mädchen gewesen wäre und ich in der passenden Stimmung – aber heute musste ich die Gabe nutzen, um die losen Fäden wieder an ihn zu nähen.
Ich wühlte in meiner Tasche und suchte ein kleines Fläschchen. Ich öffnete es und hielt es auf Abstand von mir. Kurz führte ich es unter der Nase meines Opfers entlang, und dann noch ein zweites Mal, bis ich ein ächzendes Stöhnen hörte und der Mann aus seinem schönen Dämmerzustand herausgerissen wurde. Der Inhalt meiner Mixtur war so scharf, dass er wie erwünscht Nasenbluten bekam, und ich hielt ihn am Kopf fest, damit er beim Aufwachen nicht herumzappelte. “Still liegen, der Druck muss aus deinem Kopf raus“, sagte ich und beobachtete den Blick des Mannes, der von glasig und leer etwas wacher und schmerzvoller wurde. “Ja, das tut weh, ich weiß, und der Rest wird noch mehr weh tun, aber wenn du leben willst, solltest du aufwachen“ sagte ich ihm und wartete auf ein Zeichen des Erkennens.
[Bild: 1_22_10_22_8_56_52.png]
Falke
[Bild: 3_15_08_22_9_38_19.png]
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Das Experiment - von Flavianus Pytheas - 03-19-2023, 12:12 AM
RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - von Ciaran - 08-07-2023, 01:10 PM

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