RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas
Der Mistkerl war also Flavianus Leibwächter. Hatte der Grieche doch besser für seine eigene Sicherheit gesorgt, als ich angenommen hatte.
"Du bist Britannier! Das hier ist eine rein römische Angelegenheit!" , entgegnete ich.
Leider nahm der Leibwächter seine Aufgabe Ernst. Er kippte den Tisch um, und Flavianus rutschte darunter. Damit brachte er den Medicus aus meiner Reichweite. Und der Tisch bot mir keine Deckung mehr.
Bei der nächsten Attacke wich mir der Kelte aus und dann spürte ich einen scharfen Schmerz am Kinn und an der Unterlippe. Ich schmeckte Blut. Es war mein eigenes. Ich tastete nach der Wunde. Mein schönes, edles Antlitz war entstellt worden. Das würde der Kelte büßen. Doch nicht genug damit:
Er drohte mir, mir jeden Schnitt, den ich Flavianus zugefügt hatte, zurück zu geben.
Wenn es mir gelänge, ihn unschädlich zu machen, würde ich es so drehen können, dass er selbst Flavianus die Kehle durchgeschnitten hatte. Keiner würde mein Wort anzweifeln. Das Wort eines römischen Ritters. Aber im Moment wurde mir das unmöglich. Der Kerl war mir über, solange ich alleine gegen ihn stand. Ich hielt nichts von tumbem Heldentum. Selbst der Beste konnte von der Axt des Schlechtesten fallen. Ich wusste, wann ich mich zurückziehen musste.
Ich tat so, als würde ich zurückweichen, dann jedoch schnellte ich vor wie eine Viper, um das zu tun, was man mit einem Gladius am besten tat: Ihn dem Gegner in den Hals zu rammen. Leider erwischte ich den Hals nicht. Die Klinge glitt seitlich ab und bohrte sich mit einem hässlichen Quitschen in den linken Barbarenoberarm. Das sollte genug Ablenkung sein, um zu entkommen. Schnell sprang ich zurück, knallte den Stuhl zwischen mich und den Angreifer, öffnete die Tür und stand schweratmend draußen auf der Straße.
Fünf Augenpaare starrten mich entsetzt an. Vielleicht Patienten des Medicus. Ich lächelte, obwohl ich wusste, dass meine zerschundene Oberlippe und das viele Blut mein Lächeln grotesk aussehen ließen:
"Salvete", sagte ich: "Die Praxis bleibt bis auf Weiteres geschlossen" Ich drängte mich zwischen den Menschen durch. Noch immer hatte ich den Gladius in der Hand.
Ein junger sommersprossiger Mann stand mir im Weg. "Du da", sagte ich und zog ihn an mich. Er stolperte und folgte meiner Bewegung. Ich lächelte auch ihn an. Das Gesicht des Jungen war gerötet, sein Arm glühte. Ich erstach ihn beiläufig. Er sackte vor der Tür zusammen. Seine ältere Begleiterin fing sofort an zu schreien und zu weinen. Sie warf sich auf seinen leblosen Körper und kreischte etwas in ihrem Barbarenidiom. Damit blockierten sie beide den Ausgang. Brav! Der Leibwächter würde mich nicht so schnell verfolgen können.
Ich machte, dass ich Boden gewann.
Ohne Albius und Titius kehrte ich zur Castra zurück. Ich hoffte jedoch , dass ich zumindest Flavianus erledigt hatte. Der hatte aus zahlreichen Wunden geblutet. Die Fresse des Kelten aber würde ich mir merken. Irgendwann einmal würde ich ihn alleine erwischen. Nicht Mann gegen Mann wie heute. Eher zehn Mann der Vexillation gegen einen Mann. Und dann würde ich ihn büßen lassen, was er mir angetan hatte.
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