RE: Hauptstraße von Cheddar
Interessant. Ich legte den Kopf leicht schief und schloss mich ihr auf ihrem Weg an, während sie erzählte, dass sie eine Ausbildung zur Priesterin angefangen hatte, aber nicht genügend Talent dafür wohl besaß. “Ich bin kein Barde. Ich bin etwas ganz anderes. Aber auch ich habe von Druiden gelernt“ erzählte ich ihr. Ihre Schwester war Priesterin, sie selber hatte bei ihnen gelernt, sie war genauso dran wie ich, wenn irgend etwas davon herauskäme. Und sie wusste, was all das bedeutete und warum sie schweigen musste.
“Und deine Schwester war die Priesterin an Beltane, die den gehörnten Gott empfangen hat. Mein Bruder und ich hatten die Ehre, von ihm ergriffen zu werden“ erzählte ich ihr frei heraus. Es gab keinen Grund für Scham bei diesem Thema. Beides war eine hohe Ehre und eine Notwendigkeit, um das Jahr zu segnen. Gut, meine Motive waren selten so hehr und altruistisch, aber die Götter wirkten auf ihre Weise und nicht immer drückten sie sich dabei fein aus. Nein, meistens appellierten sie einfach an die niedrigsten Instinkte der Menschen und ließen ihre Werkzeuge ihr Unheil anrichten.
“Und ich glaube, du hast recht, dass wir von den Göttern gesegnet sind, denn ich bin mir sicher, dass sie mich heute Nacht zu dir geführt haben.“ Jetzt trat ich ihr in den Weg und strich ihr ganz zart eine Haarsträhne hinter das Ohr, wobei ich sie kaum berührte. “Der Mann, der dich entführt und verkauft hat, wurde heute Nacht bestraft durch den dreifachen Tod. Ich glaube, die Götter wollen, dass ich dir das mitteile, damit du deinen Frieden damit finden kannst. Und sie haben mir gesagt, dass ich heute Nacht einen Drachen zeugen werde, einen Ban-Draig, einen obersten Kriegsherrn. Ich glaube, sie haben mich deshalb zu dir geschickt, um dir all das zu sagen. Denn ich glaube, du bist die Frau, die ich suche.“ Ich beobachtete sie genau, was sie zu all dem sagte, wollte ihre Gedanken in ihrem Gesicht sehen. Nicht oft sagte man wohl einem Mädchen, dass die Götter sie ausersehen hatten, ein so bedeutungsvolles Kind zu empfangen, von dem Krieger, der sie gerächt hatte, und der Nachricht von der verlorenen Schwester brachte. Aber würde sie es verstehen? Würde sie es sehen? Hatten die Druiden von Tor Uisneach ihr das Verständnis für die verschlungenen Pfade der Anderswelt mitgeben können? Oder glaubte sie nur, ich wollte sie einfach nur flachlegen, weil sie nichts sah, nichts fühlte und für die goldenen Fäden des Schicksals blind war?
Falke
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