RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas
Pytheas wusste weder wie spät es war, noch wie lange T.O.D. schon hier drin war. Sein Blut tropfte auf den Tisch wie eine besonders makabre Klepshydra. Der Medicus befand sich in der Situation eines Menschen, der mit Folter bedroht wird, obwohl er die Informationen, die er herausgeben sollte, gar nicht besaß. Er hatte zuweilen in Rom solche Szenarien durchgespielt. Damals war es um politisch missliebig gewordene Menschen gegangen, gegen die er aussagen sollte, weil sie die Patienten seines Lehrers gewesen waren. Er hatte Glück gehabt, dass Vitellius so schnell das Zeitliche gesegnet hatte und Caesar Augustus Vespasianus an die Macht gekommen war.
Doch nun war er mit einer ähnlichen Situation konfrontiert, und ihm schien es, als erhebe eine Schlange aus den Tiefen seiner Vergangenheit ihr grässliches Haupt.
Pytheas begriff sehr gut, dass der Hass des Militärtribuns etwas Unpersönliches hatte, was sich gegen sein Volk und seinen Stand mehr richtete als gegen ein Verbrechen, das er begangen haben könnte (Und er hatte gegen Ovidius nichts unternommen. Centurio Octavius hatte das nie von ihm verlangt)
Der Medicus verhielt sich wie ein Kaninchen vor einer Schlange. Ihm wurde kalt und er war ganz starr. Dabei ahnte er schon, dass man ihm diese äußere Unbewegtheit als Hochmut auslegen würde. Er war ein ehemaliger Sklave, er hatte sich zu Ritter Ovidius Füßen zu werfen und ihn um Gnade anzuflehen. Aber es gelang ihm nicht.
Gedanken schossen durch seinen Kopf: Wenn Ovidius ihm die Sehnen durchtrennte, konnte er vielleicht nie wieder chirurgisch tätig werden. Aber er konnte noch Patienten behandeln. Vielleicht ließ man ihn auch junge Ärzte ausbilden. Doch wenn T.O.D. es nicht bei seinen Händen beließ, dann würde er den Beruf aufgeben müssen, den er liebte. Oder der Römer würde ihn töten. Er gehörte zwar zur Klientel des Kaisers, aber er war nur einer von vielen und nicht so wichtig. Vermutlich würde Ovidius auch alle Hinweise auf seine eigene Person beseitigen. Die Akte würde schnell geschlossen werden. Pytheas glaubte an kein irgendwie geartetes Jenseits. Dann wartete das Nichts. Eine graue kalte Nacht ohne Bewusstsein. Vielleicht war es das, weshalb er hierher nach Iscalis gekommen war.
Er stand mühevoll auf und nahm einen Verband aus seinem Regal. Den wickelte er sich um die Hand und zurrte ihn mit den Zähnen fest:
"Ich habe für Centurio Octavius nichts aufgeschrieben, edler Tribun, das schwöre ich bei den Laren des Caesar Vespasianus Augustus", sagte er leise.
Und er glaubte schon zu ahnen, dass es im Grunde gleich war, was er sagte, was er gestand, was er erflehte. Dies war das Wesen des Terrors.
Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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