RE: Cubiculum | MSM
Der Medicus hatte es mir bereits am Tag der Operation angedroht, dass die Schmerzen noch heftiger werden würden, sobald die Knochen sich rekonstruieren würden. Dass er genau meinte was er sagte, hatte ich schon bald am eigenen Leib erfahren müssen. Als er damit begann, das Bein in seiner Vorrichtung stecken zu lassen, gab es kaum einen Tag, an dem ich keine Schmerzen hatten. Was noch erschwerend hinzukam, war das ständige Liegen auf der gleichen Stelle. Nicht einmal wenn ich meine Notdurft verrichtete, konnte ich meine Liegeposition verändern. Wenigstens sorgte meine Frau dafür, dass die Schmerzen erträglich blieben. Ich hielt mich daran, was der Medicus mir gesagt hatte. Niemals würde ich sie bedrängen, mir mehr Schmerzmittel, als nötig zu verabreichen.
Der einzige Lichtblick des Tages war, wenn Prisca zu mir kam, um mir etwas Gesellschaft zu leisten. Meistens las sie mir etwas vor. Glücklicherweise hatte mein Vater dafür gesorgt, dass unsere Bibliothek gut gefüllt war. Natürlich berichtete sie mir täglich, wie ihr Tag war und wie gut sich der neue Vilicus machte, den ich für ihre Unterstützung eingestellt hatte. Doch darüber hinaus schwieg sie meist. Vielleicht dachte sie, sie würde mich damit langweilen, wenn sie mir etwas über sich erzählte. Aber auch meine alten Geschichten von der Legion schienen sie nicht besonders zu interessieren. Sie war eben eine Frau!
Wie jeden Tag erkundigte sie sich auch heute nach meinem Befinden. Leider konnte ich mit keinen sensationellen Neuigkeiten aufwarten. Dafür mussten noch mehr Wochen ins Land gehen. Aber ich wollte sie auch nicht beunruhigen und antwortete dann meistens, es gehe mir gut, obwohl man mir deutlich ansehen konnte, dass ich gerade wieder mit besonders hartnäckigen Schmerzen kämpfen musste.
"Guten Morgen, meine Liebe! Es geht mir ganz gut. Irre ich mich, oder bist du heute früher als sonst?," entgegnete ich ihr und versuchte mir ein Lächeln abzuringen. Ich streckte meine Hand nach ihr aus, denn das war im Moment die einzige intime Berührung, die im Augenblick möglich war.
Wie immer hatte Prisca eine Schriftrolle aus der Bibliothek dabei. Diesmal aber führte sie noch etwas anderes mit sich. Sie hatte im Haus ein altes Spielbrett für duodecima scripta gefunden. Es hatte meinem Vater gehört und ich erinnerte mich gerne daran, wie ich als Junge mit ihm gespielt hatte, wenn er dafür etwas Zeit erübrigen konnte.
"Oh, du hast das Spielbrett meines Vaters gefunden!" sagte ich mit einer gedämpften Stimme. "Wenn du möchtest, können wir eine Partie spielen. Aber ich muss dich waren, ich habe das Spiel schon ewig nicht mehr gespielt." Dadurch hatte sie ganz bestimmt einen Vorteil.
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