RE: [Nymphäum] Eingefasste Quelle im Garten
“In seiner göttlichen Weisheit hat der vergöttlichte Augustus entschieden, dass Männer und Frauen nach einem Jahr der Trauer wieder heiraten müssen“, wandte Prisca auf Sabinas Einwurf ein, dass ihr Vater oft verheiratet gewesen war. Wenn er es sich hätte aussuchen können, hätte er wahrscheinlich seltener geheiratet, nahm Prisca an. Auch wenn ihr Vater immer sehr gutmütig und liebevoll zu jedem in seinem Haus war, natürlich auch seinen Frauen. Und ganz gewiss war er fürsorglicher als ihr Bruder. “Ja, Sabinius Merula ist sehr wohlhabend“, stimmte Prisca etwas tonlos und resignierend zu. Sicher war er wohlhabender als ihr ursprünglicher Verlobter. Trotzdem konnte Prisca einfach keine Liebe in sich für ihren Mann finden, und sie versuchte es wirklich. Aber sie fühlte es einfach nicht. Nicht so, wie sie es bei dem Kuss von Balventius Scapula gefühlt hatte. Und erst recht nicht so wie in dem Augenblick, als Tarutius Corvus sie am Hausaltar in seine Arme geschlossen hatte, um sie zu trösten. Sie wünschte sich ja, sie könnte das auch für ihren Mann fühlen, aber ihr Herz wollte einfach nicht. So sehr sie auch zu Venus Verticordia betete.
Sabina erzählte von Alexandria und verglich es mit Britannia. Sie mochte wohl keinen Regen. Prisca lächelte. “Ich finde Regen wunderschön. Die Geräusche, wenn die dicken Tropfen auf das Dach fallen, oder wie die Blätter der Bäume dann rascheln. Und wenn man die Hand aus dem Fenster streckt, dann streicheln sie einem die Haut...“ Prisca lächelte leicht verträumt. Ja, sie mochte den Regen gerne, wenn dann alles so frisch und klar roch, nach nassem Stein und feuchter Erde, und wenn hinterher das Gras sich wieder aufrichtete und alles blühte. Das fand sie wunderschön. Auch wenn es in Londinium jetzt nicht so viele Bäume und so viel Gras außerhalb des Gartens gab. “Aber das muss man wohl mögen“, meinte sie mit einem leichten Achselzucken. Sehr damenhaft war ihre Vorliebe für Regen ja nicht unbedingt. “Ich kann mir gar nicht vorstellen, an einem Ort zu sein, wo jeden Tag die Sonne scheint.“
Dass Sabina sich mit dem neuen Mann ihrer Mutter nicht verstand, fand Prisca sehr interessant. Trotzdem traute sie sich nicht ganz, ähnliches über ihren Bruder zu erzählen. Ein Bruder war etwas anderes als ein Stiefvater, und es war weit weniger gesellschaftlich akzeptiert, schlecht über einen Blutsverwandten zu reden. “Aber wenn du gerne griechisch reden willst, können wir doch griechisch reden?“ meinte Prisca stattdessen. “Meines ist jetzt nicht ganz so gut, wie es eigentlich sein sollte. Aber so grundsätzlich kann ich es ja auch. Also, wenn du gerne griechisch sprechen willst, können wir das beim Weben ja gerne machen. Solange ich nicht die Einzelteile des Webrahmens auf griechisch nennen soll, sollte das ja gehen.“
Vormund (Tutor): Aulus Carisius Primus (NSC)
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