(07-01-2023, 11:37 AM)Accia Prisca schrieb: Als Prisca ein paar Stunden später wieder gerufen wurde, war sie verwirrt, da sie nicht damit gerechnet hatte. Aber Aratas hatte ihr ausgerichtet, dass der Medicus alle Öllampen und Kerzen benötigen würde, die sie hatten. Natürlich gab Prisca gleich Anweisungen, alles zu packen und zu bringen und nahm auch selber die Öllampen in dem Raum ab, in dem sie gewesen war, um sie selbst zu bringen.
Voller Sorge, was nun los sei, betrat sie den Raum, in den Händen eine große und zwei kleine Lampen, die sie mühevoll balancierte, damit das Öl nicht auslief. Aber das war ein Fehler.
“Medicus, ich bringe dir die Öllampen, die du...“ fing sie an, musste dann aber würgen, als sie ihren Mann auf dem Tisch und das tropfende Blut an seinem offenen Bein sah. Es war nicht so, als hätte Prisca noch nie Blut gesehen. Sie hatte sogar schon menschliches gesehen, wenn jemand sich verletzt hatte. Aber es war dennoch etwas anderes gewesen als das jetzt hier. Und der gemischte Geruch von Öllampen, Essig und Blut tat sein übriges dazu, dass Prisca hastig die Lampen abstellte, sich eine Hand vor den Mund nahm und versuchte, durch schlucken alles unten zu behalten, was nicht hinaus gelangen sollte.
“Verzeih“, brachte sie noch heraus, ehe sie auch schon den Raum schnell wieder verließ und hoffte, dass die Sklaven mit den übrigen Lampen härter gesotten waren als sie, wobei sie tunlichst darauf achtete, dass Kinder wie Beatus den Raum nicht betraten, sondern nur erwachsene Männer.
(07-01-2023, 11:47 AM)Wicho schrieb: Nun konnte Wicho auch den Pseudoarthrose sehen, aber schon hörte er den Wunsch nach der Knochensäge. Es verdunkelt sich merklich, dachte Wicho besorgt, doch zusätzliche Kerzen oder Öllampen konnte er nicht im Raum sehen. Ein wenig ärgerte er sich über sich selber. Daran hätte er denken müssen, als er die Spiegel aufgestellt hatte. Nun musste Pytheas aussetzen und warten bis die Sichtbedingung wieder besser war. Schon eilte man mit Lampen herbei.
Pytheas hatte nicht damit gerechnet, dass die Hausherrin selbst die Lampen herbeibringen würde, aber sie tat es, und ihr Blick fiel auf die blutigen Leintücher und sie lief würgend hinaus. Einem Moment tat das dem Medicus Leid, doch er konnte sich nicht mit Mitleid aufhalten. Mitleid war ein Gefühl, welches ihn zögern und zaghaft werden ließ.
"Ich danke dir, Matrona", sagte er nur, ohne zu wissen, ob sie ihn hörte. Die Sklaven halfen ihm, die Öllampen und Kerzen zu entzünden.
"Wicho, zwei der mittleren Spiegel aufstellen!"
Er selbst richtete die beiden Sidonspiegel so aus, dass das zu operierende Bein durch die sammelnde Spiegelung der externen Lichtquellen gut beleuchtet wurde. Jetzt hatte er genug Sicht. Er säuberte er das zweite Knochenende und deckte die Wunde ab.
"Weiche bitte noch mehr Leintücher in Tonwasser ein", sagte der Medicus seinem Helfer. Der Ton würde aushärten und das Bein stabilisieren, allerdings nicht sehr lang Zeit. Das war auch nicht nötig, denn das Bein sollte ja solange gestreckt werden, bis der Knochen im Knochenspalt als Knochen nachgewachsen war.
Während er wartete, fühlte er selbst noch einmal Sabinius Merulas Puls. Täuschte er sich oder war er bereits schneller? Sein Patient würde bald in den Wachzustand übergehen. Eile war geboten, alles zu beenden.
Während er den Verband anbrachte, hoffte er, das Wicho aufräumen, die Messer und die Säge reinigen und das Blut entfernten würde.
Einen Moment lang sah er sich selbst im Spiegel. Er war weiß wie Marmor und nur seine grauen Sperberaugen glänzten in seinem blassen Gesicht. Seine Erschöpfung war ihm anzusehen.
"Ruft bitte deine Domina", sagte er mit rauer Stimme zu dem Leibsklaven seines Patienten:
"Der Hausherr lebt, und er wird gleich aufwachen!"
Er griente in Wichos Richtung:
"Und sobald die Wirkung des Opiums nachlässt, wird uns unser Patient beide zum Hades wünschen", bemerkte er, während er einen der beiden Spiegel wieder sorgfältig einschlug.