RE: Deirdres Haus
Rhea war nach nur wenigen Minuten mit der tatkräftigen Gwendolyn zur Stelle, die auch noch ein Mädchen dabei hatte. Das musste ihre Tochter Bina sein, die von ihrer Mutter das Handwerk der Hebamme erlernte und mit einem großen Lederbeutel hinter Gwendolyn herlief. Ich hatte Bina noch nicht kennengelernt, aber Gwendolyn hatte mir von ihr erzählt und wie stolz sie auf ihre Jüngste war, die schon mit elf Jahren hellwach und wissbegierig alles aufsog.
Die erfahrene Hebamme erteilte knappe Anweisungen an ihre Tochter und diese schöpfte heißes Wasser in einen kleinen Krug, in den sie Rinde und Kräuter warf, die bald für die Schmerzen gebraucht wurden. Danach untersuchte mich Gwendolyn und prüfte zuerst mit ihrer Knotenschnur anhand des Bauchumfangs wie groß das Kind war und dann wie weit der Geburtskanal bereits war, aber sie schien noch nicht zufrieden. "Es wird noch eine Weile dauern und das Kind ist groß" sagte die Frau in mittleren Jahren auf Latein, damit auch Rhea und der Medicus sie verstanden.
Die Stunden fühlten sich wie Tage an zwischen den Kontraktionen und ich konnte mich kaum auf etwas anderes als die Wehen konzentrieren, aber leise hörte ich Bina singen und ich erinnerte mich daran, dass sie mit einer blauen Waidpaste den Brigidstern auf meinen Bauch malte als Schutzsymbol. Der Abend war zur Nacht und dann zum Tag geworden und trotz hoher Schmerzen tat sich nicht viel und Gwendolyn blickte immer beunruhigter. Immer wieder untersuchte sie den Geburtskanal und schüttelte dann den Kopf in Richtung ihrer Tochter. Abwechselnd saßen entweder Bina oder Gwendolyn bei mir, während sich die andere ein wenig ausruhte, als sich die Stunden dahinzogen.
Wann immer ich vor Schmerz weinte, flößte man mir von dem Weidenrindensud etwas ein und Bina ermahnte mich, meine Kraft auf die Geburt und auf Gebete zu Brigid zu verwenden. Erst gegen Mittag war Gwendolyn mit ihren Untersuchungen zufrieden und die Kontraktionen kamen schneller. Als es dann endlich soweit war, zogen mich Gwendolyn und Bina an den Armen an den Rand des Bettes und richteten mich in eine halb sitzende, halb hockende Pose und Rhea setzte sich hinter mich, um mich aufrecht zu halten. Eine der Frauen drückte und die andere zog, während Gwendolyn irgendetwas tat, das sich wie Rumrühren in meinen Eingeweiden anfühlte. Ich bekam nur bruchstückhaft mit, wie sie Bina erklärte, wie sie den Geburtskanal zusätzlich mit ihrer Hand dehnte, da das Kind so groß war.
Gwendolyn befahl mir zu pressen, als sie endlich mit dem Herumrühren in meinen Innereien aufgehört hatte und ich mobilisierte das bisschen Kraft, das ich noch hatte, aber viel tat sich da nicht mehr. Leises Gerede zwischen der Hebamme und ihrer Tochter, erneutes Herumrühren in den Innereien und es schien einen kleinen Ruck zu geben, aber dann wieder nichts. "Das Kind ist zu groß und steckt im Geburtskanal. Wir werden ihm helfen müssen" sagte Gwendolyn auf Latein und ihre Tochter schaute ein wenig ängstlich drein, aber nickte dann und holte ein Eisenmesser aus dem Lederbeutel.
|