RE: Das Biclinium - Privater Aufenthaltsraum
Der kleine Sklavenjunge, der mich beim Essen bedient hatte, flitzte los und kam mit Schuhen und einem Mantel zurück. “Dankesehr“, sagte ich leise und merkte, wie diese allgegenwärtige Anspannung endlich anfing, von mir abzufallen. Was allerdings dazu führte, dass ich erst einmal wie Espenlaub zu zittern anfing und mich setzen musste, weil mir auf einmal unendlich kalt wurde und ich mich so müde fühlte, dass ich am liebsten schlafen wollte. Einfach nur schlafen und all das Schreckliche vergessen.
Das erste Schuhpaar war deutlich zu groß, das zweite minimal zu klein. Ich wählte trotzdem dieses, es musste ja nur bis nach Hause reichen, was es eindeutig würde. Es gab weitaus schlimmeres als eine winzige Blase am Zeh durch einen drückenden Schuh.
Saturninus sagte auch zu, dass er nichts verraten würde, und ich nickte dankbar. Wenn diese Wahrheit die Runde machen würde, würde der Tribun mich auf jeden Fall umbringen. Da konnte er gar nicht anders, als Rache zu nehmen. Und ich war wirklich kein Kämpfer. Ich wollte am besten gar nicht mit in die Sache hineingezogen werden. “Erwähne mich bitte nicht, wenn du nicht musst“, bat ich ihn. Er würde wissen, ob es notwendig wäre oder nicht und es abschätzen, da vertraute ich ihm. Eine Hetäre war ohnehin ein weniger geeignetes Opfer, für das man in die Schlacht zog.
Ich nickte noch einmal, als er sagte, dass ich das Haus schließen sollte, und er Owain mit sich befahl. Ich schaute noch einmal zu ihm hinüber. Die sanften Küsse und liebevollen Berührungen zwischen uns schienen mit einem Mal so weit entfernt. Ob er es in sich trug, mich dennoch lieben zu können? Ich wusste es einfach nicht, und das war fast schlimmer als das, was der Tribun mir angetan hatte. Uns allen angetan hatte.
Er beorderte zwei kräftig aussehende Männer zu meinem Schutz, und ich zitterte weiter vor Erleichterung. Ein Blick auf die beiden und ich wusste, Kiki würde begeistert sein, sich von ihnen bewachen zu lassen. Die armen Kerle würde aufpassen müssen, dass sie sie nicht zu sehr ablenkte.
Der Kuss, so sanft er auch war, schmerzte. Und doch ließ ich mir nichts anmerken und ihn gewähren, auch wenn sich jede Berührung gerade falsch anfühlte und ich nur an diese kalten Augen denken konnte, ehe der Tribun mich gebissen hatte.
“Passt auf euch auf. Und versprecht mir, zu mir zu kommen, so bald ihr könnt“, verabschiedete ich mich von Saturninus und Owain und sah zu, wie sie gingen.
Und dann war ich allein. Ich brauchte noch etwa eine halbe Stunde und einen Becher von dem Gewürzwein, bis ich mich ruhig genug fühlte, mich von den beiden wachen nach Hause geleiten zu lassen. Ich bedankte mich bei Spiros für seine Gesellschaft und seine Mühen und hüllte mich dann in den Mantel, dessen Kapuze ich tief ins Gesicht zog, während ich mich leicht von einem der beiden wachen stützen ließ, um nach Hause zu gehen und meine Familie zu warnen.
>>>
|