So sehr Saturninus Aglaia leiden mochte; natürlich konnte er nicht die gesammelte Mannschaft eines Lupanars unter seinem Dach beherbergen. So nickte er nur. Ja, sie unter Bewachung nach Hause zu schicken, würde das Beste sein. Er glaubte ihr die Sache mit dem Altmetall sofort. Sie als Geschäftsfrau würde nicht so dumm sein, Illegales zu unternehmen, und als Griechin hatte sie mit keltischem Widerstand ohnehin nichts zu schaffen.
Als Saturninus dann auf Aglaias bloße Füße schaute, machte ihn das ganz fertig. Wie sehr musste dieses zarte, exquisite Geschöpf erschrocken gewesen sein, um wie die niedrigste Sklavin in der Öffentlichkeit zu erscheinen! Ohne Schuhe!
"Du sollst alles haben, was du brauchst, Aglaia. Und auch einen Umhang"
Er ließ Spiros die Sklavinnen nach Schuhen fragen. Für Owain fanden sie ein paar simple Holzclocs, wie sie die Sklaven trugen, die das Hypocaustum befeuerten, doch für Aglaia brachten sie zwei Paar in verschiedenen Größen zur Auswahl. Beides waren weiße, geschlossene Schuhe aus weichem Leder, jedoch in verschiedenen Größen, die irgendwann einmal einer Furia gehört hatten. Außerdem hatte er einen Kaputzenmantel, in den Aglaia zweimal hineinpasste und der ihr Gesicht verbergen würde, mitgebracht. Der kleine Spiros schleppte alles ziemlich stolz auf die eigene Tüchtigkeit an, und legte es nach einer Kopfbewegung seines Herren auf Aglaias Schoss.
Was ihm Aglaia dann über diesen Tribun ins Ohr flüsterte, ließ Saturninus den Kopf schütteln. Er selbst konnte das gar nicht verstehen; schon Aglaias Anblick lenkte bei ihm das Blut intensiv in die südliche Region. Doch die Götter hatten den Übeltäter vielleicht mit diesem Übel geschlagen. Man sagte auch Eunuchen nach, dass sie besonders grausam sein konnten.
"Ich werde bei der offiziellen Version bleiben: Misshandlung und Schändung", flüsterte Saturninus zurück:
"Dann denkt dieser Tribun weiterhin, dich genug eingeschüchtert zu haben"
Natürlich würde auch ein Militärribun seine Truppe nicht durch das Stadttor von Iscalis marschieren lassen, das war völlig unmöglich, doch persönliche Rache war nicht ausgeschlossen:
"Schließt das Haus des Roten Mondes solange, dies ist eine gute Idee. Ich nehme an, dass ich Morgen wieder zurück bin"
Den Blick dieses Owen konnte Saturninus erst nicht deuten. Er beschloss, den Mann etwas auszufragen, sobald sie auf dem Weg waren. Aglaia schien ihm zu vertrauen, und er schien ihr ergeben zu sein. Trotzdem sah er sehr...keltisch aus. Alles was aus dem Norden kam und lange rotblonde Haare hatte, war ohnehin ein römisches Trauma. So klug Aglaia war, sie war nur eine Frau und ihr fehlte der Überblick. Vielleicht gab es einen tieferen Grund, warum dieser Tribun es auf diesen Owen abgesehen hatte.
"Gut,dann ist entschieden, dass du mit mir kommst, Owen", sagte Saturninus:
"Mit deiner Unterstützung werde ich zu den Bewohnern von Cheddar sprechen können. Nimm du das Muli deiner Domina", er suchte mit einem Blick Aglaias Einverständnis:
Saturninus Pferde waren normalerweise nicht in Iscalis, sondern auf dem Land. Doch heute war Furianus Gadrianus in Iscalis, um Besorgungen zu machen, und er hatte
Malachit in der Villa Furia untergestellt.
Malachit war zwar nur ein Wallach, und ihm fehlte das Feuer; dafür war er jedoch gutmütig und nervenstark. Der Villicus würde dann eben zu Fuß nach Hause gehen Saturninus wolte sich den Freigelassenen dann später als Begleiter in die Castra mitnehmen. Auf diese Weise würden sie sich jetzt nicht damit aufhalten müssen, bei Alan ein Reittier für den Furier zu leihen:
Saturninus ließ nach seinen kräftigsten Männern, das waren die beiden kampferprobten Sklaven Seasnán und Leon, schicken.
"Diese Beiden werden dich nach Hause bringen", meinte er zu Aglaia:
"Seasnan und Leon, ihr geleitet Liciniana, sobald sie es wünscht, in ihr Heim und bleibt dort, um sie zu bewachen. Ihr garantiert mir für ihre Sicherheit mit euren Köpfen", sagte er zu den beiden Leibwächtern, die sich zum Zeichen, dass sie verstanden hatten, stumm verbeugten.
Zum Abschied küsste der Furier nicht nur Aglaias Stirn, sondern ließ seine Lippen sanft bis zu ihrem Mund wandern:
"Meine liebe Aglaia", sagte er dann:
"Bis später. Wenn du noch irgendetwas brauchst, sage nur Spiros Bescheid - Komm mit, Owen!"
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