RE: Die alte Schmiede am Dorfrand
Es dämmerte schon. Die Sonne war bereits als roter Ball hinter den sanften Hügeln untergegangen. Das Dorf war inzwischen fast wie leergefegt. All die jungen Leute hatten sich hinaus in die Wälder oder zu anderen heiligen Orten begeben, an denen sie Beltane feiern wollten. Nur die Alten und Kranken waren zurückgeblieben und gedachten ihrer Jugend, in der sie den Beginn des Sommers und das Erwachen des neuen Lebens und der Fruchtbarkeit feierten.
Auch ich gedachte meiner Jugend, damals in unruhigen Zeiten. Nach all den Jahren verfolgte mich das Bild eines jungen Mannes immer noch. Damals hatte ich zum ersten Mal Liebe empfunden und dennoch war ich standhaft geblieben. Vielleicht wäre alles anders gekommen, wäre ich damals ein gewöhnliches Mädchen gewesen. Schon oft hatte ich daran gedacht, wie dann mein Leben verlaufen wäre. Aber diese Gedanken waren im Grunde vollkommen überflüssig, denn die Götter allein lenkten unser Schicksal und bedienten sich unser, um uns zu ihrem Werkzeug zu machen. Also hatte ich gar keine andere Wahl, als alles so hinzunehmen, wie es gekommen war. Ich beneidete all jene, denen dieses Wissen verborgen bleib und die in jedem neunen Tag ein Geschenk der Götter sahen, den sie nach ihrem Willen gestalten konnten.
Ich hatte erst meine Hütte verlassen, als der erste Stern am Himmel zu sehen war. Ein kleiner Spaziergang am Abend konnte nicht schaden. Wie immer war ich in meinen verschlissenen dunkelblauen Umhang eingehüllt, der lediglich mein Gesicht preisgab und alles andere unter sich verbarg. Stille lag über dem Dorf. Nur der Duft gebratenen Fleisches lag in der Luft, der mich leitete und darüber entschied, welchen Weg ich an diesem Abend nehmen würde.
Seltsamerweise führte ich mich wieder zu dem jungen Mann, dem ich vor wenigen Tagen erst begegnet war. Der neue Schmied, der sichtlich überfordert gewesen war, als er mich zum ersten Mal gesehen hatte. Aber noch seltsamer jedoch war die Tatsache, dass er an einem Abend wie diesem nicht mit all den anderen jungen Leuten feierte. Doch nein, ganz allein war er gar nicht! Eine junge hübsche Frau war bei ihm. Eine Weile beobachtete ich die beiden aus einer sicheren Entfernung. Die Frau sprach Latein und der junge Schmied gab sich alle Mühe, ihr in Latein zu antworten, wobei sich seine Sprachkenntnisse in Grenzen hielten. Fast schien es, die beiden könnten ein paar sein.
"Guten Abend Owain, Schmied!" Ich war, wie die Nebelschwaden eines regnerischen Morgens, aus meiner Deckung herausgetreten und stand nun vor der Schmiede und konnte so noch besser das Treiben dort beobachten.
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