Es war eine lange und beschwerliche Reise, die der junge Sklave hinter sich gebracht hatte. Allzu froh war Nefertem, als er mit wackeligen Schritten das Schiff verlassen konnte, welches ihn und seine zwei Begleiter in britannische Provinz gebracht hatte. Mit großen Augen blieb der junge Ägypter wie angewurzelt stehen und blickte sich erst einmal höchst aufmerksam um. Seinen beiden Begleitern erging es nicht anders, jedoch verschleierten diese ihre Neugierde hinter einem höchst konzentrierten Gesichtsausdruck. Als Nefertem jedoch in seinen Schritten inne hielt und tatsächlich zu taumeln begann, griff einer der beiden Männer den Jüngling am Oberarm und bugsierte ihn in Richtung einer steinernen Wand, gegen die sich Nefertem lehnen konnte. Tatsächlich war der iulische Sklave etwas blass um die Nase. So vergingen einige Minuten, in denen der Lockenkopf langsam ein- und wieder ausatmete, um das flaue Gefühl in seinem Magen zu vertreiben. Die beiden Männer warteten geduldig, bis Nefertem mit einem nicken signalisierte, dass er sich im Stande fühlte, seinen wackeligen Beinen zu vertrauen. Von Quintus Iulius Canus hatten die beiden Männer in Erfahrung gebracht, wo sich dessen Sohn, der junge Marcus Iulius Cato befand. Die Castra der Legionis II Augusta war sozusagen zu seinem
zu Hause geworden. Und genau dorthin würden die beiden Männer den jungen Sklaven bringen. Langsam und aufmerksam setzten die drei Menschen ihre Schritte voran, unwissend wohin sie sich wenden sollten, um direkt zur Castra der Legionis II Augusta zu gelangen. Schließlich ergriff einer der beiden älteren Männer die Gelegenheit beim Schopf und sprach einen vorübereilenden Mann an. Dieser wusste offensichtlich Bescheid, denn er hob seine Hand und deutete in eine gewisse Richtung, einfach geradeaus die Straße entlang, dann würde man direkt zur Castra gelangen. Freundlich bedankte sich einer seiner Begleiter bei dem Herrn.
"Irgendwo dort vorne müsste sich die Castra befinden. Solch ein militärisches Gebäude kann man eigentlich gar nicht verfehlen. Aber hier in der Provinz ist bekanntlich alles möglich."
Erklang seine Stimme und sein Begleiter pflichtete mit einem nicken bei.
Schließlich, nach einigen Verzweigungen und nochmaligem nachfragen erreichte das Dreiergespann die Castra. Entschlossen stiefelten die beiden Männer direkt auf das Tor zu, während Nefertem regelrecht mitgeschleift wurde. Dabei hätte sich der junge Aegypter allzu gerne weiter umgesehen. Dieser Landstrich war so anders als die Urbs Aeterna. So viel grüner und irgendwie ..lebhafter. Anders konnte Nefertem die Eindrücke nicht beschreiben, die auf ihn einprasselten und seine Augen zum strahlen brachten.
"Salve. Wir sind weitgereist und wollen einen Brief an Tribun Marcus Iulius Cato abgeben. Persönlich wenn es Recht wäre."
Dabei schoben die beiden Männer Nefertem nach vorne und drückten diesem den Brief in die Hand.
"Dieser Sklave wird den Brief persönlich an Marucs Iulius Cato abgeben müssen. So ist es uns aufgetragen worden."
Roma, V. V. MMXXIII
Ad
Tribunus Laticlavius
Marcus Iulius Cato
Castra Legionis II Augusta
Britanische Provinz Iscalis
Mein Sohn,
Ich schreibe dir um dir mitzuteilen, dass ich ein 'Geschenk' für dich habe. Dieser Brief wird dir von einem jungen Sklaven übergeben, wie du unschwer erkennen kannst. Dieser Sklave stammt aus Aegyptus und dient dem Hause Iulia bereits sein gesamtes Leben. Er ist in der Urbs Aeterna, in der Domus Iulia geboren. Was ich dir hiermit mitteilen möchte ist folgendes, dieser Sklave gehört ab sofort dir. Ich werde ihn dir vermachen. Verfahre du mit ihm, wie du beliebst. Von mir hat dieser Sklave noch keinen Namen erhalten, da ich gedacht habe, du als sein Besitzer darfst dir einen passenden Namen überlegen. In der Domus Iulia war dieser Sklave als Cubicularius eingesetzt. Aber auch bei Tisch hat er bedient. Und musizieren kann dieser Sklave, ein wahrer Traum ihm zuzuhören. Nun gut. Jetzt weißt du was es mit diesem Sklaven auf sich hat. Die beiden iulischen Sklaven, die ihn begleiten werden alsbald in die Heimat zurück kehren.
Vale bene.
gez. Quintus Iulius Canus
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