RE: Die alte Schmiede am Dorfrand
Er löste sich von mir nach einem letzten Kuss und stand auf. Ich folgte, aber etwas langsamer als er. Meine Knie fühlten sich wackelig an und in meinem Unterkörper war ein süßer Schmerz als kleine Erinnerung an die letzte Stunde. Das, und ich musste mir Stroh aus den Haaren ziehen. Irgendwann war die Decke so weit verrutscht gewesen, dass sie nicht mehr alles abgehalten hatte. Aber immerhin war es frisches Stroh, was ich durchaus anerkennend bemerkte.
Ich suchte mein Kleid und die Fibeln und meinen Gürtel und versuchte, mich wieder in einen halbwegs repräsentablen Zustand zu versetzen. “Nächstes Mal mach ich wirklich einen Zopf“, murmelte ich zu mir selbst so vor mich hin, während ich versuchte, die Haarnadeln so neu zu stecken, dass meine Frisur wenigstens einigermaßen wiederhergestellt würde. Aber wahrscheinlich war das eher Schadensbegrenzung als wirklich etwas anderes.
Unter meinen Bemühungen sah ich zu ihm rüber. “Du hast einen Hasen gefangen? Selber?“ fragte ich noch einmal verwundert und musste etwas lachen. Oh ja, Owain war wirklich wild und ungezähmt. In Rom wurden Hasen höchstens an den Floralia gefangen, wenn sie aus der Arena nicht abhauen konnten und die schiere Menge an Menschen sie eben irgendwann in die Enge getrieben hatte. Aber sicherlich nicht auf freiem Feld.
Owain reichte mir etwas Honiggebäck, und ich biss direkt aus seiner Hand ab und grinste ihn frech an. “Es ist lecker. Will ich wissen, was du dafür im Tausch gegeben hast?“ fragte ich neckend. Denn das Gebäck war wirklich gut und Owain ein gutaussehender Mann. Und vielleicht war ich doch ein ganz klitzekleines bisschen eifersüchtig, wenn ich daran dachte, dass auch andere Frauen ihn haben wollten. Aber solange er mir gehörte – und cih meinte nicht als Sklave – sollte er flirten, mit wem er wollte. Es wäre schon sehr scheinheilig von mir, wenn ich ihm das verübeln würde. Solange es beim flirten blieb.
Schließlich war ich soweit, dass ich auch nach draußen gehen konnte, wo es langsam dunkel wurde. Owain löschte noch das Feuer, und ich ging noch einmal zu dem Muli, um es ein wenig zu kraulen. Dann schloss ich mich Owain an, der nun mit dem Hasen hantierte. Als er mit einem Ruck das Fell abzog, verzog ich kurz den Mund. Unter dem Fell sah der Hase irgendwie bemitleidenswert aus. Ein dünnes Wesen aus rosa Fleisch. “Opfert ihr den Göttern keine lebenden Tiere, oder hast du ihn schon geopfert?“ fragte ich neugierig. Ich wusste wirklich so gar nichts über Owains Götter. Ich wusste nicht einmal, ob der Hase ein Opfer war, oder einfach nur unser Abendessen. Oder ganz was anderes, wovon ich offenbar keine Ahnung hatte.
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