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Cubiculum | Aglaias Privatzimmer
04-21-2023, 11:32 AM,
Beitrag #11
RE: Cubiculum | Aglaias Privatzimmer
Mein Herz öffnen… Bei ihm klang es so einfach. Und ich fürchtete, dass ich das schon längst getan hatte, weshalb die Situation jetzt auch so vertrackt war. Ich glaubte nicht, dass es wirklich gut gewesen war, ihn so nah an mich heranzulassen, mich so sehr fallen zu lassen und zu vergessen, wer ich war. Wer er war. Was das hier eigentlich war, und wo es hinführen würde. Und trotzdem konnte ich es nicht bereuen, auch wenn mein verstand mir sagte, dass ich das sollte und ein Risiko einging.
Eine Antwort auf seine Worte blieb ich ihm an der Stelle schuldig, und ich war auch nicht sicher, ob ich dazu noch etwas sagen wollte. Vielleicht musste ich das alles erst sacken lassen, bevor ich darüber vernünftig nachdenken konnte. Und es gab so viele andere Dinge, die wichtiger erschienen als mein dummes Herz.
Zum Beispiel seine Frau und eventuelle Kinder. Ich hatte ihn gefragt, und er schwieg einen kurzen Moment, ehe er mir sagte, dass er und seine Frau keine Kinder hatten. Überrascht hob ich jetzt doch den Blick und suchte in seinem nach einer Antwort. Die Frage Wieso? drängte sich stark auf, aber ich war klug genug, sie nicht zu stellen, auch wenn er sie in meinem Gesicht wohl würde lesen können. Er war jung, gesund, offensichtlich funktionierte das Kinder machen bei ihm ganz hervorragend und auch mehrmals hintereinander. War seine Frau unfruchtbar? War das Kind gestorben? Viele Kinder starben, bevor sie fünf Jahre alt wurden. Gerade in armen Familien starb ungefähr jedes zweite Kind, noch bevor es laufen konnte. War man wohlhabend, war es etwas besser, aber auch nur, wenn keine fiese Seuche die Stadt heimsuchte. Besonders gefürchtet war die Krankheit, die Hippokrates den Würger nannte, da dann die meisten Säuglinge und auch viele ältere Kinder einfach starben. Und auch der ein oder andere Erwachsene.
Nein, ich behielt die Frage für mich und hoffte, dass er mich im Gegenzug auch nicht fragte, wieso ich keine hatte, wobei das in meinem Fall wohl ziemlich offensichtliche Gründe hatte.

Aber ich kam nicht dazu, mich darüber viel zu wundern, denn jetzt überraschte Owain mich wirklich. Als hätte er meine Gedanken erraten, sagte er mir, ich solle nicht nach seiner Frau suchen. Ich war verwirrt und schüttelte ganz leicht den Kopf. “Aber… du liebst sie doch?“ plapperte ich verwirrt, als er den Satz sagte, der mich nun wirklich unvorbereitet traf. Er würde bei mir bleiben. Für immer.

Für mich hatte es nie ein für immer gegeben. Ich wusste, dass Männer mir Zuneigung schenkten, solange es für sie bequem war. Wenn sie Langeweile und Lust hatten, um ihrem eigenen Leben etwas zu entfliehen und der nervigen Ehefrau, wenn sie sich ablenken oder sich etwas schönes gönnen wollten. Wenn sie sich großzügig und gönnerhaft zeigen wollten. Aber eben nur für die Zeit, solange sie das wollten. Solange ihnen Mutter, Schwester oder Ehefrau keinen Strich da durch machte, oder sie es als zu kostspielig empfanden, oder sich die politische Lage geändert hatte und sie jemand anderen umwerben wollten, oder es eine Hetäre gab, die aus welchem Grund auch immer begehrter war als ich. Aber eben nie für immer. Nicht einmal als kleine Lüge. Zumindest nicht mit so viel ernst gesagt, wie von Owain gerade. Er versprach es mir, obwohl er es nicht musste. Obwohl er keinen Vorteil davon hatte. Obwohl ich drauf und dran gewesen war, seine Frau für ihn zu suchen, damit er seine Familie wieder hatte. Und doch sagte er, er wolle bei mir bleiben, so lange ich ihn ließ.

Ich wollte etwas sagen, aber ich konnte gerade nicht sprechen. Da waren Worte in meinem Kopf, aber ich hätte meine Zunge nicht dazu bringen können, auch nur eines davon zu sagen, wenn es um mein Leben gegangen wäre. Stattdessen starrte ich Owain nur einen Moment lang an, als wäre er eines der sieben Weltwunder, und dann zog ich mich eng an ihn und küsste ihn lang und innig und zunehmend leidenschaftlicher, weil mein ganzer Körper gerade danach verlangte, ihm noch sehr viel näher zu sein.
Ich zog ihn leicht mit mir, als ich mich auf den Rücken rollte und zeigte ihm damit wohl eindeutig an, was ich jetzt wollte und brauchte. Meine Hände vergruben sich wieder in diesem zotteligen, blonden Haar und zogen ihn zu weiteren Küssen zu mir. “Ich will dich“, flüsterte ich mit so viel zittrigem Gefühl in der Stimme, wie ich es nicht kannte. Und dann sagte auch ich das Wort, an das ich eigentlich nicht glaubte, das sich aber gerade richtig anfühlte. “Immer.“
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