RE: Cubiculum | Aglaias Privatzimmer
"Jeder Mensch hat Herz! Auch du!" versicherete ich ihr. "Du musst nur öffnen." Das war sicher leichter gesagt, als getan. Denn die meisten Männer, mit denen sie schlief, taten das, weil sie Lust oder Spaß haben wollten. Keiner ihrer Kunden liebte sie ihretwegen. Vielleicht hatte es noch nie jemanden gegeben, der sie wirklich liebte. Es tat mir so leid, sie so leiden zu sehen. Denn offenbar hatte ich ja all das in ihr ausgelöst. Sie hatte mich viel zu nah an sich herangelassen und ich hatte in ihr nicht die Hure gesehen, wie es vielleicht andere Männer taten, sie Zeit mit ihr verbrachten. Wie musste sich das nun für sie anfühlen? War es das, was sie so verzweifeln ließ und traurig machte?
Als ich sie zu mir gezogen hatte, ließ sie sich für einen Moment gehen und ließ das, was sie bedrückte, heraus. Sie flüchtete zu mir und ich wollte ihr gerne Zuflucht bieten. Sie wirkte so hilflos und von ihren Verführungskünsten war nichts mehr übrig geblieben. Ich verstand langsam, dass dies die wirkliche Aglaia war. Die, die sich unter all den Masken verbarg, die sie tagtäglich anlegte, um Aglaia die Hetäre zu sein. Ich hätte gerne noch viel länger die echte Aglaia so bei mir gehalten, damit sie nie wieder trauig sein musste oder sich vor etwas fürchtete. Sie hatte noch ein paar Tränen vergossen und war nun wirklich so verletzlich. Doch sie musste sich dafür nicht schämen. Ich wischte ihr Tränen mit meinen Fingern weg und wollte sie noch einmal küssen, aber dann stellte sie noch eine letzte Frage, die ihr wahrscheinlich alles abverlangt hatte. Die Frage nach Kindern. Ja, ich hatte mir immer Kinder gewünscht. Ganz viele sogar! Bryn war auch bald nach unserer Hochzeit schwanger geworden. Aber die Götter hatten nicht gewollt, dass unser Kind die diesseitige Welt betreten sollte. Es starb nach nur wenigen Monaten im Leib meiner Frau. Wir waren sehr verzweifelt gewesen und hatten und an den Gedanken geklammert, dass wir es in einigen Monaten wieder versuchen konnten. Doch dazu war es nicht mehr gekommen, was sich letztendlich als Glück im Unglück erwiesen hatte.
"Nein, wir haben kein Kinder." Vielleicht beruhigte sie das ein wenig und bereitete ihr keine weiteren schlechten Gefühle mehr. Oder erzeugte gar eine Verpflichtung, etwas dagegen zu tun. "Du musst nichts tun! Du musst sie nicht suchen lassen! Fflur." Ich sah sie mit einem ernsten Ausdruck an. Sie sollte verstehen, dass dies nicht mein Wunsch war. Denn was würde meine Frau denken oder fühlen, wenn sie wüsste, was aus mir geworden war? Nein, dass sollte sie nicht erfahren müssen!
"Ich werden immer bei dir bleiben. Das ich versprechen! So lange du mich bei dir wollen." Selbst wenn sie mich nun von ihrer Bettkannte stieß, würde ich das akzeptieren. Ich würde es verstehen können. Doch ich hoffte es nicht.
|