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Cubiculum | Aglaias Privatzimmer
04-20-2023, 12:56 PM,
Beitrag #9
RE: Cubiculum | Aglaias Privatzimmer
Die Art, wie er meinen Namen flüsterte, was fast zu viel. Es hörte sich an, wie ein geflüstertes Gebet. Ich schloss noch einmal kurz die Augen und versuchte, all das niederzukämpfen, was er in mir in Unruhe versetzte, und wieder zurück zu der ruhigen Gleichgültigkeit zu finden, die ich sonst immer gefühlt hatte. Und wahrscheinlich hatte er meine Frage falsch verstanden oder interpretierte da nun Dinge hinein, die so nicht stimmen konnten. Immerhin fühlte ich mich nicht so, wie er es beschrieben hatte, nur schrecklich verwirrt und rastlos und unvollständig und sehnsüchtig und…. Leer. Ja, das war es. Leer. Wie eine Amphore, die sich zum ersten Mal bewusst wurde, dass sie eigentlich gefüllt sein sollte, dass sie eigentlich einem besseren Zweck dienen sollte und eine andere Bestimmung hatte, die sich zum ersten Mal mit anderen Amphoren verglich und merkte, dass sie leer war. War es das, was ich fühlte? Leere?

Obwohl Owain noch einmal bestätigte, dass er wusste, was ich war, wandte er sich nicht von mir ab. Im Gegenteil, er nahm meine Hand und legte sie wieder auf seine Brust, stellte wieder eine Verbindung her. Und es fühlte sich warm und geborgen und nicht leer an, und ich wusste, dass ich dieses Gefühl wieder verlieren würde. Und allein dieser Gedanke ließ ein paar stumme Tränen über meine Wangen laufen, von denen ich hoffte, dass er sie nicht bemerken würde. “Mein Herz?“ wiederholte ich seine Worte. “Ich weiß nicht, ob ich so etwas habe“, flüsterte ich leise, ließ meine Hand aber auf seiner Brust und hörte zu, wie er von seinem Dorf erzählte. Als er sagte, dass sie die kleinen Kinder zurückgelassen hatten, zuckte ich kurz mitleidig zusammen. Flir. Ein seltsamer Name, fremdartig in meinen Ohren. Aber ich wollte ihn mir merken. Ich sollte die Frage nicht stellen, da sie mehr Schmerz beinhaltete, aber jetzt war ich so weit gegangen, aber ich musste.

Er hielt mich davon ab, indem er mich wieder in seine Arme zog und sagte, dass ich einen Platz in seinem Herzen hatte. Und verdammt, ich wollte es so sehr glauben, dass ich einen Moment die Beherrschung verlor und aufschluchzte, als er mich küsste. Ich gab nach, ließ die Schwäche zu und flüchtete mich in diesen Kuss und an seine Brust, küsste ihn mit einer Verzweiflung, die ich nie zugegeben hätte, und drängte meinen Körper an seinen warmen. Ich wollte einfach nur ein letztes Mal noch ihm nahe sein, ein letztes Mal noch seine Lippen so fühlen, ein letztes Mal mit meinen Händen durch sein blondes Haar fahren und mich ein letztes Mal noch da hinein flüchten und träumen und so tun, als könnte ich ein bisschen Leben für mich selbst haben.
Aber natürlich endete es irgendwann, wie alles irgendwann endete, und ich lag wieder ganz dicht an ihm, meine Hände noch in seinem Nacken streichelnd und meine Stirn an seine gelehnt, während mein Atem wieder ruhig ging. Ich wusste, dass ich ein wenig geweint hatte, und es war mir sehr peinlich, dass er das gesehen hatte. Aber trotzdem fühlte ich mich jetzt ein wenig stärker als noch zuvor. Stark genug, um auch den Rest des Weges zu schaffen.
“Owen…. Hast du Kinder?“ stellte ich die frage, die mir vorhin gedroht hatte, das Herz herauszureißen. Jetzt konnte ich die Worte aussprechen, ohne dass sie mir solche Angst machten. Immer noch genug Angst, aber einfach nicht mehr ganz so viel, wie vorhin. Und ich erwartete auch ein Ja als Antwort, denn immerhin hatte er mir gerade noch erzählt, dass er und Flir sich ihr ganzes Leben lang gekannt hatten. Sicher waren sie schon fünf oder noch mehr Jahre dann auch verheiratet und hatten an Nachwuchs gearbeitet. Ich rechnete ehrlich gesagt mit mehr als einem Kind, was es zwar irgendwie alles noch grausamer und schrecklicher machte, mir aber auch die Hoffnung gab, etwas für Owain tun zu können. Ich wollte, dass er wieder glücklich wäre. Wenigstens einer von uns hatte das verdient.
[Bild: 15_14_01_23_5_20_11.png]
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