RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas
Der Medicus besah sich ihre Hände, obwohl sie kein Geld hatte, und stellte ihr ein Fläschchen mit Öl hin, mit dem sie ihre Finger einreiben sollte. Als er meinte, ihr Mann sei beneidenswert, schaute sie verwirrt auf und wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie war es nicht gewohnt, Komplimente zu bekommen, und konnte sich nicht vorstellen, worauf der Medicus sich bezog. Sie war offensichtlich Arm, nicht hübsch und hatte obendrein noch kaputte Finger vom vielen Weben. Dazu ein toter Vater und ein Bruder, der weder Einfluss noch auch nur Charme besaß. Sie wusste wirklich gar nichts, auf das irgendwer bei ihr neidisch sein könnte.
“Danke“, sagte sie also irgendwie peinlich berührt. Mit Komplimenten konnte sie nicht umgehen, sie bekam ja nie welche, und sie fürchtete, dass sie rot wurde. Und ganz sicher war sie es, als Flavianus Pytheas nachfragte, ob sie schwanger sein könnte.
Prisca riss erschrocken die Augen auf und schüttelte heftig den Kopf, vor Schreck unfähig, zu sprechen. Nein, sie war nicht schwanger, und nach Miriams Ausführungen, wie man das wurde, war sie sich ziemlich sicher, dass sie auch nicht scharf darauf war, es zu werden, auch wenn das die Pflicht einer guten Ehefrau war. “Nein, nein, ich.. ich hab nie… ich bin nicht schwanger“, brachte sie schließlich doch verschüchtert heraus und war sich nicht sicher, ob sie das Fläschchen nun nehmen durfte oder nicht. Aber anscheinend war es in Ordnung, zumindest stand es noch dort, als der Medicus seine Hände zurückgezogen hatte und ihr die besten Wünsche für ihre Ehe mitgab.
Vorsichtig nahm Prisca also das Öl in die Hand und überlegte, wie und wann sie es auftragen konnte. Wenn sie sich beeilte, würde das Kleid zwei oder drei Tage vor der Hochzeit sogar fertig sein. Oder naja, so gut fertig, wie es eben ging. Ob das reichte, ihre Finger wieder ansehnlich zu machen? Sie würde versuchen, Abends auch daran zu denken, vielleicht wäre es dann zumindest nicht ganz so schlimm.
Aber der Medicus wollte dann wohl auch sein Frühstück, und sie hatte ihn wohl viel zu lange aufgehalten. “Oh“ machte sie und stand auf, rückte den Stuhl wieder ordentlich hin und schaute noch einmal auf das Fläschchen. “Wenn es etwas gibt, was ich zum Dank für dich tun kann, dann frag mich, ja?“ bot sie ihm als Ausgleich wenigstens einen Gefallen an. Wenn sie schon sonst nichts anzubieten hatte für seine Freundlichkeit und die Komplimente, die sie nicht verstand, dann wenigstens das. “Ich wünsche dir auch einen wunderschönen Tag und freue mich schon auf unser Wiedersehen“, verabschiedete sie sich also und verließ die Praxis, um das Fläschchen noch in ihre Wohnung zu bringen und dann gleich weiter zur Villa Claudia mit Miriam zu laufen, um weiter zu weben, solange das Tageslicht es wieder zulassen würde.
Vormund (Tutor): Aulus Carisius Primus (NSC)
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