RE: Das Tablinum
Ich hatte die ganze Zeit ins Nichts gestarrt. Nach einer Weile aber bemerkte ich, wie der Römer seinen Stilus niederlegte und mich in Augenschein nahm. Mir war es fast schon unangenehm, so angestarrt zu werden. Aber das war wohl seine Art, mir zu zeigen, dass ich sein Eigentum war. Ihm war sofort aufgefallen, dass ich nun sauber war und in neuen Kleidern steckte. Kein Wunder, er kannte mich nur aus den Minen oder vom Sklavenmarkt. Hier in seinem Haus war alles anders.
"Ja, ich habe einen Schlafplatz erhalten. Gegessen habe ich beim Medicus auf der Krankenstation. Dort gab es Essen und Getränke im Überfluss." Dort hatte ich mich schon am Abend zuvor satt essen können. Es war sein Wunsch, dass ich bei Kräften blieb und ich sollte mich als seinen Leibwächter bewähren. Wie sollte das gehen? Wollte er herausfinden, ob ich ihm nachts, wenn er schlief, die Kehle durchschnitt? Falls ich es irgendwie schaffen sollte, ihn zu überzeugen, stellte er mir einen eigenen Raum in Aussicht und noch mehr. Ich musste schlucken, denn ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Sollte ich ihm etwa dankbar sein, dass ich sein Sklave war? War das die Zukunft meines Volkes? Sklaven von Rom zu sein?
"Du bist sehr freundlich und ich bin dir zu Dank verpflichtet."begann ich aber ich taugte nicht zum unterwürfigen und speichelleckenden Sklaven. "Aber ich finde auch, du bist sehr mutig, wenn du mich als deinen Leibwächter willst!" stellte ich fest. "Was macht dich so sicher, dass ich dich nachts nicht einfach töte?" Im Augenblick sah ich noch keine Veranlassung dafür. Schließlich war ich erst wenige Stunden hier.
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