RE: Cubiculum | MSM
Meine Mutter hatte inzwischen auf einem Stuhl Platz genommen und beobachtete nun, wie sich der Medicus vor mein Bett kniete und nun minutiös mit seinen Fingern mein Beinabtastete. Auch ich konnte nicht anders, als ihm ganz gespannt dabei zuzusehen, wie er das tat. Ich musste zugeben, dass er in dieser Hinsicht noch etwas genauer arbeitete, als es die Militärärzte getan hatten. Er gab sich wirklich große Mühe, um so Vertrauen zwischen Arzt und Patient zu schaffen.
Nach einer Weile hielt er an einer bestimmten Stelle inne und legte dann seine Wange auf mein Bein. Ich konnte mir nicht vorstellen, wofür das gut sein sollte. Aber so lange wollte er mich auch bestimmt nicht auf die Folter spannen. Das tat er dann auch nicht, sondern teilte seine Erkenntnisse mit mir und meiner Mutter.
Zunächst lobte er die gute Arbeit der Legionärsärzte und er bestätigte mir, wie gut meine Narben verheilt waren. Auch meinte er, es wären alle Splitter entfernt worden und der Bruch gut geschient worden. Dann endlich rückte er mit seiner eigentlichen Erkenntnis heraus. Es musste etwas passiert sein, ein übles Schicksal, was durch den Willen der Götter heraufbeschworen worden war. Ich fragte mich, was ich nur getan haben konnte, damit mir so etwas wiederfuhr! Doch offenbar hatte niemand Schuld, außer vielleicht ich selbst. Der Medicus erklärte mir schließlich alles. Ich hatte das Bein zu früh wieder belastet. Es war noch nicht richtig verheilt gewesen und es hatte sich ein Scheingelenk gebildet. Meine Schmerzen rührten von Entzündungen und Schwellungen her.
Der Medicus erhob sich wieder und nahm auf seinem Stuhl Platz. Die Ergebnisse seiner Untersuchungen hatten mich schon überrascht. Nun wollte ich natürlich auch wissen, was man dagegen tun konnte, falls man etwas dagegen tun konnte.
Seine erste Option, die er mir nannte, beseitigte nicht die Ursache meiner Schmerzen, sondern betäubten sie nur. Auf die Dauer würde das Opium meinen Verstand zerstören. Auch wenn die Aussicht auf Schmerzfreiheit sehr verlockend klang, sträubte sich alles in mir dagegen.
Schließlich zögerte er, mir die zweite Option zu nennen. "Welche Option bleibt mir sonst noch?" fragte ich ihn.
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